[ Seite 249 ] |
|
:
III. Zur Wappen= und Siegelkunde.
Ueber
das Siegel der Universität Rostock.
Die Universität Rostock führt schon bald nach ihrer Stiftung ein großes Siegel, wie z. B. die Universitäten Heidelberg und Greifswald, dessen Original=Stempel noch vorhanden ist. Der älteste Abdruck hängt an einer Original=Urkunde von S. Gertruden=Tage 1443 im Stats=Archive zu Schwerin. Das runde Siegel, welches 3 1/2 Zoll oder 8 Centim. im Durchmesser hat, enthält einen großen Baldachin mit kuppelförmiger Spitze, der jedoch keinen reinen Baustyl zeigt. Unter dem Baldachin steht links (d. h. in der Ansicht rechts) Christus, in dem herkömmlichen idealen Gewande, mit einer Glorie mit Kreuz um das Haupt und der Weltkugel mit Kreuz ("Reichsapfel") in der linken Hand, wie er einem rechts vor sich knieenden Jünger ein offenes Buch übergiebt; der Jünger, ohne Heiligenschein, trägt eine Art Priester= oder Diakonen=Gewand, ein langes Untergewand mit einem kurzen Mantel; er sieht aus wie ein Professor oder Rector der Universität. Zwischen beiden Figuren steht im untern Rande rechts gelehnt ein Schild mit einem Greifen. Ueber das Haupt Christi, über das Buch und um die Gestalt des Jüngers schlingt sich ein Spruchband, welches eine Inschrift in kleiner, gedrängter, abgekürzter gothischer Minuskel enthält; da diese Inschrift nur mit großer Mühe hat entziffert werden können, soll die Lesung hier aufbewahrt werden und dies ist die eigentliche Veranlassung dieser Zeilen. Die Inschrift hat folgende Gestalt:
Seite 250 |
das ist aufgelöst:
Scrutamini scripturas et discite a me, quod mitis sum et humilis corde.
Diese Inschrift ist nach der Mittheilung des Herrn Consistorialraths Professors Dr. Krabbe, welcher mit der Lesung übereinstimmt, aus zwei Bibelsprüchen zusammengesetzt, aus Ev. Joh. 5, 39:
Suchet in der Schrift
und Ev. Matth. 11, 29:
und lernet von mir; denn ich bin sanftmüthig und von Herzen demüthig,
oder nach der Vulgata:
Scrutamini scripturas
und
et discite a me, quia mitis sum et humilis corde.
Das abbrevirte Wort welches die Inschrift so hat, wird am richtigsten durch quod aufgelöst.
Die Umschrift des Siegels lautet:
G. C. F. Lisch.