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Gießstätte von Ruthen.

Von
Dr. G. C. F. Lisch.

Im Frühling des Jahres 1874 wurden auf dem Domanialpachtgute Ruthen bei Lübz in einem sehr kleinen Torfmoor beim Torfgraben auf dem Grunde des Moors von den Arbeitern viele alterthümliche Gegenstände aus Bronze neben einander gefunden und von dem Herrn Domanialpächter Seeler zu Ruthen mit anerkennenswerther Sorgfalt gerettet und sofort an die großherzoglichen Alterthümersammlungen eingeliefert. Das Gewicht dieses merkwürdigen und seltenen Fundes beträgt 4 Pfund Zollgewicht (2 Kilogramm) und die Anzahl der Gegenstände beläuft sich auf ungefähr 100 Stücke. Die Gegenstände allerlei Art sind fast alle zerbrochene, verworfene und verunglückte Stücke. Das Vorhandensein von Gießzapfen und Gießknollen spricht lebhaft dafür, daß hier eine Gießstätte für Bronzen und der Fund der zum Einschmelzen bestimmte Erzvorrath eines Bronzegießers war, wenn auch keine Gußform dabei gefunden ist. Alle Stücke sind, wie alle in Torfmooren gefundenen Bronzen, ohne Rost und nur von dem Torf etwas bräunlich gefärbt.

Der Fund gleicht also ganz dem Funde von Holzendorf, welcher in den Jahrbüchern XXXIV, S. 220 flgd., beschrieben und ausführlich besprochen ist.

Wie der Holzendorfer Fund gehört dieser Fund von Ruthen der jüngern Bronzezeit an und dürfte den Beweis liefern, daß die jüngern Bronzen an Ort und Stelle im Lande verfertigt wurden. Die Bronzen sind viel hohl gegossen und blechartig und überhaupt kleiner und kümmerlicher, als die kräftigern und in der Regel voll gegossenen und in Kegelgräbern mit schönem, edlem Rost überzogenen Bronzen der altern Bronzezeit, welche immerhin eingeführt sein mögen.

Die einzelnen Gegenstände dieses Fundes sind folgende:

1 Framea mit Schaftloch und Oehr (Celt), wie die in Jahrb. XXXIV, S. 224, abgebildete; der Rand des Schaftloches ist ausgebrochen und die Beilschneide abgebrochen.

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2 Bruchstücke von einer voll gegossenen Framea (Paalstab).

1 abgebrochene Beilschneide von einer Framea.

Gußknollen mit zwei Gußzapfen

1 Gußknollen mit zwei Gußzapfen, welcher ohne Zweifel beim Guß einer Framea (Celt) abgebrochen ist. Dieser Gußknollen gleicht genau dem zu Holzendorf gefundenen und in Jahrb. XXXIV, S. 224 und 225 und hier wieder abgebildeten. Diese Gußknollen und Gußzapfen sind bekanntlich die sichersten Zeugen für eine Gießstätte.

1 dünner, offener, wahrscheinlich ausgebrochener Ring von gegossenem Drath, ungefähr 3 Millim. dick, 5 Centim. weit. Dieser Ring ist noch so, wie er aus der Gußform gekommen ist. In der Mitte sitzt noch der noch nicht abgebrochene, 3 Centim. lange Gußzapfen aus der Gießrinne mit dem Gußknollen am Ende. An diesem Stück ist klar die Methode des Gießens zu sehen.

1 kurzes Bruchstück von einem gleichen Ringe, an welchem noch der Gußzapfen mit der Gußknolle, ganz wie der vorige, sitzt; wahrscheinlich ist der Ring bei dem Versuche, den Gußzapfen abzubrechen, zerbrochen.

2 geschlossene Ringe von gleicher Größe und Dicke; es sind noch die Stellen zu sehen, wo die Gußzapfen abgebrochen sind.

2 geschlossene Ringe von ungefähr 3 1/2 Centim. Weite, ebenfalls mit den Gußmarken.

2 offene ähnliche Ringe.

15 Bruchstücke von ähnlichen Ringen, einige mit Gußmarke.

1 Ende zusammen gebogenen Draths von gleicher Dicke.

3 Enden von etwas dickerm Drath mit Gußmarken.

1 kurze Lanzenspitze mit Schaftloch, verbogen und ohne Spitze, welche offensichtlich abgebrochen ist.

5 Bruchstücke von einem kurzen, sehr schmalen Schwerte mit abgebrochener Griffzunge, wahrscheinlich, wenn auch nicht sicher, zusammen gehörend, zusammen 40 Centim. lang, ähnlich einem Schwerte von Neuhof, Quartalbericht XXXVIII, 2, S. 3. Diese schmalen und graden Bronzeschwerter sind sehr selten und ohne Zweifel jüngern Alters.

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4 kleine und schmale Sicheln, mit senkrecht stehendem Knopf am Griffende, 2 mit halbmondförmiger Klinge, wie Frid. Franc. Taf. XVII, Fig. 9, und 2 mit geschweifter Klinge; von einem Stück ist die Spitze abgebrochen. Gußformen zu solchen Sicheln sind schon früher in Deutschland gefunden.

4 Bruchstücke von einer Hängeurne mit Drachenverzierungen, wie Jahrb. XXXVII, S. 205. Diese Hängeurnen gehören sicher einer jüngern Zeit an und sind nicht "hetrurisch".

1 Zange (Pincette), in zwei Hälften zerbrochen; auf einer Hälfte sitzt noch ein Schieber aus Bronzeblech.

1 zerbrochene Scheibe von einer Heftel mit zwei großen flachen Scheiben, ungefähr wie Worsaae Nordiske Oldsager, 1859, Taf. 51, Nr. 231.

1 kleines Bruchstück von einer ähnlichen Scheibe.

1 kleiner abgebrochener Nadelknopf in Gestalt einer flachen Scheibe, mit concentrischen Ringen verziert.

1 nicht zu deutendes Schmuckstück.

11 Bruchstücke von gewundenen Hals= und Kopfringen von verschiedener Dicke.

2 dünne viereckige Bronzestangen von 6 Centim. Länge.

7 Bruchstücke von glatten blechartigen Armringen; 4 daran haben am Ende ein dreieckiges Loch wie häufig jüngere Armringe dieser Art. Vgl. eine Abbildung in Jahrb. XXXIV, S. 227. Auch zu Holzendorf ward ein solcher Armring gefunden. Ein Bruchstück von Ruthen hat dieselben Linienverzierungen, wie der abgebildete Holzendorfer Armring.

10 Bruchstücke von dünnen, schmalen Armringen mit offenen halbkugeligen Enden, ähnlich wie bei Worsaae a. a. O. Taf. 56, Fig. 260.

4 Gehänge. Drei dünne kreisförmige Platten von ungefähr 3 Centim. Durchmesser mit einem Drathbügel hangen in einem geschlossenen Drathringe von 3 Centim. Durchmesser, welcher wieder in einem geschlossenen kleinern Ringe hängt. Die Ringe zeigen Gußmarken und sind an einer Seite (vom Tragen) etwas ausgescheuert. Einige Stellen der Platten sind im Guß nicht gekommen. Wahrscheinlich dienten diese Gehänge zum Schmuck; ein bestimmter Gebrauch läßt sich aber noch nicht errathen.