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III.

Neue Funde

aus der

Bronzezeit in Meklenburg

Von

Dr. Robert Beltz zu Schwerin.

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Hierzu Tafel II.

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1. Kegelgräber von Blücherhof.
(Katalog=Nummer des Großh. Antiquariums B 226 - 237).

Bei dem von Plessenschen Gute Blücherhof bei Vollrathsruhe sind im Winter 1886/87 eine Anzahl von Hügeln entfernt, welche sich als Kegelgräber herausstellen. Herr Inspektor=Wandschneider hat über dieselben freundlichst Bericht erstattet und die Ueberweisung der Fundgegenstände als Geschenk an das Großherzogliche Museum veranlaßt.

Es waren im ganzen sechszehn Hügel aus sog. Sammelsteinen aufgeschichtet und mit Erde bedeckt. Die Entfernung der einzelnen von einander betrug 6 bis 9 Meter; die Höhe war sehr verschieden, schwankend zwischen 1/2 und 2 Meter. Die Steinschichten innerhalb der Hügel gingen in den natürlichen Boden hinein bis 1/2 Meter Tiefe. Der Inhalt derselben war verschieden. Einige ergaben gar keine Ausbeute, haben also wohl beerdigte Leichen enthalten, die völlig vergangen sind; in anderen standen Urnen mit Asche und Knochen, oft in größerer Anzahl, erhalten ist keine, da sie schon zerdrückt waren und beim Oeffnen zerfielen, nur zwei Hügel enthielten Bronzestücke, einer eine reiche Collection.

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Funde der Bronzezeit
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Die Fundstücke haben sämmtlich eine hellgrüne, z. Th. glänzende Patina; sie sind jetzt meist zerbrochen, theilweise beim Finden, theilweise aber auch, wie die Oxydation der Bruchstellen zeigt, zerbrochen hineingelegt. Es sind folgende:

1) Ein Messer (Abbildung: Tafel II, Fig. 1); Klinge und Griff in eins gegossen. Die Klinge, nach unten gebogen, war ungefähr 8 cm lang, 1 3/4 breit, am Rücken mit kleinen Strichen verziert. Der Griff endet in einen Ring von 1,5 cm Durchmesser, ist flach oval und in interessanter Weise mit einem Systeme von Längs= und Querstrichen, wie es an Armringen häufig ist, verziert; besonders stark sind die umlaufenden Erhöhungen an den Enden, hier wohl ornamental die Bänder oder Riemen andeutend, welche den Horn= oder Holzgriff bei anderen Exemplaren hielten; Länge 6,5 cm. Messer mit nach unten gebogenem Griff und Ring sind in unserer Bronzezeit typisch, aber gewöhnlich besteht der Griff aus dünner Bronze oder ist durchbrochen, da Platten aus Horn oder Holz angesetzt wurden (s. Frid.=Franc. 16, 13). Solche Messer sind gerade in den charakteristischesten Kegelgräbern so von Damerow, Friedrichsruhe, Alt=Sammit, Slate gefunden, aber auch in verwandten von Göhlen, Kreien, Tessenow, Zachow. In mehreren anderen Fällen fehlt der Ring. Sämmtliche dahin gehörige Funde sind Grabfunde. Dem unsern ähnliche, aber ohne Ring s. Montelius Ant. suédoises, Fig. 113 und Mestorf, Vorgeschichtliche Alterthümer aus Schleswig=Holstein, Fig. 248, letzterer aus einem Grabhügel, dem auch eins der Jahrb. 47, S. 262 besprochenen Pferdekopfmesser entstammt.

2) Ein Messer (Abbildung: Tafel II, Fig. 2) mit durchbrochenem Griff und gerade abschließendem Ende. Der Griff ist 5,5 cm, die Klinge ebenso lang. Diese Messer sind auf unserem Gebiete weniger häufig als die bei 1 besprochenen; wir haben sie aus Grabfunden von Goritz, Tarnow, Tessenow, Neu=Zapel, die zum Theil schon jüngere Bronzen (Goritz Hohlcelt, s. Jahrb. 19, S. 309 und 52, S. 20) enthalten und aus einem Moorfunde der Lewitz. Aehnliche s. Montelius A. S. 114, Mestorf, V. Alt. Fig. 259.

Wir haben also hier neben einander zwei Messerformen, die für die ältere Bronzezeit charakteristisch sind; über Entwickelung der Messerformen in der jüngeren Bronzezeit, besonders auch die Bedeutung der von auswärts importierten, mit nach oben gebogener KIinge, ist Jahrb. 51, S. 17 gesprochen. Der Ring scheint in den nordischen Bronzen nicht ursprünglich zu sein, er ist dagegen sehr häufig bei den südlichen; (s. u. a. v. Tröltsch Fundstatistik Nr. 84,

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wo aber leider zwischen zwei recht heterogenen Formen nicht geschieden ist); die Uebergänge lassen sich z. B. an den Exemplaren in Lindenschmits Alterthümern der heidn. Vorzeit, Band II, 8, 2 beobachten.

3) Nadel mit unverziertem, rundem Kopfe von 1,5 cm Durchmesser; die Länge ist nicht bestimmbar, da sie zerbrochen und zwar, wie die oxydirten Bruchenden beweisen, zerbrochen hineingelegt ist. Aehnliche, aber meist verzierte, wie Friderico=Francisceum 24, 8, finden sich in unseren Kegelgräbern häufig, während die mit Verdickung unter dem Kopfe, wie Frid.=Franc. 24, 7, welche in süddeutschen Gräbern (s. Tischler, Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte V, S. 175) eine so große Rolle spielen, nur durch ein Exemplar unbekannten Fundorts vertreten sind.

4) Eine Fibel von seltener Form (abgeb. Tafel II, Fig. 3). Der Bügel, 5 cm lang, ist rautenförmig, mit Strichen verziert, offenbar als Nachahmung der Torsion des Bügels, welche verwandte Exemplare zeigen; die Platten am Ende des Bügels sind flach, von 1,5 cm Durchmesser und an den Enden gestrichelt, auch dieses wohl als Nachahmung der Spiralwindung, welche andere haben. Die Nadel von 8,5 cm Länge endet in einer flachen Platte, auf der ein Kreuz mit drei Querbalken eingeritzt ist, auch dieses eine Nachahmung des an unseren Fibeln häufigen Querbalken=Endes. Diese Fibelform ist sehr interessant, weil sie den Uebergang der älteren Fibelformen mit Spiralen zu der jüngeren mit Platten darstellt (s. Undset, études sur l'age de bronze de la Hongrie, S. 87 mit Abbildungen und Nachweisen).

Wir haben noch in unserer Sammlung Reste von zwei Fibeln mit eingeritztem Kreuze am Nadel=Ende, eines unbekannten Fundorts Frid.=Franc. 11, 6 und eines aus einem Kegelgrabe von Langenbrütz (s. Jahrb. VII B, S. 26); mit ganz gleicher Platte ist vorhanden ein Exemplar aus Kläden (s. Jahrb. 38, S. 140) aus Gräbern, die in ihrer ganzen Ausstattung genau mit denen von Blücherhof übereinstimmen.

5) Reste eines gewundenen Halsrings mit gleichlaufender Torsion; nach den Enden zu hört die Torsion auf und die Oberfläche ist glatt, die Enden fehlen leider, sodaß über den Verschluß nichts zu bestimmen ist, doch wurde er nach Analogie zahlreicher gleicher Exemplare durch Ineinandergreifen der zu Haken gebogenen Endspitzen gebildet. Solche Torques mit gleichlaufender Torsion, unserm Exemplar fast ganz gleich, sind 23 in Gräbern gefunden; sie gehören also zu den häufigsten Formen unserer reifen Bronzezeit.

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Aber auch in sechs Moor= resp. Depotfunden einer jüngeren Periode findet sich diese Form neben typologisch jüngeren Entwickelungen. Ihre Bestimmung als Halsringe kann keinem Zweifel unterliegen und wird speziell durch einen Friedrichsruher Grabfund gesichert, wo die Lage dreier Ringe am Halse des Beerdigten konstatiert werden konnte (s. Jahrb. 47, S. 267).

6) Ein kleiner Rest eines starken Hals= oder Handrings; nur auf einer Seite geriefelt; Durchmesser 1 resp. 0,75 cm.

7) Ein Handring von ovalem Durchschnitt (abgeb. Tafel II, Fig. 4). Die Ränder auf einer Seite sind ziemlich scharf, die Enden wie bei der großen Mehrzahl der nordischen Handringe gerade abschneidend. Die Verzierung ist die häufige durch zarte Vertikalstriche, unterbrochen durch drei Paare Horizontalstrichverzierungen; der Durchmesser beträgt 6 resp. 4,75 cm innere Weite, die Höhe 0,75 cm. Ganz dieselbe Verzierung zeigen Exemplare aus Kegelgräbern von Kremmin, Lankow, Lehsen, Püttelkow und Zierzow, sehr ähnliche, nur in der Anordnung der Strichsysteme abweichende 44 Exemplare aus 27 sicheren Grabfunden.

8) Ein Spiralcylinder von 7 cm Durchmesser, gebildet aus glattem Drahte von dreikantigem Durchmesser, welches nach dem Ende zu mit vertikalen tiefen Strichen verziert ist, gleich dem Frid. - Franc. 21, 7 abgebildeten Exemplar. Erhalten sind fünf Windungen, das eine Ende ist erhalten und zwar umgehämmert. Außerdem sind noch Reste eines zweiten gleichen Exemplars vorhanden. Ganz gleiche Exemplare sind in Kegelgräbern von Teterow und Sarmsdorf aufgedeckt; im übrigen siehe unten S. 106 bei Gelegenheit eines ähnlichen Stückes aus einem Moorfunde.

9) Ein kleiner Fingerring ans einfachem Drahte in drei Windungen von 1,5 cm Durchmesser, gleich Frid. - Franc. 23, 8. Solche Ringe sind in Gräbern häufig und kommen fast immer in Gesellschaft von Torques vor.

10) Ein Stück Golddraht gebogen zu einem Fingerringe.

11) Ein formloses Bronzestück, offenbar im Feuer gewesen, vielleicht Rest eines größeren Ringes aus Bronzedraht.

Ihrer zeitlichen Stellung nach gehören die besprochenen Gräber der Periode der Bronzezeit an, welche bei uns am entwickeltsten erscheint und der unsere Kegelgräber fast sämmtlich zuzuschreiben sind. Es ist die Blüthezeit der nordischen Bronzekultur, von Tischler nach unserem berühmten Grabfunde als Pecatelperiode bezeichnet. Der schwedische Gelehrte Montelius theilt bekanntlich 1 )


1) Om tidsbestämning inom bronsåldern. Stockholm 1885.
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die Bronzezeit in sechs Perioden, von denen sich aber bei uns einerseits die zweite und dritte, anderseits die vierte und fünfte so zusammenschließen, daß wir sie im allgemeinen als einheitlich betrachten müssen. So würden für uns vier Perioden genügen: eine ältere Bronzezeit, vertreten durch einige Moorfunde (= Montelius 1), eine reife (= Montelius 2 und 3, Tischlers Pecatelperiode), vertreten durch die Kegelgräber, eine jüngere (= Montelius 4 und 5), vertreten durch Depotfunde in Mooren und Erdboden und ein Ende der Bronzezeit (= Montelius 6) ohne einheitlichen Charakter und mit meist ausländischen Fundobjekten. Ueber die jüngere Bronzezeit habe ich Jahrb. 52, S. 1 flgd. gehandelt und werde unten einen Nachtrag geben; das Ende der Bronzezeit ist Jahrb. 51, S. 4 im Zusammenhang besprochen.

Innerhalb unserer reifen Bronzezeit stehen nun aber die Gräber von Blücherhof entschieden dem Ende näher als dem Anfang. Das beweist besonders die Fibelform, welche schon zur jüngeren Bronzezeit überleitet und das Messer mit Ring am Ende; auch Montelius zählt alle hier auftretenden Formen, soweit sie nordisch sind, zu seiner dritten Periode, für die er a. a. O. S. 195 die Zeit von 1050 bis 900 v. Chr. G. in Anspruch nimmt.