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Von einem Orte Namens Poverstorf haben unsere Zeitgenossen wohl kaum noch etwas gehört, und doch ist es noch nicht garzu lange her, da kannte Jedermann ein westlich von Sternberg in der Nähe der Warnow gelegenes Gut unter diesem Namen. Seit 1810 allerdings ist amtlich für Poverstorf ein anderer, besser klingender Name eingeführt, denn der Ort wird seitdem Schönlage genannt. Wir können nur leider für unsere geschichtliche Erzählung
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diesen schönen Namen nicht gebrauchen, da derselbe in der Zeit, in welche wir uns zurückversetzen müssen, noch nicht erfunden war.
Poverstorf war, wie die Ueberschrift dieser Erzählung schon andeutet, in früheren Jahrhunderten ein Kirch= und Pfarrdorf, und eine Anzahl der umliegenden Dörfer war dahin eingepfarrt, diese bildeten also mit dem Pfarrdorfe das Kirchspiel Poverstorf.
Die älteste Nachricht über dieses Kirchspiel stammt aus dem Jahre 1541, also aus einer Zeit wo man in Meklenburg von dem katholischen Bekenntniß zum Protestantismus übertrat. Das Protokoll über eine 1541 zu Poverstorf stattgehabte evangelische Kirchenvisitation berichtet: "Poverstorp. Zu dem Kerspel gehort Weitendorpe, Karze, Weselin, Hunikendorp (verschrieben für Julikendorp) und Venzkow. Die Kerke hat der Präceptor zu Tempzin zu verleihen. Herr Paulus Wigand, Pastor, ist ein Ehemann, ziemlich gelehrter, frommer Prediger. [Er] hat jährlich 7 Drömpt Mißkorn weniger 2 Scheffel. 6 Hufen [Pfarrländereien], eine gebraucht er, 5 [sind] verheuert, davon geben [die Pächter] 2 jährlich jeder 20 ßl., die andern 3 jeder jährlich 16 ßl. 3 Gulden trägt der Vierzeiten=Pfennig. Kerkenguter: 2 Kelte und 2 Patenen, silbern, 1 Monstranz, Kupper, überguldet, 1 silbern Petzkreuz. 15 ßl. jährliche Pacht. Kein baar Geld." In den genannten Kirchspiels=Dörfern sind, außer Poverstorf und Weselin, leicht die heutigen Orte Weitendorf, Kaarz, Jülchendorf und Venzkow zu erkennen. Weselin ist zu Anfang unseres Jahrhunderts untergegangen, es lag auf der Kaarzer Feldmark in der Richtung nach Necheln zu, unweit der Warnow. Poverstorf ist, wie gesagt, Schönlage. In den späteren Acten, z. B. 1603, wird auch Necheln mit zur Poverstorfer Gemeinde gezählt. Da der Pastor der Kirchengemeinde 1541 ein Ehemann genannt wird, so war er bereits zum Protestantismus übergetreten. Daß derselbe von den Visitatoren gelehrt und fromm genannt wird, bedeutet allerdings nicht viel, denn diese evangelischen Visitatoren nannten die schon zum Protestantismus übergetretenen Geistlichen, zumal wenn sie verehelicht waren, stets gelehrt und fromm. Der Präceptor zu Tempzin, d. i. der Vorstand des Antoniusklosters daselbst, hatte das Patronat über die Poverstorfer Kirche, was mit den Worten, "er hat die Kirche zu verleihen", ausgedrückt wird.
Das Einkommen des Predigers bestand nach dem mitgetheilten Protokoll aus dem Ertrage der Pfarrländereien, aus Meßkorn und aus dem Vierzeiten=Pfennig, der ein Opfergeld ist, welches die Eingepfarrten beim heiligen Abendmahl, das damals 4 mal im Jahre, daher Vierzeiten, von jedem genommen wurde,
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zu geben pflegten. Die 5 Pfarrhufen umfaßten etwa eine Ackerfläche von 5 mal 9000, also 45000 □=Ruthen. Die Pacht für eine Hufe Landes, 16 oder 20 Schilling, ist nach unsern Begriffen allerdings eine überaus geringe, doch ist sie den damaligen Verhältnissen durchaus entsprechend.
Die Kirche scheint ebenfalls Landbesitz gehabt zu haben, denn daher wird sicher die jährliche Pacht von 15 Schilling gekommen sein. Daß sie silberne Abendmahlskelche und Oblatenteller (Patenen) besaß, zeugt von einer gewissen Wohlhabenheit. Die kupferne Monstranz und das silberne Petzkreuz (pace, Friedenskreuz) sind noch heilige Geräthe für den katholischen Gottesdienst.
Im Jahre 1567 war zu Poverstorf Christian Jacobi Pastor, der noch 1570 im Amte, aber 1571 schon abgesetzt war, da er in Gemeinschaft mit dem Küster zu Jesendorf sollte gestohlen haben. Sein Nachfolger wurde wahrscheinlich Barthold Friderici oder Friedrich, der nachweislich wenigstens 1589 Pastor war und 1591 als solcher zu Poverstorf starb. Nach diesem erscheint zuerst Andreas Ribbecius oder Ribbeke als Prediger, sicher seit 1600, wo er gegen seine Ehefrau Klage führte. Er wurde noch in demselben Jahre 1600 des Landes verwiesen. Sein unmittelbarer Nachfolger war wahrscheinlich der 1603 und 1610 als Pastor zu Poverstorf aufgeführte David Mebes. 1614 wurde der Student Daniel Bickermann zum Prediger daselbst eingesetzt. Er ist als solcher noch bis 1639 nachweisbar und wird wahrscheinlich der letzte Geistliche der Gemeinde Poverstorf gewesen sein. Jedenfalls wird schon 1653 berichtet, daß in dieser Gemeinde kein Pastor vorhanden ist, und seitdem ist keiner wieder berufen. In der traurigen Zeit des 30jährigen Krieges ging also thatsächlich die Poverstorfer Kirchengemeinde unter, dem Namen nach bestand sie freilich noch länger.
Aus dem Visitations=Protokoll von 1589 erfahren wir, daß neben der Mutterkirche zu Poverstorf noch die Tochterkirche zu Venzkow bestand. Der damalige Pastor Friderici berichtete, er müsse zu Venzkow an jedem Feiertage predigen und dahin gehen, da ehemals der Pastor gewohnt habe. Den Sitz mit Wisken und Worth habe jetzt der Kröger, der dem Herzoge 6 Hühner jährlich davon gebe und dem operario nichts.
Aus einem Bericht vom Jahre 1603 geht hervor, daß die Poverstorfer Kirche ordnungsgemäßig im Stande war und auch zu ihrer Erhaltung einige Mittel besaß. Ihr Vermögen bestand in einer Hufe Acker, die eine jährliche Pacht von 16 Scheffeln Roggen
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trug, in einem Kamp Acker von 3 Schffl. Einsaat und in 16 Mk. baarem Gelde. 1634 hatte die Kirche sogar soviel Geld, daß sie dem Adam v. Barner zu Weselin 68 Gulden (= 102 Mk) leihen konnte. Der Poverstorfer hölzerne Thurm, in dem mehr als eine Glocke hingen, war 1625 bis zum Umfallen baufällig. Die Tochterkirche zu Venzkow, zu welcher andere Dörfer nicht gehörten, scheint ebenfalls noch gut erhalten gewesen zu sein. Sie besaß ein baares Vermögen von 33 Mk., hatte außerdem noch 18 Mk. zu fordern und nahm an jährlicher Pacht ein 7 Schffl. Korn, 1 Pfund Wachs und 3 Mk.
Die Verhältnisse waren 1603, einige Jahrzehnte vor dem Beginn des 30jährigen Krieges in Meklenburg, im Vergleich mit andern Landkirchen durchaus gut zu nennen. Ganz anders sah es nach diesem Kriege aus. 1653 war die Poverstorfer Kirche nach amtlichem Bericht "sehr zerfallen und ohne Dach". Ein Mitglied der Gemeinde, v. Gera zu Jülchendorf, hatte freilich versprochen, das Gotteshaus wieder bauen zu lassen, er ist aber nicht zu dem Bau gekommen. Die Venzkower Kirche war ganz eingefallen, und die wenigen übrig gebliebenen Einwohner dieses Dorses gingen nach Holzendorf zur Kirche.
Im Jahre 1703 berichtete der Superintendent Grüneberg: "Die Pfarre zu Poverstorf ist nebst dem Filiat Venzchau dermaßen untergegangen, daß Kirchen und Gebäude mit einander ruinirt, nunmehr über funfzig und mehr Jahre ohne eignen Prediger gewesen". Die Gemeinde habe sich theils nach Sülte, theils nach Brüel, theils nach Holzendorf und anderswohin gewandt. Grüneberg empfiehlt der Regierung, durch eine Sammlung innerhalb und außerhalb Meklenburgs Gelder für den Kirchenbau zu verschaffen. Die Sammlung wird aber wohl nicht stattgefunden haben, jedenfalls unterblieb der Bau für immer. Was aus den Besitzungen der Kirche und der Pfarre geworden ist, berichten die Acten nicht. Wir wissen nur, daß jetzt dieser Kirchen= und Pfarrbesitz nicht mehr vorhanden ist.
Eine Erinnerung an die früheren Zeiten bleiben aber noch die Kirchhöfe zu Poverstorf und Venzkow. Aus dem erstgenannten hing in einem schon 1676 sehr baufälligen Glockenstuhl noch eine Glocke, welche 1687 weggenommen und nach Tempzin gebracht, aber später auf Bitten des v. Pederstorff auf Poverstorf wieder zurückgegeben wurde. 1779 hing diese, damals schon geborstene Glocke, etwa 300 Pfund schwer, vor dem Schulzenhause zu Poverstorf. Sie konnte wohl nicht mehr gebraucht werden, darum sollte sie auf herzoglichen Befehl nach der Pinnower Kirche gebracht
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werden, damit sie zum Nutzen derselben verkauft würde. Ob dies geschehen ist, läßt sich aus den Acten des Archivs nicht ermitteln.
Auf dem Venzkower Kirchhofe wollte sich 1802 der Säger (Forstarbeiter) Duncker ein Haus bauen und bat deshalb den Herzog Friedrich Franz I. um Erlaubniß. Das um seine Meinung befragte Amt (zu Warin) widerrieth aber, da noch in den letzten Jahren dort Beerdigungen stattgehabt hätten. Der Schulze Völzow sage, daß seine Mutter erst vor 1 1/2 Jahren dort begraben sei. Der Pastor zu Demen, wohin jetzt Venzkow eingepfarrt ist, meinte, es seien in den letzten 18 Jahren kaum mehr als 6 Personen dort beerdigt. Der Hausbau auf dem Kirchhofe ist nicht ausgeführt worden. Die Beerdigungen daselbst haben schon lange aufgehört, aber der Acker des Kirchhofes liegt noch immer unbenutzt inmitten des Dorfes.
Heute ist die ehemalige Poverstorfer Kirchengemeinde ganz zersplittert. Poverstorf (Schönlage) selbst ist nach Holzendorf eingepfarrt, Jülchendorf und Venzkow gehören zum Kirchspiel Demen, Kaarz (Weselin) und Necheln zum Kirchspiel Brüel und Weitendorf zur Sültener Gemeinde.
Fr. Schildt.