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b. Zeit der Kegelgräber.
Auf der Feldmark des Gutes Brunsdorf bei Marlow ward im Monate März 1858 ein Fund gemacht, welcher für die vaterländische Alterthumswissenschaft von Erheblichkeit ist. In einem Tannengehölze, in welchem mehrere noch nicht aufgegrabene Kegelgräber stehen, sollte zur Wiesenverbesserung ein "Hügel" abgetragen werden. Nachdem die Erde 4 Fuß tief von oben abgegraben war, stießen die Arbeiter im Innern des Hügels auf einen Steinhaufen, in welchen ein "Eingang" geführt haben soll, und nach dessen Aufbrechen auf eine Urne und menschliche Gebeine. Als der Herr Dr. med. Hüen zu Marlow davon hörte, begab er sich am folgenden Tage nach Brunsdorf, um den Hügel an Ort und Stelle zu untersuchen. Der "Hügel" war ein großes Kegelgrab von 150 Schritt im Umkreise, 50 Schritt Durchmesser und 12 Fuß Höhe. Der Hügel war augenscheinlich künstlich aufgetragen, da die Erde überall gemischt und mit Bruchstücken von Kohlen vermengt war. Der Hügel war in der Richtung von Norden nach Süden in einer Breite von 16 Schritt durchgraben, jedoch in dem Durchschnitte nicht überall gleichmäßig bis auf die Basis abgetragen. In einer Tiefe von 4 Fuß unter der Oberfläche des Hügels waren die Arbeiter am Nordende im Innern auf einen großen Haufen von rohen Feldsteinen (Granitgeschiebe) von 1 1/2 bis 2 Fuß Größe gestoßen; dieser Steinhaufen hatte nach der noch stehenden östlichen Seitenwand eine Länge von ungefähr 12 Fuß. Unter diesem Steinhaufen hatten sich menschliche Gebeine und eine thönerne Urne gefunden.
Nach diesem Berichte und den von dem Herrn Dr. Hüen eingesandten Ueberresten läßt sich vermuthen, daß die Leichenbestattung in diesem Kegelgrabe folgende war.
In dem Grabe waren wahrscheinlich zwei Leichen beigesetzt.
Die eine Leiche, wahrscheinlich die Hauptleiche, war unverbrannt beigesetzt, und diese Bestattungsweise ist die merk=
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würdige und seltene Erscheinung in diesem Grabe. Die erhaltenen und eingesandten Ueberreste des Gerippes geben den sichern Beweis, daß diese eine Leiche nicht verbrannt war. Es sind noch zum größern Theile vorhanden: zwei Beckenknochen mit den Schenkelhalshölen, ein Oberschenkelknochen, zwei Unterschenkelknochen, ein Oberarmknochen, das Kreuzbein oder Heiligenbein und die beiden Kinnladen mit vollständigen Zähnen. Alle Reste der Ober= und Unter=Schenkelknochen sind noch einen Fuß lang. Die beiden Kinnladen sind noch vollständig und enthalten noch alle Zähne. Merkwürdig ist es, daß von den Schädelknochen nichts gefunden ist; dieselbe Erscheinung zeigte sich auch in dem großen Kegelgrabe von Ruchow (Jahresber. VI, S. 30 flgd.). Alle Zähne sind vollständig vorhanden und vollkommen gesund wohl erhalten, wie dies stets an allen heidnischen Schädeln wahrgenommen werden kann; die Zähne sind schmal, klein, wohlgebildet und schon etwas abgeschliffen. Alle Gebeine sind, wie die Zähne, nur schmächtig und zierlich und lassen nicht auf besondere Größe oder starke Musculatur schließen. Nach der Meinung des Herrn Dr. Hüen gehören die Gebeine einer männlichen Leiche an. Nach den Zähnen stand der Beigesetzte im mittlern Mannesalter.
Neben dieser Leiche war wahrscheinlich eine zweite Leiche beigesetzt, welche verbrannt war. Es fand sich eine leider zertrümmerte, ziemlich große, hellbraune, thönerne Urne, welche ungefähr die Gestalt der Urnen der Kegelgräber hatte, wie sie in Jahrb. XI, S. 357 abgebildet sind; der Boden ist sehr dick und der untere Theil der Außenfläche ist noch nicht mit geschlämmtem Thon überzogen. Dabei wurden viele zerbrannte Menschengebeine gefunden. Die Knochen sind, wie gewöhnlich die Knochen von verbrannten Leichen, durch das Feuer in kleine Stücke zersprengt, welche weiß oder bläulich, hart und hellklingend sind, während die Gebeine der unverbrannt beigesetzten Leichen sehr morsch und faserig sind. Nach den Knochenresten, namentlich nach einem Stücke von dem Schädel, welches noch dünne ist, gehörten diese Knochen einem noch jugendlichen Menschen. Bei der Urne fand sich eine schwarze Steinplatte, 2 Fuß im Quadrat groß und 4 Zoll dick; wahrscheinlich hatte auf dieser die Urne gestanden. Außerdem fand sich noch eine zweite Steinplatte, 3/4 Fuß im Ouadrat groß und kaum einen Zoll dick, mit welcher die Urne zugedeckt gewesen war; sie war auf der untern Seite 2 Linien dick mit einer schmierigen röthlichen Masse bedeckt, welche nach mikroskopischen Untersuchungen aus Sand, Eisen =
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ocker und organischen Theilen, wie Fett, Blut
., bestand. Wahrscheinlich war
diese Urne mit der verbrannten Leiche in einer
kleinen Steinkiste, wozu die beiden Steinplatten
gehören, neben der unverbrannten Leiche
beigesetzt. Andere Alterthümer, welche wohl
vorhanden waren, sind nicht aufgefunden; sie
sind wohl entweder unbeachtet verworfen oder
liegen noch irgendwo in dem noch stehenden Reste
des Grabes.
Nach den unverbrannten Gebeinen zu schließen, muß das Grab sehr alt sein, da die Gebeine sehr morsch sind.
Dieses große Grab wird dadurch wichtig, daß in demselben eine Leiche unverbrannt gefunden ist; dadurch reiht sich dieses Grab an die drei großen, alten Gräber von Ruchow, Schwaan und Dabel, in welchen ähnliche Verhältnisse beobachtet sind. Ueber diese seltenen Kegelgräber mit unverbrannten Leichen vgl. man Jahrbücher XXII, S. 285.
G. C. F. Lisch.