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:
Ueber
Nachträge zu den Jahrbüchern XXXII, S. 58 flgd.
Vom
Justiz=Canzlei=Director a. D. v. Bülow
zu Schwerin.
Bemerkungen
zu dem im XXXII. Jahrgange der Jahrbücher für Meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde S. 58-139 abgedruckten Aufsatze des Herrn Archivraths Dr. Beyer in Schwerin, über die wendischen Schwerine, im Besondern "6) Der Schwerin bei Röbel".
1) Die Vermuthung des Verfassers (S. 129), daß die auf der Wiebeking'schen Karte (eben so wie auf der großen Schmettau'schen Karte) am Fuße des Steinhorns unter dem Namen: "Bleder=Borg (= Berg)" verzeichnete Erhöhung richtiger, "Fleder=Borg (= Berg)" heißen werde, bestätigt sich als durchaus zutreffend. - Nicht nur im Munde aller Bewohner von Ludorf und Gneve heißt diese, jetzt in Ackerland verwandelte Erhöhung, im besondern am westlichen Abhange des Müritz=Ufers, der "Flederberg", sondern dieselbe ist auch unter diesem Namen auf der Directorial=Karte von Ludorf 1 ) verzeichnet; und sie trägt mit Recht diesen Namen, da an allen Abhängen derselben der sonst im Felde und Walde seltnere Fliederbaum in großer Menge üppig wuchert.
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2) Wurde nun vielleicht der untergeordnete Götze
"Pustecat" auf diesem Flederberge
verehrt, so befand sich wahrscheinlich die
erhabenere Tempelburg des gewaltigen Sieges=,
Donner= und Todes=Gottes in unmittelbarer Nähe.
Wir suchen sie auf der noch bestehenden
Umwallung an der Nordspitze des von Beyer S. 128
näher beschriebenen sog. Steinhorns (auf den
Karten auch "Steinholm" und
"Steinhorst" genannt), welche den
Namen des "Borgwalls" führt und unter
dieser Benennung auch auf der Directorial=Karte
von Ludorf verzeichnet ist. - Ein noch
sichtbarer Wallgraben trennt die äußerste, mit
Buchen und Eichen bedeckte Nordspitze dieses
Vorgebirges von dem übrigen Hochwalde. - Am Fuße
dieser Spitze führte früher eine (noch auf der
Directorial=Karte verzeichnete) Reihe großer
Steine einige Ruthen weit durch das Wasser der
Müritz bis zu einer Stein=Pyramide (der
"Pfahlort" genannt). Von dem
"Borgwalle" und dem
"Pfahlorte" aus sind die Linien nach
den jenseitigen Ufern von Böck, Sitow
. gezogen, welche die Gerechtsame
des Gutes Ludorf auf der Müritz nördlich begrenzen.
Nach einer mir berichteten, noch in Ludorf und der Umgegend herrschenden Sage ist auf dem Borgwalle ein "goldenes Götzenbild" von großem Werthe vergraben, und sind früher auf der Insel Schwerin weiße Pferde gehalten worden. Bei der dortigen Weihnachtsfeier erscheint noch immer der sonst bei den Meklenburgischen Ernte=Festen übliche Schimmel 1 ), auf welchem reitend Frau Holle (in Meklenburg "de Kinjes' ", d. i. "das Kind Jesus") und auch "der rauhe Klas" ("Ruklas") die Gaben oder Straf=Instrumente für die artigen oder unartigen Kinder bringen.
3) Die Reste der mittelalterlichen Burg des Geschlechtes von Morin finden sich noch einige hundert Schritte nordwestlich von Ludorf entfernt am Saume des sog. Altenhöfer Bruchs. Ein umwallter, waldbedeckter Hügel, von etwa 50 □Ruthen Grundfläche, wird ringsum von einem ziemlich tiefen Graben und auch von Teichen und Wiesen umschlossen und noch der "Schloßberg" genannt. Das Material des alten Schlosses soll nach dem dreißigjährigen
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Kriege zum Bau des jetzigen Herrenhauses in Ludorf verwandt sein. Doch steht man noch im Innern der Umwallung mehrere große Steine, Bauschutt u. dgl. Auf der Directorial=Karte ist auf der diese Umwallung zunächst begrenzenden Ackerfläche der "alte Hof" verzeichnet.
4) Nördlich von Ludorf am sog. "Kasbeer (Kirschen=) Bruche" liegt, etwa 20- 30 Ruthen vom Ufer entfernt, eine kleine Insel, die "Meyen=Burg" genannt. Diese Insel, auf welche vom Ufer aus ein aufgeschütteter, aber meistentheils von Wasser bedeckter Weg führt, ist am nördlichen Ende von einem Halbkreise großer, aus dem Wasser hervorragender Steine umgeben, deren größter auf der äußersten Nordspitze liegt und der "platte Stein" heißt. Auch auf dem kleinen, mit Bruchweiden bedeckten Eilande steht man noch mehrere ziemlich große Felsblöcke.
5) Interessant für den Alterthumsforscher möchten noch folgende Benennungen sein. Auf dem Theile der Feldmark Zielow, welcher jetzt zu Ludorf gehört, ist unweit des von Zielow nach Röbel führenden Weges eine Fläche mit dem Namen "im Thiergarten" (auf der Directorial=Karte und auf der großen Schmettau'schen Karte) bezeichnet. - Die Seebucht der Müritz zwischen dem Steinhorn und der Insel Schwerin heißt die "Zähner Lanke". - An dem westlichen Müritzufer des Gutes Gneven liegen, der Altstädter Marienkirche gegenüber, zwei ziemlich steile, mit Rusch und Busch bewachsene Abhänge, der "Kisken=Ort" und der "Perthum".
Ludorf, den 8. Juli 1868.
C. Ch. v. Bülow.
Nachtrag
zu den Bemerkungen vom 8. Juli 1868, betreffend den im XXXII. Jahrgange der Jahrbücher für Mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde S. 58-134 abgedruckten Aufsatz des Herrn Archivraths Dr. Beyer in Schwerin "über die wendischen Schwerine", im Besondern: "6) der Schwerin bei Röbel".
Die gedachte Nordspitze des Ludorfer Vorgebirges "Steinhorn" bildet ein etwa 15 Fuß über dem jetzigen Wasserspiegel der Müritz erhabenes gleichschenkliges Dreieck,
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dessen oberer, stumpfer Winkel gegen Norden liegt und dessen Schenkel sich in einer Länge von etwa 70 Fuß nach Südost und Südwest erstrecken, während die untere Basis durch einen etwas nach außen bogenförmig gekrümmten Wallgraben von ungefähr 120 Fuß Länge gebildet wird. - Der Erdwall ist nach Innen aufgeworfen.
Bei dem sichtlich weit höhern Wasserstande der Müritz in der Urzeit bildete unstreitig das ganze Vorgebirge, mit Einschluß des Flederberges, eine Insel oder mindestens eine nur durch einen schmalen Landstrich mit dem Festlande verbundene, mithin leicht zu vertheidigende Halbinsel, indem damals ohne Zweifel das ganze große jetzige Steinborn=Bruch mit Wasser bedeckt war.
Noch viele Leute in Ludorf erinnern sich, daß in ihrer Jugendzeit sich auf dem sog. Borgwalle viele große bemooste Steine vorfanden, theilweise mit großen Absätzen zum Sitzen oder Aufsteigen, wie bei den sog. beiden Steinkanzeln am Steintanze bei Boitin.
Leider sind alle diese Steine (eben so wie die
des unmittelbar unter dem Steinhorne belegenen
sog. Pfahl=Orts), in neuerer Zeit zu Bauten in
Ludorf
. abgefahren.
Die Frau von Schulse geborne von Knuth, auf Ludorf hat nun in diesen Tagen unter meiner Leitung gründliche Nachgrabungen auf dem bezeichneten sog. Burgwalle vornehmen lassen, indem zuerst der ganze Wallgraben bis zum Urboden (mithin in einer Tiefe von 3-4 Fuß) aufgeräumt, sodann im innern Raume des umwallten Platzes ein Kreuzgraben von etwa 2 Fuß Tiefe gezogen und endlich auch ein Theil des Walles der Länge nach bis zum Urgrunde durchstochen ward.
Es ist aber durchaus nichts Bemerkenswerthes gefunden worden, als auf dem Urboden des Wallgrabens:
1) mehrere sichtbare alte Feuerstellen von Holzkohlen und Schlacken, worunter meistens eine Schicht kleiner Feldsteine lag,
2) einige alte Pferde=Knochen.
Insbesondere sind keine Scherben von Töpfen oder Urnen entdeckt, so sorgfältig man auch darnach suchte.
Ein im Wallgraben, einige Fuß unter der jetzigen Oberfläche, gefundener Hirschfänger nebst Messer (beides von verrostetem Eisen mit hörnernen Heften) gehört offensichtlich neuerer Zeit an.
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Dieses positive und negative Resultat der Nachgrabung bestätigt aber die Vermuthung, daß diese Stelle kein wendischer Burgwall, sondern ein altheidnischer befestigter Opferplatz gewesen sei. - Die geschlachteten Opferthiere mögen im Wallgraben vom Volke gebraten und verzehrt sein.
Ludorf, den 14. November 1868.
C. Ch. v. Bülow.