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B.

Jahrbücher

für

Alterthumskunde.

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Pfahlbau von Wismar,

von

G. C. F. Lisch.


Zweiter Bericht.

A. Einleitung.

D ie Theilnahme an dem im J. 1864 entdeckten Pfahlbau von Wismar, welcher in den Jahrbüchern, Jahrgang XXX, und in einem Separat=Abdruck unter dem Titel: "Pfahlbauten in Meklenburg, von G. C. F. Lisch, Schwerin, 1865", behandelt ist, ist eine Zeit lang bedeutend geschwächt gewesen durch das von dem Entdecker dieser Station, dem ehemaligen Sergeanten Büsch zu Wismar, über sich selbst hervorgerufene traurige Geschick, welches großes Aufsehen im Lande erregt hat. Büsch entwich, mit Hinterlassung einer großen Schuldenlast, im April des J. 1866 nach Nord=Amerika, ward aber im Mai wieder zurück und in Untersuchungshaft gebracht und endlich zur Zuchthausstrafe verurtheilt. Kaum war die Entweichung bekannt geworden, als sich gewisse Zeitungen des Scandals bemächtigten und ohne Berechtigung und Beweis die übertriebensten, dazu größtentheils unwahren Beschuldigungen auf Büsch und seine Handlungen häuften. Man suchte dabei auch Verdacht gegen seine alterthümlichen Bestrebungen zu erregen und ging an einigen Stellen sogar so weit, den ganzen Pfahlbau von Wismar für durch ihn gefälscht zu erklären. Ich konnte mich selbstverständlich nicht dazu entschließen, mit diesen mir unbekannten,

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aber wohl signalisirten Angreifern, deren Auftreten ganz unwissenschaftlich und ungerecht war, handgemein zu werden, sondern beschloß sogleich, die Sache erst abklären und gehörig verlaufen zu lassen und das Ende abzuwarten, bis dahin manche auch auf mich gehäufte Unbill 1 ) geduldig aufnehmend, besonders aber erst ein neues Jahr hindurch neue Erfahrungen zu sammeln. Ich verlor jedoch den Verlauf der Sache keinen Augenblick aus den Augen, sondern wandte mich, außer vielen andern Bemühungen um Erforschung der Wahrheit, am 12. Julii 1866 an das Criminal=Collegium zu Bützow, mit der Bitte, die etwanigen Alterthümerfälschungen mit in den Kreis der Untersuchung zu ziehen, und überreichte demselben zur Grundlage einen ausführlichen und nach menschlichen Kräften vorurtheilsfreien Bericht über sämmtliche früheren Vorgänge, so weit meine Kenntnisse und Erfahrungen reichten.

Zugleich aber bemühte ich mich, im Sommer 1866, während Büsch in Untersuchungshaft saß, auf sicherem Wege neue Erfahrungen über den Pfahlbau im Torfmoor zu sammeln, welche denn auch, wie zu erwarten stand, völlig günstig ausfielen, so daß eine Fortsetzung der Forschungen im hohen Grade lohnend ist.

Um aber den viel besprochenen Hergang mit Büsch klar darzustellen, kann ich nichts Besseres thun, als meinen oben erwähnten Bericht an das Criminal=Collegium hier wörtlich abdrucken zu lassen.


Bericht an das meklenburgische Criminal-Collegium zu Bützow.

Die Geschichte der Entdeckung der Pfahlbauten in Meklenburg ist durch ein beklagenswerthes Ereigniß vor kurzer Zeit sehr getrübt worden. Der ehemalige Sergeant


1) Wie weit die Unrechtfertigkeiten gewisser, schließlich doch bekannt gewordener "Köpfe" gehen, zeigt z. B. ein in der Zeitschrift Globus, 1866, Lief. 7, S. 224, abgedrucktes, aus den "Blättern von der Saale" entlehntes Schreiben aus Rostock (!), nach welchem ich im vorigen Sommer (!) nicht weit vom Schweriner See ein neu entdecktes Hünengrab aufgegraben haben soll, wobei ich durch eine mysteriöse Inschrift auf einem großen Steine mystificirt sein soll". Viele werden klüger sein, als ich, aber so dumm bin ich gewiß nicht, in einem "Hünengrabe" eine "Inschrift" zu erwarten. Diese ganze (  ...  )
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Büsch zu Wismar ging in der ersten Hälfte des Monats April 1866 nach England und von dort nach Nord=Amerika. Er war kurze Zeit vor seiner Abreise wiederholt in Schwerin, wo er schon seit einem Jahre öfter geäußert hatte, daß er wohl innerhalb Jahresfrist nach Britannien reisen werde, um Bekannte zu besuchen; er machte auch in Schwerin nirgends Hehl aus seiner "Reise", sondern nahm überall, auch von mir, Abschied und beabsichtigte zuletzt zu der Reise einen Regierungspaß für England zu nehmen. Bald verbreitete sich aber in Wismar die Vermuthung und die Nachricht, daß er, wahrscheinlich weil er in großen Geldverwickelungen steckte, weiter nach New=York gegangen sei, wo er auch am 1. Mai wirklich angekommen ist. Auf Veranlassung einiger seiner Gläubiger wurden ihm Polizei=Beamte nachgeschickt, welche ihn auch, da sie einige Stunden früher ankamen, als er, in New=York in Empfang nahmen und am 5. Mai zur freiwilligen Rückkehr veranlaßten; diese sind denn auch mit ihm am 17. Mai wieder in Wismar eingetroffen, wo er zuletzt in polizeilicher Untersuchungshaft gehalten ist, bis im Anfang Junii eine strafrechtliche Untersuchung gegen ihn eingeleitet ward; die polizeiliche Voruntersuchung muß also ein strafbares Vergehen ermittelt haben. So viel läßt sich aus glaubwürdigen Zeitungsnachrichten entnehmen, mehr aber auch nicht.

Kaum hatte sich aber die Nachricht von seiner "Entweichung" verbreitet, als gewisse untergeordnete Zeitungen mit einer beispiellosen Hast und Unsicherheit Anschuldigungen auf ihn häuften, wozu die Correspondenten als unbetheiligte Privatpersonen vor Fällung eines öffentlichen Richterspruchs weder Veranlassung, noch Recht hatten. Bald sollte er über 24000 Thlr. erschwindelt und mitgenommen (!), bald öffentliche Cassen um eine ähnliche Summe bestohlen, bald durch sein eifriges Wirken für die meklenburgische Alterthumskunde "sich sehr gut recompensirt" haben, und dergleichen mehr. Ja, man ging ohne Kenntniß der Sache und Verhältnisse so weit, den ganzen "Schweriner" (d. h. in Schwerin aufbewahrten) "Pfahlbau für nicht richtig" zu erklären und die Meinung zu äußern, "daß Büsch all die neu entdeckten "Pfahlbauten selbst eingegraben habe!!" Wenn nun auch


(  ...  ) Geschichte ist in jedem Worte sehr plump erlogen, und für einen Witz zu schlecht. Ich kann es daher nur den resp (!) Verfassern anheimgeben, sich wenigstens zu schämen. - Aehnlich ist alles übrige Gewäsch dieser Art.
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alle diese unverantwortlichen Meinungsäußerungen auf besonnene und kundige Männer keinen Einfluß üben konnten, und auch von den angesehenern Tagesblättern mit Entrüstung und Entschiedenheit zurückgewiesen und abgeführt sind, so fordert es doch die Wissenschaft, am rechten Orte und zur rechten Zeit die ganze Angelegenheit, so weit sie die Alterthumskunde betrifft, so vollständig darzustellen, wie sie wirklich liegt. Was Büsch sonst in Berührung mit andern Menschen im Privatleben verbrochen haben mag, steht allein zur Erforschung und Erkenntniß der zuständigen Gerichte, welche für fern stehende Personen aber jedenfalls erst abzuwarten ist; wir sind aber im Lande, Gott sei Dank, gewohnt, daß jeder Verbrecher Gerechtigkeit zu erwarten hat und nach der Wahrheit abgeurtheilt wird.

Büsch hatte eine außerordentliche Vorliebe für Alterthümer, obgleich er sehr wenig wissenschaftliche Vorbildung und sehr wenig Kenntniß von den Dingen, die er selbst beförderte, besaß. Er war seit 9 Jahren ordentliches Mitglied des Vereins für meklenburgische Geschichte und hat in dieser ganzen Zeit durch eine beispiellose Aufopferung und Thätigkeit dem Vereine so viel Nachrichten und Alterthümer zugeführt, als kaum einer zuvor. Dabei war sein ganzes Benehmen dem Vereine gegenüber durchaus uneigennützig. Büsch hat für seine zahllosen Bemühungen und seine Person von dem Vereine nie einen Groschen gefordert, sondern nur die von ihm ausgelegten, gewissenhaft verzeichneten, stets sehr geringen Trinkgelder wieder angenommen, die er solchen Leuten gegeben hat, welche die gefundenen Alterthümer der Vereinssammlung nicht schenken wollten; er hat dazu seine Vereinsbeiträge alljährlich prompt bezahlt. Was aber außerdem bei diesen Bestrebungen sehr bald in die Augen sprang, war ein ungezügelter Ehrgeiz, der bei jeder seiner antiquarischen Unternehmungen durchblickte; er wollte oft das kaum möglich Scheinende möglich machen und mochte gerne überraschen und Staunen erregen. Und dies führt mich auf die Entdeckung der

Pfahlbauten in Meklenburg.

Es ist zwischen "Pfahlbauten", d. h. uralten Ueberresten von Pfahlbauhäusern in noch vorhandenen oder ehemaligen Wassern, und Pfahlbaualterthümern, d. h. Ueberresten von und aus diesen Wohnungen, wohl zu unterscheiden. Wenn manche der erwähnten Zeitungen den Sergeanten Büsch den Entdecker der "Pfahlbauten" in Meklen=

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burg genannt und den Pfahlbau von Wismar als den zuerst entdeckten Pfahlbau hingestellt haben, so muß diese Darstellung als durchaus unrichtig zurückgewiesen werden, da schon vor der Entdeckung des Wismarschen Pfahlbaues ein anderer Pfahlbau, den Büsch nicht fälschen konnte, entdeckt war, um so mehr da Büsch wohl kaum die Fähigkeit hatte, Pfahlbauten zuerst zu entdecken. Die Entdeckung der Pfahlbauten in Meklenburg muß ich auf mich nehmen und vertreten. Der erste Pfahlbau in Meklenburg, welcher entdeckt ward, war nicht der von Wismar, sondern der Pfahlbau von Gägelow, welcher schon im Anfange des Jahres 1863 von mir als solcher erkannt ward. Die erste Entdeckung geschah ganz auf dieselbe Weise, wie die Pfahlbauten in der Schweiz entdeckt sind. Büsch brachte mir gewisse Alterthümer, in denen ich sogleich Ueberreste von Pfahlbauten erkannte; ich reiste mit ihm, um mich im Fortschritt der Zeit seiner bereitwilligen Hülfe bedienen zu können, sofort an Ort und Stelle, und die Entdeckung war bald gemacht. Alles, was in diesem Pfahlbau gefunden war, befand sich in den Händen des Grundbesitzers, des Herrn Erbpächters Seidenschnur zu Gägelow, eines durchaus unverdächtigen und ehrenhaften Mannes, und ist von diesem selbst scharf beobachtet, auch noch im J. 1865, nach Erschöpfung der Alterthümer, in Schwerin selbst revidirt und als richtig anerkannt. Dies Alles ist in den Jahrbüchern XXX, S. 85 flgd. und S. 4 flgd., in Uebereinstimmung mit dem Sergeanten Büsch, ausführlich beschrieben.

Nachdem Büsch auf diese Weise mit den Eigenthümlichkeiten der Pfahlbauten in den jetzt fest gewordenen Mooren bekannt geworden und zur Auffindung und Beobachtung ähnlicher Verhältnisse von mir ermuntert war, entdeckte er im Frühling des J. 1864 bei der Beobachtung des Torfgrabens die Pfahlbauten von Wismar, welche den Pfahlbauten von Gägelow völlig gleich waren und durch diese einen sichern Anhaltspunkt gewannen.

Die Kennzeichen ehemaliger Pfahlbauten sind, außer dem passenden Terrain, vorzüglich drei Arten von "Pfahlbaualterthümern": eingerammte Pfähle von moderartiger Beschaffenheit, steinerne, hörnerne und knöcherne, auch thönerne Geräthe zum häuslichen Gebrauche, zum Theil von ganz eigenthümlicher Färbung, und Thierknochen aller Art mit der ganz bestimmten dunkelbraunen, sogenannten "Pfahlbaufärbung". Alle übrigen Alterthümer aus den ehemaligen Pfahlbauhäusern, welche diesen allerdings sicher an=

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gehören, sind mehr zufällige, wie z. B. Flachs, Gewebe, Obst und dgl.; diese können beim Abbrennen des Hauses grade nicht in dem Hause vorräthig gewesen, brauchen auch grade nicht verkohlt worden zu sein: es ist immer ein besonderer Glückszufall, wenn dergleichen in dem Pfahlbaumoder gefunden wird; es braucht aber nicht nothwendig gefunden zu werden und wird auch nicht in jedem Pfahlbau gefunden.

Es unterliegt aber keinem Zweifel, daß in dem Torfmoore von Wismar zahlreiche Pfahlbauten gestanden haben.

Die Pfahlbauten von Wismar sind sicher und ächt.

Büsch hat während der Sommer 1864 und 1865 eine große Menge von Pfahlbaualterthümern an den Verein abgeliefert. Die zahlreichen Pfähle, welche in bestimmten Reihen eingetrieben standen, meist in Rundungen, waren schwarz und weich wie Moder, so daß sie unerkannt viel als Torf mit verarbeitet worden sind, also an Vergraben in so bedeutender Tiefe nicht gedacht werden kann. Die steinernen Alterthümer waren zum größern Theile diejenigen Alterthümer, welche in den Gräbern der Steinperiode gefunden werden, namentlich Keile, Schmalmeißel, halbmondförmige Sägen, spanförmige Messer, Scheiben, Splitter, Pfeilspitzen, Dolche aus Feuerstein, durchbohrte Streitäxte aus Grünstein, daneben Schleifsteine und Reibsteine aus Sandstein und Reibmühlen aus Granit, auch Töpfe und Topfscherben aus Thon. Schon an den Alterthümern aus dem Pfahlbau von Gägelow war ein wahrscheinlich entscheidendes Merkmal beobachtet, welches neu war und an den Keilen aus den Pfahlbauten der Schweiz wegen des andersartigen Gesteins nicht vorhanden sein konnte, nämlich daß die Mehrzahl der feuersteinernen Keile eine rauchbraune Farbe hatten. Der einheimische Feuerstein ist, mit seltenen Ausnahmen, immer grau; von den vielen hundert feuersteinernen Keilen, welche in Meklenburg gefunden sind, sind auf der Oberfläche viele grau, andere sind weißlich verblichen, andere sind durch eisenhaltiges Wasser gelblich oder röthlich gefärbt, im Innern jedoch immer grau. Selbst die zahlreichen feuersteinernen Geräthe, welche vereinzelt in Torfmooren gefunden sind, haben noch immer eine graue Farbe. Von mehreren Hunderten von Keilen in den schweriner Sammlungen haben nur sehr wenige einzelne jene rauchbraune Farbe, welche jedem Beschauer sogleich in die Augen fallen muß. Diese Farbe mag durch den Moder erzeugt sein, welcher wohl viel älter ist, als der Torf, oder vielleicht durch den Rauch der Pfahlbauhütten (vgl. Jahrb.

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XXX, S. 29 flgd.). Die Mehrzahl der Keile aus den wismarschen Pfahlbauten hat nun, ganz in Uebereinstimmung mit denen von Gägelow, diese rauchbraune Farbe, welche zum Beweise eines gleichen Ursprunges dienen kann. - Die Thierknochen, welche, je nach der Thierart, unversehrt oder zerschlagen, in großer Menge aus den Pfahlbauten gewonnen wurden, haben nicht allein jene durchaus entscheidende und nicht zu fälschende dunkelbraune Farbe, sondern auch in sich den unzweifelhaften Beweis der Aechtheit, indem aus dem festen Moder aus einer Tiefe von 16 Fuß Thierarten und Thierracen zum Vorschein kamen, z. B. das Elen, das Urschaf, der Biber, von denen weiter unten die Rede sein wird, welche sehr lange hier nicht mehr unter den lebenden Thieren sind und welche unmöglich herbeigeschafft und in eine große, unberührte Tiefe gebracht werden können. Ueberhaupt sind die Thierknochen ein sehr entscheidendes Merkmal für die Pfahlbauten und liefern jedenfalls das wichtigste Material, nachdem Rütimeyer mit so umfassender Kenntniß diesen Ueberresten einer altersgrauen Zeit die rechte Stelle angewiesen hat.

Es ist nun unzweifelhaft, daß in dem Moderlager des Torfmoores von Wismar die Pfähle aufrecht, meistens in Rundform, aber auch in Vierecken, eingerammt gestanden und daß neben diesen Pfählen, innerhalb und außerhalb des Umfanges der ehemaligen Wohnungen, die Alterthümer aus Stein und Knochen 1 ) gelegen haben. Dies ist während zweier Sommer von dem Torfmeister und den zahlreichen Torfarbeitern so genau wahrgenommen, daß sie sehr bald darauf eingeübt waren und genau wußten, wo Alterthümer in der Tiefe zu erwarten standen. Dies alles ist ganz offen geschehen und es sind Bewohner der Stadt genug hinaus gewesen, um die wirklich vorhandenen Pfahlbauten anzusehen. An ergiebigen Stellen lagen die in wenig Stunden ausgegrabenen Alterthümer an Geräthen und Knochen zahlreich an den Rändern der Torfgruben, von wo sie mehrere Male des Tages in eine Hütte gebracht wurden, in welcher die Arbeiter eine eigene Niederlage bis zur Abholung hatten. Ich selbst bin zwei Male, ein Mal unangemeldet, in den Torf=


1) Daß aus dem Torfmoore auch jüngere Alterthümer, z. B. eine einem Reibsteine ähnliche steinerne Kanonenkugel, gekommen sind, ist außerordentlich leicht einzusehen. Es fanden sich in der obern Torfschicht auch eiserne Hufeisen und Schwerter, sowie glasurte Spindelsteine aus dem frühen Mittelalter.     
Nachträgliche Anmerkung des Verfassers.
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gruben gewesen und habe eine ganze Rundung von schwarzen Pfählen in der Tiefe stehen sehen und innerhalb der Pfähle den ganzen Raum mit weißem "Stubensand" bedeckt, wie die Arbeiter sich ausdrückten, und am Rande der Gruben zahlreiche, so eben ausgeworfene Alterthümer und Knochen, von denen ich nur halbmondförmige Sägen, Dolche, spanförmige Messer u. s. w. nennen will. Den außerordentlich schönen Schleifstein aus rosenrothem alten Sandstein, Jahrb. XXX, S. 32, Nr. 2, habe ich persönlich entdeckt; er lag am Rande der Grube und sollte (aus Unkenntniß, in Büsch's Gegenwart!) wieder ins Wasser geworfen werden. Zwei andere Male habe ich aus Wismar große Massen von Thierknochen, noch voll Moder und Torfwasser steckend, und Alterthümer, welche offensichtlich so eben aus dem Torfmoor gekommen waren, mit nach Schwerin genommen. Aber auch andere urtheilsfähige Männer sind von dem Vorhandensein der Pfahlbauten in dem Wismarschen Moor überzeugt. Manche von diesen wollen, da der Streit leider gehässig geworden ist, nicht genannt sein; aber ich habe die Erlaubniß, zwei Männer zu nennen, deren Urtheil in diesen Dingen wohl zu trauen ist. Der Herr Literat L. Fromm zu Schwerin, selbst Sammler und Kenner der vaterländischen Alterthümer, und um so vorurtheilsfreier, da er des Gehörs gänzlich beraubt und daher durch Redensarten nicht leicht zu bestechen ist, ist auf die Nachricht von der Entdeckung der Pfahlbauten persönlich nach Wismar gewesen und hat hier ebenfalls ein rundes Pfahlwerk mit zahlreichen Alterthümern gesehen und still beobachtet; er ist von der zweifellosen Existenz der Pfahlbauten fest überzeugt. 1 ) Der Herr Rentier Mann zu Wismar, ein sehr thätiger Beobachter und einsichtsvoller Sammler, ist sehr häufig, allein und in Begleitung mehrerer Personen, nach dem Torfmoor hinaus gewesen und hat sich von dem Vorhandensein der Pfahlbauten fest überzeugt; ja er hat selbst unter für ihn günstigen Umständen dort ächte Alterthümer erworben, welche er


1) Herr Fromm hat bei der Besichtigung des Pfahlbaues von den Arbeitern auch Alterthümer gekauft, welche an demselben Tage aus dem Pfahlbau genommen waren, nämlich 2 feuersteinerne Arbeitskeile, 1 feuersteinernen Schmalmeißel (zerbrochen), 1 feuersteinerne Säge, 3 Feuersteinspäne (Messer), 1 abgekeiltes Hirschhornende, 2 gespaltene Hirschhornplatten, 2 zerschlagene Rinderknochenstücke, 4 Pferdezähne, 2 Rinderzähne, 1 sehr dicke Topfscherbe. Diese Alterthümer hat der Verein im Frühling 1867 von dem jetzigen Herrn Secretair Fromm eingetauscht.     
Nachträgliche Anmerkung des Verfassers.
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späterhin gegen andere von derselben Art für die Vereinssammlungen in Schwerin vertauscht hat. Herr Mann berichtet ferner, daß der frühere Torf=Inspector Kagen zu Wismar ihm oft erzählt habe, daß in früheren Jahren unter seiner Aufsicht die Arbeiter in dem Torfmoor sehr viel Holz und sehr viele Alterthümer ausgegraben, die letzteren aber nach ihrer Weise gewöhnlich zerschlagen und wieder ins Wasser geworfen hätten. Ferner berichtet Herr Mann, daß der jetzige Torf=Inspector ihm versichert habe, daß er die zahlreichen Alterthümer ununterbrochen gesehen habe und deren Ächtheit bezeugen könne.

Und wer von diesem allem nichts glauben will, der kann nur die Sammlungen selbst ansehen, um sich, wenn er je eine Sammlung von Pfahlbaualterthümern gesehen hat, von der Ächtheit zu überzeugen, - oder dennoch nichts zu glauben, wenn er nicht anders will.

Der Pfahlbau von Wismar mit allen bisher genannten Alterthümern ist also ohne Zweifel ächt.

Jetzt komme ich aber auf die Schattenseite dieser Wismarschen Pfahlbauten, auf

die Fälschungen von Alterthümern,

welche eben so frei besprochen werden muß, wie die Ächtheit der ächten Alterthümer.

Bis zum Herbste des Jahres 1864 ging mit Büsch alles gut. Er schaffte zahlreiche Alterthümer und werthvolle Nachrichten herbei und war in seinem engen Kreise sehr beschäftigt, und ich beeilte mich, bei der großen Wichtigkeit der Entdeckung und der Dringlichkeit der Bekanntmachung den XXX. Jahrgang der Jahrbücher des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde abzufassen, um baldmöglichst Separat=Abdrucke für die Freunde des Vereins zu gewinnen, da die Entdeckung der Pfahlbauten in Meklenburg durch die Zeitungen schon in wissenschaftliche Werke übergegangen war. Büsch hatte nicht genug an der Entdeckung dieser einfachen Sachen; sein oben erwähnter Ehrgeiz verführte ihn, auch in Meklenburg Dinge zu schaffen, welche andere Pfahlbauten als seltene Dinge voraus hatten, ja selbst solche, welche bisher noch nicht in Pfahlbauten entdeckt waren. Büsch fing plötzlich an zu fälschen. Ich ahnte nichts Böses, da bei dem einfachen Charakter des niedersächsischen Volkes man gar nicht auf den Verdacht einer Fälschung zu kommen im Stande ist, und Fälschungen dieser Art, mit Ausnahme der Sponholzschen Götzen, bisher unerhört im

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Lande waren, und daher war ich auch völlig arglos und vertrauend, als die Sachen ankamen. Ich war mit dem Druck der Jahrbücher grade bis zum 4. Bogen gediehen und sehr beschäftigt; die Zeit drängte, und ich mußte Büsch viel drängen, um noch rechtzeitig die Sachen zu erhalten, welche in dem Jahrb. S. 50 bis 60 beschrieben sind; auffallend war mir freilich zuweilen seine Zurückhaltung und sein ungewöhnliches Zaudern in der Ablieferung dieser Sachen. Beim Schluß des Jahrbücherdrucks konnte ich von diesen Sachen noch S. 115 - 118 Nachträge aufnehmen. Die Jahrbücher waren früh im Jahre fertig und in Separatabdrücken bald verschickt.

Da ging Büsch noch weiter. Um für das von ihm mitgestiftete "Stadtmuseum" in Wismar möglichst viel zu gewinnen, wünschte er für dieses Museum vom Professor Lindenschmit zu Mainz "50 bis 60 Gypsabdrücke hauptsächlich von Bronzealterthümern" aus dem Mainzer Museum zu erhalten und dafür Alterthümer "aus dem Pfahlbau von Wismar" hinzugeben. Büsch schickte auch wirklich, ohne mir ein Wort davon zu sagen, am 27. Febr. 1865 eine Kiste mit Alterthümern an Lindenschmit ab, welche theils aus feuersteinernen, theils aus knöchernen Geräthen bestanden, auch Flachs, Leder, Knochen, Brot u. s. w. Als Lindenschmit erfuhr, daß diese Sendung ohne mein Wissen geschehen war, verzichtete er auf den Eintausch, und stellte mir die ganze Sendung zur Verfügung, da ich einmal die Bearbeitung übernommen hatte, um so mehr, da er muthmaßte, daß die Alterthümer nicht alle aus dem Wismarschen Pfahlbau stammten, sondern eine Sammlung aus verschiedenen anderen Funden waren. Dies hat sich auch hinterher zum größten Theile bestätigt; einige Spindelsteine gehörten sogar dem christlichen Mittelalter an. Am 11. April 1865 stellte Lindenschmit mir die kleine Sammlung zur Verfügung und schrieb dabei: "Die Knochenkämme habe ich beim ersten Blick für Fälschung gehalten!" Seit dieser Zeit habe ich gewußt, woran ich war; Lindenschmit gebührt das Verdienst der Entdeckung der Fälschung: alle die geschnitzten Arbeiten aus Knochen vom J. 1864 sind gefälscht, denn sie kleben fest an der Zunge, wie jeder frisch verbrannte Knochen, während dies bei den ächten Pfahlbauknochen nicht der Fall ist. Später, im Julii 1865, bemerkte Morlot, daß die Kämme mit modernen Geräthschaften bearbeitet sein müßten. Zum Ueberfluß erhielt ich zu gleicher Zeit von Büsch noch einen modernen Pappkasten zur Verschickung

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von Kämmen von einer noch bestehenden Kammfabrik, welche mit angebrannten jungen Hirschhörnern und Knochen als aus dem Pfahlbau stammend gefüllt war! Ich schrieb sogleich ausführlich am 14. April 1865 an Büsch und hielt ihm sein unehrenhaftes Benehmen vor und war veranlaßt, ihn "für die Zukunft zu warnen". Bei einer bald darauf erfolgten persönlichen Zusammenkunft in Schwerin schien er zuerst nicht nachgeben zu wollen; da ich jedoch auf meinem Standpunkt beharrte, so gab er endlich nach und räumte ein, daß "er unrecht gehandelt" habe, während ich bei meiner "Warnung" blieb, ohne gerade der Fälschung zu erwähnen. Ich glaube nicht, daß er im Sommer 1865 je eine Fälschung von Alterthümern begangen hat. Zu einer Untersuchung wollte ich es jedoch nicht kommen lassen, theils weit die Sache nicht darnach angethan ist, um eine strafrechtliche Untersuchung einleiten zu können, theils weil ich wegen einer Alterthümerfälschung ohne weitere und gründlichere, schwierige Untersuchung über den ganzen Pfahlbau einen Menschen nicht wollte fallen lassen, da ich auf Besserung zu hoffen Ursache hatte. Ueberdies kann ich mich nicht überwinden, mich auf Zeitungsschreibereien einzulassen; mein Feld sind die wissenschaftlichen Jahrbücher, in denen die Sache bei der nächsten Ausgabe 1867 zur Darstellung kommen mußte. Ich habe deshalb öffentlich Schweigen beobachtet und mich nur bemühet, von allen Seiten her und aus den Dingen selbst Gründe für oder gegen die Ächtheit gewisser Gegenstände zu gewinnen, bis auf den gegenwärtigen Zeitpunkt, wo in den Jahrbüchern die Sache zur Sprache kommen muß. Während dieser meiner Untersuchungen, welche ich vorsichtig und weit reichend betrieb, trat im April 1866 die Katastrophe ein, daß Büsch entwich; die gegenwärtige Darstellung des Verlaufs wäre aber auch in jedem Falle, gerade so, wie sie hier geschrieben ist, veröffentlicht worden, schon deshalb weil sie nicht zu vermeiden ist. Ich muß einräumen, daß ich mit knöchernen Geräthen getäuscht worden bin; ich habe zwar keinen äußeren Beweis dafür, daß die Kämme gefälscht sind, aber ich muß sie aus innern Gründen für falsch halten und erklären. Mir thut der ganze Hergang leid; aber zum Teil muß ich mich damit trösten, daß es manchen andern Leuten auch nicht anders gegangen ist, da ja sehr viele berühmte Sammlungen Fälschungen aufzuweisen haben. Ueber Büsch's sonstige Vergehen darf ich mir kein Urtheil erlauben, da ich nie in andern Verhältnissen zu ihm gestanden habe, als in dem Bestreben, für die vater=

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ländischen Sammlungen vaterländische Alterthümer zu retten. Jedoch mag ich vielleicht nicht ganz Unrecht haben, wenn ich glaube, daß ein weit getriebener, geheimer Geldhandel ihm zuletzt so über den Kopf gewachsen ist, daß er seine Verhältnisse nicht mehr beherrschen konnte.

Ueber das fernere Schicksal des Büsch hat nur verlautet, daß er nach Beendigung der polizeilichen Untersuchung seit dem 2. Junii 1866 in criminelle Voruntersuchung gezogen und am 26. Junii in das Criminal=Gericht zu Bützow abgeführt ist, nachdem am 25. Junii von dem Obergericht zu Wismar über sein Vermögen formeller Concurs eröffnet worden war.

Schwerin, den 12. Julii 1866.

G. C. F. Lisch.     


Wie sehr Recht ich in meiner vorstehenden, unpartheiischen Darstellung gehabt habe, ergiebt das am 15. Januar 1867 im Criminal=Gericht angestellte und durch die Zeitungen (z. B. Norddeutscher Correspondent, 1867, Nr. 16, und Meklenburgische Zeitung Nr. 17) in den Hauptsachen veröffentlichte Schlussverhör. Büsch sagt den gegen ihn erhobenen Beschuldigungen gegenüber: "daß er sich in seinen Geschäften immer nur benommen, wie es einem anständigen Manne gezieme, daß ihm hiezu die Mittel nicht gefehlt, indem er für andere Personen Geldgeschäfte gemacht und Anfangs dafür namhafte Geschenke erhalten habe, bis er unter diesen Geldgeschäften erlegen und tief in Schulden gerathen sei", deren Betrag auf 24000 Thaler angegeben wird. "In Betreff der Anleihen erfährt man nichts Neues: Büsch hat hohe Zinsen freiwillig gegeben, hat jedoch auch pro Tag auf 100 Thaler 1 als Verzugszinsen gegeben (!) Wie eigentlich Büsch mit seinen Gläubigern gestanden, ist nicht genau zu ermitteln gewesen, da zum Theil die betreffenden Papiere vernichtet". - "Die angestellte Untersuchung hat ergeben, daß er in seiner Jugend ein anständiger Mensch gewesen, der sich von Extravaganzen fern hielt. Später als Familienvater hat er ein musterhaftes Leben geführt, doch bleibt ihm der Vorwurf, weit über seine Mittel Geld verausgabt zu haben. Er war, heißt es, überaus eitel, gab sich gern den Anschein eines vornehmen Mannes und ließ es sich angelegen sein, mit Fremden zusammen zu kommen und den Feinen zu spielen". "Vom Militair ward er am 23. Febr. 1866 auf seinen Antrag mit dem Zeugnisse eines guten Betragens ohne Pension verabschiedet".

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Das Ende der Untersuchung ist gewesen, daß Büsch am 15. Januar 1867 "wegen betrügerischen und leichtfertigen Bankerots, sowie Fälschung und Unterschlagung zu einer fünfjährigen Zuchthausstrafe und in die Kosten verurtheilt ist".

In Beziehung auf die Alterthümer ist in Folge der Untersuchung zu bemerken, daß "Büsch, welcher Mitbegründer des Museums für Alterthümer in Wismar war und in dieser Beziehung eine anerkennenswerthe und uneigennützige Thätigkeit entwickelte, entschieden in Abrede stellt, irgendwie Alterthümer gefälscht zu haben, auch nach geführter Untersuchung vom Gegentheil durchaus nichts erwiesen ist". Auch das Criminal=Collegium erwiederte mir am 28. Julii 1866 nach angestellter Untersuchung in Folge meiner Anzeige, daß "der Inculpat die ihm angeschuldigte Fälschung von Alterthümern beharrlich in Abrede genommen" habe.

Gegen das gefällte Urtheil legte Büsch das Rechtsmittel der Revision ein und es fand in Folge dieses Schrittes am 10. April 1867 ein zweites öffentliches Schlußverfahren vor der Justiz=Canzlei in Schwerin statt, in welchem Büsch persönlich gegenwärtig war. Nachdem in dem Verhör beiläufig auch von Fälschung von Alterthümern die Rede gewesen war, nahm Büsch, in meiner Gegenwart, wegen dieser Sache eigens das Wort und lehnte jeden Vorwurf der Fälschung von Alterthümern entschieden ab, mit dem Hinzufügen, daß er zwar nicht Kenntnisse genug habe, um behaupten zu können, daß die Alterthümer dem "Pfahlbau" angehören, daß es aber sicher sei, daß sie "aus dem Wismarschen Moor" gekommen seien.

Büsch ward in zweiter Instanz wegen des obenerwähnten "betrügerischen Bankerots und wegen Fälschung" schließlich zu vierjähriger Zuchthausstrafe verurtheilt und dieses Erkenntniß am 3. Mai 1867 öffentlich bekannt gemacht.

Dieser Behauptung des Angeklagten Büsch, niemals irgendwie "Alterthümer gefälscht zu haben", kann ich nicht zustimmen. Es ist möglich, daß er einen Unterschied dazwischen gemacht hat, ob "er selbst" Alterthümer gefälscht "hat", oder sie von Andern hat machen "lassen". Ich habe ganz bestimmte, auch aus neueren Zeiten stammende Indicen, daß manches gefälscht "ist" oder falsch sein "muß", obgleich ich nichts "beweisen" kann. Ich kann daher nicht umhin, gewisse Alterthümer aus den Wismarschen Pfahlbauten, welche auch schon längst aus den Sammlungen ent=

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fernt sind, so lange für untergeschoben oder gefälscht zu halten und zu bezeichnen, als sich nicht durch fernere, unzweifelhafte Funde das Gegentheil darthun läßt.

Die "Pfahlbauten" von Wismar als solche sind aber ohne Zweifel sicher und eben so ist bei weitem die größere Anzahl der aus denselben gewonnenen "Pfahlbaualterthümer", namentlich sind alle steinernen Geräthe und Thierknochen, mit einzelnen unbedeutenden Ausnahmen, ächt.

Die nach meiner Ansicht gefälschten Sachen lassen sich nun, schon nach der Zeit der Einsendung und nach der Stellung in den Jahrbüchern XXX, sehr leicht ausmerzen.

Die gefälschten Sachen sind folgende:

Jahrbücher XXX:

S. 52 bis 55: die Kämme, Falzbeine, Harpune und Taschenbügel aus Knochen; (die knöchernen und hörnernen Geräthe auf S. 51 sind noch ächt);

S. 56: das Leder;

S. 114 bis 117, Nachträge: die Kämme, Falzbeine, Taschenbügel aus Knochen und das Leder.

In dem Streben, Alles zu liefern, was in der Schweiz gefunden ist, glaube ich auch, daß

S. 58 bis 60, und S. 118, Nachträge: die Flachsgeflechte, Leinewand, Obst, Getreide, Fische nicht ächte Alterthümer des Wismarschen Pfahlbaues, sondern theils in der Schweiz aufgekaufte, theils neue und nachgemachte Sachen sein werden 1 ).

Ueber etwanige Ankäufe von Pfahlbau=Alterthümern in der Schweiz durch Büsch habe ich an den Orten, wo ich es vermuthen konnte, glaubwürdige Berichte eingezogen. Der mir bekannte Herr Caspar Löhle zu Wangen, wo ich nach den Alterthümern und nach den Bekanntschaften am ersten Aufschluß erwarten konnte, schreibt mir am 10. Nov. 1866: Ich kann Ihnen mit Gewißheit versichern, daß Büsch von mir direct nichts gekauft oder eingetauscht hat, eben so kann ich nicht begreifen, daß dies von mir aus durch dritte Personen geschehen sein könnte. Der mir ebenfalls bekannte Herr Jacob Messikomer zu Wetzikon schreibt mir am 1. Decbr. 1866: "Von mir hat Büsch nichts gekauft." Büsch mag daher


1) Büsch wird geglaubt haben, daß diese Sachen nothwendig in einem Pfahlbau gefunden werden müßten. Als er sie am 25. Junii 1865 einsandte, schrieb er: "Alle Gegenstände, die uns im vorigen Jahre fehlten, kommen dieses Jahr mehr und mehr zu Tage".
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indirect durch Tausch in den Besitz dieser Sachen gekommen sein, wenn sie doch nicht ächt sein sollten.

Von den Thierknochen ist S. 71 - 74 die Hausratte neu verbrannt, also gefälscht.


Alle übrigen Alterthümer aus dem Pfahlbau von Wismar sind ächt, wie überhaupt der ganze Pfahlbau. Und hiemit stimmen auch die glaubwürdigen Aussagen der ehrenhaften Torfmeister überein. Der jetzige Torf=Inspector Wegner, ein sicherer, verständiger Mann, durch dessen Hände alle Alterthümer gegangen sind, versichert, daß die vielen morschen, schwarzen, auch angebrannten Pfähle, die vielen steinernen Alterthümer aller Art, "namentlich auch mehrere durchbohrte Streitäxte", und die zahlreichen Knochen aus dem Torfmoor ausgegraben seien. Jedoch sagt er dabei aus, daß er nicht gesehen habe, daß Kämme, auch nicht wisse, daß Getreidekörner gefunden seien: dazu sei auch das Moor zu schwarz und zu naß und gehe die Arbeit zu rasch und zu schwer, um so etwas beobachten zu können. Er hat mir ferner berichtet, daß im Anfange des Torfstichs auf dieser Stelle viele Alterthümer gefunden seien, namentlich ganze Menschenschädel und ganze Bibergerippe. Hiemit stimmt auch die Aussage des früheren Torf=Inspectors Kagen überein, welcher oft gesprächsweise geäußert hat, daß früher sehr viele Alterthümer und Knochen im Moor gefunden, aber unbeachtet alle verworfen seien.

Und mit allen diesen Forschungen und Berichten stimmt auch das Urtheil des Herrn Professors Dr. Ferdinand Keller in Zürich, des ersten Kenners der Pfahlbauten, völlig überein. Er schreibt an mich am 10. Novbr. 1866: "Die Berichte in den Zeitungen, daß Ihre Pfahlbauten keine Pfahlbauten seien, haben viel Verwirrung in dieses Capitel gebracht." - - Ich hielt mich aber an das, was ich für Wahrheit erkannte, und schrieb Herrn Lee, der meine Berichte in's Englische übersetzte: ("The Lake Dwellings of Switzerland and other Parts of Europe by Dr F. Keller, translated and arranged by J. E. Lee. London, Longmanns, Green et Co. 1866. 418 S. Text und 96 Kupfertafeln"), "daß er den Notizen über die Pfahlbauten Meklenburgs, die er natürlich nur ganz kurz anführen konnte, folgende Bemerkung beifüge: "It is perhaps right to say that in some of the German Periodicals a doubt has been lately expressed at to this Wismar settlement having been an actuel pile dwelling. I cannot see why; our information

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is taken from Dr. Lisch's published report, and this is clear and decisive." (Es ist vielleicht richtig zu sagen, daß in einigen deutschen Zeitschriften vor kurzem ein Zweifel ausgesprochen ist, ob diese Wismarsche Niederlassung ein wirklicher Pfahlbau gewesen sei. Ich kann nicht begreifen, weshalb; unsere Nachricht ist aus Dr. Lisch's veröffentlichtem Bericht genommen, und dieser ist klar und "bestimmt".)


In diesem sichern Vertrauen fühle ich mich auch verpflichtet, über die ferner in dem Pfahlbau gefundenen Alterthümer, von denen viele, namentlich die ausgegrabenen Knochen, außerordentlich wichtig sind, weiter zu berichten, und dabei den Wunsch und die Hoffnung auszusprechen, daß die ferneren Funde, die gewiß nicht ausbleiben werden, auch in die Sammlungen des Vereins kommen mögen.


Auch das Gebiet, auf welchem die Alterthümer bisher ausgegraben sind, habe ich zu erforschen gesucht. Der Torf=Inspector Herr Wegener berichtet, nach den Forschungen des Herrn Rentiers Mann, daß an der Stelle im Wismarschen Torfmoor, wo Pfahlbau=Alterthümer gefunden sind, in 4 Jahren ein Flächenraum von 70 Ruthen Länge und 10 Ruthen Breite, à Ruthe 16 Fuß, ausgegraben ist. Auf die zahlreichen Alterthümerfunde eines Jahres kommt also im Durchschnitt ein Flächenraum von nur 180 Fuß Länge und 40 Fuß Breite, aus welchem jährlich 4 1/2 Millionen "Soden" (Stücke) Torf ausgestochen sind.


Ich theile nun im Folgenden die Forschungen über die nach dem J. 1864 in dem Pfahlbau von Wismar neu ausgegrabenen ächten Alterthümer mit und theile sie nach den Funden in den Jahren 1865 und 1866 in zwei Haupt=Abtheilungen.

1) B. Funde vom J. 1865 (auch noch aus dem Spätherbst 1864), welche noch von dem Sergeanten Büsch eingeliefert sind, nach Ausscheidung der oben behandelten, wahrscheinlich gefälschten Gegenstände;

2) C. Funde vom J. 1866, welche, nach Büsch's Gefangennehmung, unter der Aufsicht des Herrn Rentiers Mann zu Wismar durch den Torf=Inspector Herrn Wegner gesammelt und mit den Kosten von dem Herrn Mann dem Vereine geschenkt sind, mit Ausnahme einiger Probestücke,

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welche vom Herrn Mann für seine Sammlung zurückbehalten und unten bei der Beschreibung namhaft gemacht sind.

Einen sehr wichtigen Bestandtheil dieser Funde bilden die Knochen, welche je nach ihren besonderen Studien die Herren: Professor Dr. Blasius zu Braunschweig, Professor Dr. Claudius zu Marburg, Professor Dr. Rütimeier zu Basel und Professor Dr. F. E. Schulze zu Rostock zu bestimmen die große Güte gehabt haben und bei ihrer großen Auctorität schon dadurch eine Gewähr für die Aechtheit der Gegenstände liefern.

Die neuen Forschungen im J. 1866, unter der Aufsicht des Herrn Mann, sind für die Wissenschaft ungemein wichtig, da sie, außer vielen, außerordentlich interessanten, neuen Entdeckungen, die früheren Erfahrungen und Funde vollkommen bestätigen und nicht allein neue Ergebnisse, sondern auch eine sichere Bestätigung der früher in den Jahren 1864 und 1865 gefundenen Hauptgegenstände liefern.

Beim Anfange des Druckes dieser Blätter im Monat Julii 1867 haben sich auch schon für das Jahr 1867 nach den Beobachtungen des Herrn Mann Erfahrungen gewinnen lassen. Es sind in diesem Jahre wenig Aussichten vorhanden, erhebliche Schätze zu gewinnen. Die Torfarbeiten auf dem "Müggenburger Reservat" (vgl. I. Bericht S. 15), welches bisher der ergiebigste Fundort gewesen ist, sind in diesem Jahre nicht wieder aufgenommen, da hier das ganze Becken schon so weit ausgestochen ist, daß, nach des Torf=Inspectors Wegener (Schätzung, nur noch höchstens 100 Tausend Stücke Torf (also 50 Wagen voll) gewonnen werden können, der Ausstich desselben aber wegen des überaus hohen Wasserstandes in diesem Jahre unmöglich sein wird, da alle Torfgruben völlig mit Wasser gefüllt und auch die angrenzenden Flächen überfluthet sind. Es ist daher in diesem Jahre in einem andern Revier dieses Moores an der Hornsdorfer Grenze (vgl. Karte zum I. Bericht, S. 15) gearbeitet, welches früher auch schon manche vereinzelte Pfahlbau=Alterthümer geliefert hat. Aber auch hier hat das andringende Wasser verhindert, bis völlig auf den Grund zu kommen. Es sind jedoch bis zum 22. Julii 1867, an welchem Tage der Torfstich für dieses Jahr aufhörte, viele Funde gemacht, welche zwar sehr willkommen gewesen sind und die Anlage von Pfahlbauten auch auf dieser Stelle bezeugen, aber keine bestimmte Gestalt von Pfahlbauhäusern erkennen ließen.

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Ich werde daher

3) D die Funde vom J. 1867, die ich am 22. Julii an der Fundstelle selbst abgeholt und untersucht habe, noch nachtragen können. Wahrscheinlich ist es, daß sich im künftigen Jahre noch mehr findet. Dann wird aber auch diese Stelle ausgegraben sein.


In der Anordnung der folgenden Berichte werde ich zur Erleichterung der Vergleichung die Aufeinanderfolge beobachten, welche ich in dem ersten Berichte über die Pfahlbauten von Wismar gewählt habe.

 


[Artikel]
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Pfahlbau von Wismar.

B. Funde vom Jahre 1865.


5. Pfahlholz.

3 verkohlte Pfahlköpfe.
1 spitzig behauenes Pfahlende.
Außerdem außerordentlich viele vermoderte Pfähle.
Stücke von verkohlten Holzstangen.

Es werden oft Stücke von verkohlten, etwas gekrümmten, jetzt stark eingetrockneten, runden Holzstangen bis zu 12 Zoll Länge gefunden, welche ungefähr 1 bis 1 1/2 Zoll im Durchmesser haben. Wahrscheinlich haben diese zum Flechtwerk der Wände oder zur Bedachung der Pfahlhäuser gedient, wenn sie nicht Bruchstücke von Schießbogen sind.


6. Geräthe aus Stein.

Keile.

1 Feuersteinblock, von welchem rund umher viele Späne und Splitter abgeschlagen sind.

1 Feuersteinblock, zum Arbeitskeil überall roh vorbereitet.

1 Arbeitskeil aus Feuerstein, von der eigenthümlichen rauchbraunen Farbe (Pfahlbaufarbe), wie die vieler Keile aus dem Wismarschen Pfahlbau, überall geschliffen, an der Schneide an einer Seite überall ausgesplittert.

2 Arbeitskeile aus Feuerstein von gewöhnlicher Farbe und Gestalt.

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2 Arbeitskeile aus Feuerstein, eben so, im J. 1865 durch den Herrn Secretair L. Fromm im Pfahlbau gefunden und 1867 ausgetauscht.

2 Arbeitskeile aus Feuerstein, zerbrochen und nur 3 Zoll lang, in der Schneide erhalten.

1 Arbeitskeil aus feinem, festem, grauem Glimmerschiefer. Von diesem Keil, welcher zerschlagen ist, ist nur ein Bruchstück von 2 Zoll Länge aus der Mitte erhalten. Der Keil, welcher an allen 4 Seiten sehr regelmäßig geschliffen ist, ist ungewöhnlich groß gewesen; er ist 4 Zoll breit, 2 Zoll dick und wird vollständig ungefähr 3 Pfund gewogen haben.

1 Meißelkeil, wie Jahrb. XXX, S. 28, Fig. 2, 3 Zoll lang, an der Schneide geschliffen, am Bahnende aber mit derben Schlägen spitz zugehauen, wahrscheinlich um dasselbe fester in eine Fassung treiben zu können, bisher in Meklenburg noch nicht beobachtet.

1 Meißelkeil, zerbrochen, nur in der Schneide vorhanden, 11/2 Zoll lang.


Hörnerne Keilfassungen, wie sie in der Schweiz häufig gefunden werden, sind in Meklenburg noch nicht entdeckt.


1 Schmalmeißel aus Feuerstein, 5 Zoll lang, plump und dick, nur roh zugehauen und nur durch Schläge an der Schneide geschärft, ohne alle Schleifung.

2 Schmalmeißel aus Feuerstein, geschliffen, beide zerbrochen, im J. 1865 durch den Herrn Secretair L. Fromm im Pfahlbau gefunden und 1867 ausgetauscht.

1 Schmalmeißel, regelmäßig, aber roh zugehauen, vollständig, nur an der Schneide geschliffen, sehr groß, 9 1/2 Zoll lang, 1 1/4 Zoll dick.

1 Schmalmeißel, nur durch Spaltung des Feuersteins gebildet, mit zwei natürlichen Flächen und zwei Spaltflächen, 3 1/2 Zoll lang.


Schleifsteine.

1 flacher Schleifstein zum Schleifen der Feuersteinkeile aus hellrothem, hin und wieder etwas dunkelgesprenkeltem "alten rothen Sandstein", auf beiden flachen Seiten hohl und ganz glatt ausgeschliffen, auf den Schleifflächen

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fest und glatt wie alter rother Sandstein, in der Mitte durchbrochen und nur zur Hälfte vorhanden, von elliptischer Form und an einem Ende spitzig, jetzt noch 10 Zoll lang, 9 Zoll breit und 2 bis 3 1/2 Zoll dick. Wie Jahrb. XXX, S. 32.


Feuersteinscheiben.

3 Feuersteinscheiben, wie Jahrb. XXX, S. 33.


Feuersteinspäne.

7 Feuersteinspäne, vollständig, wie Jahrb. XXX, S. 34. Einer davon ist ganz weiß und an allen Seiten ungewöhnlich stark abgenutzt.

3 Feuersteinspäne, 1865 vom Herrn Secretair L. Fromm im Pfahlbau gefunden und 1867 ausgetauscht.

23 Feuersteinsplitter, einige den scheibenförmigen und spanförmigen ähnlich, - Feuersteinsplitter finden sich in Meklenburg sehr häufig; dagegen fehlen die vielen knöchernen Werkzeuge der verschiedensten Art, welche in der Schweiz gefunden werden: es scheint, als wenn in Norddeutschland die Feuersteinsplitter vielfach statt hörnerner und knöcherner Geräthe gedient haben.


Feuersteinsägen.

4 halbmondförmige Feuersteinsägen, wie Jahrb. XXX, S. 36, von verschiedenen Größen und Farben. Eine derselben ist an den Schneiden fertig, aber auf den Flächen noch nicht ganz vollendet. Es scheint dies auch ein Beweis zu sein, daß die Feuersteingeräthe von allen Pfahlbauern in ihren Hütten selbst gemacht wurden.


Feuersteindolche.

1 Feuersteindolch, zerbrochen, nur in der Spitze vorhanden; vgl. Jahrb. XXX, S. 114


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Feuersteinspitzen.

1 Pfeilspitze aus Feuerstein, 1 1/4 Zoll lang, sauber gearbeitet, vollständig.

Pfeilspitze

1 Pfeilspitze, herzförmig, durch Absplittern gewonnen, ziemlich regelmäßig durch Zufall.


Streitäxte.

1 durchbohrte Streitaxt aus Trapp mit zugespitzter Bahn, 5 Zoll lang, ganz wie die in Jahrb. XXX, S. 38, Fig. 2, abgebildete. Diese Streitaxt giebt wieder einen Beweis für die Richtigkeit der in den Jahrbüchern a. a. O. aufgestellten Ansicht. Alle drei bisher in dem Wismarschen Pfahlbau gefundenen durchbohrten Streitäxte sind von gleicher Form, mit zugespitzter Bahn.

1 Streitaxt aus Hornblende, im Schaftloche quer durchbrochen, nur im Beilende, 4" lang, vorhanden, von der Gestalt der jüngern Streitäxte, wie deren eine in Jahrb. XXX, S. 91 abgebildet ist, an der Schneide noch mehr ausgekehlt.


Mahlsteine.

Im Julii 1865 ist auch im Pfahlbau von Wismar 1 Mahlstein gefunden, wie solche Steine in Jahrb. XXX, S. 40 flgd. beschrieben und abgebildet sind. Der Stein ist ein Block von weißlichem, hartem, grobem Granit, 14 Zoll lang, 10 Zoll breit und 5 Zoll dick. Er ist an der Oberfläche etwas vertieft und ganz glatt ausgerieben, jedoch noch nicht tief und noch nicht viel tiefer, als die sandsteinernen Schleifsteine zum Schleifen der Keile. Zu noch größerem Beweise ward auch

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1 Reibstein

zum Zermalmen des Korns dabei gefunden, wie ein solcher Stein in Jahrb. XXX, S. 41 abgebildet ist.


Feuerherdringe.

1 Feuerherdring (?) aus hellgrauem Basalt. Dies ist eine ziemlich rohe, große und starke Basaltscheibe, 14 Zoll im Durchmesser und 4 1/2 Zoll dick, an den Seiten hin und wieder, auf der Oberfläche ziemlich regelmäßig geebnet. In der Mitte ist mit rohen Keilschlägen ein kreisrundes Loch von 6 1/2 bis 7 Zoll Durchmesser duchgearbeitet. Allem Anscheine nach hat dieser feuerfeste Lochstein dazu gedient, um Töpfe auf dem Feuerherde einzulassen und sicher zu stellen, wie man in den Schweizerischen Pfahlbauten viele Thonringe findet, welche dazu gedient haben, um die Gefäße mit spitzem Boden sicher zu stellen. Daß der Lochstein von Wismar einer jüngeren Zeit, als der des Pfahlbaus, angehören sollte, ist kaum glaublich, da er in diesem Falle wohl regelmäßiger bearbeitet sein würde.


7. Geräthe aus Thon.

Töpfe.

Topfscherben wurden fortwährend sehr viele gefunden, alle ohne Verzierungen.

Innerhalb einer schräge durchbrochenen Scherbe saß ein Stück Holz von ungefähr 1/2 Zoll Größe, dessen Oberfläche sich in dem Thon abgedruckt hatte, also bei der Bereitung des Topfes hineingekommen sein muß. Dasselbe war nicht verkohlt, sondern nur vermodert; dies ist ein Beweis, daß die Töpfe nicht so scharf gebrannt wurden, daß das Holz innerhalb der Wandungen verbrannte oder verkohlte.

An mehreren Stellen wurden viele Scherben von sehr dickwandigen Gefäßen gefunden, unter denen eines mit einem kleinen Henkel. Manche Scherben sind zwischen 1/4 und 1/2 Zoll dick.

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Eine große Scherbe von einem sehr großen Topfe, 5/8 Zoll dick, fand im J 1865 im Pfahlbau der Herr Secretair Fromm und tauschte sie 1867 aus.


8 a . Geräthe aus Knochen und Horn.

1 Streitaxt aus Hirschhorn, mit ovalem Schaftloche, glatt und geschliffen zugeschärft, 9 Zoll lang. Dieses Stück ist für die nördlichen Länder und die Pfahlbauten eine große Seltenheit.

1 Stech= und Schneidewerkzeug aus Hirschhorn, 7" lang, oben bis zur Mitte 1 1/4 " breit, überall nach der Spitze hin sauber bearbeitet, auch in der innern Höhlung des Horns vollständig geglättet, am breiten Ende zugleich als Schneidewerkzeug regelmäßig und scharf geschliffen.

2 äußere Griffelbeine vom Sprunggelenke des Hinterhufes eines "Pferdes, entweder von einer kleinen Race oder von einem Füllen" (oder von einem Esel), 6 Zoll (14 1/2 Centim.) und 4 1/2 Zoll (11 Centim.) lang. Diese Knochen eignen sich von Natur ganz zu Bohrwerkzeugen, wie noch heute in manchen Gegenden die Bauern das Griffelbein vom Hasen als Pfeifenräumer gebrauchen. Der kleinere dieser beiden Knochen ist nach meiner Ansicht durch Kunst scharf zugespitzt. Da hierüber bei Kennern Zweifel entstanden sind, so habe ich die Knochen dem Herrn Dr. Cohen, Docenten der Thierheilkunde an der Universität zu Rostock, zur Prüfung vorgelegt. Derselbe urtheilt folgendermaßen: Naturgemäß hat das Griffelbein an seinem untern Ende einen kleinen Knopf. Bei vielen, namentlich älteren Pferden, findet sich aber der untere Theil des Griffelbeins sehr verschieden formirt. Oft fehlt der Knopf, oft ist der Knochen dünner, scharfkantiger oder runder, oft ist das Griffelbein mit dem Schienbein verwachsen. Diese Abnormitäten haben in mechanischen Einwirkungen, welchen diese Theile besonders ausgesetzt sind, und in den Prellungen beim Laufen ihren Grund. Hierdurch tritt starke Resorption und Schwund des Griffelbeins in verschiedener Art ein. Es folgt hieraus, daß der kleine Griffelknochen gerade nicht künstlich zugespitzt zu sein braucht, obwohl man nach Beschaffenheit des Knochens für eine künstliche Bearbeitung stimmen möchte, und daß derselbe von Natur so scharf und von der Mitte an unregelmäßig zugespitzt sein kann". Abgesehen von dieser

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Streitfrage kann man aber diese Knochen immer für Geräthe halten, da sie sich von Natur ganz besonders dazu eignen und in den Pfahlbauten der Schweiz sehr häufig als bearbeitete Geräthe gefunden werden. Ich für meinen Theil möchte aber behaupten, daß eine künstliche Zuspitzung zu erkennen ist. - In den Schweizerischen Pfahlbauten der Steinzeit werden diese Geräthe vom Pferde nicht vorkommen, da in diesen das Pferd fast ganz fehlt. (Rütimeier Fauna S. 123). - Vgl. unten.

1 meißelartiges Werkzeug aus Knochen, aus gespaltenem Röhrenknochen, an der Schneide künstlich bearbeitet, am Griffende abgebrochen, noch 2 1/2 Zoll lang. In der Schweiz werden sehr viele Geräthe dieser Art gefunden.

1 Röhrenknochen von einem großen Thier, zu einem Geräth vorbereitet.

1 Glättwerkzeug aus Knochen. Es ward eine dünne Knochenplatte gefunden, 4 Zoll lang und 1 5/8 Zoll breit, an beiden Seiten außerordentlich schön und vollständig polirt; in der Mitte der obern Hälfte sind zwei schmale, länglichte Löcher mit Feuersteingeräth durchgearbeitet. Das untere Ende ist etwas gehöhlt und zugeschärft. Das Ganze ist einem breiten Hohlmeißel nicht unähnlich.

1 Eberhauer, von einem kleinen Thier, an der innern Seite zu einem Geräth zugespitzt und geglättet.


8 b Geräthe aus Holz.

1 Bogen aus Holz. Es ward auch ein Stück bearbeitetes Holz gefunden, das ohne Zweifel ein Bruchstück von einem Schießbogen ist. Das Bruchstück, ungefähr aus der Mitte, ist 12 Zoll lang, etwas gebogen und überall völlig regelmäßig bearbeitet. Es hat einen überall gleichen, ovalen Durchschnitt und ist jetzt in beiden Ausdehnungen 3/4 und 1 Zoll dick. Das Holz, welches nicht angebrannt ist, ist sehr hart und fest und wahrscheinlich Eibenholz. Es werden auch verkohlte Bruchstücke von ähnlichen Holzstangen gefunden, welche vielleicht auch Bogen gewesen sind (vgl. oben S. 179).

1 Harpune aus Holz. Es ward auch ein Bruchstück von einem Geräthe aus Holz (Eibenholz) gefunden, welches dreiseitig sehr regelmäßig bearbeitet und geglättet ist, jetzt noch 2 Zoll lang, in 2 zusammen gehörenden Enden. Das Holz ist noch ziemlich fest und gut erhalten, wenn auch nicht ver=

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kohlt. Das Bruchstück gleicht an Gestalt, Arbeit und Größe ganz der in Jahrb. XXX, S. 55 abgebildeten knöchernen Harpune und hat sicher auch zu einer Harpune gehört.

Außerdem wurden viele verkohlte Bruchstücke von ähnlichen

kleinen hölzernen Geräthen

gefunden, welche sich aber nicht mehr erkennen und bestimmen lassen. Hölzerne Geräthe sind auch in den Schweizerischen Pfahlbauten selten.


10. Pflanzenreste.

Haselnüsse wurden fortwährend gefunden.

Eicheln. 1 Stuhl von einer Eichel, nur klein, ganz schwarz.

1 Feuerschwamm (Polyporus igniarius, Feuer=Löcherschwamm, unächter Feuerschwamm), der sich an verschiedenen Laubbäumen, z. B. Eschen und Weiden, findet. Das Exemplar, welches nicht groß ist, ist schwärzlich von Farbe und jedenfalls in die Pfahlwohnungen zum Erhalten des Feuers gebracht. Auch in einem Torfmoore zu Gressow ward neben angearbeiteten Hirschhörnern ein sehr großes, uraltes Exemplar gefunden. Dr. Uhlmann fand diesen Feuerschwamm, den er Boletus igniarius nennt, auch im Pfahlbau von Moosseedorfsee (vgl. Keller Dritter Bericht, S. 99). Vgl. unten B. 1866, 10.

Schilf (Phragnites communis), Wurzelstengel, mit winklig gestellten Wurzelnarben (Heer).

Seerose (meklb. Mümmelken) (Nuphar luteum), die gelbe Seerose, ein Samenkorn.


11. Thierknochen.

In Beziehung auf die Knochen im Allgemeinen fühle ich mich vorweg verpflichtet, einigen allgemein verbreiteten Ansichten entgegenzutreten. Man nimmt an, daß es ein sicheres Mittel jungen Ursprungs sei, wenn Knochen an der Zunge kleben (vgl. oben S. 170); auch hält man eine bestimmte, gesättigte, dunkelbraune Farbe der Knochen für ein Zeichen des Ursprunges aus den Pfahlbauten. Beides

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trifft nicht ganz zu. Ich habe alle Knochen aus den Aufgrabungen vom Sommer 1866 selbst von dem Moor bei Wismar geholt, wo sie in einem großen Haufen den ganzen Sommer in Regen, Wind und Sonnenschein gelegen hatten. Alle waren aber ausgedörrt und bedeutend gebleicht, die oben liegenden mehr, als die unten liegenden, und hatten statt der braunen Farbe eine dunkelgraue erhalten, und klebten alle an der Zunge. Herr Professor Rütimeier in Basel schreibt mir auch am 18. Novbr. 1866: "Daß weder Kleben oder Nichtkleben an der Zunge, noch die Farbe ein auf alle Fälle anwendbares Bestimmungsmittel für Pfahlbauknochen liefert, ist mir außer Zweifel, da Besonnung, Aussetzung an der Luft und die Beschaffenheit des Bodens, in dem sie lagen, außerordentlich wechseln. Wie sahen die Pfahlbauknochen aller unserer Stationen verschieden aus! An keinem Orte wie am andern"! Die sogenannte Pfahlbaufarbe ist also nicht "ächt gefärbt", und hält sich nur, wenn die Knochen bald nach der Aufgrabung unter Dach gebracht werden und hier trocknen.


Außer den im Nachfolgenden aufgeführten, sicher bestimmten Knochen sind noch außerordentlich viele zerschlagene Bruchstücke gefunden und aufbewahrt, viele aber auch verworfen.


Säugethiere.

Rind (Bos taurus).

Im Spätherbst 1864 wurden gefunden:

2 Hörner mit Stirnstücken, wahrscheinlich demselben Thiere angehörig, ganz wie die früher gefundenen (vgl. Jahrb. XXX, S. 61) und

2 Hörner mit den ganzen, rechten Stirnhälften, eines "derselben von einem jungen männlichen Thiere, alle der Primigenius=Race angehörend" (Rütimeier).

"1 vollständiger Schädel eines ausgewachsenen, sogar sehr alten weiblichen Thieres, der die Charaktere der Brachyceros=Race in exquisiter Weise an sich trägt. Es gehört dieser Schädel zu den bezeichnendsten Ueberresten, die mir von der Brochyceros=Race zu Gesicht gekommen sind, und stimmt vollkommen überein mit den Ueberresten der=

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selben Race, die ich schon aus Penzin (vgl. Jahrb. XXIX, S. 280), dann aber vornämlich aus der Schweiz (Steinalter des Bieler= und Boden=Sees), so wie von verschiedenen weit zerstreuten anderen Fundorten beschrieben habe; ein sprechendes Gegenstück dazu besitze ich in dem von mir mehrfach erwähnten Schädel des heutigen kleinen Schlages in Algir. So weit aus einander liegende Beläge für historische und geographische Verbreitung hatte ich noch nicht bei einander. Bei Ueberlingen am Bodensee, wo Pfahlbau an Pfahlbau liegt, ward ich auf eine Anhäufung von Knochen hart am Seeufer im Niveau der Pfahlbauten aufmerksam gemacht. Die Knochen, fast ausschließlich Rind, Ziege, Schaf, im Aussehen von Pfahlbauknochen nicht verschieden, obgleich nicht im Wasser liegend, lagen massenhaft da, auch Rindsschädel in Fragmenten zu Dutzenden, und alle klein= und krummhörnige Schädelchen 1 ) von wahrhaft zwergartigen Thieren. In Ueberlingen selbst und in der Nachbarschaft bilden solche Thiere mit genau denselben Merkmalen noch heute den Hauptbestandtheil des Viehstandes; es ist dies der in den Handbüchern viel genannte Algäuer Schlag, der freilich in den Algäuer Alpen alle möglichen Mischungen erlitten hat, so daß kaum ein Thier dem andern ähnlich sieht; die Brachyceros=Physiognomie blickt aber überall noch durch. - Von Bologna bis Wismar ist somit diese charakteristische Race durchweg in alten Ansiedelungen reichlich vertreten, und wenn sie auch an manchen Orten durch Zucht verändert oder durch andere Racen seither verdrängt worden ist, so giebt es doch Stellen genug, wo sie dem Gepräge, das sie in früher Zeit besaß, vollkommen treu geblieben ist".

Im Sommer 1865 wurden gefunden, alle mit bestimmter Pfahlbaufarbe:

1 rechter Oberkiefer;
1 linker Oberkiefer;
6 Backenzähne;
1 Gehörknochen;
2 linke Klauenknochen, also nicht zu Einer Klaue gehörend.


1) Diese kleinen Brachyceros=Schädel werden sich gewiß noch oft in Meklenburg finden. Der Herr Eisenbahn=Director Wachenhusen zu Malchin hat mir versichert, daß während des Baues der Friedrich=Franz Bahn bei Malchin tief im Moor mehrere Dutzende solcher Schädel auf einer Stelle gefunden seien, und hat mir durch Beschreibung und Zeichnung die Ueberzeugung gegeben. Leider sind alle diese Schädel als alte Knochen von den Arbeitern verkauft.
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Rütimeier sagt brieflich über diese zuletzt gefundenen Knochen: "Alles Ueberreste von Thieren von schon weit gediehener Domestication. Nach dem Gebiß möchte ich sie bereits dem höchsten Stadium der Zähmung, d. h. der Frontosus=Race, zuschreiben. Doch sind dabei einige Klauen von so geringer Größe, daß man auch an Vertretung der Brachyceros=Race denken muß."

Im Herbste 1865 wurden gefunden:
1 Beinknochen, zerschlagen;
4 Lendenwirbel, vollständig;
1 Rückenwirbel, vollständig;
1 Halswirbel, vollständig;
2 vordere Fußwurzelknochen und
1 Rückenwirbel von einem starken Kalbe, alle vollständig.

Ferner:

3 Halswirbel, vollständig;
1 Rückenwirbel, vollständig;
7 Beinknochen, von denen 4 zerschlagen und gespalten.

Außerdem wurden noch sehr viele zerschlagene Knochen gefunden, welche noch nicht bestimmt sind.

Schaf (Ovis aries).

2 Schädel, In dem Pfahlbau von Wismar ward ein Schädel von einem kleinen gehörnten Schaf und das Hinterhaupt von einem gleich großen Thiere gefunden. Beide Stücke haben die gleiche, braune Farbe der Pfahlbauknochen und sind wegen der Race im hohen Grade wichtig.

Rütimeier sagt in seiner gedruckten Fauna S. 127 flgd. Folgendes: "Wie die Ziege, ist auch das Schaf im Steinalter allgemein vertreten. Während aber seit jener entlegenen Periode, wenigstens in der Schweiz, die Kultur an der Ziege fast gar nichts geändert hat, bietet das Schaf, das heute allerorts weit mehr in verschiedene Racen zerspalten ist, als die Ziege, Anlaß zu einigen Bemerkungen, welche für die Geschichte der Hausthiere wie für diejenigen ihrer Herren, von großem Interesse sind. - - - Hornlose Schafschädel waren in den Pfahlbauten selten. Die häufigste Wahrnehmung besteht darin, daß dieses Schaf von sehr kleiner Statur war, wie schon die Schädel zeigen. Eine andere Eigenthümlichkeit besteht in der zierlichen Bildung der sehr dünnen, schlanken und dabei ziemlich hohen

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Extremitäten". - Ferner sagt Rütimeier S. 191 flgd. "Im Steinalter fanden wir sehr allgemein ein Schaf verbreitet, welches durch geringe Größe, feine, schlanke Extremitäten und noch mehr durch aufrecht stehende, kurze, zweikantige, ziegenähnliche Hörnchen von den heutzutage allgemein verbreiteten Schafracen verschieden war. Spuren groß= und krummhörniger Thiere bot nur Wauwyl. - - Große, krummhörnige Thiere waren wahrscheinlich im Mittelalter stark verbreitet. - Ein Urtheil über die Stammform, oder, was weit wahrscheinlicher ist, über die Stammformen des zahmen Schafes muß daher verspart werden auf vollständigere und genauere Kenntniß des Wildschafes. - - Unter den heutigen zahmen Schafracen konnte ich in der mir zugänglichen Litteratur eine einzige Form auffinden, welche dasselbe Gepräge der Hornbildung an sich trägt. Low (Hist. Nat. des animaux domest. de l'Europe) giebt an, daß auf den Shetlands=Inseln und Orkaden kleine, dünngliedrige, kurzschwänzige Schafe von schwarzer, brauner und weißer Farbe leben, deren Hörner kurz sind und so gerade und aufrecht stehen, daß sie Ziegenhörnern gleichen. Low schreibt ihnen mit vieler Bestimmtheit theilweise norwegischen Ursprung zu. Noch steilere und namentlich comprimirtere Hörner besitzt die ebenfalls kleine Race der hohen Gebirge von Wales, welche dort in einem fast halbwilden Zustand zu leben scheint."

"Eine nicht weniger verwandte Race fand ich ganz unerwarteter Weise in viel größerer Nähe vom Schauplatze des Torfschafes im Oberlande von Graubünden in derselben Gegend, welche auch schon für das Torfschwein eine noch lebende analoge Race geliefert hat. In den Alpen des Nalpsthales über Disentis fand ich Heerden kleiner Schafe mit höchst feinen Extremitäten, welche in Größe und namentlich in der Bildung der Hörner mit der Low'schen Abbildung der Bergschafe von Wales in hohem Maaße übereinstimmen. Die Hörner sind selten nach vorwärts gewunden, häufiger aber aufstehend und ähnlich wie bei Ziegen in schwachem Bogen nach hinten gerichtet. - - - - Die zahlreichen Schädelstücke des Torfschafes aus den Pfahlbauten des Steinalters stimmen in Größe und vor allem in der Bildung der Hornzapfen so vollkommen mit diesem recenten Schädel überein, daß kein Grund vorhanden ist, sie für verschieden zu halten, um so weniger, da auch andere Thiere des Steinalters bis auf unsere Tage eine Zuflucht in den rhätischen Gebirgen gefunden haben".

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Ueber den Schädel von Wismar schreibt nun Rütimeier brieflich, nachdem er denselben zur Untersuchung gehabt hat: "Wohl erhaltener Schädel, ohne Gesicht. Ich kann über dieses Stück nichts besseres sagen, als daß er auf das vollkommenste identisch ist mit unserem häutigen Graubündner Schaf, in solchem Maaße, daß wenn das Wismarsche Stück nicht die ächte Farbe der Torfknochen trüge, eine Unterschiebung von unserer alpinen Thierrace möglich wäre."

Wir haben also hier bei Wismar, wie in den Pfahlbauten der Schweiz, ohne Zweifel die älteste Race des zahmen Schafes.

Von großer Wichtigkeit für die Vergleichung ist ein zu Woosten am Goldberger See 10 Fuß tief im Moore gefundener gehörnter Schädel, welcher im Torfwasser erweicht gewesen und mumienartig zusammengeschrumpft und ganz schwarz gefärbt ist (vgl. unten Anhang). Dieser Schädel ist dem Wismarschen an Größe und Form völlig gleich und nach Rütimeier "ebenfalls vom Typus des Graubündner Schafes, aber mit vollkommen cylindrischen Hörnern".

Nach diesen sichern Entdeckungen, welche nach der Farbe der Knochen ohne Zweifel in die Steinperiode fallen, wird das in Jahrb. XXX, S. 62 flgd. beschriebene vierhörnige Schaf mit starken Hörnern eine jüngere Beimischung sein, um so mehr, da dieses Gehörn noch nicht die dunkelbraune Farbe hat, sondern mehr dunkelgrau aussieht; jedoch wird das Gehörn noch sehr alt sein, da es Spuren von alter Bearbeitung trägt (S. 67).

Außer diesem Schädel fanden sich noch mehrere Schafknochen, alle von der Pfahlbaufarbe, namentlich:

2 Unterkiefer, zusammen passend, wahrscheinlich zu dem ganzen Schädel gehörend, mit demselben von gleicher Farbe.

3 Beinknochen, von denen einer zerschlagen, alle von gleicher Pfahlbaufarbe. Hierüber schreibt Rütimeier: "Extremitäten=Knochen deuten indessen auch auf Tiere von größerer Statur".

3 Beinknochen (Fußwurzel.)

Ziege (Capra hircus).

1 linker Unterkiefer, mit der Pfahlbaufarbe, zerschlagen.

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1 hinterer Unterschenkel, eben so zerschlagen. (Nach Blasius.)

1 vordere Fußwurzel, eben so, vollständig. (Nach Blasius.)

Schwein.
Torfschwein (Sus scrofa palustris).

1 Oberkiefer und
1 Unterkiefer

"von denjenigen unserer Pfahlbauten nicht verschieden" (Rütimeier).

1 Zahn von einem jungen Thier.

Hirsch (Cervus elaphus).

2 Hirschhörner von starkem Wuchs, oben abgebrochen.
1 rechte hintere Fußwurzel (nach Blasius), am untern Ende zerschlagen.
1 linke hintere Fußwurzel (nach Blasius) von einer Hirschkuh, eben so.
1 Vorderlauf, Schienbein, gespalten.
1 Hinterlauf, Schienbein.
2 Schädelstücke
2 Zähne vom Unterkiefer.
1 Rückenwirbel.
3 Stücke von einem gespaltenen Gehörn wurden 1865 vom Herrn Secretair L. Fromm gefunden.

Reh (Cervus capreolus).

1 Rehhorn.
2 Rehhörner, zusammen gehörend, von denen das eine an der inneren Seite der Spitzen angearbeitet zu sein scheint.
2 rechte Unterkiefer von verschiedenen Thieren, davon eines zerschlagen.
1 Schulterblatt.
1 Oberschenkelknochen vom Hinterlauf, zerschlagen.
6 Schienbeinknochen vom Hinterlauf, davon 3 an einem Ende, 1 an beiden Enden zerschlagen.

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3 Schienbeinknochen, vom Vorderlauf, gespaltene Hälften, an einem Ende zerschlagen.

Pferd (Equus caballus).

5 Unterkieferzähne, von gleicher, brauner Farbe, zusammen gehörend.
5 Unterkieferzähne, eben so.
2 Unterkieferzähne.
5 Oberkieferzähne, schwärzlich von Farbe, nicht zu den Unterkieferzähnen gehörend.
2 Oberkieferzähne, bläulichgrau von Farbe.
2 Vorderzähne, braun von Farbe.
4 Zähne fand im J. 1856 der Herr Secretair L. Fromm.
1 Hufbein von einem kleinen Thiere, von brauner Pfahlbaufarbe.
2 Griffelbeine vom Sprunggelenk des Hinterfußes, von brauner Pfahlbaufarbe (vgl. oben S. 184), wahrscheinlich zu Geräthen benutzt.
1 linke hintere Fußwurzel (nach Blasius), vollständig, mit dem Griffelbein, von dunkelbrauner Pfahlbaufarbe.

Rütimeier Fauna S. 123 sagt: "Pferdeknochen sind in den (Schweizerischen) Pfahlbauten des Steinalters weit seltener, als Ueberreste des Menschen, und da nicht zu denken ist, daß das Pferd mit dem Menschen außerhalb der Pfahlbauten begraben wurde, so ist als Resultat festzuhalten, daß es den Bewohnern der ältern Pfahlbauten des Steinalters wirklich fehlte und auch in den spätern Ansiedelungen der selben Periode nur äußerst spärlich vorhanden war: so sehr, daß die Vermuthung mir nahe zu liegen scheint, daß auch das Wenige, was sich an Pferderesten in Robenhausen, Wauwyl u. s. w. vorfand, von außen her, vielleicht als Beute in den Bereich der Pfahlbauten gelangt sein mochte; Lebensart und Sitten der Pfahlbauern scheinen überhaupt mit Pferdezucht kaum verträglich zu sein".

Da die Auffindung von Pferdeknochen im Pfahlbau von Wismar immer häufiger wird, so scheint hier das Pferd doch im Dienste des Menschen nicht selten gewesen zu sein. Dies stimmt auch zu meiner Ansicht, daß dieser Pfahlbau in die jüngere Zeit der Steinperiode fällt, in welcher allerdings

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Pferde mit dem Menschen außerhalb der Pfahlbauten begraben wurden. (Vgl. Jahrb. XXX, S. 69.)

Hund (Canis familiaris).

2 Schädel vom Haushunde, von derselben Größe, Bildung und Farbe, wie die früher gefundenen zwei größern Schädel; vgl. Jahrb. XXX, S. 70.

2 Schädel, eben so, zerbrochen, nur im Hinterhaupt ziemlich vollständig.

2 Schädelbruchstücke, mit Oberkiefer.

9 Unterkiefer, wahrscheinlich zu den bisher gefundenen 10 Schädeln gehörend. Davon sind 2 zusammengehörende und 3 einzelne von mittlerer Größe, zu der Mehrzahl der Schädel passend. Zwei zusammengehörende Unterkiefer von einem alten Thiere, mit abgeschliffenen Zähnen, sind länger. Ein einzelner Unterkiefer ist kleiner und schwacher, als die erstgenannten von mittlerer Größe.

Außer diesen Schädeln sind gefunden (nach Blasius):

1 vorderer Unterarmknochen,
1 linkes hinteres Schienbein,
1 rechter Oberschenkelknochen,

nicht einem und demselben Tiere angehörend,

1 linker Oberarmknochen, an einem Ende zerschlagen.

Im Herbst 1865 ward noch ein Hundeschädel, mit Pfahlbaufarbe, gefunden, welcher größer ist, als alle bisher gefundenen. Von den bisher gefundenen Hundeschädeln haben die von mittlerer Größe eine Länge von 7 Zoll hamburg. (6 1/2 Zoll rheinl. oder 17 Centim.); einige sind kleiner, andere größer bis zu 8 Zoll (gut 19 Centim.). Dieser zuletzt gefundene, der größte von allen, ist aber gegen 8 1/2 Zoll (20 1/2 Centim.) lang. Blasius schreibt: "Der Schädel ist ohne Zweifel vom Haushund und etwa von der Größe des gewöhnlichen norddeutschen Schäferhundes, in jeder Hinsicht von Mittelgröße".

Biber (Castor fiber).

1 untere rechte Kinnlade von einem alten Thier, 4 1/2 Zoll lang.

1 untere rechte Kinnlade von einem jungen Tier, 2 3/4 Zoll lang.

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Fuchs (Canis vulpes).

2 Unterkiefer, zusammengehörend, von Pfahlbaufarbe; die Schnauze ist gleichmäßig abgeschlagen. In der Schweiz ist in den Pfahlbauten, nach Rütimeier S. 22, "der Fuchs allerorts in ziemlich großer Anzahl, jedenfalls häufiger als der Haushund. Daß der Fuchs auf dem Tisch der Pfahlbauern erschien, ergab sich aus den Messer= und Zahnspuren an den zahlreichen Schädeln und andern Knochen auf die unzweideutigste Weise. Wie beim Marder und Iltis war auch beim Fuchs an den aus den Pfahlbauten aufgehobenen Gebissen die große Zierlichkeit sehr auffallend. Daneben ergab sich, daß der Fuchs im Steinalter nur selten die Mittelgröße erreichte, zu welcher er heute gelangt". Die letztere Beobachtung trifft auch für den Pfahlbau von Wismar zu; jedoch ist hier der Hund, und zwar schon von einer größern, aber, mit wenigen Ausnahmen, immer von derselben Race sehr häufig, während vom Fuchs bisher nur das hier aufgeführte Gebiß gefunden ist.

Elen (Cervus alces).

Im Sommer 1865 ward ein ganz vollständig erhaltener, schöner Schädel eines ausgewachsenen, weiblichen Elens gefunden, 58 Centim. oder 22 Zoll rheinl. oder 24 Zoll hamburg. Lang. Geweihe, auch Schädel und selbst Gerippe von Elenthieren, oft von sehr bedeutender Größe, werden in Meklenburg nicht selten in Torfmooren gefunden, jedoch sind diese einzeln gefundenen Knochen immer mehr ausgedörrt und von hellerer, grauer Farbe. Der Schädel von Wismar, welcher ganz die braune Farbe aller andern Pfahlbauknochen hat, ist der vollständigste und schönste von allen Schädeln, welche bisher aus dem Pfahlbau gewonnen sind. Auch in der Schweiz, wo sich in den Pfahlbauten öfter Ueberreste vom Elen finden, ist in Wauwyl ebenfalls "ein vollständiger, unverletzter Schädel eines erwachsenen Thieres erhoben, das vollständigste Fossil, das überhaupt bisher aus den Pfahlbauten herausgehoben ist"; vgl. Rütimeier's Fauna S. 63.

2 Elenschaufeln, oben zerbrochen, von der Farbe der Pfahlbauknochen, sicher von einem und demselben Thiere.

2 Knochen vom Hinterfuß (nach Blasius.)


Vögel.

Zu der wilden Ente (Anas boschas ferus), welche früher gefunden ward (vgl. Jahrb. XXX, S. 76), sind im

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Frühling 1865 noch der graue Reiher und das schwarze Wasserhuhn gekommen. Rütimeier Fauna, S. 115, sagt: Das Bild, welches die Aufzählung dieser oviparen Thierwelt uns von dem Zustande unserer Fauna in jener alten Zeit vorführt, weicht selbst nicht ab von dem Bilde, das wir heutzutage noch an abgelegenen, von Wald umgebenen Morästen und kleinen Seen antreffen. Wilde Enten, Reiher und Wasserhuhn sind noch heute die vornehmsten Bewohner solcher Stellen". Im Herbst 1865 haben sich noch gefunden: der Säger, der Storch und der Seeadler, alle Vögel aus der noch jetzt lebenden Vogelwelt Meklenburgs.

Grauer Reiher (Ardea) (Grus cinerea).

3 Knochen, von denen 2 an den Enden geöffnet, von Pfahlbaufarbe. Nach Rütimeier. Nach demselben, Fauna S. 113: "In Moosseedorf und Robenhausen in der Schweiz nicht selten".

Schwarzes Wasserhuhn (Fulica atra).

1 Knochen, vollständig, von Pfahlbaufarbe. Nach Rütimeier. Nach demselben, Fauna S. 113 in Robenhausen ziemlich häufig.

Mittlerer Säger (Tauchente) (Mergus serrator).

1 Schädel und
1 Flügelknochen, beide vollständig, von Pfahlbaufarbe. Nach Blasius. Der Säger, ein nördlicher Vogel, ist noch heute häufig in Meklenburg. In Rütimeiers Fauna wird er nicht genannt.

Storch (Ciconia alba).

1 Flügelknochen, zerschlagen, in zwei Stücken, von Pfahlbaufarbe. Nach Blasius.

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Seeadler (Haliaëtos albicilla.

1 Flügelknochen, von Pfahlbaufarbe, beim Aufgraben zerbrochen. Nach Blasius.


Fische.

Hecht (Esox lucius).

4 Kinnbackengräten, verschieden,
3 Wirbel von einem großen Thier, alle schwärzlich von Farbe.


Amphibien.

Schildkröte.

1 Schildkröte, mit beiden Schalen und Wirbelknochen. Dies ist die gemeine Schildkröte oder Süßwasser=Schildkröte (Emys oder Cistudo europaea), deren Schilde nur in der Mitte der Seiten verwachsen sind, im Rückenschilde, welches 13 Horntafeln hat, nur flach gewölbt, ungefähr 8 Zoll lang, dunkelbraun von Farbe, wie die Pfahlbauknochen. In zwei kleinen Torfmooren des zu dem Hauptgute Roggow gehörenden Gutes Russow bei Neu=Buckow, welche in den ältesten Zeiten Seen gewesen und wahrscheinlich mit Pfahlbauten besetzt gewesen sind, ist in jedem ebenfalls eine Schildkröte gefunden, welche der Wismarschen an Bau, Größe und Farbe völlig gleich sind. Diese 3 genau übereinstimmenden Exemplare werden also vollkommen ausgewachsenen Thieren der ältesten Zeit angehört haben. Die Schildkröten sind ein sicherer Beweis, daß die Torfmoore in den ältesten Zeiten Süßwasserseen gewesen sind. - Aus der Schweiz führt Rütimeier nur ein halbes Bauchschild von Moosseedorf auf.


Schaltiere.

Muscheln.

Es fanden sich auch zwei Fluß=Muscheln, jede in zwei zusammengehörenden Schalen, nämlich nach der Bestimmung des Herren Segnitz zu Schwerin:

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1) Anodonta cellensis (vgl. (E. Boll's Land= und Süßwasser=Mollusken Meklenburgs in dem Archiv für Naturgeschichte Meklenburgs, Heft 5, S. 73), die größte Muschel des Landes, 4 5/8" breit, 2 3/4 " hoch, ungefähr 1 1/2" dick; dieses Exemplar weicht ein wenig von der regelmäßigen Gestalt ab, da es verhältnißmäßig ein wenig höher ist, als gewöhnlich. In einer Schale ist ein kleiner Perlenansatz.

2) Anodonta piscinalis (vgl. E. Boll a. a. O., S. 75), die nächstgrößte Muschel Meklenburgs, ein kleines, noch nicht ausgewachsenes Exemplar, nur 2 6/8" breit und 1 1/2" hoch.

Ob diese Muscheln Bewohner des ehemaligen Pfahlbausees, der jetzigen Torfwiese, neben den vielen kleinen Muscheln und Schnecken des Seegrundes, gewesen, oder ob sie von den Pfahlbauern anderswo gefangen und in die Pfahlhäuser gebracht und aus diesen in den See geworfen sind, läßt sich wohl schwer sagen. Sollten sie, was wahrscheinlich, auf dem Boden des ehemaligen Sees erzeugt sein, so wäre dies ein vollgültiger Beweis, daß der See ein Süßwassersee gewesen ist, obwohl er wahrscheinlich bei der Stadt Wismar mit dem brackischen Meerbusen in Verbindung gestanden hat.

An einer Stelle im Keutschacher (oder Plaschischen) See in Kärnten, wo sich Spuren von Pfahlbauten gezeigt haben, fand sich eine erstaunlich große Menge von Anodonta Muschelschalen, während sich die lebende Muschel dieser Art an dieser Stelle sehr sparsam findet, so daß man annehmen muß, dieser "Muschelhaufen" sei von Menschenhand durch Wegwerfen leerer Schalen gebildet worden. (Vgl. Archiv des Geschichts=Vereins für Kärnten, Jahrg. IX, 1864, S. 130.)


12. Menschenknochen.

Im Sommer 1865 sind im Pfahlbau von Wismar auch Knochen gefunden, welche ganz sicher Menschen der Pfahlbauten angehören, da sie tief in der sogenannten Culturschicht lagen und die unverkennbare, ächte, braune Farbe aller andern Pfahlbauknochen haben. Die Knochen lagen nicht sehr weit, aber an zwei verschiedenen Stellen beisammen und gehören zwei verschiedenen Menschen an, einem ältern und einem jüngern.

Auf einer Stelle lagen zusammen Knochen von einem jugendlichen Menschen, von einem Alter von etwa 10 bis 12 Jahren. Diese Knochen sind auch ein wenig heller

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gefärbt, als die des ältern Menschen. Auch in den schweizerischen Pfahlbauten gehören die Menschenknochen vorherrschend jüngern Geschöpfen an. Rütimeier, Fauna (1861) S. 150, sagt: "Sämmtliche Pfahlbauten haben gelegentlich menschliche Knochen, doch immer nur sehr selten geliefert, und fast immer waren es kindliche Individuen, die offenbar durch Unvorsichtigkeit einer Bestattung auf fester Erde entgangen waren". Die bis jetzt ausgegrabenen Knochen des jugendlichen Menschen im Wismarschen Pfahlbau sind:

das Stirnbein (Os frontale), mit den beiden Augenhöhlen, nach Rütimeier's brieflicher Bemerkung "merkwürdig durch eine auffallend ausgesprochene Kante in der Mittellinie des Stirnbeins";

die beiden Oberschenkelbeine (Femur, Os femoris), welche offenbar zu dem Leichnam des Schädels gehören.

Etwas entfernt von diesen Knochen lagen die Knochen eines ältern, ausgewachsenen, jedoch nicht starkknochigen Menschen:

das Hinterhauptbein (Squama occipitis);

die zusammengehörenden Knochen des linken Armes, nämlich das Oberarmbein (Os humeri), das Ellenbogenbein (Ulna) und die Speiche (Radius).

Im Herbst 1865 ist noch ein Schlüsselbein von einem jungen Kinde gefunden (nach Blasius), welches sicher nicht zu den übrigen Menschenknochen gehört. Dieser Fund bestätigt aufs Neue die oben mitgetheilten Bemerkungen.

Auf Grundlage dieser unzweifelhaften Funde und neuer Entdeckungen lassen sich die in den Jahrbüchern XXX, S. 77 aufgeführten Menschenknochen genauer bestimmen. Diese gehören sicher nicht den ehemaligen Bewohnern der Pfahlhäuser an.

Das a. a. O. angeführte Oberarmbein, welches einem sehr großen Menschen angehörte, ist freilich sehr alt, ist aber eine fremdartige Beimengung, da es nach der weißlichen Farbe und nach der Ausdörrung sicher lange Zeit an der Luft gelegen hat. Ich habe daher schon geäußert, daß der Knochen den Gebeinen ähnlich sehe, welche in alten Gräbern gefunden werden. Herr Professor Steenstrup aus Kopenhagen, welcher diesen Knochen am 14. August 1865 in Schwerin sah, meinte, daß die beiden Enden von Wölfen abgebissen seien.

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Fossile Menschenknochen.

Ganz anders ist das a. a. O. aufgeführte Schlüsselbein beschaffen. Dieses ist auf der Oberfläche sehr fest und glänzend; es ist an einer Seite dunkelbläulich=grau, an der andern Seite schwärzlich von Farbe und helltönend, wenn man daran schlägt. Es sieht aus wie "versteinert", wie man zu sagen pflegt. Im Sommer 1865 wurden, als man an einer ergiebigen Fundstelle tiefer als gewöhnlich grub, ungefähr 1 Fuß tief unter dem ehemaligen festen Seeboden in dem "bläulich=hellgrauen, etwas kalkhaltigen Thon, (Schindel)" auf dem darunter liegenden Kiessande:

3 Knochenbruchstücke, jedes von ungefähr 2 Zoll Länge gefunden, welche grade so beschaffen und gefärbt sind, wie das Schlüsselbein, und ohne Zweifel entweder zu demselben oder doch aus gleicher Formation stammen. Ein Stück ist ein Bruchstück von einem Gelenkkopfe, ein anderes wird von einem Armbeine sein. Alle diese Knochen sehen aus wie "versteinert". Rütimeier schreibt über diese Knochen: "Unbestimmbar; doch halte ich sie für fossil, d. h. aus älterem, vielleicht tertiairem Terrain stammend."

 


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Pfahlbau von Wismar.

C. Funde vom Jahre 1866.


5. Pfahlhholz.

Schwarzes Pfahlholz ist in der untersten Moderschicht sehr viel gefunden; jedoch bemerkte der Torfmeister Wegener, daß es sehr schwer sei, es zu erkennen, während aus der obersten, viel jüngern Torfschicht wöchentlich ganze Wagen voll wohl erhaltenes, hellbraunes Holz ausgegraben sind. Als besondere Merkwürdigkeiten hatte er für den Verein mit Sorgfalt aufbewahrt und übergab er:

1 sehr verkohlten Pfahlkopf von ungewöhnlicher Stärke, noch jetzt 9 Zoll im Durchmesser, und gegen 1 1/2 Fuß lang (von dem Torfmeister selbst bei der Entdeckung ausgehoben);

2 sehr verkohlte Pfähle von mittlerer Stärke, eben so lang;

2 ganz verkohlte Stangen (wahrscheinlich vom Dache), 1 1/2 und 2 Zoll im Durchmesser;

1 verkohltes rundliches Stück Holz, ganz knorrig (Maser), noch 3 Zoll im Durchmesser und 3 Zoll lang, vielleicht Kopf einer Keule.


6. Geräthe aus Stein.

Keile.

4 große Arbeitskeile aus geschliffenem Feuerstein, davon 3 rauchbraun und 1 (im Besitze des Herrn Mann)

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hellgrau. Von diesen ist einer, 6 Zoll lang, vollständig (von mir selbst auf dem Pfahlbau aufgenommen), einer nur in der Beilhälfte, 5 Zoll lang und 3 Zoll breit, vorhanden und an den breiten Seiten zerschlagen, einer nur zum obern Dritttheil vorhanden und zerschlagen.

2 Arbeitskeile mittlerer Größe, grau, 1867 vom Herrn Secretair L. Fromm eingetauscht.

1 Meißelkeil, rauchbraun, 3 1/2 Zoll lang, vollständig.

1 abgesplittertes, geschliffenes Bruchstück von einem Feuersteinkeil, rauchbraun.

2 Keile aus Diorit, kurz und breit, ganz geschliffen, einer im Besitze des Herrn Mann, und einer, stark beschädigt, von mir selbst auf dem Pfahlbau aufgenommen.

1 Schmalmeißel von grauem Feuerstein, zerbrochen, 1867 vom Herrn Secretair Fromm eingetauscht.


Schleifsteine.

1 Schleifstein aus "altem, (hell)rothem Sandstein", Bruchstück eines großen Schleifsteins, 6 Zoll lang, 2 Zoll dick, ganz wie die früher gefundenen.

2 Schleifsteine aus hellgrauem Gneis, flach und dünne, ungefähr 8" lang, 4" breit, gegen 1/2" dick, auf beiden Seiten geschliffen, fast wie ein Beil gestaltet, (einer im Besitze des Herrn Mann).


Feuersteinspäne.

1 spanförmiges Messer, grau, (im Besitze des Herrn Mann).

3 spanförmige Messer, grau, (1867 von Herrn Secretair Fromm eingetauscht).


Feuersteinsägen.

4 Sägen aus Feuerstein, davon eine rauchbraun, drei (im Besitze des Herrn Mann) grau.

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Reibsteine.

4 kugelförmige Reibsteine von mittlerer Größe, ungefähr 3 1/2 Zoll im Durchmesser, davon 3 aus Sandstein und 1 aus Feuerstein in der Form einer regelmäßigen Kugel. Von den sandsteinernen ist einer aus altem Sandstein (von mir selbst im Pfahlbau aufgenommen), einer aus jüngerem Sandstein, auf der ganzen Oberfläche verwittert, einer aus dünnem, geschichtetem, verschiedenartigem Sandstein, in den dünneren Zwischenlagen auf der Oberfläche verwittert.

1 viereckiger Reibstein, ein fast ganz regelmäßiges vierseitiges Prisma, 2 1/2 Zoll in jeder quadratischen Grundflächenseite und 4 Zoll hoch, aus altem Sandstein (?), mit glatten, natürlichen Flächen. Der Stein scheint noch nicht gebraucht zu sein, ist aber jedenfalls eine seltene Bildung.


Schmuck aus Bernstein.

2 Ohrbommeln aus Bernstein, durchbohrt, die eine in Form eines breiten Keils (im Besitze des Herrn Mann), die andere in Form eines stumpfen Streithammers (im Besitze des Vereins durch Geschenk des Herrn Mann).


7. Geräthe aus Thon.

Töpfe.

Topfscherben von Krügen, innen und außen mit fein geschlämmtem Thon überzogen, nicht sehr dickwandig. In einer Scherbe vom Boden eines Gefäßes scheinen Reste von Speisen oder Fett schwarz fest gebrannt zu sein.


8 a . Geräthe aus Knochen und Horn.

1 Hirschhorn zur Streitaxt vorgearbeitet. Das untere Stück einer Hirschhornstange, 8 1/2 Zoll lang, ist zu

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einer Streitaxt vorbereitet. Am Ende ist die Stange rund umher bis in den Kern abgekeilt und dann abgebrochen; die Rose ist völlig abgekeilt und die Augensprosse sorgfältig abgenommen und die Fläche schön geebnet. Jedoch ist die Bohrung noch nicht angefangen.

1 Streitaxt aus Hirschhorn, ein äußerst seltenes und vollendetes Stück. Die Axt ist 13 Zoll lang und aus dem dicken, untern Ende eines starken Hirschhorns gebildet. Die äußere Rinde ist sorgfältig abgenommen, die beiden Enden und der Ansatz des untern Geweihendes sorgsam geebnet und das ganze glatt polirt. Das Beilende ist wohl etwas abgeschrägt, aber am Ende doch abgestumpft. Das Schaftloch, 1 1/4 Zoll weit, ist sehr regelmäßig und glatt gebohrt.

1 Streitaxt aus Hirschhorn. Die Axt scheint aus der Hornspitze eines Gabelhirsches gebildet zu sein; sie besteht aus einem 4 Zoll langen Stück der Hauptstange und dem vorletzten, kurzen, nach innen gekrümmten Ende; die Hauptspitze ist abgekeilt oder abgebrochen. Das spitze Ende ist ganz geglättet, aber an der Wurzel vielfach angearbeitet oder angenagt; die Gabelung ist auch glatt ausgeschliffen. Das Geräth könnte eine andere Bestimmung, als zu einer Axt, gehabt haben, wenn nicht das regelmäßig gebohrte Schaftloch von 1 Zoll Weite dagegen spräche; jedoch ist die Axt leider in der Mitte des Schaftloches durchbrochen und daher unvollständig.

1 abgekeiltes Hirschhornende, 1867 von Herrn Secretair Fromm eingetauscht.

1 Diadem (?) von zwei Eberhauern, welche sowohl durch ihre Größe, als durch ihre Bearbeitung sehr merkwürdig sind. Es sind 2 außerordentlich große, wenig gekrümmte Hauer von einem wilden Eber, rechte und linke

Diadem
Vorderansicht. - Halbe Größe.

Seite, in grader Linie 6 1/2 Zoll (16 Centim.) und im äußern Umfange 9 Zoll (21 Centim.) lang und an der Wurzel 1 1/4

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Zoll (3 Centim.) breit; der eine ist an der Wurzel etwas abgebrochen und erscheint daher kürzer. Die Hauer sind zu dünnen Schalen sehr regelmäßig gespalten und an der innern Seite und an den Rändern geebnet und geglättet, ohne grade scharf oder spitz zu sein. Die Email der Außenseite ist bis auf sehr geringe Reste abgefallen. Legt man die beiden Hauer mit ihren Wurzelenden zusammen, so erhält man ein großes Diadem von sehr guter Form, den schönen Diademen der Bronzezeit und der Altgriechen äußerst ähnlich.

Diadem
Seitenansicht. - Halbe Größe.

Es ist also sehr wahrscheinlich, daß beide Wurzelenden durch irgend ein Bindemittel, z. B.Wachs, zusammengefügt gewesen sind, um einen Kopfschmuck zu bilden. Hiefür spricht noch, daß die Schalen möglichst dünne ausgehöhlt und die Ränder und Spitzen, wenn auch geglättet, doch nicht scharf sind, die Hauer also nicht gut zu Schneide= oder Stechwerkzeugen gedient haben können; vorzüglich entscheidend ist aber der Umstand, daß jeder Hauer kurz vor der Spitze in einem sehr regelmäßigen Loche durchbohrt ist. Diese beiden Löcher können nur zu Bindelöchern und die durch die Löcher gezogenen Bänder oder Schnüre nur dazu gedient haben, den Schmuck um den Kopf zu befestigen und im Nacken festzubinden. - Auch in dem von mir so genannten "Autochthonen=Begräbnisse" von Plau, in welchem bei einem sehr merkwürdigen Menschenschädel nur Geräthe und Schmucksachen aus Knochen lagen, welche auf ein sehr hohes Alter deuten, fanden sich zwei gespaltene, aber lange nicht so gut gearbeitete Eberhauer, welche an der Außenkante regelmäßige halbmondförmige Ausschnitte haben, zwischen denen kronenartige Zacken stehen geblieben sind, also sicher auch zum Kopfschmuck gedient haben; vgl. Jahrb. XII, S. 400. - Herr Kammerrath Strunk zu Kopenhagen schreibt: "Hier im Museum werden auch seit mehreren Jahren ein Paar Hauzähne von einem Wildschwein aufbewahrt, welche auch gleich denen von Wismar durchbohrt sind, aber etwas weiter von den Spitzen entfernt".


8 b . Geräthe aus Holz.

1 Wurfschaufel von Holz, ein sehr merkwürdiges Geräth, welches wieder ganz fest und hart getrocknet, aber in außerordentlich viele Stücke zerbrochen und gespalten ist.

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Das Schaufelblatt ist von hartem Holz, welches wellig getrocknet und geborsten ist. Die innere Fläche desselben ist ziemlich regelmäßig gehöhlt; die äußere Fläche ist convex abgerundet und in ziemlich derben, schmalen Flächen überall abgekeilt, wie es scheint in der Breite eines sogenannten Schmalmeißels aus Feuerstein. Die mittlere Dicke des Blattes mißt 1/2 bis 3/4 Zoll, das Stielende ungefähr 1 Zoll.

Daneben ist ein Stiel aus "weichem", jetzt leichtem Holz gefunden. Es lassen sich jetzt noch die Bruchstücke in einer Länge von 3 1/2 Fuß (100 Centim.) zusammenlegen; es fehlen jedoch wohl manche Stücke, da die Enden nicht alle zusammen passen. Das Holz ist überall bearbeitet und geebnet. Die Stange ist nicht rund, sondern hat jetzt einen elliptischen Durchschnitt; sie verjüngt sich nach dem Ende hin bedeutend und hat jetzt ungefähr in der Mitte eine Breite von 2 Zoll (4 3/4 Centim.)


10. Pflanzenreste.

An Pflanzenresten fanden sich in der Tiefe auch 3 ganz schwarz gefärbte, große, hutförmige Pilze (Polyporus igniarius), "Feuerlöcherschwamm", "unächter Feuerschwamm", der sich an verschiedenen Laubbäumen, z. B. Weiden und Eschen, findet, nach der Bestimmung des Herrn Lehrers Brockmüller zu Wölschendorf, jetzt zu Schwerin. Der eine Pilz ist sehr groß und breit, 7 Zoll im Durchmesser und 3 1/2 Zoll hoch; der zweite ist in mehreren großen Knollen übereinander aufgetrieben, 4 bis 5 Zoll im Durchmesser und 6 Zoll hoch; der dritte ist gewöhnlich, 4 Zoll im Durchmesser und 3 Zoll hoch. Diese Pilze werden uralt sein, da sie von den noch wachsenden Exemplaren abweichen: sie sind hart wie Holz und auf der Oberfläche ganz schwarz; vorzüglich aber unterscheiden sich der zweite und dritte dadurch von den jetzigen, daß die äußere Haut glänzend ist. Diese Pilzart findet in neuern Zeiten eigentlich keine Verwendung zu Feuerschwamm (Polyporus fomentarius), kann aber in alten Zeiten immer zur Erhaltung des Feuers benutzt sein. Auch im Pfahlbau von Münchenbuchsee bei Bern ward dieser Feuerschwamm gefunden; Dr. Uhlmann nennt ihn Boletus igniarius (vgl. Uhlmann in Keller's Drittem Bericht über die Pfahlbauten, S. 99). Auch sonst in Meklenburg ward in

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einem Torfmoor zu Gressow bei Wismar (nicht weit von Gägelow) ein solcher großer, schwarzer, glänzender Pilz neben mehreren abgekeilten und angearbeiteten Hirschhornenden gefunden (vgl. oben S. 186).


11. Tierknochen.

Säugethiere.

Rind (Bos taurus).

1 Schädel mit beiden Unterkiefern, von einem jungen Rinde, welches durch einen Schlag mit einer Axt oder Keule auf die Stirne geschlachtet ist; das Stirnbein ist in der Mitte eingeschlagen und gespalten und an den Ränden des Loches eingedrückt. "Ein Schädel von einem jungen, männlichen Thiere, von ungefähr 1 bis 1 1/2 Jahren Alter, der Primigenius=Race angehörend, die ersten unzweifelhaften Reste eines männlichen Rindes im Wismarschen Pfahlbau". (Rütimeier.)

1 linker Unterkiefer.

1 rechter Unterkiefer.

1 abgeschlagener Hornzapfen von einem großen Thier, ähnlich wie Rütimeier Tab. II, Fig. 4, Primigenius=Race.

2 Hornzapfen=Spitzen, wahrscheinlich zusammengehörend, anscheinend sehr alt.

1 abgeschlagenes Horn von einem ganz jungen Thier.

7 Beinknochen verschiedener Art von einem erwachsenen Thier, alle zerschlagen.

3 Beinknochen von einem Kalbe, alle vollständig.

Schaf (Ovis aries).

3 verschiedene Beinknochen.
2 Ellenbogenstücke (Ulna, beide zusammengehörend.

Ziege (Capra hireus).

1 Schädel mit beiden Hörnern und dem rechten Ober= und Unterkiefer; das Gesicht fehlt;

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1 Hinterhauptbein;
1 rechter Unterkiefer;
6 Beinknochen, ganz erhalten;
3 Beinknochen, zerschlagen;
1 Fußknochen;
5 Rippen;
"alle Beinknochen und Rippen allem Anschein nach von 1 oder 2 Individuen, im Allgemeinen von kleiner Statur, aber nicht verschieden von unserm Hausthier". (Rütimeier.)

Schwein (Sus scrofa).

2 Beinknochen (Os metatarsi), völlig erhalten.
1 Eberhauer, stark abgewetzt.

Hirsch (Cervus elaphus).

12 Beinknochen, verschiedener Art (Femur, tibia, radius, os metatarsi), von verschiedenen Thieren, z. B. 6 Mittelfußknochen, davon 4 gleich und 2 schwächer, alle vollständig, mit Ausnahme von 2, welche an einem Ende zerbrochen sind.

2 Ellenbogenknochen (ulna), zusammengehörend.
3 Fersenbeine (calcaneus), davon 2 zusammengehörend.
3 Fußknochen.
16 Rippen, vollständig.

Reh (Cervus capreolus).

1 Gehörn, 2 Hörner mit Schädelstücken, zusammengehörend.

Pferd.

3 Schädel, alle ohne Gesicht, davon 2 größere, von denen der eine noch mit dem Oberkiefer und der andere mit beiden Unterkiefern; der dritte ist sehr klein.

Mehrere Pferdezähne.

Hund (Canis fami1iaris).

1 Hundeschädel der kleinsten Urrace (im Besitze des Herrn Mann).

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Biber (Castor fiber).

1 Schädel mit Unterkiefer (im Besitze des Herrn Mann),
1 Beckenknochen und
1 Schulterknochen (im Besitze des Vereins).

Ratte (Mus rattus).

Die in Jahrb. XXX, S. 71 beschriebenen, als in dem Pfahlbau gefundenen, ganz verkohlten Knochen einer Hausratte sind nach ihrer Beschaffenheit aus innern Gründen falsch (vgl. oben). Im Sommer 1866 sind aber, erweislich im Torf, die beiden Unterkiefer einer Ratte gefunden, welche größer sind, als die früher gefundenen verkohlten Unterkiefer der Hausratte, also wahrscheinlich von einer Wanderratte stammend. Aber diese zuletzt gefundenen Unterkiefer sind schneeweiß ausgebleicht und wahrscheinlich in jüngern Zeiten von einem Raubthiere verschleppt worden. - Es ist also das Vorkommen der Ratte im Pfahlbau nicht erwiesen.


Fische.

Hecht (Esox lucius).

1 Hecht=Kopf, fast in allen Gräten vorhanden. Hervorzuheben ist, daß auch der Hechtkopf von der ersten Ausgrabung, Jahrb. XXX, S. 76, zu welchem sich späterhin noch viel mehr Gräten gefunden haben, unzweifelhaft ächt ist.


Amphibien.

Schildkröte.

1 Schildkröte, vollständige Schalen, genau wie die früher gefundenen, vgl. oben (im Besitze des Herrn Mann).


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12. Menschenknochen.

1 Menschenschädel von einem erwachsenen Menschen, beim Ausgraben zerbrochen, in 6 Bruchstücken des Oberhauptbeines.

Viele verschiedene Menschengebeine, "alle durch Wasser reichlich erodirt" (Rütimeier), namentlich:

1 linker Oberschenkel eines "erwachsenen, vielleicht alten, weiblichen" Menschen (Schulze);

1 linker Oberschenkel eines erwachsenen Menschen;

2 Oberschenkel eines erwachsenen Menschen, Bruchstücke, leider an beiden Enden abgebrochen;

1 Oberschenkel eines erwachsenen Menschen, eben so an beiden Enden abgebrochen;

1 Schlüsselbein eines erwachsenen Menschen;

2 Oberarmbeine eines erwachsenen Menschen, beide am obern Ende abgebrochen;

1 Nackenwirbel;

3 Rückenwirbel von einem erwachsenen Menschen und

3 Rückenwirbel von einem jungen Menschen; alle Rückenwirbel sind sehr morsch und spröde und scheinen durch gelindes Feuer ausgedörrt zu sein, sind aber noch nicht verkohlt.

 


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Pfahlbau von Wismar.

D. Funde vom Jahre 1867.


5. Pfahlholz.

In dem schwarzen Moor ward auch am Hornstorfer Ende nicht weit vom festen Lande (nordöstlich am "Dorsteen") viel Holz gefunden. Das Holz (Weichholz aller Art) aus den obern Schichten ist hellbraun und fest und offenbar verhältnißmäßig jung und auf der fest gewordenen Torfschicht gewachsen. Jedoch fanden sich in der Tiefe mehrere Pfahlstücke, welche schon halb vermodert und schwarz von Farbe waren. Von Bedeutung sind:

2 Pfahlenden, welche unten zugespitzt, und
2 Pfahlköpfe, welche oben stark verkohlt sind.


6. Geräthe aus Stein.

Keile.

1 Arbeitskeil aus grauem Feuerstein;

1 Arbeitskeil aus grauem Feuerstein, Bruchstück;

1 Streitkeil aus rauchbraunem Feuerstein, Bruchstück: das Beilende;

1 flacher Keil aus Diorit;

(alle im Besitze des Herrn Mann).

1 Keil aus grauem Feuerstein: Bruchstück, das Bahnende, roh bearbeitet, jedoch vollständig zugerichtet, aber noch nicht geschliffen, wohl ein Beweis, daß die Keile an der Fundstelle gemacht wurden.

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Schleifsteine.

1 Schleifstein oder Reiber aus dunkelgrauem Thonstein, 4 1/2 Zoll lang, 2 1/2 Zoll breit und 2 Zoll hoch, zum Reiben bestimmt, auf den obern Flächen mit ursprünglichen, abgescheuerten Bruchflächen, auf der untern Seite vollständig, regelmäßig und offensichtlich durch Gebrauch glatt abgerieben.


Feuersteinspäne (Messer).

1 regelmäßiges Messer, aus grauem Feuerstein, wie Jahrb. XXX, S. 34 (im Besitze des Herrn Mann);

1 regelmäßiges Messer, aus grauem Feuerstein, mit Schlagansatz, durch Gebrauch abgenutzt.


Feuersteinsägen.

1 große Säge und
1 kleine Säge, wie Jahrb. XXX, S. 36,

(beide im Besitze des Herrn Mann).


Reibsteine.

3 Reibsteine aus feinkörnigem Granit, wie Jahrb. XXX, S. 41, von denen zwei stark und rundlich abgerieben, jedoch noch mit einigen natürlichen Bruchflächen, einer erst wenig gebraucht.

1 Reibstein aus feinkörnigem Granit, von linsenförmiger Gestalt, ungefähr 4 1/2 Zoll im Durchmesser und in der Mitte gegen 3 Zoll, hoch, überall, selbst an der Kante, ganz glatt geschliffen. Diese Steine, immer von gleicher Größe und Beschaffenheit, sind schon hin und wieder vorgekommen, jedoch ist die Bestimmug derselben noch nicht erkannt.


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7. Geräthe aus Thon.

Von thönernen Geräthen ward nur gefunden:

1 grobkörnige, dicke Scherbe von einem großen Wirthschaftstopf und

1 Bodenstück von einem kleinen, dünnwandigen, feinkörnigen, feinen Gefäße, welches vier kleine, durchbohrte Löcher hat, also wohl von einem siebartigen Gefäße stammt.


10. Pflanzenreste.

1 Haselnuß.

Räucherwerk.

Auf der Torfmoorwiese fand ich neben dem gegrabenen und ausgeworfenen Pfahlbauholz ein rundliches, braunes Stück, welches beim ersten Anblick einem Feuerschwamm ähnlich zu sein schien. Bei schärferer Betrachtung ergab es sich, daß es ein fest gekneteter, wohlriechender Harzkuchen oder "Räucherkuchen" war. Dieser Harzkuchen, welcher fast zur Hälfte vorhanden ist, 8 Loth oder gut 1/4 Pfund schwer, hat eine runde, platt gedrückte, fast scheibenförmige Gestalt gehabt, 4 Zoll im Durchmesser und 2 1/4 Zoll dick, und erscheint auf der Oberfläche geglättet, im Bruch geknetet, von dunkelbrauner Farbe, der Braunkohle ähnlich. Die Masse brennt, wenn sie angezündet ist, durchweg gleichmäßig und ununterbrochen bis gegen das Ende mit sehr heller Flamme und giebt einen starken, angenehmen, harzigen Geruch von sich, der dem der gewöhnlichen Räucherkerzchen ähnlich ist; der Rückstand, so lange er noch warm ist, gleicht flüssigem Theer. Kleine Bruchstücke sind schon früher in Meklenburg in Todtenurnen mit zerbrannten menschlichen Gebeinen auf heidnischen Grabstätten zu Malchin und Wotenitz (vgl. Jahrb. XXV, S. 256) gefunden, welche in ausgeprägter Weise der ältern Eisenzeit angehören. Zu Tägarp in Schweden wurden 14 Harzkuchen gleicher Art, also wahrscheinlich ein Handelsvorrath, gefunden, von denen mehrere im Museum zu Lund aufbewahrt werden. Auch in Dänemark sind diese Räucherkuchen ("Rögelsekuger") oft gefunden. Nach den Mittheilungen des Herrn Kammerraths Strunk zu Kopen=

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hagen sind bisher in Torfmooren gefunden: 5 in einem Moor auf Falster, 1 zu Holte auf Seeland, 1 zu Jägerspriis auf Seeland, 1 zu Sengelöse auf Seeland, 2 zu Herstedvester auf Seeland; vor kurzem hat noch der Baron Zütphen=Adeler zu Adelersborg auf Seeland in einem Moor viele solcher Räucherkuchen aufgestapelt gefunden. Alle diese Funde können aber für die Zeit nicht entscheidend sein. Wichtiger ist ein Fund, der zu Pederstrup auf Seeland gemacht ist. Hier wurden in einem Hügel in einer Urne mit zerbrannten Menschengebeinen gefunden: 3 geschlagene Späne von Feuerstein, von denen der Eine wie ein "Schraper" zugehauen, eine stark oxydirte Nadel von Bronze und ein Messer von Bronze. Außerdem fand sich in der Urne ein Bruchstück eines Räucherkuchens von 4 1/6 Zoll Länge. Dieses Bruchstück stammt also ohne Zweifel aus der Bronzeperiode, und zwar wohl aus der ältern Zeit derselben. Dieses Räucherwerk ist wahrscheinlich derselbe Kitt oder Harz, mit welchem die durchbrochenen Bronzen der ältern Bronzezeit ausgelegt sind, wie ich in den Jahrb. XXVI, S. 146 und 148 angezeigt habe. Diese Auslegung wird immer häufiger beobachtet. So sind vor kurzem in Meklenburg 1866 zwei Bronzedosen bei Klues und 1867 ein großer Doppelknopf bei Slate gefunden, welche mit diesem Kitt ausgelegt sind. Auf Fünen sind vor nicht langer Zeit 3 Bronzeschwerter von ausgezeichneter Arbeit gefunden, welche eben so ausgelegt sind. Nach chemischen Untersuchungen besteht die Grundmasse dieser Räucherkuchen aus Birkentheer, vielleicht vermischt mit Bernstein. In Gräbern der Steinzeit ist diese Masse bisher noch nicht gefunden. So viel scheint aber festzustehen, daß diese Räucherkuchen sicher bis weit zurück in die Bronzezeit reichen.

11. Thierknochen.

Thierknochen, ganz und zerschlagen, wurden sehr viele gefunden, viele in der obern Schicht, hellbraun von Farbe, jung, - viele von dunkelbrauner Farbe in der untern Moderschicht, namentlich alle zerschlagenen, meistentheils von großen Thieren, Rind und Hirsch. Bemerkenswerth sind folgende. Es sind im Sommer 1867 auf einem kleinen Raume über 100 Thierknochen gefunden. Von diesen sind etwa 30 in der obern Torfschicht gefunden und alle ganz hellbraun von Farbe und alle vollständig, nicht zerschlagen,

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also jung. Sie gehören wohl zwei Rindern an. Die übrigen Knochen sind in der untern Moderschicht gefunden, alle von verschiedenen Thieren, dunkelbraun an Farbe und fast alle zerschlagen, mit Ausnahme einiger Kinnladen vom Rind und einigen Schenkeln und Schienbeinen vom Hirsch.

Säugethiere.

Rind (Bos taurus).

Es sind viele Knochen gefunden, welche sicher dem Rinde angehören.

Sehr bemerkenswerth sind aber die Reste vom

Urstier (Bos primigenius),

welcher in den Meklenburgischen Pfahlbauten zum ersten Male gefunden ist. Es ist dies das linke Horn von einem sehr großen Thier, welches nach den Bruchrändern offenbar ursprünglich, zur Zeit der Pfahlbauten, mit einem Stück der Stirn abgeschlagen ist. Es ist schwärzlich von Farbe und sehr schwer und eines der größten Exemplare, die in Meklenburg gefunden sind. Es wird zur Zeit der Pfahlbauten in das Wasser gekommen sein, da die Farbe sehr dunkel ist; die wahrscheinlich noch ältern Schädel aus der ersten Postdiluvialzeit sind alle schon heller und oft etwas "versteinert". Der halbmondförmig gekrümmte Hornzapfen ist gegen 6 Pfund schwer und in grader Richtung 14 Zoll und in der äußern Krümmung 24 Zoll lang. Die Spannweite der beiden Hörner auf dem Schädel mag gegen 3 1/2 Fuß betragen haben. Einige Rückenknochen und zerschlagene Schenkelknochen mögen diesem Thier angehört haben. Es ist dieser Fund offenbar ein Beweis, daß der wilde Bos primigenius auch in Meklenburg zur Zeit der Pfahlbauten des Steinalters noch lebte.

Daneben ward der obere Theil eines zerschlagenen Oberschenkelknochens gefunden, welcher dieselbe schwarze Farbe hat, auch auf den Bruchflächen, zum Beweise, daß dieser Knochen schon zerschlagen ins Wasser gefallen und nicht erst beim Ausgraben zerbrochen ist.

Schwein (Sus scrofa).

3 Kinnladen, mit stark abgeschliffenen Zähnen.

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Hirsch (Cervus elaphus).

Mehrere Beinknochen, namentlich Schienbeine.
1 abgekeiltes Geweihende.
1 Bruchstück von einem Ende.

Reh (Cervus capreolus).

3 Rehhörner.
1 Schienbein von einem jungen Thier.

Hund (Canis familiaris).

1 Unterkiefer von dem ältesten, kleinen Pfahlbauhunde.
2 Vorderzähne, von einem größern Thier.


12. Menschenknochen.

1 Oberschenkelknochen.

 

Vignette
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Anhang I.


Pfahlbau der Steinzeit von Gägelow,

von

G. C. F. Lisch.

Der letzte ausgegrabene Moder aus dem Pfahlbaumoor von Gägelow bei Wismar ist im J. 1865 auf den Acker gefahren und ausgestreuet. Hiemit hat denn die letzte Untersuchung statt gefunden, und es ist also ferner von dieser Stelle keine Ausbeute mehr zu erwarten, es sei denn, daß an dem Rande des jetzigen Gewässers einmal weiter in die Tiefe gegraben werden sollte. Der Herr Seidenschnur zu Gägelow hat beim Ausstreuen des Moders sorgfältig Obacht gehabt und noch folgende Gegenstände gefunden, welche er am 18. October 1865 persönlich in Schwerin überreicht hat:

2 Reibsteine aus altem Sandstein, beide sehr charakteristisch;

1 Stein, zum Reibstein vorbereitet;

1 spanförmiges Messer aus Feuerstein, abgenutzt;

2 Stücke Lehm, an der obern Seite glatt und roth gebrannt, an der untern Seite rauh und schwarz, wahrscheinlich vom Feuerherd;

1 Stück Lehm, grau, wahrscheinlich von der Hauswand;

viele Topfscherben, darunter ein Bodenstück von einem sehr kleinen schwarzen Gefäß.


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2. Alter Schafschädel

von

Woosten,

von

G. C. F. Lisch.

Der Herr Kahl zu Neu=Wandrum schenkte einen merkwürdigen, von Moder ganz schwarz gefärbten, uralten Thierschädel mit beiden Unterkiefern und ein kleines Stück auf der Haarseite zusammengeklapptes Fell. Der Schädel mit Zubehör ist 10 Fuß tief zu Woosten am Ufer des Goldberger Sees in einem Moor von dem verstorbenen Förster Nebel zu Sandhof gefunden und von diesem auf den Herrn Kahl übergegangen.

Auch in dem Pfahlbau von Wismar ward ein noch fester, ganz gleicher Schädel mit der braunen Farbe der Pfahlbauknochen gefunden, welchen Herr Professor Rütimeier für vollkommen identisch mit dem heutigen Graubündner Schafe, also dem Pfahlbauschafe, erklärt. Diese alte, kleine, gehörnte Race ist nun durch diesen Fund von Woosten nicht allein im Pfahlbau von Wismar, sondern auch weit davon entfernt an einer andern Stelle vertreten.

Rütimeier schreibt brieflich über diesen Schädel von Woosten Folgendes. "Schädel, vom Schaf, ebenfalls vom Typus unsers Graubündener Schafes, aber mit vollkommen cylindrischen Hörnern. Der Schädel war im Torfwasser erweicht und ist nun an der Sonne oder sonst beim Trocknen auf die merkwürdigste Weise zusammengeschrumpft und wie feuchter Carton beim Trocknen in allen Richtungen verkrümmt, so z. B. das Hinterhauptbein (occiput) hinter den Hörnern tief eingeknikt. Merkwürdig ist die Erhaltung der Weichtheile, vollkommen in der Art von Mumienköpfen. Am Unterkiefer ist noch das Unterhauptzellgewebe erhalten, selbst Stücke vom Fell mit Haaren, welche, wohl in Folge des Liegens im Torf, rostroth gefärbt sind. Selbst die Kehlfalte zwischen den Unterkieferhälften, mit inliegendem Zungenbein, ist noch mit rostrothen Haaren besetzt. Die beiden Unterkieferhälften sind

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von der Hand des Metzgers von der Symphyse schief abgeschnitten. Sehr auffällig ist der Zustand der Zähne; sie waren offenbar auch vollkommen erweicht und sind jetzt gefaltet und zusammengeschrumpft, vornämlich in ihrem Körper, während das Cement wie eine lose Hülle den Zahnbeinkern umgiebt. Ich glaube nicht, daß dieser Uebergang des Schädels in einen vollkommenen Mumienzustand grade eines sehr langen Zeitraums bedürfe, allein ich gestehe, eine solche Alteration durch natürliche Verhältnisse noch niemals zu Gesicht bekommen zu haben". - Das Erdreich der Gegend von Goldberg, auch an den Ufern des Sees und in Wiesen, ist an vielen Stellen stark schwefeleisenhaltig, so daß dort bekanntlich ein wirksames Heilbad hat angelegt werden können.


3. Urstier (Bos primigenius),

von

G. C. F. Lisch.

In den Sammlungen zu Schwerin befinden sich zwei obere Backenzähne vom wilden Urstier (bos primigenius), welche in Meklenburg gefunden sind, deren Fundort aber nicht angegeben ist. Sie sind schwärzlich von Farbe, also im Moder gefunden, und nach Rütimeiers Urtheil von ganz ungewöhnlicher Größe. Sie sind selbst größer als die gleichen Zähne in dem Riesenschädel von Toddin (in den Schweriner Sammlungen), welcher gewiß einer der größten ist, welche es giebt.


4. Fossile Menschenknochen

aus dem Seegrund der Pfahlbauten von Wismar vgl. oben, Funde vom Jahre 1865, Schluß.

G. C. F. Lisch.     


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5. Höhlenwohnungen von Roggow.

Fortsetzung von Jahrb. XXXI, S. 55, Nr. 4.

Am 3. Septbr. 1866 war der Herr Justizcanzlei=Director a. D. v. Bülow aus Schwerin zu Roggow bei Neu=Bukow und der Herr v. Oertzen auf Roggow ließ für denselben in seiner Gegenwart eine der "Höhlenwohnungen" oder "Feuerstellen der Pfahlbaubewohner" aufgraben. Es fanden sich bei dieser Aufgrabung ganz genau wieder dieselben Verhältnisse und Alterthümer, welche in den Jahrb.a. a. O. geschildert sind. Der Herr v. Bülow hat die gefundenen Alterthümer mitgebracht und dem Verein übergeben.

Der Herr v. Bülow berichtet dabei Folgendes.

"Die See hat neuerdings das hohe Ufer des Gutes Roggow noch weiter unterwühlt und zeigte sich in diesem Ufer etwa 3 Fuß unter der Erdoberfläche eine Reihe etwa einige Ruthen von einander entfernter Kohlenschichten, welche etwa 2-8 Fuß lang waren, je nachdem der Abbruch des Ufers nur den Rand oder auch die Mitte der alten Feuerstellen bloß gelegt, oder auch dieselben fast gänzlich vernichtet hatte.

Die aufgegrabene Feuerstelle zeigte ganz dieselbe Beschaffenheit, wie die in den Jahrbüchern von 1865, S. 123-128, und von 1866, S. 53-57 näher beschriebenen sogenannten Höhlenwohnungen. Auf dem etwa 6 Fuß im Durchmesser haltenden Estrich von Lehm lag eine etwa einen halben Fuß hohe steinharte Kohlen= und Aschen=Schicht, in welcher sich einzelne Holzkohlen, Eindrücke von Rohrhalmen und viele, offenbar zerschlagene, weiße und mürbe Thierknochen fanden. An der nordöstlichen Seite entdeckten wir die Spuren eines Herdes in einer Schicht von kleinen, offenbar vom Feuer angegriffenen Granitsteinen, und an dieser Stelle auch viele grobkörnige, rauhe Scherben von Gefäßen zum häuslichen Gebrauche, alle sehr dickwandig und mit grobem Granitgrus durchknetet. Die Mehrzahl der Scherben zeigt fast gar keine runde Schwingung und müssen die Gefäße daher sehr groß gewesen sein. Einige Scherben sind sehr vom Feuer geröthet, andere fast gar nicht: ein Zeichen, daß die großen Gefäße fest und unbeweglich den Kochherd umstanden und nur an der einen, dem Herde zugekehrten Seite vom Feuer berührt wurden. Zwischen den Scherben fühlte sich

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die Erdmasse öfter etwas fett und schmierig an (Küchendünger?).

Wahrscheinlich hatten die Urbewohner dieser Gegend auf ihren, im sicheren Busen des Salzhaffs liegenden Schiffen gelebt, und am Ufer ihre mit Rohr bedachten Feuerstellen gehabt. Pfähle sind bisher im Salzhaff nicht vorgefunden; man wird aber dort vielleicht zweckmäßig nach den Spuren verbrannter und versunkener Schiffe forschen.

Herr von Oertzen hatte die Güte, mir einige Proben der bei dieser Nachgrabung aufgefundenen Spuren früherer Ansiedelung, zur Benutzung für den Verein, mitzugeben. Es befinden sich darunter:

1) Stücke der auf dem Estrich liegenden Kohlenschicht;

2) zerschlagene Thierknochen;

3) einige Steine des Kochherdes;

4) Gefäßscherben, darunter eine mit Fingereindrücken am Rande, und eine andere mit einer Wölbung am oberen Rande".

Schwerin, den 25. März 1867.

C. Ch. von Bülow,     
Canzlei=Director a. D.   

 


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Anhang II.

1.

Pfahlbau der Eisenzeit von Vimfow * ),

von

Dr. Wiechmann Kadow.

1.

Als ich im October des verflossenen Jahres erfuhr, es sei ganz kürzlich auf dem 1 1/4 Meile von Goldberg entfernt, an der Goldberg=Crivitzer Landstraße belegenen Gute Vimfow, Eigenthum des Klosters Dobbertin und Pachtung des Herrn R. Jürgens, beim Moderausfahren in bedeutender Tiefe ein altes Grab mit vielen Urnen und eichenen Pfählen aufgedeckt worden, kam ich sofort auf den Gedanken, ob es sich hier nicht eher um die Ueberreste menschlicher Wohnungen als um ein Begräbniß handele, und diese Vermuthung haben die angestellten Forschungen völlig bestätigt. Der Pfahlbau von Vimfow ist von nicht geringem Interesse für die Alterthumskunde und verdient eine eingehende Betrachtung.

Der die Pfahlwohnungen tragende kleine See oder Teich, der im Sommer 1865 ausgetrocknet war und sich deshalb als eine Wiesenniederung darstellte, befindet sich


*) Diese Abhandlung ist in der Mecklenburgischen Zeitung vom 9. Febr. 1866, Nr. 34, zuerst veröffentlicht und wird hier mit Erlaubniß des Herrn Verfassers wieder abgedruckt. Ich begleite dieselbe mit einigen antiquarischen Bemerkungen, welche für eine Zeitung zu ausführlich gewesen sein würden, da der Herr Verfasser während der Aufgrabung mit mir in ununterbrochenem Verkehr darüber gestanden und die von ihm gefundenen Alterthümer dem Vereine geschenkt hat. Die größeren Gefäße hat der Verein noch nicht erhalten können, sondern befinden sich zur Zeit noch in Vimfow.     G. C. F. Lisch.
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hinter dem Hofe Vimfow, nicht weit von der Augziner Grenze, zwischen einst bewaldeten Hügeln versteckt. Der Flächeninhalt der jetzigen Modergrube beträgt einige 80 Quadrat=Ruthen, doch ist die Größe des Teiches in alter Zeit weit beträchtlicher gewesen, indem durch das fortdauernde Beackern allmälig eine Verkleinerung eintreten mußte, so daß die südliche Wand der Grube eine ehemalige Wohnung zur Hälfte bedeckt.

Die Tiefe der geleerten Modergrube betrug in der Mitte 16 Fuß; die Tiefe nimmt jedoch nach den Ufern hin nach und nach ab und schwankt dort zwischen 6 und 8 Fuß. Was die Lagerverhältnisse der Niederung anbelangt, so bestand der Inhalt zunächst aus einer 1 bis 1 1/2 Fuß dicken Schicht Dammerde; unter dieser folgte theils dunkelbrauner, kurzer Torf, theils gelblichbrauner, faseriger Pflanzenmoder von meist blätteriger Beschaffenheit, welche Masse auf einem Untergrunde von blaugrauem Thon (Schindel) ruht. Unter diesem Schindelgrunde, auf den die schweren Hausgeräthe hinabgesunken sind, findet sich eine dünne Sandschicht und unter derselben abermals ein Torflager.

In dem kleinen Weiher haben wenigstens drei Pfahlbauwohnungen gestanden, während eine vierte Wohnung sich am Ufer befand, und jetzt, wie schon bemerkt, zum Theil noch von der einen Wand der Modergrube bedeckt ist. Wenigstens sind an drei verschiedenen Orten Pfahlfundamente gefunden, die wahrscheinlich mit einander in Zusammenhang standen. Leider ist von diesen Bauten nur der eine, fast in der Mitte des Teiches gelegene, zur Untersuchung gekommen, während die anderen bereits vernichtet waren, so daß ihre Stelle nur durch die auf dem Grunde liegenden Steine des Herdes bestimmt ist. Die Pfähle des beobachteten Hauses standen in einem Kreise von etwa zwölf Fuß Durchmesser, und zwar so, daß der obere Theil derselben sich etwas nach innen hinübergebogen hatte. Die Pfähle 1 ), deren Länge ich leider nicht zu bestimmen vermag, sind von verschiedener Stärke, einzelne 4 Zoll stark, andere schwächer; sie sind aus Eichenholz gefertigt und weit besser erhalten, als die der Wismarschen Pfahlbauten, welche von so weicher Beschaffenheit sind, daß sie vielfach mit zu Torf verarbeitet werden. Einige erhaltene Stücke zeigen lehrreich, wie die


1) Das zahlreiche Pfahlholz ist unten zugespitzt und gelblich=grau von Farbe. Mehrere Pfähle sind oben verkohlt. Das Holz, welches noch ziemlich fest und faserig und hell von Farbe ist, ist offenbar viel jünger, als das Pfahlholz von Wismar, welches beim Aufgraben ganz schwarz und als Moder erscheint.       G. C. F. Lisch.
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Pfähle am unteren Ende geschickt zugespitzt sind; auch von anderen breiteren und stärkeren Hölzern, welche, da sie Spuren von Bearbeitung an sich tragen und in der Tiefe liegen, zu dem Pfahlbau gehören werden und vielleicht als Verbandholz gedient haben, kommen mehrfach Bruchstücke vor. Dagegen stammen die in den oberen Schichten des Moderlagers befindlichen Baumstämme aus jüngerer Zeit und sind vielleicht vom Ufer in das Wasser gestürzt. Außerdem lag überall und in großer Menge angebranntes und mehr oder weniger verkohltes Holz, so daß man wohl zu der Annahme berechtigt ist, auch die Pfahlbauten von Vimfow seien durch Feuer zerstört. Im Innern des eben bezeichneten Pfahlfundaments standen neben zerbrochenen Scherbstücken drei vollständige und ganz gerettete thönerne Gefäße, welche die Torfpflanze (Sphagnum) mit der Zeit gefüllt und so im Moderlager unversehrt erhalten hatte. Sie waren nicht bis auf den Thonboden durchgesunken, standen also höher als die Steine, von denen schon geredet ist. Diese Steine von mäßiger Größe - der größte etwa 1 Fuß lang und breit bei 6 bis 8 Zoll Dicke - werden einen kleinen Feuerherd gebildet haben, wie denn auch ein kalkhaltiges Gestein die Einwirkung des Feuers zeigt. Besonderes Interesse erregen die Reste einer am Ufer gelegenen Wohnung, welche nur theilweise bloß gelegt ist, theilweise noch durch die südliche Wand der Grube verdeckt wird. Hier fand man auf dem Schindelgrunde einen anscheinend runden, von kleinen platten Steinen sauber gelegten Damm, dessen Fugen mit Granitgrus und Lehm ausgefüllt sind. Neben diesem Damm, theils noch auf demselben, zeigte sich eine mitunter mehr als einen Fuß starke Schicht von feinem, grauweißem Sande, welche wohl den Fußboden gebildet hat, der Reinlichkeit wegen oft erneuert und dann als Kehricht hinter die Wohnung geschüttet ward. Eine solche Aussandung ist auch in einem Pfahlhause von Wismar beobachtet, während Herr Ritter auf Friedrichshöhe bei Rostock einen ähnlichen Steindamm in der Nähe eines Wasserloches, in dem sich gleichfalls Pfahlbauten befunden haben werden, an drei verschiedenen Stellen entdeckte. Ueberhaupt darf man wohl annehmen, daß die Pfahlbauern neben ihren Pfahlbauten auf dem Wasser Wohnungen am Ufer besaßen, in denen sie größere Thiere schlachteten und deren Fleisch bereiteten, in denen sie Brot backten, kochten u. s. w., während sie sich zur Nacht in ihre sicheren Pfahlbauten zurückzogen. Die schwereren Steingeräthe, als die Quetschmühle mit den Reibsteinen und

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die Schleifsteine, sind bei dem Damme am Ufer gefunden und ließen sich an diesem Orte auch viel verkohlte Holzstücke, sowie ausgebrannte Holzkohlen (von Eichen=, Ulmen= und Tannenholz) beobachten.

Wir gehen jetzt zu den gefundenen Geräthen über und behandeln zunächst die

Geräthe aus Thon.

Der Fund von Vimfow spricht klar für die von Lisch vorgeschlagene Theilung der heidnischen Thongefäße in zwei Classen: in Töpfe und Krüge. Erstere, die Lisch Koch=, Aufbewahrungs=, Wirthschafts= und Wassertöpfe nennt, sind hier groß, roh gearbeitet, ohne Verzierung, meistens gehenkelt und sehr dickwandig; ein Bodenstück ist 1 Zoll stark. Das Material ist, wie immer in der Heidenzeit, Thon, den man mit zerstampftem Granit durchknetete, während zum Ueberzug fein geschlämmter Thon verwendet wurde. Von dieser Gattung thönerner Gefäße sind viele Bruchstücke, häufig mit dem starken Henkel, zu Tage gekommen 2 ), aber auch einen unversehrten Topf von bedeutender Größe hat uns der Pfahlbau geliefert, ein treffliches Stück Alterthum. Derselbe mißt 10 1/2 Zoll in der Höhe, 7 Zoll in der Oeffnung, 9 1/2 Zoll in der Bauchweite und 4 1/2 Zoll in der Basis; der Bauchrand liegt oben, auf seinem Obertheile befinden sich zwei starke Henkel; der schmale auswärts gebogene Rand ist 1 Zoll hoch.Die Farbe des Topfes ist braun; seine Gestalt ist ganz die der Vorrathstöpfe 3 ), welche heutigen Tages in den ländlichen Wirthschaften zur Aufbewahrung von Obstmuß und eingekochtem Fleisch benutzt werden. Daß solche gehenkelte Töpfe auch als Tragetopf oder (in plattdeutscher Mundart) sêlpot (d. i. ein Topf [pot], der an einem Seile [sêl] getragen wird), gebraucht wurden, hat uns gleichfalls der Vimfower Fund dargethan, indem derselbe eine gehenkelte Scherbe geliefert hat, in deren Henkel sich noch ein Fragment des umgeschlungenen

Henkel
Ganze Größe.

2) An die Sammlungen des Vereins sind geschenkt: 14 verschiedene starke Bodenstücke, 28 verschiedene Randstücke, 30 starke Henkel und Henkelstücke.
3) Diese Wirthschaftstöpfe werden in allen Perioden des heidnischen Alterthums ziemlich gleich gewesen sein, während die feinen "Krüge" und "Urnen" der verschiedenen Perioden sich scharf von einander unterscheiden.
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Bandes befand, an welchem der Topf getragen ward 4 ). Das Band von der Dicke eines starken Bindfadens ist aus gedrehtem Rindenbast gearbeitet und zwar, wie ein kundiger Forstmann behauptet, aus dem Bast der Ulme; das erhaltene Stück ist 1 1/2 Zoll lang.

Die Krüge und Näpfe des Pfahlbaues von Vimfow sind viel sorgfältiger gearbeitet, als die stärkeren Töpfe. Das Material ist auch hier der mit zerstampftem Granit oder Sand durchmengte Thon, aber die Masse ist weit feiner und durch Ruß schwarz gefärbt, namentlich der Ueberzug, so daß die Gefäße außen glänzend schwarz erscheinen. Von dieser Art Thongeräth sind zwei sehr schöne Exemplare, ein Krug und ein Trinkbecher, vorhanden. Der Krug, dessen Gestalt sich wohl als niedrige Vasenform bezeichnen ließe, hat eine Höhe von 7 Zoll, ist in dem Halse, der durch zwei Ränder, einen einwärts und einen auswärts gehenden, gebildet wird, 4 1/2 Zoll weit, im Bauche 7 Zoll, in der Basis 3 1/4 Zoll. Der Bauchrand liegt nach oben; Verzierungen fehlen. Der Trinkbecher 5 ) - so glaube ich das kleine, wie eine Obertasse geformte Gefäß nennen zu können, - hält bei einer Höhe von 3 Zoll in der Oeffnung

Trinkbecher
1/4 Größe.

4) Der Verein hat dieses im getrockneten Zustande etwas aufgelöste Bastseil für die Jahrbücher hieneben in Holzschnitt abbilden lassen.
5) Dieser Becher ist in den Besitz des Vereins gekommen, während alle übrigen und größeren, erhaltenen Gefäße sich noch in Vimfow befinden.
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3 Zoll, im Bauche 4 Zoll und in der Basis knapp 1 3/4 Zoll; er hat einen leider abgebrochenen Henkel, dessen obere Hälfte mit dem glatten Rande verläuft. Das für seine Größe dickwandig zu nennende Gefäß hat eine leicht eingegrabene Verzierung von parallelen Schräglinien, welche in Zickzackform um den Becher laufen. Die Linien, je drei bis fünf zusammen, bilden auf diese Weise Dreiecke, die oben und unten durch eine Linie begrenzt sind; in jedem Dreiecke stehen drei Punkte in Kleeblattform und unter der unteren Grenzlinie sind gleichfalls drei Punkte neben einander an den Vereinigungsstellen der Schräglinien angebracht. Diese Verzierung ist ganz ähnlich wie bei den im Friderico-Francisceum, Taf. VI, Fig. 11 und 12, abgebildeten Urnen von Sparow oder wie bei der in den Jahrbüchern des Vereins für Meklenburg. Geschichte, XII, S. 429, Nr. 1, und auf vorhergehender Seite abgebildeten Urne von Pritzier. Fast dieselbe Verzierung zeigen Fragmente von mehreren vasenförmigen Krügen, während auf einem anderen Bruchstück ein Ornament aus Andreaskreuzen vorkommt. Was die schwarze Farbe der feineren Gefäße anbelangt, so ist dieselbe chemisch untersucht worden; es fehlte aber jede Spur von Blei, welches Metall v. Santen in dem Ueberzuge schwarzer Urnen aus der Eisenzeit gefunden hat; vielmehr stellte sich der färbende Stoff als ein sehr kohlenstoffhaltiger dar und wird man daher den Ruß wohl als Färbemittel festhalten müssen. Die Menge der in den Pfahlbauten zu Vimfow vorhandenen Thongefäße muß sehr groß gewesen sein, wie die Masse Scherben beweis't. Unter den nach Schwerin gesandten Bruchstücken fand Lisch 12 Bodenstücke, 12 verzierte schwarze Randstücke und 12 nicht verzierte schwarze Randstücke, theils mit Henkeln. Und wie viel Stücke sind mit dem Moder ausgefahren! Es bleibt noch zu bemerken, daß in den beiden größeren Gefäßen ein kleiner, einige Zoll großer Stein am Boden gelegen hat; vielleicht sollte der Stein ein leichteres Sinken des Topfes beim Wasserschöpfen bewirken.

Geräthe aus Stein.

Der Pfahlbau hat uns die eine Hälfte einer aus feinkörnigem Granit gearbeiteten Quetschmühle 6 ) geliefert,


6) Eine Quetschmühle, aus feinkörnigem grauen Granit, ist dem Anscheine nach nur in halber Länge vorhanden, erst wenig, aber in der ganzen Oberfläche und glatt ausgerieben, durchschnittlich 10" lang, 15" breit und 5" dick.
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wie solche in den Jahrbüchern des Vereins f. Meklenb. Geschichte mehrfach beschrieben und in Jahrb. XXX, S. 41, abgebildet ist. Ob die Quetschmühle, die nur flach ausgehöhlt ist, schon durchgebrochen war, oder ob dies durch die Arbeiter geschehen, kann ich nicht entscheiden: der Stein ist ungewöhnlich dünn. Auch zwei Reibsteine 7 ) sind gefunden, von denen der eine (aus Granit) noch seine natürlichen Bruchflächen zeigt. Ein solcher zum Quetschen des Getreides benutzter Reibstein ist in Jahrbüchern XXX, S. 41, dargestellt. Dann sind zwei große Schleifsteine 8 ) zu erwähnen, Platten aus hartem, rothem und grauem "alten Sandstein", die beide Spuren der Benutzung zeigen. Aehnliche Schleifsteine haben die Wismarschen Pfahlbauten geliefert, und werde ich auf deren Verwendung nochmals zurückkommen. Ganz eigenthümlich sind zwei fast ganz abgerundete kleine Steingeräthe von der Form eines Dambrettsteines 9 ). Der größere aus Thonschiefer mißt 1 3/4 Zoll im Durchmesser und ist fast 1/4


7) Die Reibsteine sind:
1 Reibstein aus altem grauen Sandstein, oval und flach, wie die Schweizerischen Reibsteine, 4" lang, 3 1/2 " breit und 2" dick.
1 Reibstein aus altem grauen Sandstein, mehr kugelförmig, durchschnittlich 3" im Durchmesser, mit mehrern natürlichen, noch nicht angeriebenen Bruchflächen.
1 Sandstein, den Reibsteinen ähnlich, jedoch noch nicht gebraucht.
8) Zwei Schleifsteine zum Schleifen von Feuersteingeräthen, beide von "altem rothen Sandstein" und nur an einer breiten Seite glatt geschliffen, nämlich:
1 Schleifstein von hellrother Farbe, vollständig, durchschnittlich 16" lang, 10" breit und 3 1/2" dick;
1 Schleifstein von dunkelgrauer Farbe, dem Anscheine nach nur in halber Länge vorhanden, durchschnittlich 8" lang, 10" breit und 4 1/2" dick.
Die schweren Schleifsteine u. s. w. lagen bei einander auf dem Sandfußboden auf dem Grunde. Die Töpfe standen höher im Moder.
9) Spielsteine oder Knöpfe? Es sind in dem Moor von Vimfow mehrere kleine Steine gefunden, welche entweder zum Spielen (für ein Brettspiel oder für Kinder) oder auch zu eingenäheten Knöpfen gedient haben, nämlich:
1 glatte Platte von feinem, silbergrauem Glimmerschiefer, rund, am ganzen Rande umher künstlich abgerundet, 1 1/4" im Durchmesser, 3/16" dick; die Platte ward in einem der erhaltenen Töpfe gefunden;
1 glatte Platte von grauem Thonschiefer, rund, am ganzen Rande umher künstlich abgerundet, 1 3/4" im Durchmesser;
1 dünnes viereckiges Stück von grauem Glimmerschiefer, 1 1/2" groß, noch nicht bearbeitet;
1 fast halbkugeliger, auf der untern Fläche glatter, anscheinend geschliffener Feuerstein, 1 3/4" im Durchmesser, ungefähr 1" hoch.
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Zoll stark, während der kleinere aus Glimmerschiefer etwas über einen Zoll im Durchmesser hat und ein wenig dünner ist. Ob diese Steine zu einem Spiele für Erwachsene gehören, ob sie Kinderspielzeug sind, läßt sich nicht entscheiden, und will ich nur darauf hinweisen, daß Brettsteine von ähnlicher Form aus Elfenbein in einem römischen Funde von Gr. Kelle bei Röbel gefunden sind.

Knochen.

Leider sind mir bis dahin nur zwei Knochen aus dem Pfahlbau von Vimfow zu Gesicht gekommen, und zwar vom Schaf (ovis aries), nämlich ein Schulterblatt und eine Fußwurzel, letztere von einem jungen, aber starken Thiere. Die Bestimmung rührt vom Herrn Professor Blasius in Braunschweig her. Die Knochen sind lichtbraun 10 )) gefärbt und ohne Zweifel alt. Hoffentlich werden sich in dem bereits gestreuten Moder noch Knochenstücke auffinden lassen.

Haselnüsse.

Obschon ein großer Theil der in der Modergrube zu Vimfow gefundenen Haselnüsse der neueren Zeit angehört, so wurden doch auch mehrere Nüsse in der Tiefe beobachtet und unter diesen einige sorgfältig aufgeschnittene und mit Moder gefüllte Schalen 11 )). Sie sind dem Pfahlbau zuzuweisen.

Schluß.

Das ist meines Wissens Alles, was aus dem Pfahlbau von Vimfow bis heute ans Licht gefördert worden, und ist namentlich zu beklagen, daß man nicht ein einziges schneidendes Werkzeug 12 )) aufgefunden hat. Das gänzliche


10) Die hier gefundenen Knochen sind sehr hellbraun gefärbt, während die Knochen aus den Pfahlbauten der Steinperiode wenn auch sehr verschieden, doch immer viel dunkler von Farbe sind.
11) Haselnüsse sind auch gefunden.
Merkwürdig ist eine Nuß, welche 1 1/2 Fuß über dem Boden zwischen Kohlen in einer Moderwand steckte. Aus der Schale ist an der einen Seite sehr regelmäßig ein längliches Loch herausgeschnitten, wozu ein scharfes Messer gehört haben muß. Die Nuß gleicht daher einem kleinen Kahn und kann wohl nur ein Kinderspielzeug gewesen sein. Das Innere ist noch mit Moder gefüllt.
12) Es ward jedoch in dem Pfahlbau von Vimfow ein abgespaltenes Stück Feuerstein gefunden, einem Feuersteinspan ähnlich, jedoch etwas dicker und nicht scharf, mit 2 glatten Spaltflächen, 4" lang.
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Fehlen solcher Werkzeuge erschwert sehr die Bestimmung der Zeit, welcher unser Pfahlbau angehört, jedoch bieten die Thongefäße glücklicherweise hinlänglich Anhaltspunkte für eine solche Bestimmung dar. Die schwarz gefärbten Krüge und Näpfe mit ihrer geringen Basis, dem hochliegenden Bauchrande, den Verzierungen in Zickzackform, mit ihrem ganzen Charakter gleichen den in Jahrbuch XII, S. 429, besprochenen Urnen der ältesten Eisenperiode 13 ), welche Lisch nach den neuesten Entdeckungen (Jahrb. XXVI, S. 161 flgd.) bis zur Geburt Christi zurückzudatiren geneigt ist. Nach den Thongefäßen zu urtheilen gehört also der Pfahlbau von Vimfow der ältern Zeit der Eisenperiode an; Pfahlbauten aus diesem Zeitalter sind bisher in Deutschland nicht aufgedeckt. Mit dieser Annahme stehen auch die gute Erhaltung des Pfahlwerkes und die lichtere Färbung der Knochen im Einklang, und nur die beiden oben besprochenen Schleifsteine scheinen auf eine frühere Periode hinzudeuten. Jene Schleifsteine aus Sandstein sind nämlich, wie schon die dänischen Alterthumsforscher vor Jahren nachgewiesen, zum Schleifen der Steingeräthe (Aexte, Beile, Keile u. s. w.) benutzt worden; sie sind, wie ich selbst versucht, viel zu hart, um Werkzeugen aus Eisen eine Schärfe zu geben. Es ist aber wahrscheinlich, daß die Steingeräthe, vielleicht einzelne Arten, noch in der Wendenzeit gebraucht wurden, wenn auch selbstverständlich das Eisen vorherrschte, und will ich hier darauf hindeuten, daß in dem im J. 1138 zerstörten Alt=Lübeck neben den verschiedensten Gegenständen auch einige Feuerstein=Waffen gefunden sind. Indessen ist es auch möglich, daß die Schleifsteine einer älteren Periode angehören. Die Quetschmühle kann der obigen Zeitbestimmung nicht hindernd in den Weg treten, denn solche war bei uns bis zur Zeit des Christenthums in Gebrauch, wie sie noch jetzt in der Wallachei und von den Creolen in Venezuela benutzt wird.

Die Alterthümer von Vimfow sind von Herrn Jürgens=Vimfow in anerkennenswerther Weise der Sammlung des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde


13) Ich muß ausdrücklich hinzufügen, daß diese dünnen Krüge und Urnen von einer gewissen, feinen Thon= und Sandmischung, von gleichmäßig dunkelschwarzer, glänzender Farbe und schräge liegenden, graden Verzierungslinien nach sehr zahlreichen Beobachtungen in Meklenburg bestimmt und ausschließlich der ältern Eisenzeit angehören. - Die Schleifsteine aus altem rothen "Sandstein" sind dagegen nur in den Gräbern und Pfahlbauten der Steinzeit beobachtet.     G. C. F. Lisch.
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zu Schwerin überlassen, und richte ich an alle meine Standesgenossen die Bitte, den Modergruben und Torfmooren auch in Bezug auf die Pfahlbauten ihre Aufmerksamkeit schenken zu wollen. Denn die Pfahlbauten und Gräber allein sind es, die uns sichere Kunde geben können von den Völkerschaften, die in grauer Vorzeit unser schönes Meklenburg bewohnten.


2.

Nachträge.

Im Jahre 1866 sind auf der Feldmark Vimfow gleichfalls beim Moderausfahren in einer anderen Niederung, in der Nähe der früher ausgebeuteten, Reste menschlicher Wohnungen, oder wenigstens Pfahlbaureste, beobachtet worden. Herr R. Jürgens berichtet darüber, daß die zum Theil starken Holzstücke hier wie auf einander geschichtet gelegen haben, auch sind zahlreiche Scherben von Thongefäßen der gröberen Art gefunden, und unter diesen einige, welche auf einen außergewöhnlichen Umfang (bei entsprechender Stärke) schließen lassen.


Bei dieser Gelegenheit will ich noch Folgendes über den 1. Fund von Vimfow bemerken. Daß diese Gegend von Mestlin und Vimfow im Alterthum eine gut bevölkerte gewesen ist, läßt sich aus den zahlreichen Gräbern und alten Geräthen urtheilen, welche hier vorkommen, und hat Herr Förster Kobow zu Mestlin in seinem nahe der Lenschower Grenze gelegenen Pflanzgarten einen "Wendenkirchhof" von nicht geringer Ausdehnung entdeckt. Auch auf den an Vimfow grenzenden Ackerstücken des Gutes Kadow werden vielfach wendische Urnenscherben ausgepflügt. Die nächste Nachbarschaft der Vimfower Fundstätten war also auch in der Wendenzeit bewohnt, und man dürfte in ihnen wohl Pfahlbauten vermuthen. Dagegen sind das Fehlen aller schneidenden Werkzeuge und Waffen, wie das sparsame Vorkommen von

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Thierknochen sehr bedenklich, und bin ich deshalb häufig auf die von meinem verehrten Freunde Lisch aufgestellte Vermuthung zurückgekommen, ob es sich in Vimfow vielleicht um einen Wasserplatz handelt, d. h. also um einen Teich, der mit Brücken versehen, wahrscheinlich auch etwas befestigt war, und aus dem die Bewohner ihren Wasserbedarf entnahmen. Freilich weiß ich alsdann die in einem Kreise von gut 12 Fuß Durchmesser stehenden Pfähle, die sauber geschichteten Steinmassen, die ich für den Feuerherd halte, den runden Damm mit der Masse grauweißen Sandes nicht genügend zu erklären, aber unsere Kenntnisse von solchen Wasserplätzen sind noch sehr schwach. Es ist zu bedauern, daß die Modergrube zu Friedrichshöhe bei Rostock, von der in Jahrb. XXIII, S. 276 und XXIV, S. 265 gehandelt, nicht näher untersucht ist, denn es scheint, als ob dort ähnliche Verhältnisse wie in Vimfow obgewaltet haben.

Schließlich noch die Erklärung, daß die vollständig erhaltenen Töpfe von Vimfow bis dahin nicht an die Vereins=Sammlung abgeliefert werden konnten.

Wiechmann.     

 


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Pfahlbauten 1 ) von Sternberg und Ruchow,

vom

Justizcanzlei=Director a. D. v. Bülow zu Schwerin.

Die Richtigkeit der gleich nach Entdeckung der Schweizer Pfahlbauten verkündeten, auf gewichtige Gründe gegründeten Vermuthung des um die vaterländische Geschichte und Alterthumskunde hochverdienten Herrn Archivraths Dr. Lisch bestätigt sich jetzt, nachdem dadurch das Auge der Forschung geschärft worden, durch immer neue Entdeckungen.

I.

So z. B. liegt auf einer Insel im Wustrower See bei Sternberg ein höchst interessanter Pfahlbau klar zu Tage. Die gedachte Insel ("Werder"), ungefähr 120 Schritte lang und 40 Schritte breit, befindet sich ungefähr in der Mitte des Wustrower Sees in der Längenrichtung von Westen nach Osten und ist mit demselben zur Zeit an den Fischer Possehl in Sternberg verpachtet. Die Insel erhebt sich nur 1 bis 3 Fuß über den Seespiegel und besteht aus einem Untergrunde von Kalk und Sand, welcher hie und da mit einer leichten Torfdecke überzogen ist. Die hohen Ufer des Sees beweisen, daß er früher einen höhern und


1) Der Herr Canzlei=Director v. Bülow wünscht sehr die baldige Veröffentlichung dieses Berichts. Auf den ersten Blick scheinen "Pfahlbauten" entdeckt zu sein. Wenn man aber unter "Pfahlbauten" die Ueberreste ehemaliger Wohnungen aus der Heidenzeit in noch flüssigen oder zu Mooren gewordenen Wassern versteht, so kann ich den im Folgenden beschriebenen Ueberbleibseln menschlicher Thätigkeit die Bezeichnung von Pfahlbauten nicht zuerkennen. Meine folgenden Bemerkungen werden dieses Urtheil erläutern.     G. C. F. Lisch.
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größern Wasserstand gehabt hat, und es geht aus den über die Oberfläche der Insel zerstreuten unzähligen Muschelschalen deutlich hervor, daß die Insel, wenn sie auch eine seichte Stelle in der Mitte des Sees gebildet hat, doch vom Wasser überfluthet gewesen ist. Die Insel ist mit einem niedrigen Gestrüpp von Bruch=Weiden, Espen, Himbeeren u. s. w. bewachsen; doch hat der Fischer Possehl im letzten Jahre etwa ein Dritttheil des Bodens am östlichen Ende derselben zum Kartoffelbau urbar zu machen gesucht.

Da ich nun auf dieser Insel (bei ihrer Lage und in Berücksichtigung der benachbarten häufigen Kegelgräber) Pfahlbauten vermuthete, so ließ ich mich gestern von dem Knechte des Fischers Possehl in einem Kahne hinübersetzen. Sogleich bei meiner Landung fiel mir

1) auf dem urbar gemachten Theile der Insel eine viereckige, offensichtlich durch Kohlenstaub geschwärzte Stelle von etwa 20 Schritten Länge und 10 Schritten Breite auf, welche durch eine Reihe eichener Pfähle, (von denen noch 9 Stück etwa 1/4 bis 1/2 Fuß aus dem Boden hervorragten), umgeben war. Dabei lagen noch mehrere herausgezogene, unten zugespitzte Pfähle von 3 bis 6 Fuß Länge, von denen ich den kleinsten der Vereins=Sammlung eingesandt habe. Die Pfähle mögen früher 1/2 Fuß im Durchmesser gehabt haben; jetzt, da nur noch das Kernholz ("Splint") vorhanden ist, sind sie, insoweit sie sichtbar sind, nur noch ungefähr 2 Zoll dick. Ob sie früher abgebrannt waren, läßt sich nicht mehr erkennen, da sie nur bis zum Wasserspiegel abbrennen konnten, später aber, nach der Senkung des Sees, noch weiter verwittert sind. Zwischen den Pfählen 2 ) fand ich einige Gefäß=


2) Diese Alterthümer geben kein Zeugniß für heidnische Pfahlbauten. Die Gefäßscherben sind alle nur Reste von den bekannten "blaugrauen" Töpfen und Krügen des christlichen Mittelalters, anscheinend des 14. Jahrhunderts; der Pfahl besteht aus noch festem, schwerem Eichenholz, welches mit der eisernen Axt behauen ist; der Thierknochen hat noch eine ganz helle Farbe. Nach diesen Alterthümern kann man hier also nur eine mittelalterliche Wohnstätte oder Burgstelle vermuthen.
Die im folgenden Nachtrage zu I. beschriebenen, an einer andern Stelle der Insel gefundenen Alterthümer sind freilich etwas älter, jedoch für "Pfahlbauten" nicht alt genug.
Ich kann daher die Anlagen an dieser Stelle nur für Ueberreste eines Burgplatzes der neueren Zeit halten.     G. C. F. Lisch.
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scherben und einen Thierknochen, welche ich gleichfalls eingesandt habe. Etwa 10 Schritte von der nordöstlichen Ecke dieses Pfahlbaues und unmittelbar am Ufer waren noch etwa 6 Fuß von einander 2 Pfähle eingetrieben, worauf vielleicht ein Vorbau oder eine Brücke geruht hatte. - An diesem Ufer stand auch eine Bank von größern und kleinern Feldsteinen, unter denen sich mehrere gerundete befanden, welche zum Quetschen des Korns hatten dienen können. Nach Aussage des Fischerknechts hatten diese Steine größtentheils als Fundament zwischen den Pfählen gelegen und waren bei Urbarmachung des Bodens herausgenommen und aufgesetzt worden. Es sollen jedoch noch viele Steine unter der Oberfläche des Pfahlbaues sich befinden. Aber auch

2) der übrige, mit Gestrüpp bewachsene Theil der Insel ist voll Pfähle. Deutlich unterscheidet man darunter noch einen Pfahlbau von gleicher Länge und Breite, wie den erstgedachten, wobei noch 6 Pfähle im äußern Umfange und 8 Pfähle in zwei innern Reihen hervorragen.

Wahrscheinlich wird eine Nachgrabung leicht und ergiebig sein, da die Alterthümer nur wenige Fuß unter der Oberfläche liegen werden (und nach der ganzen beschriebenen Lage des Pfahlbaues zu vermuthen steht, daß er der Wohnsitz eines Stamm=Oberhaupts gewesen sein mag).

II.

Nicht minder ist bei der vor etwa 12 Jahren erfolgten Senkung des großen Ruchower Sees (bei der Pfarre) ein Pfahlbau zu Tage getreten, welcher am jetzigen Ufer des Sees, nur theilweise vom Wasser bedeckt, in einer Länge von 28 und einer Breite von 16 Fuß mittelst vier gerader Reihen von jedesmal 8 eichenen Pfählen sichtbar und nur zum kleinen Theile noch vom Wasser bedeckt ist. Dabei befindet sich auf der Landseite ein durch vier (je vier und sechs Fuß von einander stehende) Pfähle gebildeter viereckiger Vorbau. Die Pfähle, etwa von der Dicke eines halben Fußes und ungefähr 1/4 bis 1/2 Fuß aus dem Boden hervorragend, sind noch ganz wohl erhalten, was auch natürlich ist, da sie bis zu der erst vor einigen Jahren er=

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folgten Senkung des Sees von dem damals mindestens 8 Fuß höher belegenen Wasserspiegel bedeckt waren. Die Erstreckung dieses Pfahlbaues von dem frühern Seeufer beträgt ungefähr 45 Schritte.

Durch die vorgedachten Entdeckungen sind Pfahlbauten der Urzeit mindestens indicirt; weitere Nachforschungen und Nachgrabungen können freilich diese Vermuthungen erst zur Gewißheit erheben.

Schwerin, den 21. Mai 1867.

 


Nachtrag zu I.

Zur weiteren Untersuchung des auf einer Insel des Wustrower Sees bei Sternberg am 20. Mai d. J. entdeckten Pfahlbaues begab ich mich am 4. d. M. von hier dort hin, um in den beiden nächstfolgenden Tagen Nachgrabungen auf der gedachten Insel vorzunehmen. Der Fischer Possehl hatte mir dazu die Erlaubniß ertheilt, mit der Bedingung, daß ich das dort von ihm angelegte Kartoffelfeld schone. Leider traten einer gründlichen Nachforschung zwei Hindernisse entgegen, nämlich das stürmische Regenwetter und der Mangel an Arbeitern, da fast sämmtliche Einwohner von Sternberg mit der Heuärnte beschäftigt waren. Am 5. d. M. hinderte der Regen jede Untersuchung und am 6., bei fortdauernd nasser Witterung, konnte ich nur mit Mühe die Ueberfahrt nach der Insel und die Hülfe eines tüchtigen Arbeiters (außer dem Fischerknechte) erreichen.

Zur Nachgrabung wählte ich einen Platz auf dem nicht urbar gemachten, mit Gestrüpp bewachsenen Theil der Insel, wo 8 eichene Pfähle, in einer graden Reihe, und zwar in einer Entfernung von 3-4 Fuß, aus dem Boden hervorragten und woran sich auf der südöstlichen Ecke ein durch 8 sichtbare Pfähle gebildeter Vorbau zu schließen schien.

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Es ward zuförderst die gedachte Pfahlreihe entlang, und im anscheinenden Vorbau, eine etwa 4 Fuß breite und 3 bis 4 Fuß tiefe Rinne gegraben, so daß die eichenen Pfähle frei zu stehen kamen. Bei dieser Nachgrabung traf man, nach Hinwegräumung des Gestrüppes und einer 2 bis 3 Zoll dicken Schicht von losem, mit Muscheln vermischtem und mit Gras und Moos durchwachsenem Sande, schon den aus mürbem Kalk bestehenden Seegrund. Dieser Seegrund muß durch mehrfache Anschwemmungen gebildet sein, da sich in der Tiefe von 6 Zoll bis 2 Fuß mehrere Lagen unterscheiden ließen, welche durch eine etwa 1 bis 2 Zoll dicke Schicht von vermodertem Moos und Pflanzenwurzeln getrennt waren. Die eichenen Pfähle steckten auch noch in der Tiefe von 4 Fuß im Boden fest; - sie waren unten, wo das an den Splint sich lagernde Holz zwar mürbe, aber noch nicht vergangen war, rund und etwa 5 bis 6 Zoll dick. Zwischen diesen eichenen Pfählen fanden sich aber beim Nachgraben noch ziemlich viele, größtentheils noch mit Rinde versehene Pfähle von Weichholz (besonders Birken und Erlen), welche beim Graben abbrachen; - ähnliche Rundstämme, auch dicke Haselstöcke, fand man in horizontaler Linie unter der Oberfläche, - wahrscheinlich die Reste eines früheren Packwerks oder Knüppel=Rostes.

Werthvolle Geräthe aus Stein, Bronze und Eisen sind freilich, obwohl ich noch an mehreren Stellen bei hervorragenden Eichen=Pfählen den Seegrund 1 Fuß tief habe umhacken lassen, nicht gefunden; - dagegen entdeckte man an mehreren Stellen, wo der Boden ein wenig eingesenkt war, doch manche unzweifelhafte Spuren der Bewohnung dieses Pfahlbaues durch die Urbevölkerung der Vorzeit, - besonders 3 ):


3) Diese Alterthümer sind zwar etwas älter, als die oben beschriebenen, immer aber verhältnißmäßig jung. Das Birkenholz ist noch ziemlich gut erhalten, wenn es Anfangs auch morsch war; die Rinde ist vollständig erhalten. Die zahlreichen thönernen Gefäßscherben sind, mit Ausnahme einiger wenigen, alle gleich: sie sind noch nach heidnischer Weise bereitet und alle mit concentrischen oder horizontalen Linien verziert, wie dergleichen auf allen bekannten Burgwällen der allerletzten heidnischen Zeit häufig vorkommen. Dazu stimmt auch der Spindelstein, welcher, noch nicht glasurt, offenbar in diese Zeit fällt. Die Thierknochen sind noch sehr hell. Das sogenannte "Stück Estrich" ist aber ein großes, zerschlagenes, viereckiges Stück Eisenschlacke, ungefähr 6 Zoll lang und 4 Zoll dick.
Ich kann daher diesen ganzen Platz nur für eine Burgstelle aus der letzten wendischen Zeit halten, der noch in den ersten (  ...  )
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1) mehrere interessante Topfscherben,
2) einen zerbrochenen Spindelstein,
3) mehrere zerschlagene Knochen,
4) ein Stück des Estrichs des Herdes,
5) einige Nussschalen. Eine verkohlte, anscheinend riesige Haselnuß zerbrach sofort bei der Besichtigung. Das Regenwetter verhinderte übrigens das Auffinden und die Untersuchung etwanigen Küchen=Moders.

Auch einzelne Kohlen wurden gefunden.

Steine fanden sich zwischen dem aufgegrabenen Pfahlwerke überall nicht; - doch fielen mir unter den hie und da auf der Insel umherliegenden Steinen 3 von bedeutender Größe auf, nämlich ein schwarzer Feuerstein, ein rother Feuerstein und ein Quarz=Block, von denen Stücke (vielleicht zur Anfertigung von Werkzeugen) abgeschlagen waren.

Weitere Nachgrabungen auf dieser Insel werden wenigstens das Resultat haben, daß man die Form der dort gestandenen Pfahlwohnungen, welche die ganze Insel bedeckt haben müssen, näher erkennen wird, - doch müßten diese Nachgrabungen wohl bald geschehen, damit nicht vorher das zu Tage liegende, eichene Pfahlwerk weggenommen wird. Der Herbst, wenn die Kartoffeln auf der Insel aufgenommen worden, möchte die geeignetste Zeit hierzu sein. Uebrigens hat sicherlich der vor 20 Jahren gesenkte See bei stürmischen Fluthen die ganze Fundschicht mit dem darauf liegenden Packwerke oder Knüppel=Roste von der Insel weggeschwemmt und nur den Seegrund mit den dort eingerammten Pfählen übrig gelassen. Reichere Entdeckungen sind also nur (abgesehen von einzelnen Funden in den Niederungen der Insel) wahrscheinlich, wenn man in der Umgebung der Insel das Seewasser mit der Bagger=Schaufel untersucht.

Schwerin, am 9. Juli 1867.

 



(  ...  ) Zeiten des christlichen Mittelalters bewohnt gewesen sein wird. Wenigstens stammen die erwähnten Alterthümer sicher aus den bezeichneten Zeiten.     G. C. F. Lisch.
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Alterthümer von Cambs, bei Schwaan.

Im Anfange des J. 1864 sandte der Herr Ritter auf Friedrichshöhe mehrere Alterthümer ein, welche in dem großen Torfmoor von Cambs bei Schwaan gefunden und ihm von dem Herrn Förster Prestin zu Letschow zur Beförderung eingehändigt waren. Diese Alterthümer sind:

1 Säge (oder halbmondförmiges Messer) aus Feuerstein, sehr groß, 7" lang;

1 Säge aus Feuerstein, 4 1/2" lang;

1 Streitaxt aus Hirschhorn; diese besteht aus einem nicht starken Hirschhornende, welches an der Spitze beilartig mit breiter Schneide zugespitzt und am dicken Ende mit einem ovalen Loche regelmäßig durchbohrt, aber in dem Loche zum Theil ausgebrochen ist. Das Ganze ist klein und zierlich, 7" lang und im Schaftloche nur 1 1/4" dick.

Schon im J. 1861 waren in demselben Torfmoor

3 Sägen aus Feuerstein, gegen 8", 6 1/2" und 5" lang,

gefunden und von dem Herrn Förster Prestin an die großherzoglichen Sammlungen eingeliefert.

Den Gerüchten zufolge sollen in diesem Torfmoor oft viele Knochen und Geweihe gefunden sein.

Wenn man nun das hinzurechnet, was nicht bemerkt, nicht zum Vorschein gekommen und unterschlagen sein mag, so möchte man fast auf Pfahlbauten schließen.

G. C. F. Lisch.     

 


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Pfahlbau (?) von Kahlenberg.

Zu Kahlenberg bei Wismar, ungefähr eine Stunde südlich von dem Pfahlbau von Wismar, ward in einem Torfmoor, in welchem schon sehr viel Pfahlholz und andere Gegenstände gefunden, aber verworfen sind, eine dunkelbraune Urne stehend gefunden, welche mit Haselnüssen ganz gefüllt und mit Birkenlaub bedeckt war. Diesen zuverlässigen Bericht hat der Herr Gutsbesitzer Fratzscher auf Kahlenberg gegeben. Die Urne ist leider zertrümmert und die Haselnüsse sind verschüttet. Der Herr Fratzscher hat jedoch noch einige Scherben von der Urne eingereicht; diese tragen den Charakter der feinern Gefäße aus der jüngern Steinzeit, und sind gleiche Scherben, neben denen von rohen Kochtöpfen, auch in den Pfahlbauten von Gägelow und Wismar gefunden.

G. C. F. Lisch.     

 


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Feuersteinsäge von Friedrichshöhe.

Auf dem Acker zu Friedrichshöhe bei Rostock, auf den der Moder aus dem großen Moderlager gebracht ist, in welchem sich 1857 sehr viele Reibsteine und Topfscherben fanden (vgl. Jahrb. XXIII, S. 276, und XXIV, S. 265), fand Herr Ritter im Herbst 1864 noch eine einfache Säge aus Feuerstein, nämlich einen derben, abgeschlagenen Feuersteinspan, gegen 4" lang und 1" breit, welcher an beiden Langseiten durch Auskerbungen gezahnt ist.

 

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