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3.
Zur Geschichte der Vitalienbrüder,

von

G. C. F. Lisch.

Nachtrag zu Jahrb. XV, S. 51 flgd.


In den Beiträgen zur Geschichte der Vitalienbrüder habe ich in Jahrb. XV, S. 57 und 61 ausgesprochen und zu beweisen gesucht, daß die Hauptleute der Vitalienbrüder, so lange die Gefangenschaft des Königs Albrecht dauerte, meklenburgische Edelleute waren, welche die Befreiung des Königs zu erreichen strebten, und daß die berüchtigten, eigentlichen Seeräuber erst nach der Befreiung auftraten. Dieser Ausspruch wird in seinem ersten Theile richtig sein, leidet jedoch in seinem zweiten Theile wohl eine Beschränkung. Es ist nämlich nicht zu bezweifeln, daß, so lange die Befreiung des Königs beabsichtigt ward, die meklenburgischen Vitalienbrüder in offener, angesagter Fehde eine rechtlich anerkannte Kaperei trieben; es ist aber auch gewiß, daß manche von ihnen auch nach der Befreiung des Königs die Kaperei nicht aufgaben, sondern, wie die berüchtigten Seeräuber, das Handwerk der Seeräuberei noch lange forttrieben. Dies beweiset eine Stelle in Burmeister's Alterthümern des Wismarschen Stadtrechts, S. 85 flgd., welche ich bei meinen Forschungen übersehen hatte. Es heißt nämlich in dem hanseatischen Recesse vom J. 1422:

Item sanden de stede ichtes welk râdessendebôde to der Wismer, umme de Russen dârsulues uptonemende to Lubeke vôr de gemeyne stede. Unde alse do de Russen vôr de stede quêmen, do vrâgeden de gemeyne stede, aldus se hadden wol vornômen, dat en schâde geschên were unde in der Nu berôved weren, dat were ene trûweliche leyt, unde were eres gûdes wes gekômen in de stede efte anderswôr, dâr de stede macht

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ôver.hadden, dâr wolden se en recht ôver geven na der crûcekussinge. Hyr up antworden de Russen unde beclâgeden sick, dat se berôved und genômen worden in der Nu 1 ), dat hadde gedâen Vicke van Vitzen, Hinricus Tamenitze [Tarneuitze?], Vicke Stralendorp unde Wulff Lembeke unde ere medehulpere unde hadden se gevôred van dâr up ander holme in de zolten see na unser gissinge uppe Mone, unde dâr hadden se dat gûd gedêlet und dêden de drê dêl vaft dem gûde in dat grôte schip unde dat vêrendêl in eyne snicken unde zegelden do mit eren schepen unde gûde in Denemarken, unde wes se dârût nêmen efte nicht, des enwisten de Russen nicht, unde de Russen wurden van dâr wedder gevôred up eyn slot gehêten to den Ekhove int land van Mekelenborch, van der Wismar II mîle gelegen, unde dat grote schip quam to der Wismar, dâer was dat schip ûtgesegeld unde hôrde dâr to hûs. Vortmer vrâgeden de stede de Russen, efte se ôk vorscreuen wol vel gûdes in den schepen were, dat to der Wismar quam, edder wes ere gûd ôk anders wôr gekômen were in de stede gewold, dâr antworden de Russen, alse to: Se worden ûte deme leddighen schepe gesad by Rozstok uppe dat land unde worden van dâer to slote gevôred uppe wâgenen, dârumme enkonden se ny beschêd dâr mete van wêten, ôver dat dat schip tôr Wismer gekômen were, unde dâr were it ûtgemâket; dâr enbôven do deRussen to dep Wismer quêmen, do sêgen se ere rôvere uppe der strâten gân, de ere gerede unde caliten drôgen; ôk hadden se ênen sittende in deme torne, de ze gewundet unde geslâgen hadden, den lêten se ute deme torne unde lêten ene lôs. - - - - Vortmer antworden (de van der Wismar), - - - se hadden mit grôten kosten unde arbeyde unde hulpe erer heren unde vrunde dat so vere ge-


1) "Vor de Russen in dat water, dat dar hetet de Nu." Grautoff Lüb. Chron. I, zu, J. 1395, S. 370.
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bracht, dat se de Russen wedder koften van den rôveren, dâr se, ghevangen sêten unde hadden vôr se gegeven - - wol up dûsend marc lub. - - - Mêr de rôvere, de en dat gûd genômen hadden, de enweren in der stede gewalt nicht, mêr se weren beseten under ander vorsten unde heren, dâr de stede nyne macht ôver haddern.

Hieraus geht bestimmt hervor, daß auch noch nach der Befreiung des Königs Albrecht meklenburgische Edelleute sich mit Seerauberei beschäftigten, wie zu jener Zeit die märkischen Edelleute Landraub trieben. Detmar und Corner erzählen außerdem ausdrücklich, daß die Vitalienbrüder sich nach der Befreiung des Königs noch ein Jahr lang an den östlichen Küsten der Ostsee umhergetrieben hätten. Vgl. Grautoff's Lüb. Chron. I, S. 370 - 371.

Vicke von Vitzen und Vicke Stralendorp gehörten belannten meklenburgischen Geschlechtern an, und Hinricus Tamenitze ist ohne Zweifel ein Tarnewitz aus der bekannten, jetzt ausgestorbenen Familie (vgl. Jahrb. XIII, S. 393 flgd.). Das Schloß Ekhov ist das bekannte Eickhof bei Warin. Wenn auch diese Familien in anderen Ländern Güter haben mochten, wie z. B. die Vietzen öfter in den nordischen Reichen vorkommen, so giebt doch die bekannte Burg Eickhof den sicheren Beweis, daß diese Räuber Meklenburger waren. Wer damals Eickhof, welches im 14. und 15. Jahrh. seine Besitzer häufig wechselte, besaß, hat sich noch nicht ermitteln lassen; die v. Lützow wurden erst am Ende des 15. Jahrh. damit belehnt.

Die meklenburgische Familie von Vietzen war stark in der nordischen Angelegenheit betheiligt. Wir besitzen darüber eine sehr willkommene Nachricht in Detmar's Lüb. Chronik, herausgeg. von Grautoff, I, S. 346:

1389. In demsulven iare degedinghede vrouwe Margarita, koninghinne to Norwegen, mit Clawese van Vitzen umme de slote Kalmeren unde Suluerborch: dit sint twe slote, dar deme koninkrike to Sweden grot macht an licht. Desse twe slote hadde Clawes na sines vader dode alse sine ervesone, wente sin vader her Vicke van Vitze blef dot in deme stride, do de konink van Sweden gevangen wart, also vore schreven steyt. Clawes dêde de slote der koninghinnen na deme, alse dat ghedegedinget wart,

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wente he don moste, alse he mochte na deme, dat eme dat over de hand gheleghen was, unde quam na der tyd wedder hir tho lande, sines vaders erve tho besittende.

Hiernach war einer der Ritter des Königs Albrecht von Schweden der Ritter Vicke von Vietzen. Er fiel 1389 in der Schlacht von Axenwalde, in welcher der König Albrecht gefangen ward. Er hatte von dem Könige als Pfand die beiden Schlösser Kalmar und Silberberg, welche zu den festesten Schlössern Schwedens gehörten. Nach einer urkundlichen Nachricht im schweriner Archive "verglich sich Vicke von Vietzen am Mittwoch vor S. Margarethe 1375 mit dem Herzoge Albrecht von Meklenburg dahin, daß, wenn Boo Jonssen und seine Mitverwandten dem Herzoge 4000 löthige Mark erlegen würden, Vicke von aller Rechenschaft befreiet sein solle, womit er dem Herzoge von wegen des Schlosses und der Vogtei Kalmar, so ihm verpfändet gewesen, verpflichtet sein möchte; wenn aber solche Erlegung unterbleiben würde, solle er Rechnung zu thun schuldig sein". - Die Schlösser Kalmar und Silberberg, welche er jedoch 1389 besaß, gingen auf seinen Sohn Claus von Vietzen über, welcher sie der Königin abtreten mußte. Dieser ging darnach auf seine väterlichen Erbgüter zurück. Höchst wahrscheinlich war dessen Sohn Vicke von Vietzen (ein Bruder eines Ritters Claus), welcher sich noch im J. 1422 mit Seeräuberei beschäftigte. Die Genealogie 1 ) würde also sein:

Genealogie

Von den in Jahrb. XV, S. 56 und 61 unter den Vitalienbrüdern aufgeführten und noch nicht nachgewiesenen meklenburgischen Edelleuten, mögen sich Heine Schutte und Olav Schutte verfolgen lassen, welche vielleicht aus dem im Lande Grevismühlen auf den Gütern Schwansee, Kalkhorst, Nienhagen, Dönkendorf etc. . angesessenen Geschlechte der Schosse, Schotze oder Schutze stammten und den oben genannten v. Tarnewitz nahe wohnten.



1) Ich verdanke diese Nachweisung dem Herrn Crull zu Wismar.