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Nachdem meine Abhandlung über Neukloster in den Jahrb. XXXIII, für 1868, S. 3 flgd., im Herbst 1867 gedruckt war, sandte ich sogleich einige Aushängebogen an das Schullehrer=Seminar zu Neukloster zur Kenntnißnahme der Herren Seminarlehrer. In Folge dessen sandte der damalige Herr Seminarlehrer Dr. Krüger, seit 1868 Paster zu Boddin, seine frühern und darauf fortgesetzten Forschungen über die Oertlichkeit an mich ein, und sind dieselben zur Mittheilung im Folgenden wichtig genug. (Vgl. auch oben S. 116.)
In den Jahrb. a. a. O. S. 9 habe ich die Ansicht aufgestellt, daß die Burg Kussin auf der in einiger Entfernung vom Hofe im See liegenden Insel "Werder", welche durch ein Ellernbruch und einen durch dasselbe gezogenen Graben früher zur Insel gemacht gewesen ist, gestanden habe, obwohl der "Werder" etwas groß ist und sich auf demselben bis jetzt nur sehr wenige Spuren von heidnischen Alterthümern gefunden haben. Herr Dr. Krüger berichtet nun hiezu Folgendes: "Ich möchte Ihrer Annahme, "daß die Halbinsel unsers Sees, der Werder, einst die alte Feste Kussin getragen habe, zweifellose Wahrheit beimessen. Der tiefe und breite Graben, der sich durch das Erlenbruch zieht und die eine Bucht des hufeisenförmigen Sees mit der andern verbindet, kann keinen andern Zweck gehabt haben, als die Vervollständigung der Befestigung des Werders. Wiederholt suchte ich nun den Werder nach Alterthümern ab, aber umsonst. Da kam mir der Gedanke, daß, wenn hier, woran ich nicht zweifelte, eine Feste gelegen, diese auf der dem Erlenbruche zunächst gelegenen, nicht unbedeutenden Anhöhe gestanden habe. Mit besonderer Sorgfalt suchte ich darauf den Berg ab und fand hier einige Alterthümer von Feuerstein."
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Diese Alterthümer zeugen zwar dafür, daß diese Stelle einst bewohnt gewesen ist, aber in der sehr fernen Zeit der Steinperiode. Für die Feste Kussin können sie kein Zeugniß ablegen, da dieselbe bis in die erste christliche Zeit hineinreicht und ganz andere Alterthümer zeigen müßte.
Von größerm Einfluß sind die Forschungen, welche Herr Dr. Krüger an einer andern Stelle von Neukloster gemacht hat. In den Jahrb. a. a. O. S. 10 habe ich die Vermuthung aufgestellt, daß das wendische Dorf Kussin für die größere Masse der Bewohner des Ortes auf der Stelle des ehemaligen Klosters und jetzigen Hofes Neukloster zunächst vor dem Werder gestanden habe, obgleich hier nie Alterthümer gefunden sind, welche dafür zeugen könnten. Der Herr Dr. Krüger macht es aber mehr als wahrscheinlich, daß das Dorf an der Stelle gelegen habe, wo am See jetzt das Schullehrer=Seminar steht, eine weite Strecke, ungefähr 550 Schritte, vom Hofe entfernt. Herr Dr. Krüger berichtet: "Im October und November 1867 ward die südöstliche Ecke des Seminargartens, die, ziemlich niedrig gelegen, auf der einen Seite vom See und auf der andern Seite von der bis zu dem Erlenbruche sich hinziehenden Wiese begrenzt wird, rajolt. Etwa einen Fuß rief unter der jetzigen Erdoberfläche fanden sich öfter eine große Menge von Kohlen. Inmitten der Stellen, wo diese mit Erde gemischten Kohlen gefunden wurden, wären Steine mit ebenen Flächen zu kleinen Feuerherden zusammengestellt; die Steine waren schwarz gebrannt und meistens so mürbe, daß sie sich leicht zerschlagen ließen. In der mit Kohlen versetzten Erde fanden sich Topfscherben in großer Menge, Thierknochen, auch Schalen von Haselnüssen. Nirgends aber stieß man trotz der behutsamsten Aufgrabung auf ein noch vollständig erhaltenes Gefäß. Es konnte nicht zweifelhaft sein, daß hier wendische Feuerstellen aufgedeckt waren. - Aehnliche Stellen, an denen ebenfalls Topfscherben, Knochen u. s. w. in reicher Menge zu Tage gefördert wurden, fanden sich bald darauf auch in dem nordöstlichen Theile des Gartens, etwa 600 Schritte von der ersteren Stelle entfernt. - Auch schon früher hat man beim Graben im Garten häufig Scherben von heidnischen Töpfen angetroffen. - Es sind also bis jetzt in allen Theilen des ausgedehnten Seminar=Gartens solche wendische Kochstellen
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"aufgedeckt, und es ist zu vermuthen, daß am Ufer des Sees, da, wo sich der Acker an den Garten anschließt, deren noch eine nicht geringe Anzahl verborgen liegt."
Zur Belegung dieser Beschreibung hat Herr Dr. Krüger viele hier gefundene Alterthümer eingesandt, namentlich:
1) Eine Auswahl von bezeichnenden Topfscherben, welche nach heidnischer Weise zubereitet sind, meist hellbraun. Alle sind mit wellenförmigen und parallelen Horizontal=Linien, oft mit Mischung von beiden am Rande verziert, Kennzeichen der letzten Heidenzeit. Ein Bodenstück zeigt ein gleicharmiges Kreuz in schwachem Relief.
2) Ein fester dunkelgrauer Erdklumpen, der sich als Bodensatz eines Topfes vorfand.
3) Thierknochen, von Rind und Schwein.
4) Ein Stück von hellbraun gebranntem Lehmschlag ("Klehmstaken") mit ausgebrannten Stroheindrücken.
5) Ein Spindelstein aus leicht gebranntem Thon.
Alle diese Sachen gehören ohne Zweifel der letzten Wendenzeit an und sind zusammengehörig.
Es dürfte also wohl keinem Zweifel unterliegen, daß da, wo jetzt das Seminar mit seinen Nebengebäuden und seinem Garten liegt, und zwar längs des Sees, das alte Wendendorf Kussin gestanden habe. Unmöglich dürfte es aber auch nicht sein, daß diese Ansiedelung einen andern Namen geführt habe, da die Seminarstelle eine gute Strecke von dem Hofe entfernt ist und die wendischen Dörfer oft sehr nahe bei einander lagen.
Im Jahre 1871 ist Herr Pastor Krüger noch ein Mal auf die Beschaffenheit des Seminargebietes zurückgekommen und hat einen von ihm noch in Neukloster aufgenommenen Situationsplan mit den Maaßen eingesandt. Derselbe bestätigt seine frühern Berichte über die in dem Seminargarten gemachten Funde und äußert dabei folgende Ansichten: "Aus den Funden scheint unwiderleglich hervorzugehen, daß dort, wo jetzt das Seminar mit seinem Garten liegt, einst ein großes Wendendorf gelegen haben muß. Ob dies nun Kussin oder Marutin oder Zurislavsdorf gewesen ist, mag dahin gestellt bleiben." Die Dörfer Marutin und Zurislavsdorf kommen allerdings nur bei der Stiftung des Klosters vor und scheinen zur Vergrößerung des Klostergebiets früh gelegt worden zu sein.
Schwerin.
G. C. F. Lisch.