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c. Eisenzeit.


Wendenkirchhöfe

und

der Begräbnißplatz aus der Eisenzeit
von Camin,

von

G. C. F. Lisch.

Im J. 1837 deckte ich zu Camin bei Wittenburg einen großen Begräbnißplatz aus der Eisenzeit auf, welcher im Jahresber. II, S. 53 flgd. als "Wendenkirchhof von Camin" ausführlich beschrieben ist. Diese Aufgrabung war die erste bedeutendere aus der Eisenzeit, welche in Meklenburg, und vielleicht in noch weiterm Kreise, nach wissenschaftlichen Rücksichten veranstaltet ward. Die hier gefundenen zahlreichen Alterthümer sind vorherrschend aus Eisen, viele aber noch aus leicht gerosteter Bronze. Die weit geöffneten, schalenförmigen Urnen sind aber jene kohlschwarzen, mit mäanderähnlichen Punctlinien verzierten Grabgefäße, welche ich in Jahrb. XXVI, S. 161 der ältern Periode der Eisenzeit, also wohl noch der vorwendischen Zeit, zuschreiben zu müssen geglaubt habe. Ich habe in dem Jahresber. II. S. 53 flgd. diesen Begräbnißplatz nach den darin gefundenen eisernen Alterthümern einen "Wendenkirchhof" genannt. Eine neuere Entdeckung und Untersuchung wird aber die Bedeutung des Begräbnißplatzes in ein helleres Licht stellen.

In dem Kirchen=Visitations=Protocolle der Kirche und Pfarre zu Camin vom J. 1652 heißt es:

"Die Pfarre hat:

Acker, wie folgt:

1) ein stücke aufm wendischen Kirchhofe zwene Scheffel Einfall;
2) eben so 2 Scheffel;
3) eben so 2 Scheffel;"

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Es mußte nun von großer Wichtigkeit sein, diesen "wendischen Kirchhof" nachzuweisen. Ich wandte mich deshalb an den Herrn Pastor Clodius zu Camin, welcher auch willkommene Aufklärung hat geben können.

Der von mir im J. 1837 aufgegrabene Begräbnißplatz, dessen Aufdeckung noch bekannt ist und hin und wieder noch Alterthümer liefert, ist ein Sandhügel an einem Bache, seitwärts von dem Dorfe und der Kirche, rechts in dem Kniee des Weges von Camin nach Kogel, dort wo der Weg nach Vitow abgeht. Diese Stelle ist nun nicht der im J. 1652 beschriebene wendische Kirchhof, sondern wird von den Einwohnern die "Sandkoppel" genannt. Die Pfarre hat auf dieser Koppel nie Acker besessen.

Der "wendische Kirchhof", auf welchem nach dem Visitations=Protocolle von 1652 die Pfarre noch Acker besaß, ist dagegen eine ziemlich ebene, trockene Ackerfläche hinter dem Pfarrgehöft, links vom Boizenburger Wege, mehrere tausend Schritte von dem alten, aufgedeckten Begräbnißplatze entfernt und durch den Bach, durch Acker und durch den Boizenburger Weg davon getrennt. Hier hat die Pfarre noch jetzt Ackerstücke, welche noch in dem Erbpachtcontracte von 1771 als auf dem "wendischen Kirchhofe" liegend bezeichnet werden. Aus der Aufzählung der verschiedenen Ackerstücke in dem Protocolle von 1652 geht hervor, daß unter dem wendischen Kirchhofe nur diese Stelle verstanden werden kann. - Es kommt hier wieder dasselbe Verhältniß zum Vorschein, wie das in Jahrb. XXV, S. 248, angeführte Beispiel von Walkendorf, wo der wendische Kirchhof ebenfalls der Pfarre zugetheilt erscheint.

Aus diesen Verhältnissen geht nun sicher hervor, daß der im J. 1837 aufgedeckte Begräbnißplatz nicht mehr als wendischer Kirchhof in die Zeit der christlichen Geschichte Meklenburgs eingetreten ist, also einer früheren Zeit angehören muß, da jede Ueberlieferung über die Bedeutung des Platzes fehlte, dagegen die Stelle bei der Pfarre viele Jahrhunderte hindurch, ohne Zweifel seit der Gründung der Pfarre in den ersten Zeiten des Christenthums, bis auf die neuesten Zeiten den Namen des wendischen Kirchhofes beibehielt.

Es scheint also auch aus diesem Beispielen hervorzugehen, daß die Begräbnißplätze aus der Eisenzeit mit den schwarzen Urnen mit den Mäanderverzierungen, welche sich oft auch ferne von den jetzigen, früher wendischen Dörfern finden, einer frühern Zeit als der letzten wendischen Zeit angehören, während die noch heute so genannten Wendenkirchhöfe in der Regel

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nahe bei dem Pfarren und Kirchen der Dörfer, welche noch heute wendische Namen tragen, zu liegen pflegen.