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Das Kegelgrab von Petersberg,

vom

Pastor Masch zu Demern.

Das Dorf Petersberg im Fürstenthnm Ratzeburg, welches jetzt von 10 Hauswirthen bewohnt wird, liegt in demjenigen Theile des Landes, welcher als Land Boitin zu der ersten Bewidmung des Bisthums Ratzeburg gehörte, und ward schon früh germanisirt, so daß sich kein slavischer Name desselben findet. Als im Jahre 1194 der Bischof Isfridus sich mit einem Capitel auseinander setzte (Masch, Bisthum Ratzeburg, S. 96), ward es dem letzteren überwiesen und gehörte seitdem mit den andern in dieser Gegend liegenden Capiteldörfern zur Vogtei Rupensdorf, und ward in demselben "dem alten Herkommen nach" das Landgericht gehalten, worüber ein Ausschreiben vom 25. Mai 1685 vorliegt.

Westlich von diesem Dorfe liegt ein Höhenzug, der auf der Schmettauischen Karte unter dem Namen des Heidegelsberges angegeben ist. Auf dem östlichen Ende desselben, wo das Land sich dem Dorfe zu abflacht und wo eine kleine Moorfläche lag, war der Ziegenberg, eine Anhöhe, mit Gestrüpp bewachsen.

Diese Anhöhe war im Ganzen rund, hatte 80 Fuß im Durchmesser und war etwa 8 Fuß hoch. Der Besitzer, der Hauswirth Badstein, beschloß, sie abzufahren und mit der Erde das erwähnte Moor auszufüllen, und begann im Herbste 1857 diese Arbeit. Seiner Angabe nach hat er etwa 1400 Fuder abgefahren, und es ergab sich, daß diese Erde Sandlehm war, eben so wie der später bloß gelegte Urboden.

Der Ziegenberg war ein mächtiger germanischer Grabhügel (ein Kegelgrab), welcher drei Gräber in sich schloß. Während der Abtragung desselben sind freilich keine wissenschaftliche Untersuchungen angestellt worden, aber Badstein ist mit großer Aufmerksamkeit allen Vorkommenheiten gefolgt und seine Angaben waren so genau und bestimmt, daß man sich ein ganz klares Bild von der ganzen Construction machen konnte, als ich im Sommer 1858 die ganz bloß gelegte Stelle in Augenschein nahm und die gefundenen Alterthümer erwarb.

Im Mittelpunkte des Grabhügels war das Hauptgrab gewesen; der Grund desselben, mit größeren Steinen umgeben, war mit kleinen Steinen wie mit einem Damme belegt.

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Darauf fanden sich, ohne alle Urnenscherben, die Gebeine des Bestatteten, mit den beigelegten Sachen, von denen später. Von den Gebeinen haben sich einige Knochen erhalten (die Pietät des Finders hat die meisten der Erde wieder gegeben); es sind Stücke von Beinröhren, von einer Rippe und ein Stück vom Hüftgelenke, zum Theil von den daneben liegenden Bronzesachen grün gefärbt. Sie weichen nicht von den gewöhnlichen Dimensionen eines größern ausgewachsenen Mannes ab. Ueber diese Gebeine war ein Haufen kleinerer Steine ohne eigentliche Verpackung, etwa 4 Fuß hoch, aufgehäuft; etwa 4 Fuder Steine wurden davon abgefahren.

Das zweite Grab, 26 Fuß vom Rande entfernt, lag nordwestlich von dem vorigen; ein großer Stein, über dessen Größe jedoch keine bestimmte Angabe vorhanden, bezeichnete dasselbe; darunter befand sich Gebein und eine kleine Urne und die Bronzenadel mit durchbrochenem Schilde.

Das dritte Grab lag östlich von dem mittleren, 20 Fuß vom Rande entfernt, es war länglich rund und von kleinen Steinen gebildet, von denen ein Fuder abgefahren wurde, und enthielt mit der Erde gemischt und zu einem Klumpen gebildet gebrannte Knochen in größeren und kleineren Bruchstücken, jedoch ohne Urne, wie überhaupt mir keine Urnenscherben zu Gesicht gekommen sind. Eine lange dünne Nadel, wie eine dicke Stricknadel und mit einem Knopfe wie eine Flintenkugel, war beigelegt, aber die Nadel selbst ist ganz und gar zerfallen, auch ist der Knopf verloren gegangen, so daß also nur diese allgemeine Nachweisung darüber gegeben werden kann.

Bei jedem der drei Gräber fanden sich Kohlen in Menge, in der Mitte war die Erde trocken, mit schwarzen Strichen und mit Kohlen gemischt: es ist also wohl dort die zuletzt erwähnte Leiche verbrannt worden, da die beiden andern unverbrannt bestattet wurden.

Ueber die Lage der den Leichen beigelegten Sachen läßt sich nun weiter nichts angeben; es muß ausreichen, daß man weiß, welcher Leiche sie beigelegt wurden.

Bei der unverbrannten Leiche in der Mitte des Grabhügels fand sich

1) ein goldener Ring. Er ist vollkommen rund gebogen in meine Hände gekommen; da er aber schon vorher von Vielen betastet und daran gebogen war, so ist es nicht gewiß, ob er diese runde, oder die gewöhnlichere länglich ovale Form gehabt hat. Es ist eine 2 Millimeter starke Goldstange, zu engen schraubenförmigen Gängen gewunden; die beiden äußeren Enden, etwa 3/8" hamb. lang, sind glatt geblieben, die Spiralen, worin

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sonst dergleichen Armringe auszugehen pflegen, fehlen. Der Durchmesser ist jetzt 2 3/8", die Länge der Stange 7 5/8". Das Gewicht ist 1 1/16 Loth und 4 Aß cölnisch, das Gold ist fein mit geringem Zusatz.

2) Das Schwert aus Bronze. Der kurze Griff ist bis zum Knopf 1 3/4" lang und die Griffstange mit 7 Scheiben mit gleichen Zwischenräumen besetzt, die 8 Scheibe ist unmittelbar unter dem Knopfe, der 3/4" mißt. Dieser Knopf hat 14 herabhangende, abgerundete Lappen, 1/4" lang, darüber 3 geriefelte schmale Stäbe und darüber eine 1/2" starke Platte, ob verziert, ist wegen des Rostes nicht anzugeben. Die obere Fläche des Knopfes, der über die Scheiben des Griffes, die 1 1/8" groß sind, hervorragt, ist rautenförmig, 2" lang und 1 3/4" breit, hat in der Mitte einen runden Knopf und, von dem ausgebend, ein schmales Kreuz, wo sich jeder Arm in einem Ring endet, zwischen jedem Arme liegt ein gleicher Ring, so daß also die Platte mit 8 Ringen, die stark hervortreten, geziert ist, welche von einem doppelten Rande, der äußere ist die Grenzlinie des Knopfes, eingeschlossen werden. Der Knopf ist auf die Griffstange genietet, und es sind noch Spuren von dem Holze zwischen ihm und der 2 Scheibe sichtbar, denn die erste ist ein nicht eingegossener Bronzering gewesen, die andern Scheiben haben keine Spuren von dem bewahrt, womit die Zwischenräume können ausgefüllt gewesen sein. - Auf diese gesonderten Scheiben folgt eine Platte, die den Schwertgriff, der, wie bemerkt, 1 1/8" stark ist, schließt, und nun ladet sich derselbe in einer sehr gefälligen Biegung bis zu einer Breite von 2 3/8" aus, wo dann die Klinge eingreift. Diese Ausladung hat in der Mitte eine große, etwas längliche Rundung, fast 1" groß, darüber eine halbrunde Leiste und darüber einen kleinen Kreis; an die Leiste schließen sich 6 Bänder, davon die 4 unteren immer je 2 einen Knopf (Niete) einschließen. Beide Seiten sind gleich. Die Klinge selbst ist 2' 7/8" lang, freilich jetzt zerbrochen, aber sicherlich ist das Schwert der Leiche unzerbrochen beigelegt worden, und alle Stücke sind vorhanden. Die Klinge ist zweischneidig, in der Mitte mit einem erhöheten, von 2 Linien eingefaßten Rücken, und hat als größte Breite 1 3/4" und geht spitz zu. Ob sie in den Griff eingenietet war, wie es die Nagelköpfe anzugeben scheinen, oder mit ihm aus einem Stücke gegossen, läßt sich durch den bloßen Augenschein nicht entscheiden, und die Feile wollte ich nicht anwenden. - Die ganze Länge des Schwertes, das so stark oxydirt ist, daß ein eigentlicher Metallkern an den Brüchen sich nicht mehr zeigt, ist 2' 5".

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3) Eine Framea (Meißel) von Bronze. Sie ist 4 1/2" lang und von der seltenen Form, ohne Ausladung an der Schneide, dagegen zu einer 5/8" breiten Schärfe sich viertseitig verjüngend, während sie am runden Schaftloche 1" im Durchmesser hat. In dem Schaftloche (oberhalb desselben ist die Framea durchgebrochen) findet sich noch das Ende eines zugespitzten eichenen Stabes, auf dem sie befestigt war.

4) Ein Knopf von Bronze. Er ist viereckig, in der obern Fläche 1 5/8", in der untern 1" breit, die gleichfalls viereckige Oeffnung ist 7/8" im Quadrat weit. Der untere gerade Theil (1/2") ist mit 6 Reifen umgeben, die ganze Höhe ist 1". - Vielleicht war dieser Knopf das Ende des Schaftes der vorhin angegebenen Framea.

5) Das Bruchstück eines Messers aus Bronze, 2 1/2" lang, 1" breit, aber zu formlos, als daß man anderes davon angeben könnte, als daß es einen starken, 1/4" breiten Rücken hat.

Im zweiten Grabe befand sich, wie gesagt,

1) eine Urne, ziemlich wohl erhalten; sie ist 4" hoch, die Oeffnung 2 1/4" weit, die Bodenfläche mißt 2"; der obere Rand ist einfach abgerundet. Ihre Gestalt erweitert sich bis zur halben Höhe zu einem Bauche, der 4" Durchmesser hat, und verjüngt sich dann wieder zur angegebenen Weite. Die Wände sind dünne, kaum 1/4" stark, der Thon ist schwärzlich, die Arbeit die gewöhnliche der germanischen Urnen. - Ihr Inhalt bestand, so weit er sich am Boden und an den Wänden erhalten hat, nur aus dem Sande des Bodens.

2) Von der beigelegten Nadel aus Bronze hat sich nur die Platte erhalten. Diese ist länglich rund, 2 5/8" breit und 3" lang. In der Mitte ist sie in einem Kreise durchbrochen, an dessen Wand sich 6 andere durchbrochene Halbkreise mit Rippen von der Dicke der Kreiswand, 1/4" stark, lehnen. Drei Reifen schließen diese Verzierung ein, welche sich unten in eine jetzt noch 1 1/4" lange Spitze endet, während 2 am obern Rande befindliche Erhöhungen zeigen, daß auf ihr noch etwas, wahrscheinlich eine halbrunde Oeffnung, sich befand. - Die Rückseite ist ganz flach.


Das Grab ist an sich schon interessant genug, sowohl in seiner Construction, wie in den Gegenständen, die aus ihm zu Tage gebracht wurden, aber es wird es noch um so mehr, wenn man es mit anderen, die derselben germanischen Urzeit angehören, vergleicht, wo man die Leichen unverbrannt bei=

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setzte. Solche Gräber waren das zu Peccatel (Jahrb. IX.) und das Kegelgrab zu Dabel, welches Jahrb. XXII, S. 280, ausführlich beschrieben ist, welches letztere vor dem Petersberger nur den Vorzug hat, daß es wissenschaftlich geöffnet wurde.

Auf eine ganz auffallende Weise stimmt das letztere, bei Sternberg gelegene Grab mit dem hiesigen überein, so schon in seiner äußern Erscheinung. Es war 12-13 Fuß hoch, und gleiche Höhe findet sich hier; es hatte ungefähr 230 Fuß im Umfang, und der gemessene Durchmesser des hiesigen von 80 Fuß giebt fast gleiche Peripherie. Gleiche Uebereinstimmung ist auch im Innern: ein Steinpflaster, von größeren Steinen begrenzt, ein Steinhügel von 4-5 Fuß, kegelförmig aufgeschüttet, darunter die unverbrannte Leiche eines Mannes, dort wie hier.

Das Schwert, das hier gefunden ward, ist dem dortigen so ähnlich, daß man annehmen darf, es haben beide denselben Verfertiger gehabt; sowohl an Größe, Form, Einrichtung und Verzierung ist nach der von Lisch angestellten Vergleichung die größte Aehnlichkeit da, aber ganz gleich, so daß man sagen dürfte, sie wären in derselben Form gegossen, sind sie nicht; so sind z. B. die Linien des rhomboidischen Schwertknopfes bei beiden nicht gleich, auch ist die Höhe von beiden Schwertknöpfen um ein Geringes verschieden. Angenommen nun, daß beide Schwerter von einem Manne gemacht sind, so läßt sich für die Technik der Satz gewinnen, daß die Bronzesachen nicht in feste Form gegossen wurden, sondern daß man leicht verschiebliche Sandformen benutzte. Uebrigens scheint die Form des Schwertgriffes mit den Scheiben und dem rautenförmigen Knopfe mit 8 Ringeln verziert, desgleichen die Rundung oberhalb der Schwertklinge eine sehr beliebte gewesen zu sein, denn das Schwert von Peccatel (Jahrb. IX, Taf. Nr. 5) hat dieselben Zierden: auch hier ist, wie in Peccatel, der hohle Knopf mit Holz, jedoch mit Eichenholz, ausgefüllt gewesen.

Aus dem wohl erhaltenen Schaftende in der Stoßwaffe, mag man sie nun Framea oder Meißel nennen, ergiebt sich ferner, daß kein scharf schneidendes Werkzeug dem Verfertiger zu Gebote stand; die Seiten sind rauh, so wie sie ausfallen, wenn man ein recht stumpfes Messer gebraucht, die Bronzemesser waren also wohl nicht geeignet, einen reinen Schnitt zu machen.

Das zweite Grab enthielt eine kleine Urne. Es ist neuerdings in Jahrb. XXIV, S. 206, die Wahrnehmung veröffentlicht, daß man von diesen "Kinderurnen" annehmen dürfe, es seien in denselben die Gebeine neugeborner Kinder neben der

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im Kindbett gestorbenen Mutter beigesetzt werden. Eine der Bronzeperiode angehörende, bei Dresden gefundene derartige Urne lieferte in ihrem Inhalte den Beweis dafür. Ohne daß man gerade sagen dürfte, diese Annahme werde durch unser Grab bestätigt, denn unsere Urne war ohne Gebeine, wie die meisten derselben, so scheint es doch, daß die Umstände, die hier zusammentreffen, eine Bedeutung im angegebenen Sinne haben können. Die Leiche der Mutter ward nicht verbrannt, denn neben der kleinen Urne fanden sich größere Gebeine; jedoch Kohlen fanden sich viele, und die können Bezug haben auf das Kind. Daß aber eine weibliche Leiche neben die Urne gelegt ward, ist aus dem Nadelschilde klar. Die Form desselben kommt in hiesigen Gräbern höchst selten vor; nur erst einmal, bei Wiek (Jahrb. Xll, S. 415) ist eine ähnliche gefunden, seitdem (1846) kommt sie erst hier wieder zum Vorschein. In andern Gegenden sind diese Nadelschilde allerdings häufiger, wie die a. a. O. von Lisch angegebenen Nachweisungen ergeben, und Klemm, Alterthumskunde, S. 61, bemerkt, daß in den Rheingegenden die Bauermädchen sich noch jetzt solcher Nadeln bedienen.

Das dritte Grab enthielt eine verbrannte, aber gleichfalls weibliche Leiche, wie die Nadel beweiset, deren Knochenüberreste sorgsam aus der Asche gesammelt sind, denn die bereits erwähnten Klumpen zeigen keine Spur von Kohle.

Es waren also drei größere Leichen, eine männliche und zwei weibliche, und, wenn man will, noch ein Kind, in diesem einen Hügel bestattet. Daß es gleichzeitig geschehen, ist kaum wahrscheinlich, man muß vielmehr annehmen, daß der Hügel auf dem Hauptgrabe, welches den Kern des Ganzen bildet, wieder geöffnet ward, um die andern beiden Frauenleichen aufzunehmen, und so erklärt es sich leicht, daß die Erde über den unverbrannten Leichen mit Kohlen und Asche gemischt war, indem die dritte Leiche, also wohl die späteste, auf dem Hügel verbrannt wurde.