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Der wendische Burgwall von Barth.
Die wendischen Burgwälle Pommerns sind bei einer verhältnißmäßig reichen Geschichte wohl alle durch schriftliche Nachrichten, zum Theil auch noch durch ihre Lage und Beschaffenheit bekannt; so viel ich aber weiß, sind sie noch nicht von Seiten der Alterthümer untersucht und bestimmt, obgleich dies bei vielen von hohem Interesse wäre, z. B. bei dem viel besprochenen Julin, dessen Burgwall doch noch zu finden sein dürfte. Es war von Wichtigkeit, einen wendischen Burgwall in der Nähe Meklenburgs zu untersuchen, um über dessen Grenzen hinaus die wendische Eigenthümlichkeit zu verfolgen und zu bestimmen, und hiezu gab die in der norddeutschen und auch in der meklenburgischen Geschichte oft genannte Stadt Barth willkommene Veranlassung, deren Burg zur Wendenzeit wiederholt erwähnt wird. Bei der Stadt Barth liegen mehrere alte Burgwälle.
Südlich nahe bei der Stadt, in Wiesen, welche von Festland umgeben sind, liegt ein großer mächtiger Burgwall, welcher bei den Einwohnern den Namen "Alte Burg" trägt. Auf diesem Burgwall ist keine Spur von Alterthümern irgend einer Art je gefunden und zu finden. Dies berichtet der verstorbene geschichtskundige Burgemeister Oom zu Barth in seiner Geschichte der Stadt Barth, S. 3, und mündlich dessen Schwiegersohn, der Herr Holst zu Barth, welcher als Naturforscher diesen Berg häufig untersucht hat; auch ich habe bei einer Untersuchung in Begleitung des Letzteren keine Spur von Ueberresten der Vorzeit entdecken können, obgleich die Gelegenheit sehr günstig war, da der Berg als Grandgrube benutzt, nach und nach abgegraben und in nicht sehr ferner Zeit verschwunden sein wird. Dieser Burgwall war eine Residenz der Fürsten von Rügen, jedoch schon bei deren Aussterben verlassen, da er schon im J. 1325 an die Stadt verkauft war und die Landesherrschaft einen Hof (curia) in der Stadt an der Stelle des jetzigen Klosters besaß (vgl. Oom a. a. O. S. 33 flgd.). Auch der Dr. v. Hagenow kennt diesen Wall, indem er ihn auf seiner Karte von Neu=Vorpommern, fünfte Auflage, 1856, südlich von der Stadt unter dem Namen "Schloßberg" verzeichnet.
Nördlich bei der Stadt liegt ein zweiter Burgwall. Nördlich von der Stadt, von der Schiffbauerei aus, streckt sich eine sumpfige Landzunge in das Binnenwasser der Ostsee, den
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Barther Bodden. Auf der letzten Spitze dieser
Landzunge liegt ein sehr großer, hoher Burgwall
in der Gestalt eines regelmäßigen Oblongums,
ungefähr wie der Burgwall von Meklenburg
gestaltet, jedoch etwas niedriger. Er ist von
drei Seiten vom Meerwasser mit etwas sumpfigem
Vorland umgeben, nach der Landseite geht der
Zugang durch Wiesengrund. Dieser Wall trägt bei
den Einwohnern den Namen "Burgwall".
Auch dieser Wall wird gegenwärtig abgetragen,
theils um den ziemlich weiten Weg zum Festlande
zu erhöhen, theils um die angrenzenden
Wiesenbuchten zu verbessern; er mag jetzt schon
zu 1/3 oder 1/2 abgetragen und wird
wahrscheinlich bald ganz verschwunden sein.
Durch die Abtragung ließ sich aber die
Beschaffenheit leicht und genau untersuchen. Der
ganze Burgwall ist aus verschiedenartiger Erde
künstlich aufgetragen. Die Oberfläche, oben auf
und tiefer in die Erde hinein, ist mit
zahlreichen Gefäßscherben aus der Wendenzeit,
Thierknochen, gebrannten Lehmstücken
. bedeckt. Die Scherben sind nach
heidnischer Weise bereitet, aus Thon, mit Sand
oder zerstampftem Granit durchknetet, bräunlich
und nur gedörrt, und mit den bekannten
Wellenlinien am Rande verziert, mit denen die
Scherben auf alten wendischen Burgwällen in
Meklenburg verziert sind. Dieser
"Burgwall" ist also ohne Zweifel der
öfter genannte wendische. Burgwall von Barth und
mit allen Kennzeichen eines solchen ausgerüstet.
- Hin und wieder finden sich auf demselben auch
die blaugrauen Scherben von Töpfen des
christlichen Mittelalters, ein Beweis, daß der
Burgwall auch noch nach der Wendenzeit bewohnt
war. Oom berührt in seiner Geschichte der Stadt
Barth diesen Burgwall nicht; auf v. Hagenow's
Karte ist er jedoch an der rechten Stelle unter
dem Namen "Burgwall" eingetragen.
Vielleicht ist dieser Burgwall die "Wiek
bei Barth", welche noch im J. 1302 von
Wenden bewohnt war, als der Fürst Wizlav d. ä.
sein Testament machte. ("Item volo, quod
Slavi mei in vico apud Bard eandem libertatem
habeant in omnibus, quam meo tempore
habuerunt". Fabricius Rüg. Urk. I, p. 128.)
Wir haben also gegen Osten hin in diesem Burgwall einen vollständigen wendischen Burgwall, wie gegen Westen hin in dem alten Burgwall von Lübeck an der Mündung der Schwartau in die Trave sich dieselbe Erscheinung wiederholt, so daß man annehmen kann, daß sich die Eigenthümlichkeiten ber wendischen Burgwälle Meklenburgs auch in den benachbarten Küstenländern wieder finden.
Eine Viertelmeile westlich von Barth, am Ufer der Barthe,
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diesseit des Flusses, links am Wege nach dem Barther Holze, findet sich, nach den Entdeckungen und Mittheilungen des Herrn Holst eine dritte wallartige Erhöhung von nicht bedeutender Erhebung, jedoch mit zahlreichen wendischen Gefäßscherben mit den wellenförmigen Linien bedeckt, welche denen auf dem Burgwalle ganz gleich sind. Es war dies also auch ein wendischer Wohnort, vielleicht die alte Stadt Barth für die größere Bevölkerung.
G. C. F. Lisch.