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III.

Beiträge

zur Geschichte der Stadt Röbel,

von

G. C. F. Lisch


D ie Stadt Röbel besitzt ein Urtheilsbuch 1 ) aus dem 16. und 17. Jahrhundert, das nicht allein für die Rechtsgeschichte von Werth ist, sondern auch einige Aufzeichnungen enthält, welche die Geschichte des Landes Meklenburg und der Stadt Röbel bereichern können.

Das Buch hat den Titel:

Ordelle Boeck
der Stat Rabel.

Ordelle vnnde Orpheydenn vor vnnd by vnnsen tidenn geschein, dorch Erhen Joachim Priperth vornygeth vnnd vmhmegescreuenn Anno domini 1545.

Der Verfasser Joachim Pripert war nach der Gedenktafel in der Kirche der Altstadt Röbel Prädicant und seit 1547 Pastor daselbst und starb 1557. Er war wohl der Reformator der Altstadt. In dem Visitations=Protocolle vom J. 1541 heißt es: "Er Joachim Priperde zu alten Robel predicant ist ein zimlicher gelerter fromer prediger, aber de oldesten vnd kerckgeschworen sagen, das er sich viele in weltliche handel mische, die sein Ampt nicht


1) Ich verdanke die Mittheilung des Buches dem Herrn Burgemeister Hermes zu Röbel.
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belangen, darumme er der kirchen nicht so woll mit predigen vnd ander diensten furstehenn kann, wie sichs wol eigent vnd gepuert". Die Abfassung des Urtheilsbuches giebt einen Beweis von seinem Streben nach vielseitiger Thätigkeit. Wahrscheinlich war er ein gebornes Röbelsches Kind, da in dem unten folgenden Urtheile über die Brandstiftung an der neustädter Pfarre vom J. 1539 ein Peter Priperth als erbgesessener Bürger in Röbel vorkommt.

Voran stehen zwei Urfehdenformeln für "Archgewann" und für "Missedaeth".

Dann folgt ein neuer Titel:

Desse hyr nageschreuen synth vmmhe erer myssedaeth tho Rabel myt rechte vorordelt vnde gherichteth wordenn.

Hierauf folgen Todesurtheile von 1479, 1495, 1507, 1510, 1511, 1512, 1514, 1515, 1517, 1519 und Todesurtheile und Urfehden bis 1545, von hier alle Todesurtheile und Urfehden von derselben Handschrift bis 1555, also wohl noch von Joachim Pripert geschrieben. Dann folgen von anderer Hand einige Urtheile und Urfehden von 1558 bis 1560, ferner einige Bescheide von 1639 bis 1643.

Nach den Urtheilen wurden z. B. 2 Male wegen Diebstahls Männer gehängt und 1 Mal ein Weib lebendig begraben, 3 Male wegen Zauberei Männer und Weiber und 2 Male wegen Blutschande und Sodomiterei Männer und Weiber verbrannt, 3 Male Männer wegen Gewaltthaten und 1 Mal ein Mann wegen Mord enthauptet, 1 Mal ein Mann wegen Mordbrand gerädert.

1. Die Feuersbrünste.

Eine eigene Aufzeichnung berichtet über die großen Stadtbrände in der Zeit von 1510 - 1536. Diese Nachricht giebt für das Bauwesen, die Lebensweise und die Polizei damaliger Zeit die wenig tröstliche Anschauung, daß in dem Zeitraume eines Vierteljahrhunderts vier große Brände wütheten, welche im Ganzen gerechnet zwei Male fast die ganze Stadt einäscherten. Die Aufzeichnungen darüber sind folgende:


Anno domini M. CCCCC. X. am dage Circumcisionis domini (Jan. 1.) brande aff by dem Closter de orth. Dat vur vorhoeff sich vnnd quam vth Gereke Schulteschenn Schune vth vorsume=

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niße der knechte vnd megede et cetera. Dominus nouit.


Anno domini M. CCCCC. X. des dinxtedahes in der stillen weke (März 26) brande aff de halue Stadt. Dat vur quam vth der dorbode vor dem hogendore, brande beth an den kerkhoff beth an Gorges Quakes huß, vnnd hadde de gantze Stath vth gebranth, me haddet ock nicht werenn kanenn, wat leyder don tor tidt vor schade schach, iß gade vnnd eyme jdernn wol bokanndt.


Anno domini M. CCCCC. XXV. in nocte sancti Gregorii pape (März 12.) is de Nye Stadt Rabell van deme Mollendore vt Engelberges Schune entspraten beth an dat oldensteder Dore gantz affgebranth myt Schunen vnd Hußern vnnd de gantze Olde Stadt affgebrant, dar nicht mere stande blef als Sunte Jurigens huß myt deme huße, dat dar by steyt, Sust bleft dar nicht mere stande, alleyne de kerke vnnd Capelle. Schach in dem jare vnnd in der nacht, wo hir bauen gescreuenn.


Anno domini M. CCCCC. XXXVI. des sonauendes vor 1 ) Symonis vnd Jude (October 28.) brande aff de gantze ordt van deme Markede an beth an dat oldenstader dore vnnd beth vp Achim Weltzyns orth beth an dath Mollendore, dath etliche weynige huße bestanden bleuen vnnd doch ßo toscharet, dat dar nicht vele annhe bleff, vnnd dyt vhur quam vth Greygerschen huße vp dem orde rechte jegen deme marckede, godt weth wor idt her quam. Acta et facta sunt hec die et anno vt supra.


2. Die Reformation auf der Neustadt.

Als der erste protestantische Prediger auf der Neustadt Röbel ist Joachim Kunicke im J. 1541 bekannt gewesen. Das Visitations=Protocoll vom J. 1541 sagt:


1) Das Wort "vor" wird irrthümlich gesetzt sein, da im J. 1536 der Tag Simonis und Judä auf einen Sonnabend fiel.
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"Robell. Die propsteien, beide den Predicanten ausgesetzt worden, haben e. f. g. sampt Iren bruder zu uorlihen.
Er Joachim Kunicke in der Newen stat Robell, Er Joachim Priperde zu alten Robell, sint beide fromme, gelerte menner.
Er Joachim Kunicke helt eine Cristliche, feine ordenunge in der kirchen, leret wol, lebt auch erlich vnd Cristlich, als die kerckgeschworen und eltisten von ime getzeugknuß gegeben".

Nach der folgenden Verfügung in dem Urtheilsbuche war aber schon im J. 1539 Nicolaus Francke, von dem Herzoge Heinrich verordnet, Prädicant zu Neu=Röbel. Er mochte wohl mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, da ihm im J. 1539 die Pfarre in Brand gesteckt und niedergebrannt war. Hierüber redet das folgende Verfahren vom 8. Novbr. 1539 im Urtheilsbuche.

Anno domini M. CCCCC. XXXIX
sabbato ante Martini.

Witlickenn ist deme rade vnnd gerichte der stadt Rabell, dat her Nicolaus Francke van vnseme g. h. hertogk Hinrich tho eyneme predicanten in der nyen stadt Rabell ys vorordenth vnd gesant worden, hefft Clawes Berlyns frowen vmmhe eyns arghgewaens, alßo dat ße ehm scholde de wedeme angesticken hebben, annemen vnnd in vnße stadt feste setthen lathen vnnd der stadt louen gedan myt erffseten vnser borger benomelichen Joachim Erthmer stathfaget, Drewes Brohme, Hans Gronynck, Clawes Scroder, Hans Magnus vnnd Peter Priperth, dat he wyl keyn vngelinp, sunder rechtlichen myt er handellenn, dar nha he tho vnsem gnedigen herenn hertogk Hinrick gereyset vnnd syner f. g. dyt vormeldet, ßo hefft syne f. g. aldar gesandt Asmus Bemen, den richter vth Brandenborgk, Johan Andreßen vnd Asmus Scroder, houethlude tome Wredenhagenn, myt forstlichem bovele, he de frowe scholde vorhoren lathen, wo de warheyt worde bofunden, ße me dar vmb scholde straffen lathenn, ßo hefft de richter angesehen, dat idt eyne arme frowe was vnnd er man gans kranck vnnd vele kleyne kynderen vorhenden weren, ist bewagen worden vnnd de frowe in stath synes landesheren

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losgegeuen vnnd vp frige fothe by eren krancken mhann vnnd ere kynderken wedder kamenn, vnnd de rath hefft de wedem wedder vp bwen mothenn vnnd ere vnd ereme manne eyn orpheyde doenn lathenn gelick wo hir nafolget, wente eyn rath vnnd de stadt hadde dar keyn donth mede.

3. Der Untergang des Dominikanerklosters.

Das Dominikanerkloster zu Röbel ward in der Zeit 1530 - 1540 säcularisirt (vgl. Jahrb. VIII, S. 118). Der letzte Prior war Thomas Lamperti, ein unwissender, arger Papist. Um ihn nach der Aufhebung des Klosters zu beschäftigen, hatte man ihm die Pfarren Nätebow und Leizen ("Klessen") bei Röbel zu verwalten gegeben. Aber schon im Visitations=Protokolle von 1541 wird klagend berichtet:

"Nedebow gehort den Prignitzen, Klessen gehort den Knuten zu uorleihen. Er Tomas Lamperten, prior zu Robel, hat diese beiden pfarren, ist ein vngelerter, vnuorstendiger, arger papist, versteht die heilige schrift selber nicht, furet ein unerlich leben".

Er soll, nach Latomus, im J. 1558 gestorben sein. Daß er im J. 1558 noch in Röbel lebte, geht aus der folgenden Gerichtsverhandlung hervor, nach welcher es in seinem Hause sehr unordentlich herging.

Anno domini 1558 am sonauende in der nacht hefft Thomas Lamperty, des closters Robell prior, in seiner schlafkammer etlich geld vnd ringe biß in die 16 fl. vorlohren, darumb ehr ßeinen diner Paulum Elßholdt, so by ehm vber der kamer geschlapen, solcher dadt bezichtiget, auch einen ersamen radt vnd gerichte vmb ire festunge gebeten vnd inen sagen lassen, Pauel ouerst wolde solcher dadt nicht gestendig sein vnd bogerte, do man inen setzen wolde, men scholde Trine Kowters auch neben ime setzen, denn se hette auch in der kamer geschlapen vnde wehre euen in demsuluen vordacht wie ehr. Alse men nuhn solchs ok nich afschlahen kunde, seind sie beide gesetzet worden. Alse se nuhn ouers beide gefencklich geholden worden, hefft entlick Paul vp de kunpstige middeweke herna offentlich bekendt vnd vthgesecht, dat Georg Pinnow by nacht=

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schlapender tidt vp einer leiter neben seinem bedde thom fenster ingestegen vnd heraf nha dem prior geghan vnd wehre vormudtlick, dat he solcker dadt worde schuldich sin. Alse ouerst ein ersamer radt vnd richter nha Georg Pinnowen frundlicher meininge, sick tho vorantwortende, gesendet, iß he vorfluchtich worden, vnd auer der stadt muhre am lichten dage gestegen. Dorumb, na deme he sick also der that vordechtig gemacket, seindt Paul Elßholdt vnd Trine Kowters vp gnugsame vorburgung vnd vereydung wedder leddig gelassen. Und seind die burgen sampt der orpheyde hernach vorzeichnet vnd aufgeschriebenn.

Burgen fur Paul: fur Trinen Kow:
Drewes Bradhering. Baltzar Panckow.
Thonius Stergard. Hans Stintman.
Hans Vos. Hans Kubow.
Merten Berch. Achim Fotow
Claus Dannel. Achim Godeke.
Peter Merten Glock.
Jochim Erich.

 

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