zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 341 zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

II.

Erläuterungen

über

die Grabplatten von Ziegeln

in der Klosterkirche zu Doberan,

vom

Archivrath Dr. Lisch,
großherzoglich meklenburgischen Conservator.


Mein verehrter Freund, der Herr Geheime=Regierungsrath von Quast, auf und zu Radensleben bei Ruppin, Conservator der geschichtlichen Kunstdenkmäler des preußischen Staates, correspondirendes Mitglied unsers Vereins, hat die doberaner Ziegelgrabplatten seiner besonderen Aufmerksamkeit

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 342 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

für würdig gehalten und den vorstehenden Aufsatz in der von ihm und Otte herausgegebenen "Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst", Bd. II, S. 28 - 33, mit einer Abbildung der doberaner Grabplatten in Stahlstich herausgeben; er hat ferner nicht nur den Wiederabdruck dieses Aufsatzes in unsern Jahrbüchern für angemessen gehalten, theils um ihn weiter zu verbreiten, theils um mir "Veranlassung zu geben, mich über diesen Gegenstand zu äußern, wenn ich nicht ganz mit seinen Annahmen übereinstimmen sollte", sondern auch bie große Freundlichkeit gehabt, 450 Exemplare des Stahlstiches unserm Vereine für dessen Jahrbücher zum Geschenke zu verehren und den Verein zum allergrößten Danke zu verpflichten.

Ich habe daher den v. quast'schen Aufsatz nicht allein wieder abdrucken lassen, sondern mache auch von der Erlaubniß meines Freundes Gebrauch, mich in freundschaftlicher Weise über seine Ansichten zu äußern, da meine Erfahrungen über die meklenburgischen Fürstengräber in Doberan von großer Wichtigkeit für die Landesgeschichte sein dürften.

Ich habe zu beweisen gesucht, daß die in Rede stehenden gemusterten kleinen Ziegel aus der Zeit der ersten Erbauung der großen Kirche zu Doberan stammen und noch dem Ende des 12. Jahrhunderts angehören können. Der Hauptinhalt des v. quast'schen Aufsatzes zielt dagegen dahin, die Ansicht geltend zu machen, daß

"die in Hovedöe und Doberan gefundenen gemusterten Ziegel an ihrer jetzigen Stelle nicht vor dem 14. Jahrhundert gelegt sein können, da diese Ziegel nirgends mehr an der Stelle eines Gebäudes liegen, welches noch dem 12. Jahrhundert angehörte, vielmehr durchgehend an solchen, die anerkanntermaßen jünger sind".

Dieser Grund trifft nicht zu, da die allerneueste Baugeschichte uns eines andern belehrt. Die kleinen gemusterten Ziegel liegen, mit Ausnahme der Grabplatten, nicht mehr da, wo sie ursprünglich gelegen haben, sondern sind in früheren Zeiten, als man nicht das geringste Verständniß von alter Baukunst und Bau=Denkmälern hatte, ganz willkührlich von unwissenden, wenn auch wohlmeinenden Maurergesellen dahin gelegt, wo sie jetzt liegen. Jetzt liegen sie, außer auf den besprochenen Gräbern nur noch auf dem etwas erhöheten, beschränkten Altarraume, welcher allerdings in dem polygonen Chorschlusse liegt, der erst um die Mitte des 14. Jahrhunderts erbauet ist und erbauet sein kann. Hierher sind sie aber erst

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 343 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in neuern Zeiten gelegt worden, weil man sie doch für absonderlich hielt, ohne eine Ahnung von ihrer Wichtigkeit zu haben. Sie lagen überall gruppenweise zerstreut im Fußboden des ganzen Chores; man brachte endlich die letzten Ueberreste zusammen und pflasterte damit den Fußboden dicht um den Hochaltar, ohne Wahl und ohne ein bestimmtes Muster herzustellen. Ich habe die von dieser Umlegung noch übrig gebliebenen Reste, welche auf dem Altarraume nicht untergebracht werden konnten, überall in der Kirche umherliegen gesehen und davon manche Stücke für die großherzoglichen Sammlungen gerettet. In den Ecken und Winkeln des hohen Chores saßen früher noch einzelne ganze und halbe Ziegel dieser Art, die man nicht ausgebrochen hatte, weil sie grade die Winkel bequem füllten. Ich habe bei den Restaurationsbauten in Doberan viel mit dem alten Maurergesellen verkehrt, welcher die Umlegung ausgeführt und mir wiederholt alles genau erzählt hat. Und solche Umlegungen sind nicht etwa ein Mal, sondern wiederholt geschehen. Ich selbst habe bei den Arbeiten an den fürstlichen Begräbnissen manche Umlegungen vorgenommen, welche nicht die ersten waren. Es ist also auf die jetzige Lage dieser gemusterten Ziegel gar nichts zu geben; man muß vielmehr tiefer in die Erde hinabsteigen.

Man muß sich die Umstände nur so denken, wie sie in alten Zeiten wirklich gewesen sind. Ohne allen Zweifel waren nach vielen Spuren und nach den Traditionen, wie es auch die Sache selbst mit sich brachte, in alten Zeiten der ganze Chor und die Kreuzschiffe, vielleicht die ganze alte Kirche, zu Doberan mit den kleinen gemusterten Ziegeln gepflastert, und zwar ebenfalls ohne Zweifel in bestimmten passenden Mustern, wie man es noch im nördlichen Frankreich sieht. Als aber am Ende des 13. und Anfange des 14. Jahrhunderts das Begraben unter Leichensteinen Mode ward und immer mehr einriß, wurden die alten Kirchenpflaster unzählige Male aufgerissen, die Muster zerstört, die Pflasterziegel verkannt und endlich als unbequeme Materialien ganz verworfen. Ich selbst habe oben in dem Grabe des meklenburgischen Fürsten Heinrich des Löwen die jungen Gebeine vieler doberaner Einwohner gefunden, für welche also die Grabplatten aufgenommen werden mußten. Ein Glück ist es, daß die Leichen der alten fürstlichen Personen in der Kirche zu Doberan 5 Fuß tief in dem stark wasserhaltigen "Sogsande" des Grundes begraben liegen, so daß sie von jüngern Begräbnissen, welche lange so tief nicht gingen, stets völlig unberührt geblieben sind, wie schon die

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 344 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wohl erhaltenen, aus Ziegeln aufgemauerten Sarkophage, in denen die Gerippe liegen, beweisen.

Auch der Umbau der Kirche in jüngern Zeiten scheint mir durchaus kein Beweis für das jüngere Alter der gemusterten Ziegel zu sein. Die doberaner Kirche, wie sie jetzt besteht, ist allerdings im 14. Jahrhundert umgebaut und im J. 1368 als gänzlich vollendet eingeweihet worden. Diese Spitzbogenkirche war aber keinesweges eine neue, auch keine größere Kirche, als die alte, sondern sie ward nur erhöhet und allein um den polygonen Chorschluß, d. h. um den eigentlichen Altarraum und den Umgang um denselben, verlängert. Man bauete überhaupt im 14. Jahrh. wohl nicht häufig ganz neue Kirchen, sondern man erhöhete sie gewöhnlich nur und gestaltete sie in neuem Styl um und benutzte dazu die alten Fundamente, Pfeiler und Mauern, so gut es gehen wollte. In der Kirche zu Bützow, welche ebenfalls um das J. 1368 einen polygonen Chorschluß erhielt und aus drei ganz verschiedenen Gebäuden besteht, kann jeder deutlich sehen, wie man den alten niedrigen Chor bis zur Höhe der zu beiden Seiten stehenden jüngern Bauten erhöhete. Auch die Kirche zu Doberan giebt ein redendes Zeugniß von der Erhöhung der Kirche. Die ganze Südwestecke der Kirche ist noch das alte romanische Kirchengebäude mit Rundbogenpforte und Rundbogenfries, ohne Granitsockel und ohne Strebepfeiler, welche erst in jüngern Zeiten nach Abbruch des Kreuzganges angesetzt sind; in der Nordostecke liegt der Fürst Pribislav begraben, dessen Leiche erweislich hier im J. 1219 eingesenkt ward. Wir haben hier also zwei uralte Ecken, welche den größten Durchmesser der Kirche bezeichnen und unwiderleglich beweisen, daß die alte Kirche, mit Ausnahme des Chorschlusses, grade so groß war, als die jetzt noch stehende Kirche, und daß die neue Kirche von 1368 nur auf den Ringmauern und Pfeilern der alten Kirche erhöhet und verdickt ist. Der hohe Chor, mit Ausnahme der jetzigen Altarstelle, ist also seit der Gründung der Kirche die Stelle des hohen Chores, und die Leichen des Fürsten Heinrich des Löwen und der Fürstin von Werle liegen auf dem alten Chore, früher näher vor dem ehemaligen Altare, da der alte romanische Chor ohne Zweifel viel kürzer war.

Der Chor war wohl sicher schon zu der Zeit der romamanischen Bauperiode mit den kleinen gemusterten Ziegel gepflastert. Hierauf deutet schon das Grab des Fürsten Heinrich des Löwen, welcher im J. 1329, also 40 Jahre vor der Vollendung der jetzigen gothischen Kirche, starb und hier be=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 345 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

graben ward. Dies giebt zugleich den Beweis, daß man selbst bei bedeutenden Umgestaltungen die alten Baulichkeiten nach Möglichkeit unberührt ließ.

Aber gerade das Grab des Fürsten Heinrich des Löwen giebt mir einen sicheren Beweis für das hohe Alter der gemusterten Ziegel. Man irrt gewiß sehr, wenn man annimmt, die jetzigen sogenannten "Grabplatten", was sie jetzt in dem kahlen, schlichten Fußboden auch geworden sind, seien ursprünglich zu "Grabplatten" angelegt. Im Gegentheile besteht die Bezeichnung des Grabes Heinrichs des Löwen nur in dem um die Grabstätte gelegten sehr schmalen Inschriftrande und den eingelegten Wappenziegeln. Die innerhalb des Inschriftrandes liegenden kleinen, gemusterten Ziegel sind nur Reste des alten Fußbodens, der auch um das Grab lag, also älter ist, als das Grab. Alle anderen gemusterten Ziegel umher sind verschwunden; der Inschriftrand, welcher ein Grab bezeichnete und die Ueberlieferung lebendig erhielt, rettete die Ziegel innerhalb des Inschriftrandes und machte sie zu "Grabplatten". Es scheint mir also klar zu sein, daß die gemusterten Ziegel älter sind, als die erhöheten Ringmauern der Gebäude, in denen sie jetzt liegen. Die Inschriftränder allein haben die Grabstellen geschützt. Es lebte in Doberan eine einfache Tradition, welcher auch ich bei der Aufnehmung der Gräber gefolgt bin: man machte niedrige Holzkasten und legte die aufgenommenen Ziegel in derselben Ordnung, um sie nachher in derselben Ordnung wieder in die Erde legen zu können; dabei kam es aber nie darauf an, daß man abgetretene Steine verwarf und an andern Stellen des Chores besser erhaltene Stücke ausbrach, um sie zu den "Grabplatten" zu verwenden. So erhielt sich die Bezeichnung der Grabstätten Jahrhunderte lang durch die Tradition. Aber auf die jetzige Anordnung der einzelnen Steine ist nichts zu geben, und es ist die große Frage, ob die Legung in Kreuzmustern etc. . aus alter Zeit stammt, oder nicht vielmehr eine neue Erfindung ist.

Viel wichtiger, als das, was, mit Ausnahme der Inschriftziegel und Wappenziegel, oben im Fußboden liegt, ist das, was in der Tiefe der Gräber gefunden ist: die Ziegelsarkophage in großer Tiefe mit den Gerippen und die beim Begraben der Leichen und beim Einsturze der Särge schon in alten Zeiten in die Tiefe gesunkenen Stücke der Grabbezeichnungen. Und hier muß ich wiederholt eine Erfahrung geltend machen, welche mir wichtiger ist als alle andern Andeutungen. Der Fürst Pribislav, der christliche Stammvater

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 346 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der Fürsten von Meklenburg, fiel im J. 1178 auf einem Turniere zu Lüneburg und ward dort in dem Michaeliskloster auf dem Kalkberge beigesetzt. Nach der Unterdrückung des Aufstandes der Wenden und nach Herstellung der Ruhe und gesetzlichen Ordnung bestätigte sein Sohn Borwin im J. 1218 das Kloster Doberan, dessen Kirche schon so weit im Bau vorgerückt war, daß er die Leiche seines Vaters im J. 1219 nach Doberan versetzen konnte; die alte Kirche, auf deren Fundamenten die neue steht, konnte im J. 1232 als ganz vollendet eingeweihet werden. Da man beim Kirchenbau von Osten gegen Westen vorschritt, so läßt sich wohl annehmen, daß im J. 1219 bis 1232 das Schiff und die innere Einrichtung ausgeführt wurden. Diese Ansicht wird dadurch begründet, daß an das südliche Kreuzschiff der Kreuzgang mit dem Refectorium angebauet war, dessen noch in Ruinen stehende Mittelwand den reinen Rundbogenstyl zeigt, und daß im nördlichen Kreuzschiffe Pribislav begraben ward. Bei dem Grabe Pribislav's machte ich aber eigenthümliche Erfahrungen. Das Grab hatte früher einen mit einer Messingschnittplatte belegten Leichenstein gehabt; Pribislav's Leiche lag an 6 Fuß tief unter dem Fußboden der Kirche in einem Ziegelsarkophage. Ueber diesem Sarkophage war die Erde ganz rein, also ein Beweis, daß diese Stelle immer besonders geachtet gewesen und daß an derselben in jüngern Zeiten niemand begraben war. In der Tiefe der Gruft außen an dem Ziegelsarkophage lagen nun viele von den gemusterten Ziegeln, welche je 2, 3, auch 4 Stück zusammen in Kalk gelegt und noch fast ganz neu und glänzend in der Glasur waren. Diese Stücke hatten bei dem Begräbnisse Pribislav's sicher die Ränder der Gruft gebildet und waren beim Hinablassen des Sarges losgebrochen und getreten und in die Tiefe gefallen. Da das Grab Pribislav's völlig unberührt war, so läßt sich nichts anders denken, als daß beim Begräbnisse Pribislav's 1219 der Fußboden aus den kleinen gemusterten Ziegel schon lag. Ich habe dies alles in den Jahrbüchern XIX, S. 342 flgd. und S. 157 flgd. und XXII, S. 206 flgd. ausführlich beschrieben nnd begründet.

Eben so wichtig ist auch der ganze Styl und die Technik dieser gemusterten Ziegel, welche jedenfalls älter find, als das 14. Jahrhundert. Im 14. Jahrhundert ging man wohl viel derber und kräftiger zu Werke und folgte nicht mehr jener feinen Zeichnung, welche der alten Miniaturmalerei nicht unähnlich ist.

Ich kann mich daher von der Ansicht nicht lossagen, daß

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 347 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

die gemusterten Ziegel aus der Zeit der Erbauung der ersten Kirche zu Doberan stammen, älter sind als 1219 und dem Anfange des 13., vielleicht dem Ende des 12., Jahrh., wenn auch nur in der Tradition der Technik, angehören.

Nachdem ich meine Ansichten und Erfahrungen niedergelegt habe, muß ich zum Schlusse noch einige Einzelheiten berühren.

In der westlichen Hälfte des Chores, also in angemessener Entfernung vor dem Hochaltare der ehemaligen romanischen Kirche liegen: nördlich der Fürst Heinrich der Löwe, südlich die Gemahlin des Fürsten Nicolaus von Werle neben einander begraben. Genau zwischen beiden Gräbern steht jetzt der Granitsarkophag des Großherzogs Friedrich Franz I. Weiter gegen Osten, ungefähr in der Mitte des Chors, liegt in der Mittelaxe der Kirche eine dritte "Grabplatte" aus kleinen gemusterten Ziegeln. V. Quast sagt S. 32 (oben S. 340): "es ist immer auffallend, daß keines der beiden jetzt vorhandenen Gräber (zu beiden Seiten des Sarkophages) sich in der Mittelaxe der Kirche befindet", und: "es ist zu bedauern, daß Lisch nicht das Ergebniß seiner Aufgrabungen an dieser Stelle mitgetheilt hat". Ich habe im J. 1843 zur Fundamentirung des schweren Granitsarkophages für den Großherzog Friedrich Franz I. das westliche Ende des Chores ganz aufgedeckt und dabei die Stelle für den Granitsarkophag sehr tief ausgraben lassen, da er stark fundamentirt werden mußte. Die Ergebnisse der beiden Gräber neben dem Sarkophage habe ich in Jahrb. IX, S. 429 flgd. ausführlich beschrieben. An der Stelle, wo der Granitsarkophag steht, also in dem ganzen Raume zwischen den beiden Gräbern, ward bis zu großer Tiefe gar nichts gefunden. Deshalb habe ich auch nicht darüber gesprochen; sonst würde ich genau darüber berichtet haben. Es ist also an dieser Stelle sicher kein altes Begräbniß gewesen; vielleicht hat hier irgend ein kirchliches Geräth gestanden, welches die Stelle so lange geschützt hat; da der Laienaltar nicht weit davon im Westen stand. Daß eines der beiden Gräber nicht in der Mittelaxe der Kirche liegt, darf wohl gerade nicht auffallen. Auch im Dome zu Güstrow liegt der Stifter desselben Heinrich Borwin II. († 1226) nicht in der Mittelaxe der Kirche auf dem Chore, sondern gegen die Mitte des Raumes südlich von demselben.

Die dritte "Grabplatte" in der Mitte des Chores, nach dem Altare hin, unter welcher der Herzog AIbrecht II. begraben sein soll, wie mir der frühere Küster erzählte, halte ich für gar keine Bezeichnung eines Grabes, da sich in der Tiefe

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 348 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

keine Spur von einem Begräbnisse, sowohl unter der Platte, als umher befand und auch keine Inschrift darauf hindeutet. Ich halte jetzt die Platte gar nicht für eine Bezeichnung eines Grabes, sondern nur für eine willkührliche Zusammenstellung und Begrenzung von gemusterten Ziegeln, welche vielleicht vor längerer Zeit an dieser Stelle noch zusammenlagen. Der Herzog Albrecht II. wird nach allen Andeutungen wohl in der allgemeinen fürstlichen Begräbnißstätte im nördlichen Kreuzschiffe begraben sein. Jedenfalls ist aber die etwa zu dieser Platte gehörende Leiche nicht zwischen den beiden andern Begräbnissen zu suchen und die Platte nicht gegen Osten gerückt worden, da, wie so eben gesagt ist, zwischen den beiden Gräbern keine Spur von einem Begräbnisse zu finden war.

Was die Inschriften auf den beiden Gräbern betrifft, so muß ich an meiner letzten Lesung festhalten. Die Alten haben wohl schwerlich gegen das Sylbenmaaß des leoninischen Hexameters gefehlt, und außerdem zeugen ältere Abschriften für die Richtigkeit der Lesung. Ueber die Gemahlin des Fürsten Nicolaus von Werle läßt sich wohl nicht eher etwas Besseres sagen, als bis die Grabstätten der wendischen Fürsten festgestellt sind, was mit der Zeit wohl gelingen dürfte.

Die Glasur der gemusterten kleinen Ziegel ist nie eine "dunkle" sondern stets eine durchsichtige Glasglasur. Die dunkle porphyrartige Farbe der meisten Ziegel rührt von einem auf den rothen Ziegel aufgelegten, dunkel gefärbten Thongrund her, in den die weißen Figuren eingelegt sind; darauf ist die ganze Fläche mit einer durchsichtigen oder Glas=Glasur überzogen.

Endlich bemerke ich, daß der freilich nur noch in den Umrissen deutliche Ziegel mit dem Helme der Fürsten von Meklenburg ganz richtig steht. Ich gebe hier wieder die Umrisse, in welche im Innern einige auf dem Originale noch zu verfolgende Linien zum bessern Verständniß eingetragen sind.

Ziegel mit Helm

v. Quast meint, "es seinen noch Spuren des Helms, der von zwei Büffelhörnern überstiegen wird, zu erkennen, doch scheine

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 349 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

"der Stein gegenwärtig nicht in richtiger Lage sich zu befinden, da jene Helmzier, sich an der Oberseite befinden mußte". Der eigenthümliche Helm der fürstlichen Linie von Meklenburg ist unter den Fürsten Heinrich I und II. von der zweiten Hätfte des 13. Jahrh. bis gegen die Mitte des 14. Jahrh. ein rechts, gekehrter Helm, auf welchem ein von der Seite zu sehender, ausgebreiteter Pfauenwedel steht, vor welchem auf dem Helme in Schirmbrettern der meklenburgische Schild liegt, welcher nur halb zu sehen ist. Der Helm steht aufrecht, rechts gekehrt zwischen b und c; nach a hinauf steht der Pfauenwedel. Die nach c hin sichtbare Einbiegung wird also nicht durch zwei "Büffelhörner" gebildet, sondern der obere Theil der Krümmung a - c ist der hintere Theil des nach hinten hinabwallenden Pfauenwedels, der untere Theil der Krümmung nach c hinauf ist die hinauf wehende Spitze der Helmdecke.

Es freut mich, daß mein hochverehrter Freund v. Quast mich durch seine Einwürfe veranlaßt hat, mich deutlicher und ausführlicher auszusprechen und tiefer in die Sache einzugehen. Hoffentlich werden diese Verhandlungen zum gemeinschaftlichen Verständniß beigetragen haben. Jedenfalls aber ist der Verein dem Herrn v. Quast für die werthvolle Mittheilung zum großen Danke verpflichtet.

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite