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Ueber die Gewinnung des Eisens in der wendischen Eisenperiode,

von

G. C. F. Lisch.

Die Frage, woher die Wenden das Eisen nahmen, das sie so tüchtig verarbeiteten, ist, wie überhaupt die Geschichte der Metalle, für die Bildungsgeschichte von Bedeutung. Es ist möglich und wahrscheinlich, daß schon seit uralter Zeit viel Eisen aus Schweden kam, da auch die Sagen von nordischen Eisenschmieden erzählen; es ist aber auch möglich, daß die meklenburgischen Wenden auch das Eisen verarbeiteten, welches in Meklenburg gefunden wird. Im ganzen südlichen Meklenburg liegt sehr viel Raseneisenstein oder Morasteisen, in Meklenburg Eisenklump oder Klump, auch Ortstein oder Ort genannt, welcher ungefähr 33 Procent reines Eisen giebt und

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auf welches sicher seil dem Anfange des 16. Jahrh. bei Grabow, Neustadt, Wittenburg und Dömitz in großem Umfange und mit Erfolg gebauet ist (vgl. Jahrb. VII, S. 52 flgd.).

Eine Andeutung auf die Gewinnung des Eisens aus dem einheimischen Raseneisenstein giebt folgender merkwürdiger Bericht des Herrn Rogge auf Jaebitz. Das Feld des Gutes Jaebitz, südlich vom plauer See, an der märkischen Grenze, wo in historischer Zeit nicht auf Eisen gebauet ward, ist ganz niedrig, von schwärzlichem Aussehen, oben aus etwa 1 Fuß hoch Moorsand, unten aus Seesand bestehend, zwischen welchen beiden Erdschichten hin und wieder Raseneisenstein in Nestern gefunden wird. Ferner steht auf dem Gute Kalk in den Wiesen und gelber und blauer Lehm überall auf den Höhen. Nun finden sich nicht selten auf dem Felde am Rande von Niederungen an Stellen, die früher seit ewigen Zeiten als Weide lagen und mit Holz und Busch bewachsen waren, große Haufen von Eisenerz, welche 2 bis 3 Fuß über dem Erdboden erhaben sind und 1 bis 2 Schachtruthen Erzstücke enthalten. Bis jetzt sind 8 Stellen dieser Art auf dem Felde gefunden. Nach dem äußern Anscheine bestehen diese Haufen aus Eisenschlacken, da sie einen porösen Bruch und künstliche, wenn auch unregelmäßige Formen und eine gewisse Dicke haben, als wenn sich die Masse durch Schmelzen abgelagert hätte. Man wird um so mehr zu dieser Vermuthung geführt, da sich neben den Erzhaufen, 8 bis 12 Fuß davon entfernt, öfter kleinere Erhöhungen von ganz schwarzer Erde finden, welche vermuthen lassen, als wenn dort das Schmelzen geschehen und die Schlacken bei Seite geworfen wären. Alterthümer sind an diesen Stellen noch nicht gefunden.

Es stand nun zunächst zur Frage, ob diese Erzstücke natürliche Bildungen oder künstliche Eisenschlacken seien, welche vom Schmelzen des Eisens auf offenen Heerden herstammen. Die Schlacken wurden an den Herrn Professor Dr. Schulze, Professor der Chemie der Universität Rostock, zur Prüfung eingesandt, welcher damals mit der Untersuchung des bei Ludwigslust vorkommenden Raseneisensteins beschäftigt war und grade die beste Gelegenheit zur Vergleichung hatte. Derselbe giebt folgendes Urteil: "Die eingesandten Stücke sind ganz unzweifelhaft Rennheerdschlacken vom Ausschmelzen derselben Art von Raseneisenstein, welcher dem südlichen Meklenburg angehört. Ich selbst habe früher ähnliche Schlacken in der Gegend von Greifswald an verschiedenen Orten gefunden, wo ehemals Raseneisensteinlager gewesen sein mögen, z. B. bei dem Dorfe Koytenhagen. Die

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Schlacken sind viel eisenhaltiger, als man sie bei dem gegenwärtigen Hochofenbetrieb erhält; der Schmelzproceß geschah auf eine rohe, Eisen und Holz verschwendende Weise in sogenannten Rennheerden. Die Schlacken sind ein stark basisches Silicat mit mehr als 60 Procent Eisenoxydulgehalt. Der außerdem ermittelte verhältnißmäßig große Gehalt an Mangan und Phosphorsäure und die unzweideutigen Spuren von Baryt stimmen zu sehr mit der Eigenthümlichkeit des im südlichen Meklenburg vorkommenden Raseneisensteins überein, als daß sich ihr Ursprung aus solchem Eisenerze im geringsten bezweifeln ließe. Ich habe auch einige Versuche gemacht, aus dem analysirten Raseneisenstein regulinisches Eisen auszuschmelzen. Die Ausbeute betrug über 30 Procent. Die so gewonnenen kleinen Proben metallischen Eisens sind weiß und sehr hart, dabei nicht kaltbrüchig." Der Herr Professor Schulze hat die Ergebnisse seiner Untersuchungen des Raseneisensteins von Ludwigslust im Archiv für Landeskunde, Schwerin, 1859, Heft I und II, S. 57 flgd. mitgetheilt und dabei S. 60 bemerkt, daß "der meklenburgische Raseneisenstein gegen 33 procent Eisen enthält und dieses sich durch weiße Farbe, Härte, Leichtflüssigkeit und dadurch auszeichnet, daß es nicht kaltbrüchig" ist.

Es scheint also sehr wahrscheinlich, daß auch schon die Wenden aus dem meklenburgischen Raseneisenstein Eisen gewonnen haben. Von Wichtigkeit würde es sein, wenn sich in oder bei den Schlackenhaufen wendische Gefäßscherben oder andere wendische Alterthümer finden sollten.

Diese chemischen Untersuchungen scheinen auch mit den Ergebnissen der Aufgrabungen übereinzustimmen. Es finden sich in den Wendenkirchhöfen zwar sehr häufig eiserne Geräthe, aber in der Regel sind sie so stark gerostet, daß eine technische Untersuchung mit Feile und Messer nicht gut möglich ist. Aber einzelne zufällig gut erhaltene Stücke, wie z. B. die im Folgenden aufgeführte eiserne Heftel aus dem Wendenkirchhofe von Wotenitz zeigt ziemlich klar, daß wenigstens einiges Eisen der Wenden sehr weiß, hart und zähe war.