zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 286 zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Ueber das heilige "Hakenkreuz"

der Eisenperiode,
von
G. C. F. Lisch.

Ich habe schon früher wiederholt in den Jahrbüchern und im Friderico - Francisceum darauf aufmerksam gemacht, daß das "Hakenkreuz" oder das heilige Kreuz mit gebrochenen Balken Hakenkreuz welches sich auf vielen Denkmälern verschiedener Völker der Vorzeit findet, auch in der heidnischen Periode der Eisenzeit oder der Wenden in Meklenburg vorkommt. Namentlich habe ich in den Jahrbüchern XIII, S. 383 über die drei Fälle berichtet, in denen es in den norddeutschen Ländern sicher vorkommt: auf einer zu Kothendorf bei Hagenow gefundenen wendischen Urne, auf einer in den Vierlanden gefundenen Urne und auf einer bei Bützow gefundenen wendischen Heftel. - In neuern Zeiten hat der Herr Professor Holmboe in Christiania ein Werk über die Spuren des Buddhaismus in Norwegen vor der Einführung des Christenthums:

Traces du Buddhisme en Norvége avant l'introduction du christianisme, par M. C. A. Holmboe, Paris, 1857, imprimerie de Simon Raçon et Co.

herausgegeben und in demselben, S. 34 flgd., auch dieses mystische Kreuz behandelt. Abgesehen von dem sonstigen In=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 287 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

halte dieses Werkes, in welchem er die Spuren der indischen Religion des Buddha in Norwegen nachzuweisen versucht, theile ich im Folgenden den Abschnitt über das mystische Kreuz in Uebersetzung mit, da dieser Abschnitt bis jetzt für Meklenburg allein von Wichtigkeit zu sein scheint.

"Mystisches Kreuz.

Das Kreuz, welches sich aus einigen indischen Münzen zeigt, findet sich eben so auf mehrern goldenen Bracteaten, welche in Skandinavien bald in Grabhügeln (haugs), bald anderswo gefunden sind. Dieses Kreuz hat eine besondere Form, indem seine vier Arme an ihren Enden eine Biegung in dieser Gestalt Hakenkreuz haben. Dieses Kreuz ist sehr merkwürdig, nicht allein wegen der weiten Verbreitung desselben, sondern auch wegen der heilsamen Wirkung, welche ihm die Hindus und vorzüglich die Buddhisten zuschreiben.

Man bemerkt dieses Kreuz schon auf Münzen, welche sich aus den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnuug 1 ) herschreiben, und man findet sie von Zeit zu Zeit in dem Zeitraume von mehrern Jahrhunderten wieder.

Die Buddhisten betrachteten dieses Kreuz als eine der wichtigsten von den 65 Figuren, welche sie auf dem Abdruck des Fußes Buddha's gezeichnet zu sehen glaubten; denn es ist nicht allein an die Spitze des Verzeichnisses derselben gesetzt, sondern es ist noch einmal mit wenig Unterschied unter den Nummern 3 und 4 in der Aufzählung derselben wieder aufgeführt, welche Bournouf in seinem Anhange Nr. VIII zu seiner Ausgabe des "Lotus de la bonne loi" (p. 625 - 626) gegeben hat, wo wir lesen:

1. Svastikaya Dies ist das mystische Zeichen, welches bei mehrern indischen Secten in Gebrauch ist und also Hakenkreuz dargestellt wird; der Name bedeutet buchstäblich: Zeichen des Segens oder der guten Vorbedeutung.

Das Zeichen svastika ist den Brahmanen nicht weniger, als den Buddhisten bekannt, und der Ramayana spricht davon an einer Stelle über Schiffe, welche mit diesem Glück brin=


1) Ariana ant., p. 378, T. XIV, Fig. 13.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 288 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

genden Zeichen bezeichnet waren. Ich möchte indessen nicht behaupten, daß dieses Zeichen, dessen Name und Gebrauch gewiß alt ist, weil man es schon auf den ältesten buddhistischen Medaillen findet, sich auch eben so häufig bei den frühesten, als bei den folgenden finde. Jedoch ist es gewiß, daß die meisten Inschriften, welche man in den buddhistischen Höhlen des westlichen Indiens findet, im Anfange oder am Ende das heilige Zeichen haben.

3. Nandâvartaya. Dies ist noch ein "Diagramm" von guter Vorbedeutung, dessen eigentlicher Name nandyavarta und dessen Bedeutung: Schnörkel ("enroulement") oder glückbringender Kreis.

Armarakocha macht eben so aus diesem Zeichen den Namen einer besondern Art von Tempeln oder heiligen Gebäuden, jedoch ist zu bemerken, daß das nandyavarta der Djâins auch für eine Art von Labyrinth 1 ) gelten kann.

4. Sôvastekaya. Hakenkreuz . Der einzige Unterschied zwischen diesem Zeichen und dem, welches oben aufgeführt ist, ist der, daß die Arme des Kreuzes von der Rechten zur Linken gehen, während Nr. 1 die Arme von der Linken zur Rechten kehrt.

Der Biograph von Hiouèn Thsang erwähnt eines Steines mit den Abdrücken der beiden Füße Buddhas, welche an den Spitzen der Zehen Blumen hatten, auf denen das mystische Zeichen Ouan 2 ) stand. Dies ist dasselbe Kreuz, von welchem Orazio della Penna di Billi in seiner Beschreibung von Tibet redet, indem er sagt: "Hanna, eine Art von Kreuz, welches mit Verehrung 3 ) (tengono = gehalten) betrachtet wird." Der Pater Hyacinth berichtet, daß die Weiber in Tibet mit diesem Kreuze ihre Röcke verzieren 4 ). Nach Pallas


1) Diese Figur, ein wenig größer, ist in Norwegen sehr bekannt, wo es zum Spiel für die Kinder dient, welche es zeichnen und den Weg vom Eingange bis zum Ende suchen und umgekehrt. Ich habe bei dem geringen Volke diese Figur Trojaburgsschloß (Troyeborg Slot) nennen hören. Diese Benennung kann an die Stelle des Namens Asgardsschloß (Asgaard Slot) getreten sein, wie die Vorrede der Edda von Snorro die Stadt Troja für Asgaard und die Asiaten für die Asen gebraucht.
2) Der Herausgeber macht hier die Bemerkung: Man sagt, daß es seinen "Ursprung herleite von der Gestalt der lockigen Haare Buddha's, welche von der Linken zur Rechten gingen". (Hiouèn Thsang, p. 138.)
3) Nouv. Journ. Asiat. XIV, p. 427.
4) Ebendaselbst IV, p. 245.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 289 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

zeichnen die Mongolen dieses Kreuz auf Stücke Papier, welche sie auf die Brust der Todten 1 ) legen. Man sieht dieses Kreuz auch oft auf der Brust der Heiligen 2 ). In Hindostan ist es noch ein Gegenstand der Verehrung unter dem Namen Sethia. Taylor sagt in seinem Wörterbuche: ""Sethia ist ein Zeichen in Gestalt eines Kreuzes, dessen vier Arme im rechten Winkel gebogen sind und welches von den Indiern beim Anfange eines neuen Jahres an die Spitze ihrer Rechnungsbücher roth gemalt gesetzt wird. Man bildet dieselbe Figur auch aus Mehl auf dem Boden bei Gelegenheit von Hochzeiten oder andern Feierlichkeiten"".

Wenn wir unsere Blicke nach Skandinavien wenden, so sehen wir, daß es dasselbe Kreuz ist, welches auf den goldenen Bracteaten dargestellt wird, von denen oben die Rede gewesen ist, und welche sich zuweilen in den Grabhügeln finden. Es ist auch dasselbe Kreuz, welches man auf einigen Leichensteinen des Alterthums eingehauen sieht, z. B. auf dem Kirchhofe von Gjerde 3 ), in der Pfarre Etne, in der Diöcese Bergen, und in Schweden 4 ) in der Pfarre Skeftuna, in der Provinz Upland.

Das Kreuz hat zuweilen einige hinzugefügte Linien, in Skandinavien wie in Asien, und es ist sehr überraschend, daß die also vermehrten Kreuze eine so gleiche Gestalt haben, daß die man nicht umhin kann anzunehmen, daß sie ein und dasselbe Vorbild haben; man vergleiche das Kreuz auf einem in Skandinavien gefundenen Bracteaten mit einem Kreuze, welches einer in Indien gefundenen Münze entnommen ist 5 ).

Endlich ist zu bemerken, daß sich dieses Kreuz auch auf den alten gallischen Münzen findet. Mionnet, Combrouce und der Numismatic Chronicle I, pl. I. führen es unter den gallischen Monogrammen auf. Es kann nach Gallien mit der Religion des Odin gekommen sein, welche dort im Norden vor der Einführung des Christenthums 6 ) bekannt ward."



1) Pallas, Sammlungen historischer Nachrichten über die Mongolischen Völkerschaften, I, p. 277.
2) Nouv. Journ. Asiat., I, p. 415.
3) Nordisk Tidsskrift for Oldkynd., III, p. 274.
4) Göranson, Bautil, n. 25.
5) Nach den Abbildungen in Beskrivelse over Mynter og Medailler i den kongl. Saml., I cl. und Ariana antiqua, T. XV, n. 23. Außerdem kann man Abbildungen von den erwähnten Vracteaten sehen in der Urda, I, T. IX; Nord. Tidsskrift Oldkynd., II, T. I; Om Guldbracteater, von Lindfors, Lund, 1846, in 4.
6) Luis de Baecker, De la Religion du nord de la France avant le christianisme, Paris, 1854, in 8.