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IV.

Ueber

die Reformation zu Stur

und

die Verwaltung der Sacramente

in der ersten Zeiten der Reformation,

von

G. C. F. Lisch.


D ie actenmäßigen Nachrichten über die Einführung der Reformation sind äußerst selten und daher ist die Erkenntniß des Entwickelungsganges der großen Begebenheit noch immer nicht völlig klar. Bei dem gebildeten und festen, wenn auch gemäßigten Willen des Herzogs Heinrich des Friedfertigen und seines jungen Sohnes Magnus, Administrators des Bisthums Schwerin, so wie bei der fast durchgängigen Unfähigkeit der papistischen Geistlichkeit hielt es nicht sehr schwer, die evangelische Predigt im Lande durchzusetzen; entschiedenen und heftigen Widerstand fanden die evangelischen Prädicanten bei den papistischen Pfarrern aber in der Verwaltung der Sacramente, namentlich des Altars, welche nicht selten die allerheftigsten und ärgerlichsten Auftritte 1 ) veranlaßte. Die katholischen Pfarrer behaupteten nämlich, daß nur ein vom Bischofe katholisch geweiheter, "gesalbter" Priester das Sacrament des Altars verwalten könne und dürfe, und daher waren die evangelischen Prädicanten oft genöthigt, sich dazu einen katholisch ordinirten Priester neben sich zu halten, namentlich auf dem Lande, wo es an einer größern Gemeinde fehlte, welche durch entschiedenen Ausspruch das Wirken des Predigers unterstützen konnte.


1) Ein belehrendes Beispiel giebt das anstößige Benehmen des Pfarrers Joachim v. Jetze zu Gadebusch; vgl. S. 27 flgd.
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Ein belehrendes, seltenes Beispiel 1 ) giebt die Reformation zu Stur. Die v Flotow auf Stur waren sehr früh protestantisch geworden; es werden die Brüder Dietrich 1505-27, Hartwig 1505-15, Jaspar 1505-27 und Melchior 1505 auf Stur genannt. Schon um das Jahr 1524 oder 25 hatten sie einen lutherischen Geistlichen, Cyriacus von Bernburg, als Lehrer ihrer Kinder bei sich aufgenommen und ihm dabei die Predigt des Evangelii erlaubt, weil die Geistlichen zu Stur "gar ungeschickt und ungelehrt" waren. Er hatte so 5 bis 6 Jahre gewirkt, als ihm die Flotow die Pfarre verliehen, an welcher er zwei Jahre lang das reine Evangelium predigte. Aber es war

"in Meklenburg keine gewöhnliche Weise für die Prediger des Evangelii, die Sacramente des Altars ohne Zulassung der Bischöfe zu celebriren,"

und Cyriacus von Bernburg hatte sich

"zur Ministrirung der Sacramente einen gesalbten Capellan um der Schwachheit des Volkes willen neben sich halten müssen,"

da das "gemeine Volk die Sacramente nicht gerne anders als von Gesalbten empfing."

Deshalb bat Cyriacus von Bernburg am 5. Junii 1532 den Herzog Heinrich, ihm die Verwaltung der Sacramente durch Einführung durch den Prediger zu Plau übertragen und ihn an das ganze Kirchen= und Pfarramt weisen zu lassen. Der Erfolg dieser Bitte ist nicht bekannt, aber es ist nicht zu bezweifeln, daß der Herzog die Erfüllung des Wunsches gewährt habe, da im J. 1532 die Reformation schon ziemlich feste Wurzel geschlagen hatte.

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1) Vgl. Anlage.
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Anlage.


Der Pfarrer Cyriacus von Bernburg zu Stur bittet den Herzog Heinrich von Meklenburg, ihn in seinem evangelischen Pfarramte zu bestätigen und ihm die Verwaltung der Sacramente und übrigen kirchlichen Amtspflichten zu übertragen.

D. d. Stur. 1532. Junii 5.

Dorchluchtiger, hochgeborner furste, gnediger herre. Myne vnderdenige, gehorsame, plichte deinste syn j. f. g. stets thouorn. Gnediger herre. Jck armer j. f. g. vnderdane geue j. f. g. hirmit vnderdenichlich tho yrkennen, wo ick nu eyne tydt lanck vngeferlich viff edder sos jar by den Erbarn den Flotowen thom Stur erhe kynder tho vnderwysende erholden geworden Vnde etliche tydt darnha van den Flotowen, alße mynen gunstigen junckern, deme Euangelio tho stur vnd hulpe (dewile ßie gar vugeschickte vnd vngelerte der schrifft yn erher kercken thom Stur gehat), vth sonderliker gunst vnde deinstbarheit my die vorbemelte kerken vorlenth vnde thogesecht ys worden, Derhaluen Jck denne (nachdeme dat arme Volck thor kercken gehorich van solchen vngelerthen pastorn der schrifft klechlich voruoreth) vororsaket vnd van Ampts wegen (dewyle ick my der kercken angenamen) vnde ock vth Christliker leue nicht hebbe konnen vnder wegen lathen, sunder dy armen lude der kercken thom Stur nach gnaden mynes vorstandes vnde vormogens myt wethen vud anfordernth myner Junckern Nu by twen Jaren vngeferlich dath reyne Euangelion gepredigt vnd vorgedragen hebbe. Gnediger Furste vnd Herr, nachdeme denne alhir jn j. f. g. landen tho Mekelnborch beth her die Sacramente des altares neffen deme Euangelio Ane besokinge vnde tholatinghe der Bischoppe anthofangende vnde to celebrieren keyne gewonliche wiße gewesen Vnde ick derwegen beth her tho ßodanen Sacramenten ministriren eynen gesalueden Cappellan vmme swackheit willen des Volckes vp mynen grothen schaden hebbe neuenst my holden mothen, denne de kercke thom Stur des vermogens nicht ys, eynen Cappellan tho holdende, Szo sin doch j. f. g. (gade pris vnd danck) wol des vorstandes jm gades worde gegrundeth, Dat dye Sacramenta des

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altars vth deme Euangelio vnde nicht dat Euangelion vth den Sacramenten fleten vnd kamen, denne dat worth yn dessen vnsen christliken saken dat rechte houeth ys, Alßo wol dat worth vth gotlicher gnade vnde eschunge driuen kan, mach ock wol de volginge vth deme worde driuen vnd handelen, ane besokinge der wielbischoppe erhe kresem vnd ansmeringe tho halende, Szo hedden de gemeine vnd Christlichen broder, de my thom Euangelio geeschet hebben, wol wider macht (wo des j. f. g. wol vorstendich ys), my tho den Sacramenten vth deme worde volgende, der gemeyne darmith to denende, tho vorordenen, Dewile dene dath gemeine volck ßo deyp yn der vthewennigen saluinge vnde wiinge ßo ßer vordruncken ys, dat idt nich gerne de Sacramente sunder van den gesalueden entfangeth, vnde sunderliken dye gotlosen vele apenspels hyr van vnder dat gemeine volck strowen, de alletydt wath butheweniges schins soken, Dem alle nach, G. h. vnd Furst, Dewile ick denne nu alhir vnder Jwer f. g. herre son hern Magnus, hertoch tho Meckelnborch etc. ., Alße bestetigten Bischoppe von Schwerin, m. g. h. (de wyle hyr Swerins stiffte ys,) eyn tidt lanck dat Euangelion gepreddiget vnde den anfanck der Sacramenta des altars tho mynistriern (vm der swacken willen) nergent anders dan allein by j. f. g., von wegen hochgemeltes j. f. g. herre ßones, alße van m. g. h., tho sokende weth, Denne ßo ick noch van andern bischoppen nach older gewonheit den Jnganck vnd anfanck der Sacramente des altares soken vnd fordern scholde, wolde my (dewile ick solches ym grunde fals wedder alle gotliche schrifft vp loßen wan gegrundet yrkenne) yu mynem geweten eyn grothen anstoth vnde boswer geuen, Nach deme eyn jder, ßo vor ehn den bischoppen derhaluen erschineth, muth lauen vnde beeyden, eren loßen vngegrunten vnd falschen vornemen vnd ordenunge nummer wedder tho redende, sunder tho bekrefftigende vnde tho verfechtende. Gnediger Furst vnd Herr, Js deme nach ahn J. f. g. alße ahn eynen sunderliken lieffhebber der warheit vnd eyn hanthauer des Euangelii myn vnderdeniges biddent, Jwe f. g. wyllen my von wegen hochgemeltes j. f. g. herr ßones, m. g. h, ahne wider ahnsokent anderer bischoppe eynen Jnganck der Sacramenten des altars (dewile idt dorch tholatinge des Euangelii vnde der schrifft wol gescheen mach) gnedichlich vorgonnen, vnde my des j. f. g. schyn (vm der swacken vnde gotlosen willen) by dessen gegenwerdigen gnedichlich (vm des Euangelii willen deme christliken Volcke tho deynste) geuen vnd mythdeylen, dar myt dath ick deme christliken Volke, wo angefangen, suluest mach

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verstan, de wyle ick des vermogens nicht byn, neuen my eynen Cappellan lenger tho holdende, Wyl ock j. f. g. bauen j. f. g. schin deme preddiger tho Plaw jn jwer g. Stat yn bouel don, dat he my moge alhyr thom Stur dorch eyn predige (went eme vnd my bequeme vnd gelegen ys) vor dem Christliken volcke vnd vorsamelinge van j. f. g. vnd j. f. g. herre sons wegen jn godtlichen Amptest bestedigen, Accesum 1 ) altaris geuen vnde de Sacramente sampt allen anderen kerckenampten beuelen, dar myth dath alle dinck mach ordentlich tho gha, nha der meininge Pauli: Dyt alle schal jn jwer f. g. gefallen stan, dan j. f. g. weth ahn myn vnderrichtent yn dessen vnd anderen saken wol tho handelen vnd vorth tho faren, Jwe f. g. sick yn deme vnbeswerth gnedichlich erthogen, Wyl ick vm j. f g. alße vm mynen g. h. vngespartes flytes, lyues vnd gudes myth mynen armen vordeinste tho vordenen boreith gutwillich vnd vnderdenich gefunden werden. Datum Stur, Middeweken nach Corporis Christi, Anno etc. . XXXII.

J. F. G.   
Vnderdenige vnd
   gehorsame
          Ciriacus von Bernborch.

Deme Durchluchtigen, hochgebaren
fursten vnd heren, hern Hinrich, her=
toghe tho Meckelnborch, furste tho Wen=
den, Grauen tho Swerin, Rostock vnd
Stargarde, der Lande heren, mynem
g. h., vnderdenich g.

Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.

 

Vignette

1) d. i. ascensum.