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Die Kapelle von Bergrade

bei Parchim ist ein sehr kleines, verfallenes Gebäude aus Holzfachwerk mit Lehmschlag=Füllungen ("Klehmstaken"), welche dazu noch außerordentlich schlecht sind. Sie ist wohl das schlechteste kirchliche Gebäude im ganzen Lande und daher zum Abbruch bestimmt, nachdem im J. 1867 eine neue Kapelle aus Ziegeln im gothischen Styl erbauet ist.

Die alte Kapelle ist wahrscheinlich in den ärmlichen Zeiten des dreißigjährigen Krieges erbauet worden, nachdem die noch ältere Kapelle wohl durch eben diesen Krieg untergegangen war. Im J. 1649 scheint sie noch ziemlich neu gewesen zu sein. Es heißt nämlich in dem Kirchen=Visitations=Protocolle vom J. 1649:

"Bergrade. Das Kirchengebeuwde ist von sechß gebindten, gantz von Holtze gebauwet, die Wende gekleibet".

"Mitten in der Kirchen ein neuwer Predigstuhl von Holtze gemacht".

Merkwürdig ist jedoch, daß die Kirche einen alten gothischen Flügelaltar mit geschnitzten, stark vergoldeten Figuren besitzt, welcher aus der Zeit ungefähr um das Jahr 1500 stammt und einer ältern Kirche angehört haben muß. Das Visitations=Protocoll sagt weiter:

"In der Kirchen ein Altar von Bildern, als die Historia von den Heiligen Drei Königen vndt ziemlich starck vergüldet, mit zwenen Flügeln".

Dieser Altar, welcher noch eben so steht und im Mittelstück ziemlich gut erhalten ist, ist, namentlich auf Wunsch der Gemeinde, auf Kosten Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs 1867-1868 unter meiner Leitung restaurirt 1 ) und in die neue Kapelle übertragen worden.

Der Altar ist ein kleiner Flügel=Altar, 5 1/2' hoch und im Mittelstück 4' und in jedem Flügel 2' breit.

Die Mitteltafel stellt in durchgehenden, großen Figuren die Anbetung der Heiligen Drei Könige dar, wie gewöhnlich in reicher Anordnung und Ausstattung und Vergoldung, und noch ziemlich gut erhalten. Den Hintergrund bildet eine Art fünfseitiger Kapelle mit fünf durch Silber dargestellten gothischen Fenstern und einem vergoldeten Gewölbe; zwei schmale ähnliche Fenster stehen an den geraden


1) Die Restauration ist von dem Herrn Maler C. Drefahl zu Parchim zur Zufriedenheit und mit Fleiß ausgeführt.
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Seiten. In der Mitte sitzt die Jungfrau Maria mit dem nackten Christkinde auf dem Schoße. Vor und vorne neben ihr sind die Heiligen Drei Könige, von denen der mittlere, älteste knieend die Gaben darreicht. Hinten, dicht neben Maria, steht eine männliche Gestalt mit bloßem Haupte, wahrscheinlich Joseph darstellend. Im Hintergrunde rechts und links stehen zwei männliche Figuren mit bedecktem Haupte, wahrscheinlich, wie gewöhnlich, das Gefolge der Heil. Drei Könige darstellend; die eine Figur rückt die Mütze.

Die Flügel enthalten 8 Apostel in kleinen Figuren in anderm, schlechterm Styl, in zwei Reihen über einander, nach den Unterschriften:

S.Thomas.  S. Bartholomäus.    ║ S. Andreas.  S.Mathias.
S. Johannes.  S. Jacobus d. ä.     ║ S. Simon.  S. Jacobus d. j.

Der Grund und die Figuren der Flügel sind schlechter erhalten, als das Mittelstück, und schlecht übermalt. Fast alle Attribute und alle Baldachine fehlen.

Die Malereien auf den Rückseiten sind ganz abgefallen.

Nach einer in Parchim herrschenden Sage, welche sich freilich lange (sicher seit 1649) erhalten haben muß, soll dieser Altar ein Nebenaltar in einer der Kirchen Parchims gewesen und nach Bergrade geschenkt sein. Dies ist auch sehr wahrscheinlich, da in Parchim eine Heil. Drei=Königs=Gilde ("Trium Regum") bestand, welche ihren Altar in der Kirche auf der Neustadt hatte, aber sonst nicht bedeutend war und wenig Schriftliches hinterlassen hat. Jedoch sind im Staats=Archive noch Einnahme=Register dieser Gilde von 1543 flgd. vorhanden, welche die Ueberschrift führen:

"Registrum contuberniae Trium Regum tho Parchim".

Im Kirchen=Visitations=Protocoll von 1563 wird unter den Neben=Altären und deren Hebungen noch aufgeführt:

"Altar Trium Regum. Dazu ist der Pastor auf der Newenstadt Patron".

Auch Cleemann, Chronik der Stadt Parchim, führt S. 343 diese Gilde auf: "Die Gilde der heiligen 3 Könige, 1352, 1457", sagt aber nicht mehr darüber.

G. C. F. Lisch.