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II.

Ueber eine Inschrift

im Chore des Dominicaner-Klosters zu Wismar.

Von

Dr. F. Crull.


A n verschiedenen Stellen seines "Papistischen Mecklenburgs" theilt M. Dietrich Schröder Abschnitte einer Inschrift im Schwarzen oder Dominicaner=Kloster zu Wismar mit, von welcher er angiebt, daß sie sich über oder neben der Kanzel befinde. An dieser Stelle war freilich nichts zu sehen, wohl aber etwas weiter in den Chor hinein - die Kirche selbst wurde nämlich 1689 zum Waisenhause eingerichtet, der Chor jedoch für Gottesdienste reservirt - konnte man wahrnehmen, daß der untere, geblendete Theil des nächsten Fensters an der Südseite bis auf die Fensterbank hinab, welche 11 Fuß 0 ,,über dem Fußboden lag, mit Putz überzogen war, und hier die Inschrift vermuthen. Da nun die verputzte Fläche selbst bei einer Breite von 13 Fuß 11 Zoll in der Höhe 15 Fuß 8 Zoll maß, so war eine Aufdeckung der Inschrift, eine Befreiung derselben von der darüber geschmierten Tünche nur mittelst eines kostspieligen Gerüstes und anderer Unterstützung möglich, die in früheren Jahren ziemlich aussichtslos war. Allmälich aber war theils vermöge des schlechten Wismarschen Baugrundes, theils durch langjährige Vernachlässigung ein so bedenklicher Zustand der Kirche eingetreten, daß, da die technischen und finanziellen Mittel fehlten, dieselbe zu halten, nichts übrig blieb als der Abbruch, während der Chor, der sich in gutem baulichen Stande be=

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fand, erhalten werden konnte und unten zu einer Turnhalle, oben zu einem Saale für die Bürgerschule, die seit Aufhebung des Waisenhauses in der Kirche installirt war, bestimmt wurde. Das gab dann Gelegenheit der Inschrift nahe zu kommen, um so mehr, als die Balkenlage ungefähr in der halben Höhe derselben zu liegen kam. Aber da stand noch die weitere Schwierigkeit entgegen, daß die Inschrift nur mit einer ganz dünnen Tünchkruste bedeckt war, und schon die Witterung des Sommers 1879 nicht gestattete, dieselbe zu verstärken und einen dickeren Ueberzug herzustellen, welcher sich bekanntlich leichter ablösen läßt. Außerdem war auch die Entfernung der Tünche durch das bessere Mittel, durch Klopfen, theils ihrer Dünnheit wegen nicht thunlich, theils, weil in der Blendung zwei große Risse von oben bis auf die Fensterbank hinabgingen, durch welche seit fünfzig Jahren, seit man die anliegenden Klosterbauten bei Errichtung des städtischen Krankenhauses weggebrochen hatte, fortwährend Luft und Feuchtigkeit eingedrungen waren und den Putz gelockert hatten, so daß beim Klopfen leicht ganze Pflaster von demselben sich hätten völlig lösen und abfallen können, wie denn schon an verschiedenen Stellen große Stücke fehlten. Es blieb also nichts übrig, als durch Schaben und Blättern den Ueberzug zu entfernen, so gut es ging, - ein Verfahren freilich, welches schon bei Malereien sehr mißlich, bei Inschriften aber allerdings erst recht bedenklich ist, da die schwarze Farbe, in welcher diese ausgeführt zu sein pflegen, nur eine äußerst schwache Verbindung mit dem Putze eingeht, lose auf demselben haftet und daher eher der Tünche folgt, wenn diese entfernt wird, dann aber auch der Verlust einer Linie, eines Hakens von größter Folge bei der Entzifferung werden kann, da auf solche Weise nicht bloß das Erkennen von Wörtern erschwert, sondern auch gradezu der gröbste Irrthum und zwar vorzugsweise in den Zahlen herbeigeführt werden kann, zumal bei der eckigen Minuskel des 15. Jahrhunderts. Nachdem also durch die angegebene Methode die Inschrift thunlichst bloßgelegt war, stellte sich heraus, daß dieselbe in 39 durch Linien getrennten Zeilen in schlanker gothischer Minuskel mit wenig Compendien und hin und wieder gekoppelten Buchstaben mittelst schwarzer Farbe auf den Putz getragen war, daß ihre Erhaltung und damit also die Lesbarkeit von oben nach unten immer mehr abnahm, und daß M. Schröder dieselbe bis auf zwei Abschnitte, den Anfang nämlich und einen in der Mitte, vollständig überliefert hat, wie daraus hervorgeht, daß das, was sich bei

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ihm nicht findet, und das, was er mittheilt, zusammen grade 39 Zeilen ausmacht. Es fehlen bei ihm Zeile 1 bis 13 und Zeile 19 und 20. Zeile 14 und 15 waren soweit erhalten, daß sie einen Vergleich mit Schröders Druck gestatteten, dagegen 16 bis 18 vollständig verlöscht. Zeile 21 bis 24 waren bis auf wenige Wörter lesbar, der ganze Schluß aber, Zeile 26 bis 39, war mit Ausnahme eines halben Wortes in Zeile 26 und zweier Wörter in Zeile 32 bis auf einen leisen Hauch gänzlich verschwunden. Es galt also den Anfang und Zeile 19 und 20 vollständig neu zu lesen, so weit dies möglich war, da sich in Zeile 10 bis 13, wie in 19 und 20 nur wenige Wörter erhalten hatten, und das Uebrige, wo noch Buchstaben sichtbar waren, mit Schröder zu vergleichen. Das war bei einer Temperatur von 8 bis 10° unter dem Gefrierpunkte - es wurde auch im Winter gebaut -, in einem Raume, dessen Fenster zum Theile nicht verglast waren und dem Ostwinde offenen Eingang gestatteten, von lose auf den Balken liegenden, einzelnen Brettern aus keine bequeme oder gar anmuthige Arbeit, welche nur dadurch zu Stande kommen konnte, daß Dr. Wigger die Güte hatte, mir seinen Beistand, zu Theil werden zu lassen. Auf seinen Rath ließ ich auch eine Photographie von dem über der Balkenlage befindlichen Theile der Inschrift, Zeile 1 bis 15, anfertigen und ist es mit deren Hülfe möglich geworden, das Gelesene nicht allein besser zu beurtheilen, sondern auch auf dem Zimmer zu studiren und Wörter zu erkennen, welche an Ort und Stelle nicht entziffert worden waren.

Die Inschrift besteht aus mindestens dreizehn, je mit einer Zeile beginnenden Abschnitten oder Paragraphen; doch mögen es ursprünglich vierzehn oder gar fünfzehn gewesen sein, was sich wegen zu großer Zerstörung der Zeilen 10 bis 13 nicht entscheiden läßt. Wir wollen indessen annehmen, es seien vierzehn Paragraphen gewesen, und demgemäß die einzelnen zählen.

Die ersten, wie wir also annehmen, vier Paragraphen enthalten allgemein ordensgeschichtliche Nachrichten und sind vielleicht deshalb von Schröder in sein speciell Meklenburg betreffendes Sammelwerk nicht aufgenommen worden, falls er nicht etwa durch die Höhe verhindert worden ist, sie genügend zu entziffern. Eine Prüfung ihres Inhaltes war uns theils der Lückenhaftigkeit wegen nicht möglich, theils weil es nicht gelingen wollte, die nöthige einschlägige Literatur herbeizuschaffen. Mit Hülfe dieser und der Photographie, welche im Wismarschen Rathsarchive bei den Urkunden des

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Predigerklosters deponirt ist, mag man immerhin von diesen Paragraphen noch mehr herausbringen, als uns möglich war, und abschätzen können.

Der fünfte Paragraph also ist der erste, welchen Schröder, a. a. O. S. 824, mittheilt. Außer diesem hat aber auch M. Daniel Springinsgut, welcher 1661 als Hülfsprediger zum h. Geiste nach Wismar kam († 1685) und durch sein 1668 gedrucktes "Verzeichniß derer Herren Prediger - in Wismar -" Schröder, wenn nicht überhaupt die Anregung zu seinen historischen Arbeiten, so doch eine Grundlage für dessen "Wismarische Prediger=Historie" gab * ), in einem von ihm abgefaßten, gegenwärtig bei S. Jürgens Kirche befindlichen Manuscripte, betitelt ,,Prediger=Buch zum h. Geist", S. 1, denselben aufbewahrt ** ) Der Paragraph berichtet über die Aufnahme und Niederlassung der Dominicaner oder, wie man hierlandes sagte, schwarzen oder Prediger=Brüder in Wismar und setzt dieselbe in das Jahr 1293. So stand deutlich da, und Springinsgut und Schröder haben dieselbe Zahl, wie auch die Inschrift von 1519 auf den Chorstühlen des abgebrochenen Dominicaner=Klosters zu Röbel sie giebt *** ). Ist das Datum richtig, so müssen die Inscriptionen des Wismarschen Stadtbuches B von p. 180 bis 183 um ein Jahr später gesetzt werden, als ich im Meklenburgischen Urkundenbuche bei den dort aus demselben abgedruckten angenommen habe. Das gedachte Stadtbuch enthält sechszehn Lagen oder 250 Seiten. Auf den letzten sieben, 103 Seiten zählenden Lagen finden sich 24 Jahreszahlen, von denen aber nur vierzehn Verhandlungsdaten, die übrigen terminliche sind, und zwar sind jene p. 143: 1289, 154. 158. 160: 1290, 173. 185: 1292, 188. 190: 1293, 197: 1294, 230. 231: 1296, 239. 241. 242: 1297, diese aber p. 146: 1291, 147: 1289, 161: 1291 und 1295, 170: 1292, 184: 1293, 200: 1295, 204: 1294, 221: 1297. Erstere Inscriptionen können nun allerdings, wenn nicht überall, so doch öfters später eingetragen sein, als die


*) Vgl. Schröder, W. E., S. 5.
**) Ob Springinsgut die Abschrift selbst genommen hat, steht dahin. Theils giebt er selbst an, daß er seine Arbeit größtentheils nach den Aufzeichnungen des M. Mauritius Wacenius, 1605-1620, und des M. Christianus Cothenius, 1021-1668 Prediger am h. Geiste, angefertigt habe, theils scheinen seine Abweichungen von Schröder nicht so sehr auf Irrthümern im Lesen der Inschrift, als auf Undeutlichkeit flüchtig genommener Copien derselben zu beruhen.
***) M. Urk.=B. 761.
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protokollierte Handlung stattfand, und eben deswegen ein Datum ausnahmsweise erhalten haben, während letztere Zahlen nur darzuthun vermögen, daß die betreffende Eintragung mit den voraufgehenden entweder in das angegebene Jahr oder, wie es meist der Fall sein muß, vor dasselbe fällt. Daß man bei diesem Verhältnisse nur combiniren, nur allgemein die Zeit abschätzen und ein Irrthum leicht Platz greifen kann, leuchtet ein. Nun kommt, was speciell die Aufnahme der Prediger=Brüder betrifft, angegebenermaßen p. 173 das Datum 1292 vor, p. 180 wird den Mönchen eine Schenkung auf den Todesfall gemacht (M. Urk.=B. 2148), p. 183 ein Erbe als bei den Prediger=Brüdern gelegen bezeichnet, p. 185 aber ist eine Verlassung als 1292, Dec. 5 (vig. S. Nicolai) geschehen, und p. 188 die Leistung einer Bürgschaft mit dem Datum 1293, Januar 7 eingetragen (M. Urk.=B. 2205). Hiernach und da weiter, wenn man von der ersten Seite der zehnten Lage, p. 143, die mit dem Datum 1289 eingeleitet ist, die Seiten bis zum Ende, welches sicher in den Sommer 1297 fällt, in neuntehalb diesen Jahren entsprechende Abschnitte bringt, p. 180 und p. 183 ebenfalls in den auf das Jahr 1292 treffenden fallen, so habe ich geglaubt M. Urk.=B. 2148 in (1292) setzen zu dürfen und glaube das recht gemacht zu haben. Allerdings mag die anscheinend richtige chronologische Folge (p. 185. 188) der betreffenden Stellen in Stadtbuch B. eine zufällige sein und letzteres bezüglich der Daten nicht den Glauben verdienen, welchen man solchen Büchern zu schenken so gewohnt wie berechtigt ist, aber sehr wohl können auch fast zweihundert Jahre später die schwarzen Mönche eine irrthümliche Ueberlieferung gehabt und ihrem Röbelschen Kloster solche mitgetheilt haben. Beide, Inschrift und Stadtbuch, scheinen mir ziemlich gleichwerthig der Autorität nach zu sein und die Entscheidung zwischen beiden völlig dem subjectiven Ermessen anheimgegeben. Endlich ist bezüglich dieses Paragraphen noch zu bemerken, daß die Abschrift bei Springinsgut an verschiedenen Stellen von Schröders Ueberlieferung differirt. Sie hat falsch recipitur statt excipitur, dann domino Henrico leone domino Magnopolensi statt schlechthin domino Magnopolensi, dilatatur statt denotatur, memoratus cum ſuis fratribus statt memoratus frater cum ſuis, es fehlt ihr et hinter pertractatur und locus hinter postmodum. Von diesen Varianten dürfte aber nur, und zwar mit Rücksicht auf M. Urk.=B. 2314 und 2317, das dilatatur vorzuziehen sein, und scheint gestanden zu haben: domino

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domino Magnopolensi, so daß ich beides in den unten abgedruckten Text aufgenommen habe.

Im sechsten Paragraphen, Schröder a. a. O. S. 1314, ist das Andenken an eine auch sonst überreich bezeugte Calamität, den schwarzen Tod, bewahrt, aber nur hier die angebliche Zahl der in Wismar Gestorbenen notirt.

Der folgende, siebente Paragraph ist derjenige, welchen Schröder entweder übersehen oder, obschon er um Gelegenheiten nicht schwierig war, seines Inhaltes wegen in seinen Arbeiten nicht zu verwenden gewußt hat. Zu seiner Zeit wird er noch ebenso gut erhalten gewesen sein wie das Uebrige, da die Wörter, welche überhaupt noch da waren, sich recht gut lesen ließen. Leider war jetzt aus demselben nicht mehr zu entnehmen, als daß dieser Theil der Inschrift eine Thatsache berichtete, welche sich am 30. November 1354 zugetragen hat und zu der Erwerbung der Grafschaft Schwerin durch Herzog Albrecht II. in Beziehung steht. Was für ein Interesse diese aber für das Kloster gehabt haben kann, entzieht sich jeder Vermuthung. Vor albert schien ein x zu stehen, so daß dux zu ergänzen sein dürfte, und allem Ansehen nach hatte hinter suorum gestanden: h . . . . itate = hereditate. Der letzte Buchstabe, von dem man etwas sah, muß v oder w gewesen sein; vielleicht folgte vasallis.

Nicht im "Papistischen Mecklenburg", wohl aber in seiner handschriftlichen "Ausführlichen Beschreibung der Stadt Wismar", S. 813, hat Schröder den achten Paragraphen angebracht, welcher die Nachricht von der Seeschlacht vor Wismar zwischen den Wismarschen und den Dänen am 2. Juli 1358 referirt, in der Peter Däne * ), der feindliche Admiral, mit vielen seiner Leute gefangen wurde, und deren Andenken man noch zu Reimar Kocks Zeit in Wismar alljährlich festlich beging ** ). Kock giebt aber, und zwar nach Herman Körner *** ), dem er nacherzählt, als Jahr der Schlacht 1364 an, doch ist das unrichtig, wie Professor Schäfer bereits, wenn auch nicht mit überzeugter Sicherheit, auf Grund eines Schweriner Documents ausgesprochen hat ). Uebrigens hatte dieser Tag das besondere Interesse für die Klosterbewohner, daß der Rath ihnen an demselben allemal ein Stübchen Rheinwein aus seinem Keller zukommen ließ †† ).


*) Lüb. Urk.=B. HL Nr. 200. 201. 304. 586. Hanserec. I, S. 104.
**) Grautoff, Lüb. Chr. I, S. 473.
***) ap. Eccard. II, p. 1109.
†) D. Hansestädte und Waldemar, S. 159 N. 1.
††) Jahrb. XXXIII, S. 66.
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Wenn der neunte Paragraph, Schröder Papist. Mekl., S. 1429, von dem ersten in Wismar 1365, September 8, abgehaltenen Provinzial=Capitel der Dominicaner Kunde giebt, so entzieht sich die Richtigkeit dieser Thatsache unserer Beurtheilung eben wie in dem zwölften und dreizehnten Paragraphen, Schröder a. a. O., S. 1725. 1979., welche von dem gleichen feierlichen Acte in Wismar in den Jahren 1104 und 1439 berichten. Uebrigens hat man auch nicht grade Grund zu Bedenken.

Die Pest, welche der zehnte Paragraph, Schröder a. a. O., S. 1500, in das Jahr 1376 setzt, ist auch sonst bezeugt * ), jedoch für Wismar anderweitig nicht.

Den eilften Paragraphen, in welchem über die Consecration des Chores der Klosterkirche im Jahre 1397 berichtet wird, hat nicht bloß Schröder, a. a. O. S. 1625, überliefert, sondern auch Springinsgut in seinem gedachten Manuscripte. Dieser läßt virginum und ob reuerenciam aus und hat reliquiarum in reliquorum corrigirt. Beachtung verdient es, daß er hinter patronos noch legitimos hat; wenn er aber die Lücke bei Schröder ausfüllend hinter octauas ein pasche setzt, so ist das mindestens sehr verdächtig, wenn nicht gradezu als Lesefehler anzusehen, da es eine ganz abnorme Bezeichnung des Sonntags Misericordias sein würde. Die Hoffnung, beim Abbruche des Altars ein Consecrations=Document zu finden und durch dieses den Tag zu erfahren, schlug fehl, da sich herausstellte, daß der Altar nicht mehr der ursprüngliche, vielmehr neueren Datums war.

Der beiden Paragraphen, welche jetzt folgen, 12 und 13, ist schon vorhin Erwähnung gethan, und möge hier nur noch bemerkt werden, daß Bruder Eilert Schönefeld, Professor der Theologie, welcher in dem ersteren als Leiter des Provinzial=Capitels von 1404 genannt wird, schon 1397 als Vicarins des Ordensmeisters in Wismar erscheint. In seiner Eigenschaft als heretice pravitatis inquisitor bezeichnet ihn auch Herman Körner zu den Jahren 1402 und 1403 und beruft sich für Mittheilungen auf ihn als Chronisten ** ). In einer Wismarschen Urkunde vom 5. Mai 1407 wird er als verstorben genannt.

Endlich wird im Schluß=Paragraphen, 14, Schröder a. a. O. S. 2203, über eine 1468 am 11. Juni stattgefundene

*) Grautoff a. a. O. S. 304.
**) L. c. p. 1185. 1186. 1104.
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Reformation des Wismarschen Convents referirt. Das Datum ist ohne Zweifel von Schröder richtig überliefert, da das Wismarsche Weinregister ergiebt, daß in der Pfingstwoche dieses Jahres die Bischöfe von Ratzeburg und von Schwerin, ersterer in Begleitung seines Schreibers, der Schwerinsche Dechant, Joachim von Bülow und (Joachim) von Pentz sowie Thomas Rode und Heinrich Pentzin, herzogliche Räthe, in Wismar anwesend waren und angeblich auch ein Abt, unter dem der in der Inschrift genannte Professor Albert Petersen gemeint sein wird. Diese Reformation nun hatte im Jahre darauf noch die Folge, daß unter dem 20. Mai ein Receß zwischen dem Landesherrn und seinen Söhnen für sich und ihre Nachkommen und dem Rathe zu Wismar, einerseits, und dem Prior und seinem Convente, andererseits, errichtet wurde, in welchem jene dem Kloster ihren Schutz und Schirm gegen jedermann zusagten, so lange seine Insassen sich stricte nach der Ordensregel halten würden, diese aber solches zu thun versprachen, und im widrigen Falle, wo sie durch geistliche Personen von der rechten Regel schuldig befunden würden, dem Verluste aller ihrer Rechte und Hebungen sich unterwarfen.

Zwischen das Datum dieser Urkunde und die Reformation wird die Herstellung der Inschrift fallen. Die Reformation war für das Kloster ein Vorgang von der allergrößten Bedeutung, nahe an die einer neuen Stiftung reichend. Da lag es nahe, dies wichtige Factum dem Andenken der Nachkommen einzuprägen, und das gab dann wiederum Anlaß, vielleicht nach dem Vorgange anderer Klöster, Ereignisse aus der Vergangenheit des Klosters, welche für den Orden überhaupt oder für den Convent speciell ein Interesse hatten, in der Erinnerung lebten oder derselben werth erschienen, zugleich an derselben Stelle und auf dieselbe Weise, inschriftlich, vor Augen zu stellen. Wäre dies Gedächtnismahl aber später als der Vertrag mit Landesherrn und Rath angebracht, so würde aller Wahrscheinlichkeit nach eines für das Kloster so wichtigen Vorganges in der Inschrift Erwähnung geschehen sein; ist die Schutzversicherung doch allem Ansehen nach im folgenden Jahrhunderte für die schwarzen Mönche von großem Werthe gewesen, wenn sie auf Grund desselben ihr volles Recht bis ans Ende zu behaupten auch nicht im Stande gewesen sind.

Ereignisse, welche Stadt oder Land als solche betrafen, in der Inschrift zu berichten und vor jedermanns Augen zu halten, ist nicht die Absicht derjenigen gewesen, welche sie

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abfaßten, zusammenstellten oder ausführten. Man würde sie dann nicht im Chore, sondern an einem den Laien zugänglichen Orte angebracht haben, und man hätte sie auch Deutsch, und nicht Lateinisch abgefaßt; denn wenn Lesen und Schreiben, wie sich immer mehr herausstellt, im Mittelalter freilich viel verbreiteter waren, als eine langjährige Tradition uns überliefert hat, so war die Kenntniß des Lateinischen doch ebenso wie noch jetzt ein Besitz der Gelehrten, des Klerus. Die Seuchen gingen die Klöster eben so gut an, wie die Bewohner der Städte, von denen die Mönche der Bettelorden ja nicht etwa sich abschlossen, sondern mit denen sie im innigsten Verkehre standen; soll doch nach Körner (p. 1085) der schwarze Tod im Burg=Kloster zu Lübeck 38 von ihnen hinweggerafft haben. In welcher Hinsicht der Wismarsche Seesieg das Kloster interessierte, ist oben bereits angegeben. Nur in Betreff des von Schröder nicht aufbewahrten siebenten Paragraphen ist nicht abzusehen, in welcher Beziehung der Inhalt zu unserem Kloster oder dem Orden überhaupt gestanden haben kann. Die Inschrift ist vor Allem von Werth für die Geschichte des Klosters, zu dessen Frommen sie ausgeführt wurde, somit aber auch in gewissem Grade für die des Ordens und der Kirche; doch geht auch die Profangeschichte, die Geschichte der Stadt und des Meklenburgischen Fürstenhauses dabei nicht leer aus. Die Paragraphen 5, 9 und 11 bis 14 überliefern Thatsachen, welche anderweitig nicht bekannt sind, Paragraph 8 stellt ein unsicheres Datum fest, und Paragraph 10 ein Ereigniß, welches in Betreff Wismars sonst nicht zu constatiren ist.

Es war Anfangs Absicht, die beiden Risse, welche durch die Inschrift gingen, zu schließen, den abgefallenen Putz zu ergänzen, das Gelesene in schwarzer Farbe, das aus Schröder zu Ergänzende in Roth wiederum aufzufrischen; allein der Putzgrund zeigte sich so lose, daß an Halten nicht zu denken war und man bei der neuen Bestimmung des Raumes dazu schreiten mußte, denselben abzunehmen, womit freilich denn die Inschrift völlig untergegangen ist. Aus diesem Grunde und um künftigen Forschern Anlaß zu irrthümlichen Muthmaßungen zu benehmen, erschien es angemessen, die Inschrift in zweifacher Gestalt wiederzugeben, nämlich einmal (A) so, daß sie für den Gebrauch hergestellt ist, dann aber auch (B) derartig, daß man erkennen kann, wie dieselbe aussah, als sie wieder ans Licht gezogen worden war, und wie sie ursprünglich erschienen sein wird und wie sie noch vor 150 oder 180 Jahren zu sehen war.

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A.

(§. 1.) 1 Anno incarnacionis dominice M°CC°xvi° confirmatus est ordo fratrum predicatorum a domino papa Honorio iij., anno pontificatus sui primo, | 2 beato Dominico Hispano, eiusdem ordinis fundatore, procurante.

§. 2.) 3 Anno M°CC°xxi°, viij idus Augusti (= August 6), beatus pater Dominicus bono fine quieuit in domino. Et beatus Thomas, de illustri prosapia comitum Aquorum natus, | 4 . . . . rat et magnus achatus philosophorum et eximiis ordinem fratrum predicatorum premiis puer xvi annornm - - - - beatus | 5 - Petrus Mediolanensis ad ordinem puer rec[ipi]tur et in xxx° anno ab [ac]cessu ordinis pro fide ab hereticis occiditur - - - atur passus | 6 et cum eo socius suus frater Dominicus de Cu -, qui letaliter vulneratus celum pro[mer]uit sanguine laureatus.

§. 3.) 7 Anno domini M°CC°xxvii°, a confirmacione ord[in]is anno [xi], mense Augusto, in vigilia beati Laurencii (= August 9), venerunt Magunciam eiusdem ordinis fratres, | 8 missi a magistro Jordane et - - - venera - patr - - [cance]llarii Magdeburgensis archi[episcopi] domini | 9 Frederici - - - - - orum nobilis - ipsts | 10 - - - beate Marie in - - |

§. 4.) 11 - - - paupertatis - mendicancium fratrum predicatorum | 12 est - - - anno domini M°CC°xxxi° - - | 13 - - copiose decor - - -

§. 5.) 14 Anno domini M°CC°xciii. frater Tydericns de Hamele, pater et fundator istius conuentus, cum suis confratribus burgimagistris Wismer hospicio | 15 excipitur 1 ) caritatiue et hilariter pertractatur et 2 ) a magnifico domino domino 3 ) Magnopolensi et Stargardie matura deliberacione et consensu heredum suorum | 16 spiritu dei instigante fratri predicto pro claustro fratribus predicatoribus construendo locus datur et assignatur, necnon a quibusdam ciuibus | 17 postmodum locus 4 ) dilatatur 5 ) et ampliatur, et tam a clero quam a populo memoratus frater cum suis 6 ) benigne et hilariter recipitur.


1) recipitur: Springinsgut.
2) fehlt Schr. -
3) Henrico Leone domino Springinsgut, magn. domino Magnopolensi: Schröder.
4) fehlt Schr.
5) Springinsgut, Schr. denotatur.
6) mem. cum suis fratribus: Springinsgut.
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(§. 6.) 18 Anno domim M°CCC°L° incepit in Wismaria pestilencia maior, ita quod in vno mense plus quam duo milia hominum morerentur.

(§. 7.) 19 Anno domini M°CCC°liiii., in die sancti An[dree apostoli] dominus [du]x Albert[us] - - - | 20 - - pro recuperanda patrum fuorum h[eredi]tate a ciuibus Suerinensibus et v- - - - -

(§. 8.) 21 Anno domini M°CCC°lviii°, in die sanctorum martyrum Processi et Martiniani (= Juli 2), magister milicie regis Danorum nomine Petrus Dene a ciuibus | 22 Wismarie capitur, compeditur et cnstoditur.

(§. 9.) 23 Anno domini M°CCC°lxv°, in die natiuitatis virginis gloriose [= Sept. 8], fuit hic primum capitulum prouinciale celebratum.

(§. 10.) 24 Anno domini M°CCC°lxxvi. fuit in Wismaria pestilencia marima per estatem, ita anod per illud breue tempus plus quam decem milia hominum | 25 morerentur.

(§. 11.) 26 Anno domini M°CCC°LXXXXVII°, dominica prima post octauas - dominus Detleuus Ratzeburgensis episcopus consecrauit chorum istum | 27 et altare maius in honorem sanctorum apostolorum Petri et Pauli, trium regum, decem milium martyrum, vndecim milium virginum, et ob | 28 reuerenciam reliquiarum sanctorum innocentum eundem chorum in. honorem eorum et predictorum sanctorum eciam consecrauit ac eosdem sanctos | 29 innocentes cum prenotatis sanctis in patronos haberi concessit.

(§. 12.) 30 Anno domini M°CCCC°IIII°, in die natiuitatis virginis (= Sept. 8), secundum capitulum prouinciale sub reuerendo sacre theologie professore fratre Eylardo Schoneueld, olim in Romana | 31 curia generali ordinis nostri procuratore et heretice prauitatis inquisitore, hic celebratur ac ab illustrissimo principe Alberto, Suecorum, Gothorum Obotritorumque rege, | 32 illud capitulum presencialiter honoratur, necnon ab honorabilibus dominis proconsulibus, consulibus, ciuibus et ciuissis benigne recipitur, et ab eisdem elemosine magne | 33 predicto capitulo liberaliter dabantur.

(§. 13.) 34 Anno domim M°CCCC°XXXVIIII°, in die natiuitatis virginis gloriose (= Sept. 8), fuit tercium capitulum prouinciale celebratum et ab honorabilibus dominis proconsulibus, consulibus omnibusque | 35 vtriusque

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sexus benigne recipiebatur et pertracta[ba]tur et ab eisdem elemosine magne predicto capitulo liberaliter dabantur.

(§. 14.) 36 Anno domini M°CCCC°LXVIII°, in vigilia Trinitatis (= Juni 11), conuentus iste fuit reformatus auctoritate reuerendissimi magistri ordinis Mamertini Belli per fratre[m] Albertum Petri, sacre | 37 theologie professorem, [e] missione reuerendi patris fratris Johannis ex Curia, vicarii generalis congregacionis Hollandie, pre[sentibus] reuerendis in Cristo patribus et dominis Wernero | 38 Swerinensi et Johanne Racehurgensi episcopis cum eorum prelatis, necnon iuratis consiliariis vtriusque status illustris principis et domini Hinrici ducis Magnopolensis | 39 ad hoc specialiter [vocatis? missis? deputatis?], astante eciam et postulante reformacionem conuentus huius opidi consulatu. Conseruet eum in bono in sui nominis laudem altissimus. Amen.

 

Anmerkung: Die 1880 noch lesbaren Buchstaben der Inschrift sind in dem vorstehenden Abdrucke A mit Schwabacher Lettern gedruckt, in dem Abdrucke B unterstrichen. - Die letzten 10 Zeilen der Inschrift sind im Druck etwas länger als die andern; wahrscheinlich waren sie im Original, wegen Enge des Raumes, der noch zur Verfügung stand, mit mancherlei Abbreviaturen geschrieben.

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Inschrift
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