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Kirche und Pfarre zu Beckentin bei Grabow.

Der Sage nach soll bis in das 17. Jahrhundert auf dem noch jetzt zu Beckentin (jetzt zur Pfarre Grabow) bestehenden Begräbnißplatze eine Kirche gestanden haben und hier auch eine eigene Pfarre gewesen sein. Diese Sage wird in sofern bestätigt, als noch jetzt Fundamente auf dem Begräbnißplatze liegen und bei Anlegung von Grabstätten oft viel Schutt ausgegraben wird. Ich habe bei einer solchen Gelegenheit auch Scherben von bemaltem Fensterglas gefunden, auf denen sich aber eine bestimmte Malerei nicht mehr erkennen läßt.

An die Pfarre erinnert die Benennung eines Ackerstücks auf der Ostseite des herrschaftlichen Gartens, es heißt "Predigerkoppel."

Außerdem erinnern an das frühere Vorhandensein einer Kirche und Pfarre noch manche Benennungen von Ackerstücken. Südwestlich von dem erwähnten Begräbnißplatze giebt es noch eine Küsterei, Küsterei'sche Stücke und eine Kirchenkoppel. Oestlich vom herrschaftlichen Garten, d. i. nordöstlich vom Begräbnißplatze, liegt die Predigerkoppel. Auch eine einsame Klause muß bei Beckentin gestanden haben; es erinnert daran die Benennung eines Ackerstückes "de Klûs", ungefähr 8-10 Minuten nordwärts vom Hofe, in dem Winkel, der gebildet wird von dem Wege, der nach Grabow führt, und dem Kremminer Forstwege.

Beckentin, den 28. Novbr. 1872.

H. Rönnberg, Candidat.

Allerdings bestand früher nach den Archivnachrichten eine Kirche mit einer eigenen Pfarre zu Beckentin. Im Jahre 1580 ward Simon Wilken zum Pastor zu Beckentin "commendirt." Im Jahre 1628, unter der Wallensteinschen Herrschaft, ward Daniel Göde, auch Godenius, zum Pastor zu Beckentin berufen, weil der dortige Pastor alt und "auch im Kopfe unrichtig" war. Göde war vorher 6 Jahre Pastor zu Müsselmow. Aber am "Neujahrsabend" 1627 brannte die dortige Pfarre ganz ab. In Beckentin fand er eine "sehr baufällige Pfarre", welche in der Kriegszeit auch Feuersbrunst und Plünderung erlitt, so daß er mit seinen wenigen noch lebenden Beichtkindern nach Parchim floh. Am 22. Juni 1637 schrieb er noch einen langen Bericht von Beckentin. Gleich darauf im Jahre 1637 ward er als Diaconus an

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die Marienkirche zu Parchim versetzt, wo er ein Jahr lang wirkte. Er starb am 4. Juni 1638 zu Parchim an der Pest und hinterließ eine Wittwe, welche sich wieder verheirathete, und 5 kleine Kinder. Schon am 26. Juni 1637 erließ zwar der Herzog einen Befehl, den "nach Beckentin vocirten Pastor" Erhard Rathmann, einen "vertriebenen" Pastor aus Böhmen und darauf in Sachsen, welcher auch zum Diaconat zu Parchim vorgeschlagen war, zu introduciren. Die Sache stieß aber auf Weiterungen und zerschlug sich wahrscheinlich in den schrecklichen Kriegsjahren. Von Rathmann ist weiter nicht die Rede. Daniel Göde wird später der letzte Pastor zu Beckentin genannt.

Hiermit schließen die Kirchen= und Pfarr=Acten von Beckentin.

Das Visitations=Protocoll vom Jahre 1656 berichtet noch Folgendes.

"Beckentin. Diese Kirche hat fast in 20 Jahren keinen eigenen Pastoren gehabt, dieweile in der gemeinen Kriegsruin vndt Landtverwüstung die christliche Gemeine daselbst ao. 1637 vndt 1638 sonderlich fast gar dissipirt, also das keine leute haben bey solchen elenden Zu[stenden] bleiben können vndt ist der letzter Pastor Er Daniel Gode mit weib vnd kindt auch vielen seiner Pfarkinder nach Parchim geflohen, daselbst er auch ao. 1639 durch J. F. g. ertheilete Vocation Pastor Marianus auf der Neuwstadt constituiret worden vndt in dem elende mit den Seinigen todes verblichen."

"Wen auch endlich vor wenich Jahren etzliche, doch gahr weinich Kirchspiehlleute sich wieder eingefunden haben, so hat doch bey so geringer Gemeine in der Zeit kein eigener Pastor können constituiret werden, sondern es seindt diese leute im Nahmen vndt auf Befehl J. F. g. wegen ihres Gottesdienstes an die Pastores der Stadt vndt Gemeine in Grabow --- interimsweisen worden."

"Das Kirchgebeuwde ist gemauwret vndt mit Zungentache beleget, in ziemblichen stande."

Die Pfarre ist aber nicht wieder aufgerichtet und die Kirche in Folge der Kriegsverwüstung wahrscheinlich verfallen und nach und nach ganz verschwunden. So wüthete der dreißigjährige Krieg, daß, namentlich in den schrecklichen Jahren 1637-39 nichts übrig blieb.

Schwerin.

G. C. F. Lisch.