zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 279 zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

b. Zeit der Kegelgräber.


Kegelgrab von Dabel Nr. 3.
(vgl. Jahrb, XXII, S. 279 flgd.)

Neben dem großen, merkwürdigen Kegelgrabe von Dabel Nr. 1, welches der Herr Pastor Böcler zu Gägelow im October 1856 für den Verein aufdeckte, steht, ungefähr 30 Schritte von demselben entfernt, auf derselben Erhebung ein zweites großes Kegelgrab, in gleicher Front gegen Osten, so daß beide Gräber im Zusammenhange zu einander zu stehen schienen. Der Herr Pastor Böcler trug lange den Wunsch, auch dieses Grab im Interesse der Wissenschaft in meiner Gegenwart aufzudecken; dieser Wunsch konnte am 13. und 14. October 1857 erfüllt werden, da ich mich in dieser Zeit zu Gägelow aufhielt. Der Herr Pastor Böcler zu Gägelow übernahm mit großer Bereitwilligkeit alle Lasten und Kosten des Unternehmens und der Herr Erbpächter Schmidt zu Gägelow und der Herr Pächter Dühring zu Pastin stellten eben so bereitwillig Arbeiter zur Hülfe. Die Aufgrabung geschah unter meiner Leitung, unter Beistand des Herrn Erbpächters Wiechmann zu Kadow und der genannten Herren, so wie in zeitweiser Anwesenheit vieler theilnehmenden Männer aus der Umgegend, so daß diese Aufgrabung eine große Anregung hervorbrachte.

Das Grab war dem aufgedeckten Kegelgrabe Nr. 1 sehr ähnlich und fast eben so groß. Es war ein Erdhügel mit fester Rasendecke bewachsen, jedoch auf der Spitze schon etwas abgegraben, da in diesem Hügel früher offensichtlich nach Füchsen gegraben war, wie sich denn auch im Fortschritt der Aufgrabung tief im Innern des Hügels überall Fuchsgänge zeigten. Von Steinen war im Aeußern keine Spur zu entdecken. Das Grab hatte eine kegelförmige Gestalt mit runder Basis, einen Umfang von ungefähr 160 Fuß und noch jetzt eine Axenhöhe von ungefähr 9 Fuß; die früher abgegrabene Spitze mochte 2 bis 3 Fuß betragen haben.

Die Aufgrabung ward im Osten des Grabes mit einem breiten Durchschnitt begonnen und grade gegen Westen hin

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 280 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

durchgeführt; jedoch zeigte es sich im Fortschritte der Arbeit, daß die Bestattung mehr in der Richtung von Südost nach Nordwest angelegt war, weshalb gegen die Mitte hin der Durchschnitt nach Norden hin erweitert werden mußte.

Einige Fuß vom Rande im Osten fand sich bald auf dem Urboden eine Brandstätte: die Erde war stark mit Kohlen und Asche gemischt, unter welchen sich einzelne zerbrannte Knochensplitter zeigten; übrigens fanden sich einzelne Kohlen durch den ganzen Hügel zerstreut. In der Erdschicht unmittelbar über dieser Brandstätte bis zu einem Fuß Höhe fanden sich zerstreut einige größere Stücke menschlicher Gebeine, welche nicht zerbrannt waren, namentlich ein 6 Zoll langes Stück von einem Röhrenknochen, welches von Rauch schwärzlich gefärbt, also wohl nicht vom Leichenbrande ergriffen gewesen war. Nach der geringen Stärke des Knochens scheint dieses Bruchstück einer weiblichen Leiche anzugehören. Hiezu mag denn auch vielleicht stimmen, daß neben diesen Knochen ein röthlich gebrannter Spindelstein von Thon gefunden ward. Dieser Spindelstein hat jedoch eine jüngere Gestalt und scheint, nach der Regelmäßigkeit der concentrischen Ringe, gedreht zu sein. Vielleicht drehte man aber in alter Zeit die Spindelsteine auf einer Spule; vielleicht mag der Spindelstein aber auch durch eine jüngere Bestattung in das Grab gekommen sein. Die Sache ließ sich durchaus nicht genauer erforschen.

Andere Knochen werden durch die Füchse in das Grab gekommen sein, so z. B. ein bearbeiteter Thierknochen, welcher offenbar neu ist.

Die Beisetzung der Gebeine und der Geräthe war in der Mitte des Hügels geschehen. Hier lag 10 Fuß vom Ostrande entfernt auf dem Urboden ein Pflaster von Feldsteinen, 12 Fuß lang und 7 Fuß breit, von oblonger Gestalt. Die vier Seiten waren mit größern Steinen regelmäßig und fest umstellt; die vier Ecken waren ebenfalls von größeren Steinen aufgeführt, so daß die Ecken als Steinpfeiler über den Steinkegel in die obere Erde hinein ragten. Dieses Steinpflaster war 5 Fuß hoch mit fest geschichteten Feldsteinen bepackt, welche seitwärts über das Pflaster hinweg reichten, so daß das Grab im Innern einen großen Steinkegel barg, welcher überall mit Sand kegelförmig bedeckt war. Die innere Einrichtung des Grabes war also dem Innern des Grabes Nr. 1 an Einrichtung und Größe ganz gleich.

Unter diesem Steinhügel, unmittelbar auf dem Steinpflaster waren die verbrannten Leichen und deren Ge=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 281 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

räthe beigesetzt. Die Sachen waren auf die unregelmäßig geformten Steine gelegt und mit eben solchen Steinen belegt, so daß bei der Aufgrabung die Alterthümer in engen Spalten zwischen den Steinen zu liegen schienen. Durch diese Unregelmäßigkeit der Lage waren aber mehrere Alterthümer zerbrochen und schwer zu gewinnen.

Nach den Altherthümern scheinen in dem Hügel zwei verbrannte Leichen auf demselben Steinpflaster beigesetzt gewesen zu sein. Die eine Gruppe von Alterthümern lag im Osten, die andere im Westen auf dem Steinpflaster.

Osten hatten zwei Urnen gestanden, von denen die eine etwas größer war, als die andere. Die Urnen hatten neben einander gestanden; die größere war von der Last der eng gepackten Steine ganz zerdrückt und lag in Scherben breit auf den Steinen; die kleinere war umgefallen und lag wohlerhalten auf der Seite über den Scherben der andern, durch einen außerordentlichen Zufall durch fest an einander geschobene Steine geschützt, welche sie fast berührten und nur wenig beschädigt hatten. Die kleinere Urne enthielt nur Sand und Asche, war also ein cinerarium, wie gewöhnlich. Beide Urnen haben eine kugelige Gestalt, mit kaum merklichem Rande, sind schwarz, glatt und ohne Verzierungen, wie gewöhnlich die Urnen der alten Kegelgräber, welche im Innern große Kegel von kleinen Steinen enthalten. Alle Urnen aus diesen scheinbar gleichzeitigen Gräbern sind unter einander gleich.

Messer von Bronze

Einige Zoll südlich lag neben den Urnen ein sehr schönes Messer von Bronze, von sichelförmiger Gestalt (jedoch keine Sichel), 4 " lang in der Klinge, auf dem Rücken mit kleinen Buckeln und Querstrichen, am Rücken auf der Klinge auf beiden Seiten mit einem erhabenen Zickzackbande verziert. Der dünne, ausgehöhlte Griff, welcher mit Holz bekleidet war, war abgebrochen. (Vgl. den nebenstehenden Holzschnitt.)

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 282 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nicht weit von den Urnen gegen Westen lagen in einer kleinen Höhlung zwischen den fast sich berührenden Steinen mehrere bronzene Alterthümer: zwei voll gegossene, dicke Armringe, ein dünnerer Armring, ein Halsring, ein Hütchen. Alle diese Alterthümer lagen in einer Lücke von kaum einer Faust groß zwischen den Steinen und waren eng in einander geschlungen und geschoben. Der kleine Armring ist vollständig und in seiner Form erhalten; von den beiden dickeren Armringen ist der eine in zwei Stücke zerbrochen und hat alte Rostenden; der zweite ist fast grade auseinander gezogen und an den Enden zerbrochen und war mit einem Ende an den anderen festgerostet; der Halsring war in sehr viele Stücke zerbrochen. Alle Bronzen sind stark gerostet, an vielen Stellen aufgetrieben, der Länge nach häufig gespalten und stark angegriffen, so daß sie dem Leichenbrande ausgesetzt gewesen zu sein scheinen, mit Ausnahme des kleinern Armringes, welcher wohl erhalten ist und vielleicht zu dem Röhrenknochen gehört, welcher sich auf der Brandstätte fand, und von dem Leichenbrande nicht zerstört worden zu sein scheint.

Dieses Begräbniß gehörte nach den Alterthümern offenbar einer weiblichen Leiche. Ist dieses sicher, so würde sich daraus der Schluß ziehen lassen, daß die Hütchen zum Frauenschmuck gehören.

Ungefähr 4 Fuß von den Urnen weiter gegen Westen lagen eben so zwischen die Steine verpackt andere Alterthümer, welche offenbar einer männlichen Leiche angehört haben. Jedoch war keine Spur von Urnen oder Gebeinen zu finden.

Auf der westlichen Seite des Steinpflasters lag ein schöner Dolch von Bronze, mit der Spitze gegen Osten gekehrt, als wenn er mit der Spitze nach unten hangend einer nach Osten schauenden Leiche am Gürtel gehangen hätte. Der Dolch (oder ein ungewöhnlich kurzes Schwert) ist im Ganzen 15 Zoll, die Klinge 11 Zoll, der Griff (ohne Knopf) 2 3/4 Zoll und der Knopf 1 1/4 Zoll lang. Die schmale Griffzunge läuft ohne Nietlöcher in die Klinge über. Der Knopf, welcher noch an die Griffzunge angenietet ist, hat eine rhombische Gestalt und eine öfter vorkommende Verzierung. Der Griff war von Holz gewesen, welches noch fest den hohlen Knopf füllt. Die Klinge war ein Mal durchbrochen ins Grab gelegt, da die Bruchenden alten Rost haben.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 283 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Pfeilspitze aus Feuerstein

Zur rechten Seite des Dolches, etwas über den Knopf hinaus, lagen zwei Pfeilspitzen aus Feuerstein neben einander, mit den Spitzen gegen Westen gekehrt, so daß die Pfeile, wenn sie einer nach Osten schauenden Leiche in die Hand gegeben gewesen wären, mit den Spitzen nach dem Kopfe hin gelegen hätten. Die Pfeilspitzen sind den in den Jahrb. XXII, S. 282 und hier wieder abgebildeten gleich. Auch an diesen Pfeilspitzen war die hölzerne Schäftung noch vollkommen erhalten, an einer sogar noch festsitzend, so lang die feuersteinerne Pfeilspitze ist.

Pfeilspitze aus Feuerstein

Das dünne Holz geht allmählig in die Flächen des mit den Kanten hervorragenden Steins über und hat an beiden flachen Seiten eine sauber und fein eingeschnitzte Rille, in welche noch ein anderes Holz oder Befestigungsmaterial einfassen konnte, wie der beistehende Holzschnitt andeutet. Diese Schäftung, welche noch ganz vollkommen so, wie Sie hier abgebildet ist, erhalten war, ist bei dem hohen Alter des Pfeiles eine gewiß sehr seltene Erscheinung. Die Arbeit ist in jeder Hinsicht vortreffIich. - Durch diese Pfeilspitzen gleicht dieses Grab ganz dem seltenen Grabe Nr. 1 von Dabel.

Ueber den Dolch und die Pfeilspitzen hinaus, am westlichsten Ende des Steinpflasters, also ungefähr am Kopfende einer unverbrannt beigesetzten, nach Osten schauenden Leiche lag, fest zwischen Steine verpackt, ein faustdickes, ungefähr 1 Fuß langes Stück Eichenholz, welches man in dünnern Verhältnissen gegen Westen hin ein Ende lang verfolgen konnte. Allem Anscheine nach war dies eine nach oben gerichtete Keule von Eichenholz gewesen. Es ist noch ein ziemlich wohl erhaltenes, jedoch sehr leicht gewordenes Stück Holz von ungefähr 3 Zoll Länge, 1 Zoll Dicke und 1 1/2 Zoll Breite aus dem Grabe gerettet, allerdings eine große Seltenheit. Dieses Holz, welches unter dem ganzen Steinkegel lag, muß nothwendig bei der Bestattung eingelegt worden sein, weil die eng gefügten Steine keinen Raum zur Durchlassung einer Baumwurzel übrig ließen.

Dieses merkwürdige Grab schließt sich zunächst an das in Jahrb. XXII, S. 279 flgd., beschriebene Grab von Dabel Nr. 1 und fällt mit demselben offenbar in dieselbe Periode. Dies beweisen nicht allein die steinernen Pfeilspitzen und die hölzerne Keule, sondern auch die Beschaffenheit

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 284 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

der in das Grab gelegten, dem Leichenbrande nicht ausgesetzt gewesenen Bronzen: der Dolch ist fast durch und durch von Oxyd durchdrungen und zeigt im Bruche im Innern des Mittelrückens nur noch einen dünnen Streifen röthlichen Erzes; der Rost ist nirgends mehr edel, sondern hat das Erz überall durchdrungen und an vielen Stellen in parallele Flächen gespalten.

Es leidet daher keinen Zweifel, daß dieses Grab zu den ältesten Gräbern der Bronzeperiode gehört und sich den in Jahrb. XXII, S. 286 zur Vergleichung gezogenen Kegelgräbern unmittelbar anschließt.

G. C. F. Lisch.