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b. Bronzezeit.
Kegelgrab von Pölitz.
Auf dem Felde des Gutes Pölitz, bei Lalendorf (oder Lage), liegt nahe an der Grenze von Strisenow von drei Seiten von Wiesen und Moor umgeben eine spitze Kuppe, welche der Krohnsberg (wohl: Kranichsberg) heißt und sich ungefähr 30 Fuß über die Wiesen erhebt. (Daneben liegt zwischen den Wiesen auf Strisenower Gebiet eine Art Halbinsel, auf der das alte Bauerdorf Strisenow gelegen haben soll, welches im dreißigjährigen Kriege untergegangen ist.) Auf der Pölitzer Kuppe befand sich ein Mergellager, welches 3/4 Fuß unter der Oberfläche lag. Hier war schon früher eine Mergelgrube angelegt. Als nun im Herbst 1868 hart an dieser alten eine neue Mergelgrube angelegt werden sollte, stießen die Arbeiter auf ein verrostetes Bronzeschwert und gaben dem Gutsbesitzer Herrn Pogge sofort von dem Funde Nachricht. Dieser untersuchte sogleich die Stelle wissenschaftlich und nahm davon genauen Bericht auf. Die Stelle war offenbar ein Kegelgrab der Bronzezeit gewesen. So weit das Begräbniß ging, war die Erddecke über demselben 1 1/4 Fuß hoch, während sie über dem umgebenden Mergellager nur 3/4 Fuß hoch stand. Das Grab (tumulus) war also nicht hoch gewesen; aber es ist, da die Kuppe sehr steil ist, ohne Zweifel schon viel Erde abgepflügt und abgeschwemmt und der Pflug ist immer tiefer und näher an die Begräbnißstelle gekommen.
Das neue Mergellager war auf 32 Fuß Länge und 18 Fuß Breite abgeräumt. Auf demselben fand sich unter dem ehemaligen Erdkegel das Grab, gewissermaßen wie eine Vertiefung von 7 Fuß Länge und 3 Fuß Breite. Steine wurden jetzt nicht gefunden; wahrscheinlich sind sie schon früher bei der Ackerbestellung ausgebrochen und abgefahren.
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Hier lag nun ein zweischneidiges Schwert von Bronze, mit der Spitze gegen Osten gerichtet, also als wenn die Leiche nach Osten geschauet hättte. Das Schwert ist mit dem Griffe 28 Zoll hamburger Maaß oder 66 Centim. lang. Der flache Griff, welcher eine Umkleidung von Holz und Leder gehabt haben wird, ist kurz, mit beiden Enden höchstens 3 1/2 Zoll oder 9 Centim. lang zu rechnen. Der Griff hat 4 Nietlöcher und die an den Umrissen im Roste noch zu erkennende halbmondförmige Ueberfassung über die Klinge hat noch 4 bronzene Nieten nachgelassen. Die Klinge, welche auf jeder Seite einen erhabenen Mittelrücken hat, ist sehr stark und tief gerostet, wohl schon ganz von Oxyd durchdrungen, und an mehreren Stellen schon horizontal gespalten. Alles dies scheint für ein sehr hohes Alter zu sprechen. - Leider ist das Schwert beim Abgraben in der Mitte und an der Spitze zerbrochen, es war also nicht beim Bestatten zerbrochen; jedoch war es in der untern Hälfte ein wenig gebogen, also wohl vor der Einlegung.
Nach dem Berichte des Arbeiters lag neben dem Schwerte eine schwärzliche Masse mit Urnenscherben und Bruchstücken von menschlichen Gebeinen, also die Stelle der Urne mit dem verbrannten Leichnam.
Da offenbar schon manches von dem Begräbnisse mit der Erde ausgeschaufelt war, so übernahm Herr Pogge selbst die genaue Untersuchung des ganzen Abraums, welcher neben dem Grabe lag, und hatte das Glück, noch mehrere wichtige Sachen zu finden.
Außer den Bruchstücken der Spitze des Schwertes, welches jetzt ganz vollständig vorhanden ist, fand er noch folgende Bronzesachen:
ein Heftel von Bronze mit zwei Spiralplatten und beweglicher Nadel ohne Federkraft, welche freilich zerbrochen, aber in den Bruchstücken noch deutlich zu erkennen und in dem Bügel von ungefähr 2 Zoll Länge noch vollständig vorhanden ist, ferner
zwei Doppelknöpfe von Bronze, von denen der eine größer ist und eine obere Scheibe von 1 1/4 Zoll Durchmesser mit Verzierungen hat, in kleinerm Maaßstabe wie der Doppelknopf von Slate in Jahrb. XXXIII, S. 131, der andere kleiner ist und auf der obern Scheibe eine kleine Spitze hat.
Alle diese Bronzen sind ebenfalls sehr stark gerostet.
In dem Abräume fanden sich noch Bruchstücke von Menschengebeinen und Urnenscherben, so daß wohl der
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größte Theil der Urnenscherben zusammengebracht ist. Allem Anscheine nach hatten zwei Urnen, die sich einander sehr ähnlich waren, in dem Grabe gestanden. Sie waren sehr groß, stark mit feinem Granitgrus durchknetet und gelblich und bräunlich von Farbe. Auf dem obern Bauchrande läuft eine Reihe starker Fingereindrücke mit dazwischen stehenden Knoten zur Verzierung umher, eine Verzierungsweise, welche stark an Gefäße der Steinzeit erinnert.
Die bedeutendste Ausbeute machte Herr Pogge, indem er in dem ausgeworfenen Abraum bei den Bronzeknöpfen und Urnenscherben fünf Pfeilspitzen von Feuerstein von großer Vollendung und Schönheit fand. Diese Pfeilspitzen sind 1 1/8 bis 1 4/8 Zoll lang, aus grauem, durchscheinendem Feuerstein, sehr flach und außerordentlich künstlich und regelmäßig gearbeitet. Diese Pfeilspitzen sind ganz denen gleich, welche in den Kegelgräbern von Dabel gefunden und in Jahrb. XXII, S. 282, und XXIII, S. 283, und hieneben wieder abgebildet sind, und welche sich auch in einem Kegelgrabe bei Slate, neben einem ähnlichen Doppelknopfe wie in Pölitz fanden; vgl. Jahrb. XXXIII, S. 133.
Es sind bis jetzt erst vier Male steinerne Pfeilspitzen in Bronzegräbern gefunden. Die Kegelgräber von Dabel sind dem Grabe von Pölitz an Inhalt fast ganz gleich. In dem einem Kegelgrabe von Dabel (Jahrb. XXII, S. 282) fanden sich neben andern Bronzen auch ein eben so langes Bronzeschwert und ebenfalls fünf feuersteinerne Pfeilspitzen grade wie zu Pölitz. Die Bronzen sind eben so tief gerostet und horizontal gespalten und die Formen noch eben so derbe. Wie ich schon bei der Beurtheilung der Gräber von Dabel und später bei denen von Slate vermuthete, gehören dieselben der ältesten Zeit der Bronzeperiode an, in welche noch steinerne Geräthe hineinreichten, jedoch in Meklenburg, so viel bisher beobachtet ist, nur feuersteinerne Pfeilspitzen, nie z. B. Keile, sondern statt deren nur Paalstäbe, später Celte (oder: Frameen). Die Gräber dieser Art sind also ohne Zweifel sehr alt. Dazu stimmt ohne Zweifel die starke Verwitterung der Bronzen, welche sicher nicht aus Zufall und verschiedener Lage entspringt, sondern nur aus Alter. Alle Bronzen bei feuersteinernen Pfeilspitzen sind sehr stark und anders gerostet, als jüngere Bronzen. Und doch wurden sie in ganz verschiedenen Lagen gefunden, die Bronzen von Dabel unter sehr hohen, 12 Fuß hohen Kegeln von
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230 Fuß Umfang, die Bronzen von Pölitz dicht unter der Erdoberfläche.
Ich kann mich den unaufhörlichen, langweiligen Anzweiflungen gegenüber nicht enthalten, kurz zu versichern, daß die Sache sich so verhält, wie sie hier geschildert ist. Ausnahmsweise beantworte ich einmal die oft aufgeworfene, aber ganz unwissenschaftliche Frage, ob "sich Stein bei Bronze findet" allerdings dreist mit Ja, und habe dies nie geleugnet; ich räume eben so leicht ein, daß sich Stein auch bei Eisen findet: denn die ältern Mineralien gehen bekanntlich neben den jüngern immer mit fort bis auf den heutigen Tag, wie man in jedem Krämerladen sehen kann. Aber ich leugne ganz bestimmt, daß, um derselben Sprechweise zu folgen, umgekehrt sich "Bronze bei Stein" oder gar "Eisen bei Stein" findet, - oder, um mich wissenschaftlich auszudrücken, ich leugne, daß sich in unangerührten Steinhäuserbegräbnissen der Steinzeit in den Schichten der ursprünglichen Bestattung alte eiserne Geräthe finden, wofür auch nie und nirgends ein Beweis geliefert ist, - es sei denn, daß dergleichen von Schatzgräbern jüngerer Zeiten bei verunglückten Versuchen verloren seien. Selbstverständlich kann es freilich vorkommen, daß sich in außerordentlich seltenen Fällen aus den Uebergangszeiten ein bronzenes oder kupfernes Geräth im Steinalter und ein eisernes Geräth im Bronzealter findet: dies ist aber jedesmal eine große Merkwürdigkeit und Seltenheit. Diese Erfahrungen gelten sicher für den Norden von Mitteleuropa und für solche Forscher und Theilnehmer, welche hier Begräbnisse der verschiedenen Perioden aufgegraben haben 1 ). Daß sich aber die Heidengräber nur nach Stand und Rang, nach Reich und Arm unterscheiden sollen, ist wohl eben so unglaublich,
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als wenn man sagen wollte, Winter und Sommer sind gleich. Freilich Jahreszeiten sind Jahreszeiten, und Gräber sind Gräber, aber gleich, d. h. gleichen Alters sind nicht alle. Es liegt auch klar am Tage, daß eine feuersteinerne Pfeilspitze ein viel größeres Kunstwerk und zum Pfeilgeschoß viel tauglichere und schärfere Waffe ist, als eine bronzene, sobald der Bronzeguß entdeckt war, also gewiß kein Armuthszeugniß sein kann. Auch kann man nicht annehmen, daß arme Leute in den überaus kostbaren Riesenbetten bestattet wurden, während man den reichen Mann mit einem eisernen Messerchen in die bloße Erde verscharrte, ohne ihm auch nur ein Hügelchen aufzuwerfen. Es wird vor Jahrtausenden Alles eben so seine natürliche Entwickelung gehabt haben, wie jetzt bei den sogenannten Wilden.
G. C. F. Lisch.
Nachtrag. Eine ähnliche Erfahrung machte, nach den beim Druck dieser Zeilen veröffentlichten Berichte, der bekannte Graf Münster um das J. 1816 in einem "höhern Hügel" in der Umgegend von Nienburg an der Weser, Landdrostei Hannover. "Auf dem Grunde des Hügels, in dessen Mitte, war das Erdreich viel schwärzer, als oberwärts, und zwar durch eine starke Beimischung von Kohlen und Asche". Hierin fand sich eine schön geformte "Urne, umgeben von drei kleinen Beigefäßen; in derselben unter den Knochen lag noch ein kleineres Gefäß und eine kleine Nadel von Bronze, vollkommen erhalten. Etwa einen Fuß seitwärts gegen Süden fand sich ganz flach auf dem Grunde des Hügels ein grades Schwert von Bronze, nicht ganz 2 Fuß lang und 1 Zoll breit, zweischneidig. - - schon stark in Verwitterung übergegangen. Scheide und Griff schienen von Holz gewesen zu sein und waren noch eben zu erkennen, aber nicht zu erhalten.- - Unmittelbar vor der Spitze des Schwertes lagen 8 Pfeilspitzen von Feuerstein, schön gearbeitet, mit Widerhaken, sämmtlich zu zweien mit den Spitzen gegen Süden gerichtet, in geringer Entfernung aus einander". Vgl. Zeitschrift des histor. Vereins für Niedersachsen, Jahrg. 1867, Hannover 1868, S. 319 flgd.