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II. Zur Kunstgeschichte.


Ueber

eine in Leinen gestickte Altardecke

im

Kloster Ribnitz,

von

G. C. F. Lisch.

Mit einer Steindrucktafel.

Bei dem ehemaligen S. Claren=Kloster, jetzigen Damenstifte Ribnitz werden noch mehrere alte Stickereien und Webereien aus der katholischen Zeit aufbewahrt, welche nicht nur durch ihr hohes Alter, sondern auch durch die Schönheit der Zeichnung und Arbeit besondere Aufmerksamkeit verdienen. Unter denselben zeichnet sich eine schöne in Leinen gestickte Altardecke aus, welche auch durch die hineingestickten fürstlichen Wappen geschichtlichen Werth für Meklenburg hat.

In Lübek sind in den neuern Zeiten mehrere Decken von ganz gleicher Beschaffenheit wieder ans Licht gezogen und gewürdigt, und eine derselben, welche sowohl durch die eingestickten Darstellungen aus der Thierfabel von Reineke dem Fuchs, als auch durch die angebrachten Wappen sehr merkwürdig ist, ist in der Zeitschrift des Vereins für lübekische Geschichte und Alterthumskunde, Heft I, 1855, S. 122 flgd. besprochen und abgebildet. Da noch keine andere Decken dieser Art bekannt geworden sind, so werden die lübeker Decken zur Vergleichung dienen können, um so mehr, da Lübek mit seine Kunst Meklenburg sehr nahe liegt und das Kloster Ribnitz zur Zeit seiner Stiftung mit Lübek in vielfachen Beziehungen stand.

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Die ribnitzer Decke ist von ziemlich grober, starker, weißer, lose geschlagener Leinewand und daher ähnlich gewebt, wie die Zeuge, welche jetzt "Canevas" genannt werden, jedoch etwas dichter; die lose Weberei bot Gelegenheit zum leichtern und regelmäßigern Durchziehen der dicken Stickfäden.

Die Decke ist im Ganzen 2 Ellen breit. Leider sind nur noch Bruchstücke vorhanden. Nach den Breitenverhältnissen und dem Muster der noch ganz erhaltenen lübeker Decken wird sie ungefähr 6 Ellen lang gewesen sein.

Diese Decke ist nun ganz mit sehr schön gezeichneten und gestickten Darstellungen geziert, welche aus phantastischen, natürlichen und Wappen=Thieren und Pflanzenornamenten bestehen und auf der beigegebenen Abbildung zu erkennen sind. Die auf der Abbildung weiß gelassenen Darstellungen sind in verschiedenartigen, kunstreichen Mustern mit starkem, weißem Zwirn in geschmackvoller und geschickter Arbeit erhöhet ausgefüllt. Alle Umrisse der Figuren sind mit bunter Wolle 1 ) immer in Abwechselung von roth und grün schmal umnähet; mehr Farben hat die ribnitzer Decke nicht gehabt. Die Wolle ist aber zum größten Theile schon vergangen. Die innern, größern Hauptfigure, die Adler, greifen, Löwen, sind roth, die umfassenden lindwurmähnlichen Thiere sind grün, die Lilienverzierungen und Vögel an den Ecken und Rändern wieder roth, die Lilienkante mit der Einfassung abwechselnd roth und grün umnähet. Die Schildzeichen in der Wappenkante sind in den Hauptconturen grün und in den Nebendingen roth, die Helme in den Hauptconturen roth und in den Nebendingen grün, die Schildränder innen roth und außen grün umnähet. Füllungen von bunter Wolle sind nicht vorhanden.

Den aus der Abbildung in dunklem Tondruck dargestellten Grund bildet die etwas durchsichtige Leinewand.

Daß die Decke als Altardecke diente, leidet keinen Zweifel, um so weniger, da sie noch stark mit Wachstropfen von den tröpfelnden Altarlichtern befleckt ist und bei den übrigen Altardecken und Meßgewändern aufbewahrt wird.

Leider ist die Decke nicht mehr vollständig erhalten. Es sind nur zwei Bruchstücke, jedes von etwas mehr als 1 1/4 Ellen Länge, vorhanden, und auch von diesen ist an einer Seite etwa 1 1/4 Elle abgeschnitten, welche sich aber in der Zeichnung sehr sicher und leicht hat ergänzen lassen, da der fehlende


1) In einem lübeker Testamente von 1328 werden diese Decken "consuti cum laneis filis" genannt; vgl. Zeitschrift des lübekischen Vereins a. a. O. Heft I,. S. 123, Note.
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Streifen nicht viel mehr als die Kante eingenommen hat, welche rund umher gleich gewesen und an der andern Seite vollständig erhalten ist.

Vorhanden sind die beiden Enden der Decke, von denen das eine am Saume eine 3/4 Fuß breite Wappenkante hat, in welcher 3 Wappenschilde und die drei dazu gehörenden Helme stehen; von dem andern Ende ist leider die Wappenkante abgeschnitten. Mehr als 3 Wappen haben an jedem Ende in der Kante nicht gestanden, so daß die Decke im Ganzen 6 Wappen gehabt hat. Der bei weitem größere Theil der Decke fehlt in der Mitte, wo auf der Abbildung eine Lücke gelassen ist; in der Mitte werden sich ohne Zweifel die Darstellungen des Grundes immer abwechselnd wiederholt haben.

An dem Ende, an welchem die Wappenkante noch vorhanden ist, ist eine 1 Elle breite (nicht mit abgebildete) Kante von etwas gröberer und loserer Leinwand angenähet, in welcher drei Figuren, ein löwenartiges Thier mit gekröntem Jungfernkopf, ein greifenartiges Thier mit gekröntem Jungfernkopf und ein Einhorn, alle von ausgezeichnet schöner Zeichnung und lebhaftem Ausdruck, in der Manier der großen Decke gestickt sind. Ob diese Kante ursprünglich als Spitze an die Hauptdecke, oder erst in neuern Zeiten angenähet ist, läßt sich schwer entscheiden.

Die Decke ist nun nicht allein wegen ihrer Alterthümlichkeit und Seltenheit und wegen der Schönheit der Zeichnung und der Arbeit, sondern auch vorzüglich wegen der Wappen in der Kante von hohem Werthe.

In der Kante stehen folgende Wappenzeichnungen:

Meklenburg. Holstein. Brandenburg.
  Schild. Helm.       Schild. Helm.      Schild. Helm.   

Meklenburg steht heraldisch rechts voran, so daß es keinen Zweifel leidet, daß die Decke aus dem fürstlichen Hause Meklenburg stammt.

Die Hauptfrage in der Untersuchung ist die nach dem Alter der Decke. Nach dem ganzen Styl aller Zeichnungen stammt die Decke ohne Zweifel aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Die Schildformen und Schildzeichen zeugen schon für diese Zeiten, noch mehr aber die Wappenhelme, welche noch ganz in dem alten, reinen, strengen Charakter gehalten sind, welchen die Helme auf Siegeln und Leichensteinen jener Zeit tragen. Auch das redet deutlich für das hohe Alter der Decke, daß die Schildzeichen noch alle einfach sind, also wohl sicher in die Zeit vor der Mitte des 14 Jahrhunderts zu verlegen sind. Diese Ansicht wird auch durch eine

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lübeker Decke unterstützt, welche im Grunde ganz gleiche Verzierungen und in der Kante die Wappen der von Alen und von Schepenstede hat; diese werden sicher Eberhard von Alen und Johann von Schepenstede sein, welche 1338 der Marienkirche zu Lübek das noch jetzt vorhandene Taufbecken schenkten, auf welchem die Wappen nach Form und Styl stehen wie auf der Decke 1 ).

Hiermit stimmt die wahrscheinliche Zeit der Widmung der ribnitzer Decke überein. Es liegt nahe, zu glauben, daß die Decke zu der Einweihung des Klosters Ribnitz geschenkt sei. Der erste Grund zu dem Claren=Kloster Ribnitz ward von dem Fürsten Heinrich dem Löwen von Meklenburg im J. 1323 gelegt. Kurz vor seinem Tode bedachte der Fürst das Kloster wiederholt reichlich und am Tage vor seinem Tode, am 20. Januar 1329, übergab er seine Tochter Beatrix dem Kloster mit der Bestimmung, daß sie zugleich mit den ersten Nonnen eingeführt werden sollte. Am Palmsonntage 1329 zogen die ersten vier Nonnen aus dem Kloster Weißenfels in das so eben im Bau vollendete Kloster ein und nahmen die Prinzessin Beatrix mit, welche später Aebtissin des Klosters ward. Im J. 1330 ward die Klosterkirche eingeweihet. Diese Zeiten stimmen ganz zu der lübeker Decke, welche nach Vergleichung der Originale in demselben Style gehalten ist.

Die ribnitzer Decke wird also aus der Zeit der Stiftung des Klosters stammen.

Die fernere Frage ist, ob sich die Wappen deuten lassen und mit dieser Zeit übereinstimmen, ob sich in der Genealogie des fürstlichen Hauses Anhaltspunkte zu einer bestimmten Deutung finden lassen.

Das meklenburgische Wappen ist das erste. Dieses ist ganz in dem alten Style gehalten und stimmt mit den Siegeln aus der Zeit der Vormundschaft der Söhne des Fürsten Heinrich des Löwen am meisten überein (vgl. Lithographie zu Jahrb. Jahrg. VII, Fig. 1), fällt also in die Zeit um das Jahr 1330. Dazu stimmt vorzüglich der daneben stehende meklenburgische Helm, welcher sowohl in der Form, als auch in der Stellung ganz die alte Bildung hat. Der meklenburgische Helm ist nämlich in den ältesten Zeiten immer seitwärts gekehrt, um den seitwärts gestellten Pfauenfächer und den davor an die Seiten auf den Helm gestellten (hier freilich fehlenden), zur Hälfte sichtbaren meklenburgischen Schild sehen zu lassen (vgl. Lithographie zu Jahrb. Jahrg. VII, Fig. III).


1) Vgl. Zeitschrift des lübekischen Vereins a. a. O. S. 124.
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Das zweite Wappen ist das holsteinsche. Der Schild zeigt wie gewöhnlisch das holsteinsche Nesselblatt. Der holsteinsche Helm läßt zwar vorherrschend immer seine Eigenthümlichkeit durchblicken, hat aber doch zu verschiedenen Zeiten abweichende Anordnungen. Nach umfänglichen Siegelstudien stimmt der Helm des Grafen Gerhard V. von Holstein, welcher drei aufgerichtete Fähnlein zwischen zwei liegenden Pfauenwedeln auf dem Helme führte, ganz und am meisten mit der Darstellung auf der ribnitzer Decke überein. Gerhard V. war ein Sohn Gerhards IV. (1300, † um 1323), welcher mit des Grafen Nicolaus I. von Schwerin=Wittenburg Tochter Anastasia vermählt war. Gerhard V. erscheint in der Zeit von 1334 - 1350. Preßt man die Zahl der Fähnlein auf dem Helme nicht so sehr, so könnte das Wappen auch auf den Grafen Johann III. (1314 - 1359), den Bruder Gerhards IV., zielen welcher vier Fähnlein zwischen zwei Pfauenwedeln auf dem Helme führte. Jedenfalls deuten die alten Umrißlinien des Helmes auf die Zeit der genannten Grafen, also wieder auf die Zeit der Stiftung des Klosters Ribnitz.

Das dritte Wappen scheint das brandenburgische zu sein. Der Schild führt einen Adler, welchen man für den brandenburgischen halten kann. Die Markgrafen von Brandenburg führten allerdings einen offenen Flug (zwei Flügel) auf dem Helme; dieser ist aber auf allen alten Darstellungen immer seitwärts gekehrt, so daß man die beiden Flügel, von denen der hintere nur wenig vor dem vordern hervorragte von der Seite sieht. Es ist bis jetzt keine Ausnahme von dieser Stellung bekannt geworden, und erst seit dem 16. Jahrhunderte fängt man an, den Helm vorwärts gekehrt darzustellen. Die ribnitzer Decke zeigt aber einen vorwärts gekehrten Helm, welcher zwei mit Pfauenfedern besteckte Hörner trägt, welche aber auch wohl durch Verschönerung Flügel vorstellen können. Dennoch sind namhafte brandenburgische Heraldiker, wie v. Ledebur, Ragotzky, Voßberg u. a., nach vielfältiger Ueberlegung und Correspondenz der Ansicht, daß das Wappen auf der ribnitzer Decke das brandenburgische sein solle und durch Verschönerung auf einem Kunstwerke etwas abweichend von den Siegelbildern dargestellt sei. Forscht man nach der möglichen Veranlassung der Aufnahme des brandenburgischen Wappens in die ribnitzer Decke, so ergiebt sich nur, daß der Fürst Heinrich II. der Löwe von Meklenburg in erster Ehe (1292 - 1314) mit der Markgräfin Beatrix von Brandenburg vermählt war, welche auf dem einzigen erhaltenen Exemplare ihres Siegels einen seitwärts gekehrten Flug auf

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dem Helme hat. Das Wappen mag immerhin das brandenburgische sein; es wäre aber doch möglich, das Wappen einem andern Fürstenhause zuzuweisen, den Grafen von Lindow, welche ebenfalls einen Adler im Schilde führten. Aber auch hier trifft wieder der Helm nicht zu. Die Grafen von Lindow führten in der ältesten Zeiten an einem vorwärts gekehrten Helme zwei aufgerichtete, grade Federn, wie Reiherfedern, zwischen welche im Laufe der Zeit ein Brackenkopf gestellt erscheint (vgl. Köhne Zeitschrift für Münzkunde I, S. 27 und 309). Wenn man aber bei dem brandenburgischen Helme eine Abweichung in der Gestaltung gestaltet, so kann man sich dies auch eben so gut bei dem lindowschen Helme erlauben, obgleich die Krone auf dem Helme Bedenken erregen kann. Diese könnte auch gestatten, bei diesem Wappen an den Kaiser Carl IV. zu denken. Doch liegt es sehr nahe, auf das lindowsche Wappen zu zielen. Die dritte Gemahlin des Fürsten Heinrich II. des Löwen († 1329) war Agnes, geborne Gräfin von Lindow, welche ihren Gemahl bis 1343 überlebte und nicht nur an der Stiftung des Klosters Ribnitz den allerlebhaftesten Antheil nahm, sondern auch nach dem Tode ihres Gemahls die Einrichtung und Einweihung desselben auf das eifrigste betrieb. Um dieselbe Zeit fand noch eine andere nahe Beziehung zu dem gräflichen Hause Lindow statt. Die meklenburgische Prinzessin Luitgard, Tochter des Fürsten Johann III. von Meklenburg, welcher 1289 bei Pöel ertrank, und der Helena von Rügen, war zuerst an den Grafen Gerhard II. von Hoya, darauf an den Grafen Adolph VII. von Holstein und in dritter Ehe (1318 † 1352) mit dem Grafen Günther III. von Lindow vermählt (vgl. Jahrb. XXV, S. 69). Hier liegen also viele Beziehungen zu den Häusern Meklenburg und Holstein, zwischen welchen auch alte verwandtschaftliche Verhältnisse bestanden.

So viel steht aber wohl fest, daß die Wappen nach ihrer Gestaltung und nach den geschichtlichen Beziehungen in die Zeit der Stiftung des Klosters Ribnitz, also ungefähr in die Zeit um das Jahr 1330, fallen müssen.

Die zweite Frage muß auf die Bedeutung der Wappen gerichtet sein. Es liegt nahe, in den Wappen die Ahnentafel des fürstlichen Gebers aus dem Hause Meklenburg zu vermuthen; aber so vielfach auch das meklenburgische Fürstenhaus mit dem holsteinschen verwandt war, so will doch die Folge der Wappen sich nicht in eine Ahnentafel fügen. Es ist viel wahrscheinlicher anzunehmen, daß die Wappen den Gründern und Bereicherern des Klosters Ribnitz und den Schenkern der Decke angehören, wie auch lübeker Decken

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an den Enden ohne Zweifel die Wappen der Donatoren tragen. Nimmt man diesen Fall an, so mußte das meklenburgische Wappen das erste sein, weil der Fürst Heinrich II. von Meklenburg das Kloster Ribnitz stiftete. Wenn das dritte Wappen das gräflich lindowsche ist, so spricht dafür, daß des Fürsten Heinrich II. dritte Gemahlin, Agnes von Lindow, die eifrige Mitstifterin des Klosters war, welche das Kloster eigentlich zu Stande brachte; ist dieses Wappen aber das brandenburgische, so kann für dessen Aufnahme der Grund gelten, daß des Fürsten erste Gemahlin Beatrix von Brandenburg war. Schwieriger ist es, einen Grund für die Aufnahme des holsteinschen Wappens zu finden, da in dieser Zeit die verwandtschaftlichen Beziehungen Meklenburgs zu Holstein nicht sehr nahe lagen. Gehören aber die Wappen den Beförderern des Klosters an, so möchte sich in diesem Falle auch wohl ein Grund für die Aufnahme des holsteinschen Wappens finden lassen. Am 1. August 1303 verkaufte der Fürst Heinrich II. von Meklenburg seinem Oheim, dem Grafen Gerhard IV. von Holstein, das Eigenthumsrecht des Dorfes Schmachthagen bei Grevismühlen und anderer Dörfer in derselben Gegend für den Fall der Einlösung von den Vasallen, denen sie verpfändet waren (vgl. Holstein. Urk. Buch II, S. 5, Nr. V). Nun finden wir aber in der Zeit 1336 - 1339 das Dorf Schmachthagen im Besitze des Klosters Ribnitz. Es ist also mehr als wahrscheinlich, daß die Grafen von Holstein dem Kloster das vor kurzem erworbene Eigenthum dieses Dorfes zu seiner Gründung geschenkt haben.

Von Bedeutung ist die dritte Frage, was die Figuren zu bedeuten haben, welche den ganzen Grund der Decke füllen. Die zahlreichsten Figuren sind lindwurmartige Figuren, von denen immer je vier einen aufgerichteten gekrönten Löwen wen einschließen. Man könnte diese Lindwürmer für eine Anspielung auf die dem meklenburgischen Fürstenhause sehr nahe stehenden Grafen von Schwerin halten, welche zum Siegelbilde vorherrschend zwei Lindwürmer an einem Baume hatten, und die Löwen für das Wappen der Grafen. von Kefernburg, welche den Grafen von Schwerin nahe gestanden hoben werden, oder der Grafen von Gleichen. Aber genau besehen, sind die Löwen keine Wappenzeichen, da sie an einem Ende der Decke männliche, am andern Ende weibliche Menschenköpfe haben, und den Lindwürmern fehlen die Flügel. Man darf also diese Figuren nur für reines Ornament halten, um so mehr, da auch auf lübecker Decken aus derselben Zeit, welche keine Beziehung zu den Grafen von

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Schwerin haben können, dieselben und ähnliche Figuren stehen, und ähnliche Ornamente im 14. Jahrhunderte sehr verbreitet waren. Es läßt sich hiemit aber sehr wohl die Ansicht vereinigen, daß man solche Ornamente wählte, welche zu den Wappenzeichen verwandter Familien Beziehung hatten. Aus densesben Gründen darf man auch die Gänse und andere Vögel an dem Ende mit den weiblichen Löwen nur für Ornamente halten, wenn man auch die Gänse für Anspielungen auf die nahe stehende Familie der Edlen Gans von Putlitz zu halten geneigt sein möchte.

Wichtiger scheinen die Thierfiguren zu sein, welche die Mitte der ganzen Decke füllen und ebenfalls von vier lindwurmartigen Thieren eingeschlossen werden. Diese Thierfiguren, ein Adler und ein Greif, sind offenbar Wappen=thiere und scheinen eine bestimmte Bedeutung zu haben. Wenn dies der Fall ist, so möchte der Adler auf des Fürsten Heinrich II. erste Gemahlin Beatrix von Brandenburg, nach welcher des Fürsten Tochter zweiter Ehe Bealrix, die mit der Zeit Aebtissin des Klosters Ribnitz ward, den Namen führte, der Greif aber auf des Fürsten Heinrich II. Mutter Anastalia von Pommern gedeutet werden können.

Mögen nun auch andere Deutungen aller Bilder der Decke, und vielleicht mit mehr Glück, versucht werden, so scheint doch das fest zu stehen, daß die Decke aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts und mehr als wahrscheinlich aus der Zeit der Einweihung des Klosters Ribnitz um das Jahr 1330 stammt.

Was aber die Decke für Meklenburg besonders wichtig macht, ist, daß das auf derselben stehende meklenburgische Wappen, außer den Siegelabdrücken, wohl das älteste Wappendenkmal des meklenburgischen Fürstenhauses ist.