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XXXVIII. 1.
des
Schwerin, im October 1872.
I. Wissenschaftliche Thätigkeit.
A n wissenschaftlichem Arbeiten für die Jahrbücher sind zur Zeit nur einige Nachrichten über bemerkenswerthe Alterthümer in Meklenburg eingereicht worden, nämlich
1) von dem Herrn Canzleidirector a. D. v. Bülow in Schwerin ausführliche Berichte über Funde auf den Feldmarken Wendorf und Weberin im Amte Crivitz, Groß= und Klein=Görnow, Amts Sternberg, Eickelberg, Amts Meklenburg, Labenz, Amts Warin, und Blücherhof, Amts Lübz;
2) Berichte des Herrn Geh. Archivraths Dr. Lisch über verschiedene kirchliche Alterthümer, die wir seiner amtlichen Thätigkeit als Conservator verdanken, namentlich über die Glocken der Kirche zu Dobbertin, und
3) des Herrn Candidaten Rönnberg zu Beckentin über die Glocken und ein bronzenes Taufgefäß der Kirche zu Kröpelin.
Auch in Bezug auf das Urkunden=Buch ist nichts besonderes zu melden. Der Druck des VIII. Bandes ist bis zum 37. Bogen vorgeschritten, und für den nächstfolgenden Zeitraum sind viele Siegel=Holzschnitte in Arbeit.
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Ueber die auf den 16/17. Septbr. d. J. zu Darmstadt angesetzte General=Versammlung des Gesammtvereins, wozu auch uns die Einladung nebst dem Programm zugesandt worden ist, ist zur Zeit noch keine weitere Nachricht eingegangen. Besucht ist dieselbe unserer Seits nicht.
II. Die Sammlungen des Vereins.
Unser Antiquarium hatte sich wiederum zahlreichen Besuches zu erfreuen. Hervorzuheben ist die Anwesenheit des Herrn Professors Engelhardt aus Kopenhagen am 28. bis 31. Julii, welcher besonders die Alterthümer der Eisenzeit einer genauen Vergleichung mit denen der Kopenhagener Sammlung unterwarf. Ihm folgte unmittelbar am 31. Julii und 1. August Herr Archivar Eckhoff aus Leeuwarden in Holland. Ferner nahm Herr Professor Conze aus Wien, welcher längere Zeit auf Lesbos gelebt hat, unsere Sammlungen am 26. Septbr. in Augenschein, um die nordischen Bronze=Alterthümer mit denen Alt=Griechenlands zu vergleichen. Am 30. Septbr. und die folgenden Tage besuchten der bekannte Reisende Herr Dr. Berini, jetzt in Hamburg und der Photograph Dammann daselbst das Antiquarium wiederholt zur Photographie der alten Schädel für das zur Herausgabe vorbereitete photographisch=ethnographische Globus=Album. Endlich im Anfange October erfreueten sich die Sammlungen des zahlreichen Besuches meklenburgischer Lehrer, welche zu der allgemeinen Lehrer=Versammlung in Schwerin vereinigt waren, und großes Interesse für die hier niedergelegten Alterthümer zeigten, was vielleicht nicht ohne erfreuliche Folgen bleiben wird. Schon in den nächsten Tagen nach ihrer Abreise gingen verschiedene Sendungen von Alterthümern ein.
Als neue Erwerbungen für die einzelnen Sammlungen sind zu verzeichnen:
A. Alterthümersammlung.
1) Aus der Steinzeit.
1 Menschenschädel, gefunden auf dem Gute Reez bei Schwan beim Torfstich auf einer Wiese ungefähr 10 Fuß tief, geschenkt von dem Herrn v. Plessen auf Reez.
1 Keil aus Hornblende, 1 Keil aus Feuerstein, 1halbmondförmige Sichel (oder Säge) aus Feuerstein und
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einige Knochen, gefunden in einem Torfmoore der Erbmühle zu Mühlen=Rosin, am Inselsee bei Güstrow, an derselben Stelle, wo früher die in dem Quartalberichte XXXVII, 3, verzeichneten Alterthümer gefunden wurden, geschenkt von dem Herrn Erbmüller Vick durch Vermittelung des Herrn Senators Beyer zu Güstrow.
1 geschliffener Keil aus hellgrauem Feuerstein, 9 Cent. lang, gefunden auf der Stadtfeldmark von Neukalen, geschenkt von dem Herrn Bürgermeister Mau daselbst.
1 Keil aus hellbraunem Feuerstein, 10 Cent. lang, gefunden in der Haide bei Woosten bei Goldberg, geschenkt von dem Herrn Förster Bärens zu Sandhof.
1 Keil aus hellgrauem Feuerstein, 23 Cent. lang, gefunden vor ungefähr 8 Jahren beim Drainiren auf dem sogenannten Kuhmoor bei Rehna, geschenkt von dem Herrn Apotheker Soldat zu Rehna, jetzt zu Sülze.
1 großer, überall geschliffener Keil aus hellbraunem Feuerstein, gefunden zu Plate bei Schwerin in der Stör, geschenkt von dem Herrn Studiosus Groth zu Schwerin.
1 sehr gut geschliffener Keil aus hellgrauem Feuerstein, ohne irgend eine Nachricht unter dem Poststempel Ludwigslust eingesandt.
1 roh geschlagene, an den Seiten stark abgenutzte Lanzen= oder Harpunenspitze aus Feuerstein, 7 Cent. lang, gefunden auf dem Kalkwerder am Ufer des großen Schweriner Sees, geschenkt von dem Herrn Oberzolldirector Oldenburg in Schwerin.
1 sehr kleine, nur 8 Cent. lange, aber doch 14 Gramm schwere Lanzen= (oder Pfeil=)Spitze und eine 9 Cent. lange Säge oder Sichel, gefunden auf dem Pfarracker zu Lohmen bei Dobbertin, geschenkt von dem Herrn Pastor Lierow daselbst.
1 halbmondförmige Säge aus dunkelgrauem Feuerstein, gefunden in einer Sandgrube in Neukloster, geschenkt von dem Herrn Lehrer Kreutzer zu Zehlendorf bei Lage.
1 halbmondförmige Säge aus Feuerstein, gefunden in dem Hofküchengarten am Kalkwerder bei Schwerin. (An die großherzogliche Sammlung abgeliefert.)
Eine unvollständige große Hängeurne aus Bronze, gefunden vor mehren Jahren im westlichen Meklenburg, von dem Vereine angekauft.
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1 gußeiserne Ofenplatte mit einem gut gezeichneten Reliefbilde aus der biblischen Geschichte, gefunden zu Brützkow bei Rehna, geschenkt von dem Herrn Max v. Lehsten zu Hof Rühn.
3 wahrscheinlich mittelalterliche Menschenschädel, gefunden zu Parchim auf dem Mönchhofe, einer Eldeinsel, auf welcher früher das Franciskanerkloster stand, unmittelbar auf dem Torfboden, der aber nur 4 Fuß hoch mit Dammerde bedeckt ist. Eingesandt von dem Herrn Senator Beyer daselbst.
B. Büchersammlung.
I. Kunstgeschichte.
II. Nordamerika.
III. Russische Ostsee=Provinzen.
IV. Dänemark.
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V. Schweden.
VI. Belgien.
VII. Die Schweiz.
VIII. Allgemeine deutsche Geschichte und Alterthumskunde.
IX. Oesterreich.
X. Bayern und Würtemberg.
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XI. Sachsen.
XII. Preußen, Pommern, Sachsen und Lausitz.
XIII. Schleswig=HoIstein und Lauenburg.
XIV. Meklenburg.
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C. Naturaliensammlung.
Ein großer ringförmiger Feuerstein (Spongia annulus), gefunden in diesem Herbste auf der Paulshöhe bei Schwerin beim Ausgraben der Kellerräume für eine neue Bierbrauerei in einer Tiefe von 28 Fuß. Geschenk des Herrn Bauconducteurs Luckow zu Schwerin.
1 kleiner Pferdeschädel, gefunden im Sommer 1871 bei Ziehung eines tiefen Grabens in dem sumpfigen Boden des sogenannten Gartbruches, einem Gehölze nahe bei Neukalen. Der Schädel ist bräunlich gefärbt, das Nasenbein abgebrochen. Geschenk des Herrn Bürgermeisters Mau zu Neukalen.
1 großer Zahn mit einem Stücke des Oberkiefers vom Höhlenbären (Ursus spelaeus) und mehre kleine Knochen aus dem sogenannten "Scharzfelder Einhornloch", der bekannten Tropfsteinhöhle bei Lauterberg am südlichen Harz. Geschenk des Herrn Architekten G. Stern in Schwerin.
III. Die Matrikel des Vereins.
Auf die Mittheilung unsers ersten Secretairs an den Herrn Grafen v. Moltke über die in der letzten General=Versammlung erfolgte Proclamation Seiner Excellenz zum Ehrenmitgliede erfolgte unterm 27. Julii d. J. die eigenhändige schmeichelhafte Antwort, daß er es sich "zur besonderen Ehre anrechnen werde, dem Vereine für die Geschichte seines Geburtslandes anzugehören". In Folge dessen ist demselben das betreffende Diplom nebst dem letzten Bande der Jahrbücher und den bis jetzt erschienenen 7 Bänden des Urkunden=Buches eingesandt worden.
Unter den correspondirenden Mitgliedern hatte der Verein in diesem Quartal den Verlust zweier bedeutender Männer zu beklagen. Am 1. Septbr. 1872 starb zu Neustrelitz der Staatsminister Wilhelm Freiherr v. Hammerstein im 65. Lebensjahre unerwartet am Schlagflusse. Geboren am 6. Mai 1808 trat er sofort nach vollendetem Studium in den Staatsdienst seiner Heimath, des
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Königreichs Hannover, war schon im Jahre 1839 Regierungsrath bei der Landdrostei Lüneburg, 1843-48 vortragender Rath im Ministerium des Innern, 1850 Finanzminister, 1852 - 54 und zum zweiten Male 1862 - 65 Minister des Innern. Im Jahre 1866 nahm er seinen Abschied, ward aber von seinen Mitbürgern in den constituirenden und den ersten ordentlichen Reichstag gewählt, bis er 1868 von Sr. K. H. dem Großherzoge von Meklenburg=Strelitz zum Staatsminister berufen ward. Neben diesen richtigen Staatsgeschäften fand der Verstorbene stets die nöthige Zeit zu gründlichen historischen Studien, deren Resultate theilweise dem Drucke übergeben sind und allgemeine Anerkennung gefunden haben. Dahin gehören namentlich die Abhandlung über die alten Gerichte des Stiftes Verden, über die Besitzungen der Grafen v. Schwerin am linken Elbufer, und vor allen sein bedeutendstes Werk: Der Bardengau. Die Abhandlung über die Grafen von Schwerin, welche zuerst 1859 in der Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen und 1860 etwas abgekürzt im 25. Bande unsrer Jahrbücher erschien, brachte ihn in engern wissenschaftlichen Verkehr mit unserm ersten Secretair Herrn Geh. Archivrath Lisch, welcher dem Verfasser das von ihm selbst und dem verstorbenen Dr. Duve zu Ratzeburg gesammelte Material über denselben Gegenstand zu Gebote stellte. In Folge dieser Verbindung ward der Verstorbene bereits am 12. April 1868 zu unserm correspondirenden Mitgliede ernannt, und hat seitdem unserm Vereine bei jeder Gelegenheit sein lebhaftes Interesse bewiesen. Noch der letzte Band unserer Jahrbücher, welcher erst in diesem Herbste ausgegeben werden wird, enthält 2 neue Abhandlungen von seiner Hand, und noch 8 Tage vor seinem Tode, am 25. August, sandte er mehre kleine Arbeiten ein.
Ihm folgte schon am 8. Septbr. d. J. der Geh. Archivrath Dr. Adolf Friedrich Riedel zu Berlin, ein Meklenburger von Geburt, Sohn des Pastors Riedel zu Biendorf, später zu Vietlübbe bei Gadebusch, geb. zu Biendorf am 5. Decbr. 1809 und correspondirendes Mitglied des Vereins seit dessen Gründung im Jahre 1835. Der Verstorbene war ein Mann von ungewöhnlicher geistiger Gewandtheit und Thätigkeit, wofür die lange Reihe seiner Schriften Zeugniß ablegt. Gleich seine erste Arbeit, die Mark Brandenburg im 13. Jahrhundert, hat seinen Ruf als Historiker begründet, und findet noch jetzt allgemeine und verdiente Anerkennung. Sein bedeutendstes Werk ist aber der 36 Bände Text und
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5 Registerbände umfassende Novus codex diplom. Brandenburgensis, der trotz aller Mängel im Einzelnen doch als eine der wichtigsten Quellen der Geschichte ganz Norddeutschlands anerkannt und für den Forscher wahrhaft unentbehrlich ist. Daneben fehlte es dem Verstorbenen nicht an Neigung und Muße zu einer zeitweise sehr bedeutenden politischen Wirksamkeit, ja selbst zu umfassenden industriellen Unternehmungen, bis der Typhus seiner Thätigkeit im 63. Jahre seines Lebens ein Ziel setzte.
Neu ernannt ward in der letzten Quartal=Versammlung am 7. d. M. zum correspondirenden Mitgliede Herr Professor Engelbrecht zu Kopenhagen, früher Vorsteher der verhältnißmäßig bedeutenden Alterthumssammlung in Schleswig, die jetzt theilweise in deutschen Besitz übergegangen ist. Derselbe ist einer der bedeutendsten und unbefangensten Forscher Dänemarks und hat diesen Sommer eine wissenschaftliche Reise, vorzugsweise zum Studium der sogenannten alten Eisenzeit, in Deutschland und Frankreich unternommen, auf deren Resultate man mit Recht gespannt sein darf.
An ordentlichen Mitgliedern gewann der Verein seit der General=Versammlung am 11. Julii d. J. die Herren Conrector a. D. Schultz in Schwerin, Pensionair Krefft zu Kirch=Stück, Hauptmann Ulrich v. d. Lühe zu Schwerin, Advocat Dr. Mantius daselbst, cand. philol. Reimers zu Rostock, Kammer=Ingenieur Alban zu Schwerin und Lehrer Stark an der Realschule daselbst. Gestorben ist dagegen nur einer, der Dr. med. Hüen zu Rostock, früher zu Marlow, Mitglied des Vereins seit 14. Decbr. 1856, gestorben am 8. Septbr. 1872. Der Verein ist dem Verstorbenen für die wiederholte Einsendung interessanter Geschenke zu besonderem Danke verpflichtet.
W. G. Beyer,
Dr., Archivrath,
als
zweiter Secretair des Vereins.
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