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IX.

Geistliche Lieder

auf die Wahlsprüche mehrerer

Glieder des meklenburgischen Fürstenhauses.

Mitgetheilt

von

Wiechmann = Kadow.


N achdem durch die Reformation der Kirchengesang in deutscher Sprache zur allgemeinen Geltung gelangt war, entstand auch bald die Sitte, geistliche Lieder zu dichten, deren Strophenanfänge den Namen einer fürstlichen Person wiedergeben. Diese sogenannten Namenlieder, welche ziemlich zahlreich vorhanden sind, stellt Gödeke in seinem Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung, 1857, §. 129, zusammen und bemerkt dabei mit Recht, daß solche Gedichte keineswegs von denjenigen Personen herrühren, deren Namen sie akrostichisch darbieten. Später traten die Wahlsprüche (Symbola) der Fürsten und Fürstinnen an die Stelle der Namen, und es entstand eine große Reihe Symbollieder, die entweder einzeln in die gewöhnlichen Gesangbücher aufgenommen wurden, oder als besondere Sammlungen erschienen. Man vgl. Gödeke a. a. O. §. 129, 10 - 17.

Für uns haben drei jener Symbollieder ein näheres Interesse, nämlich die Lieder auf den Wahlspruch

des Herzogs Ulrich von Meklenburg († 9. Febr. 1603): Herr Gott Verleih Uns Gnade,

der Königin Sophie von Dänemark, Tochter des Herzogs Ulrich († 4. Oct 1631): Gott Verläßt Die Seinen Nicht,

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der Herzogin Elisabeth, (ersten) Gemahlin des Herzogs Ulrich († 15. Oct. 1586): Alles Nach Gottes Willen.

Das erste Lied, von Wilhelm Bidenbach gedichtet, findet sich in Heubolt's Allerhand Trostreiche vnd in Reymen verfaßte Spruch vnnd Gebetlein, 1596 und 1620 1 ), im barther Gesangbuche von 1591 und im greifswalder Liederbuche von 1592 2 ).

Das zweite Lied, dessen Dichter sich E. J. Rerauius nennt, kommt in dem Lübecker Gesangbuche von 1577 3 ) und in den beiden eben erwähnten pommerschen Liederbüchern vor.

Das dritte Lied kenne ich nur aus den Nachrichten, welche Oelrichs in seinem Beytrag zur Geschichte der Buchdruckerey zu Bard, Bützow u. Wismar, 1764, S. 8 flgd. über das jetzt verschollene barther Gesangbuch von 1591 giebt 4 ). Es heißt dort:

Nr. CXXXI. Ein Lied auf der hochgebornen Fürstin, Frau Elizabethen seligen, gemeltes Hertzog Ulrich erste Gemahlin Reim: Alles nach Gottes Willen.

Vers 1: Alles was ich hie bin und hab
" 2: Nach weltlicher Ehr und großer Pracht
" 3: Gottes Geist, gnad, hülff, Trost und heil
" 4: Willen und Hertz, gib mir mein Herr. 5 )

Es folgen nun die beiden ersten Lieder nach dem greifswalder Gesangbuche 6 ) in unverändertem Abdrucke; nur die Verszeilen sind hergestellt, und ist die nöthige Interpunction hinzugefügt.


1) Wackernagel, Bibliographie d. deutschen Kirchenliedes, 1855, Nr. 1041, und Gödeke a. a. O. §. 129, 13.
2) Wackernagel Nr. 1022.
3) Gödeke §. 129, 10.
4) Auch Cless, Elenchus consumatissimus, 1602, II, S. 91 führt das barther Liederbuch von 1591 auf.
5) Die von mir deshalb befragten Hymnologen Wackernagel und Geffcken kannten das Lied auch nicht.
6) Von dem greifswalder Gesangbuche (gedruckt durch Augustin Ferber zu Greifswald. 1592) existirt nur das nicht ganz vollständige Exemplar der Universitäts=Bibliothek zu Greifswald.
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Hertzog Ulrichs zu Mechelnburg
Symbolum oder reim:
HERR GOTT VERLEIHE
UNS GNAD.

HERR GOTT, Vater unnd Heiland mein,
Wie sol ich dich preisen
Für all Wolthat vnd Gaben dein,
Die du mir hast lassen weisen!
Ich bitte dich,
Erleuchte mich,
Daß ich hie möchte geraten
Nach deim Wort schlecht,
Dich preisen recht;
Dazu, Herr Gott, verley vns gnad.

VERLEIHE mir den heilgen Geist,
Das ich zum letzten ende
Auffs ewig Leben gedencke meist,
Damit mich nicht abwende,
Was Weltlich ist
Vnd Teuffels list.
Hilff das ich nicht vberlade
Den Leichnam mein
Mit Geitz vnd Wein;
Dazu, Herr Gott, verley vns gnad.

UNS ist doch nötig Weltlich Gut
Zu erhaltung dieses Lebens,
Drumb bitte ich mit freyem muth,
Du wolst vns gnade geben.
Was mir ist nütz,
Mich auch beschütz
Für vnglücke, schand vnd schad,
Für allem vnfall
Behüt vns allzeit;
Dazu, Herr Gott, verley vns gnad.

GNAD, hülff vnd beystand gib du mir,
Dieweil hie ich sol leben,
Das ich dem Volck, welchs du ja mir
Auß miltigkeit hast geben,
In gerechtigkeit
Vnnd friedsamkeit
Regieren könne mit gnaden.

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Damit dein Ehr
Gemehrt werd;
Dazu, Herr Gott, verley vns gnad 1 )

Der Hochgebornen Fürstinnen Fr. Sophia, Königlichen
Witwen in Dennemarcken reim:

GOTT VERLEST DIE
SEINEN NICHT. 2 )

GOTT ist mein Heil, Glück, Hülff vnnd Trost,
Mein hoffnung vnd vertrawen;
Er hat mich durch sein Sohn erlöst,
Auff jn wil ich fest bawen.
Er hilfft mir auß aller noth
Vnnd steht mir bey im Leben vnd Todt.
Drum hab ich diese zuuersicht
Vnd bins bericht,
Das Gott verlest die seinen nicht.

VERLEST mich Welt, Freund, Hab vn Gut
Vnd was sonst ist auff Erden,
So glaub ich doch mit freyem muth,
Von Gott sol mir hülff werden.
Er wil vns weder hie noch dort
Verlassen, wie er vns im Wort
Durch seinen lieben Sohn zuspricht;
Es treugt vns nicht,
Denn Gott verlest die seinen nicht.

DIE SEINEN hat der liebe HERR
Allzeit auß noth gerissen,
Wie Daniel vnd andere mehr
Thun offenbar zuwissen.
Der fromme Joseph war in noth,
Moses deßgleichen,
Aber zu Gott hatten sie all jr zuuersicht;
Dz band zerbricht,
Den Gott verlest die seinen nicht.


1) Der Name des Dichters findet sich nach Gödeke in Heubolt's Sammlung.
2) Die Königin Sophie verband mitunter ihren Wahlspruch mit dem ihres Gemahls, des Königs Friedrich II. von Dänemark, also: Trew ist wiltbrett, aber gott verlest die seinen nicht.
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NICHT mehr beger ich hie von Gott,
Denn das ich mög erwerben
Ein ehrlich leben nach seinem Gebot
Vnd darnach selig sterben;
Das ich hie leb nach seinem Wort,
Also das ich auch lebe dort,
Wen er wird kommen zum Gericht,
Damit man sicht,
Das Gott verlest die seinen nicht. 1 )


Schließlich sollen aus dem greifswalder Gesangbuche noch folgende bei Gödeke fehlende Namen= und Symbollieder erwähnt werden.

Ein Lied auff des Durchleuchtigen, Hochgebornen Fürsten vnd Herrn, Herrn Ernst Ludwigen, Hertzogen zu Stettin Pommern, etc. . Hochseligen gedechtniß Namen, von S. F. G. gelassenen Fürstlichen Widwen, der Durchleuchtigen Hochgebornen Fürstin vnd Frawen Sophia Hedwig, gebornen zu Braunswig etc. . gemacht.

Die Strophenanfänge geben:

VON GOTTS GNAD ERSNT LUDWICH HERTZOG ZV STETTIN POMMEHRN.
Herrn Bugslaffen, Hertzog zu Stettin Pommern Symbolum: HILF MIR MEIN GOTT, Im thon, Ein feste Burgk.

Herrn Ernst Ludwigen Weiland, Hertzogen zu Stettin Pomern, hochseliger gedechtnuß, Symbolum gesangsweise, Im thon, Erzürn dich nicht du frommer Christ: WER GOTT VERTRAWT HAT WOL GEBAWT.

Alle diese Lieder bilden im greifswalder Gesangbuche einen besonderen Abschnitt mit der Ueberschrift: Folgen etlicher Könige vnd Herrn Christliche Lieder (Bl. 352-365).

Vignette

1) Der Dichter wird im lübecker Liederbuche von 1677 genannt.