![]() ![]() |
Seite 385 |
![]() ![]() ![]() ![]() |
![]() ![]() ![]() |
|
Die Austünchung der Kirche zu Doberan
und
die beiden bemalten achteckigen Pfeiler
der Kreuzschiffe.
Die Forschung über die Ausmalung der doberaner Kirche ist für die Baugeschichte von Wichtigkeit. In der Regel standen die mittelalterlichen Kirchen im Rohbau. Nur Bogen, Gewölbe und vertiefte Wandflächen waren geputzt oder geweißt; eben so war der Grund für Wandmalereien geputzt. Jedoch ist dies nicht durchgehende Regel. Man findet auch alte Kirchen, welche geputzt und dann wieder roth mit weißen Kalkfugen, als Nachahmung des Ziegelbaues, gemalt sind; jedoch pflegen dann die Steine größer gemalt zu sein, als die größten Ziegel in Natur sind. So waren die Wände des Chores der Kirche zu Alt=Röbel, so sind die nicht mit Figuren bemalten Wandflächen und Wulste der Heil. Bluts=Kapelle vor der nördlichen Pforte der Kirche zu Doberan, beide aus dem 13. Jahrhundert, bemalt. Es scheint, daß man dann häufig die ganzen Wände zu putzen pflegte, wenn sie mit figürlichen Darstellungen geschmückt werden sollten, auch selbst dann, wenn nicht die ganzen Wände bemalt
![]() ![]() |
Seite 386 |
![]() ![]() ![]() ![]() |
werden sollten, um den Abstand nicht zu sehr in die Augen fallen zu lassen. In der Heil. Bluts=Kapelle zu Doberan sind freilich alle Hauptflächen gemalt; in dem Chor der Kirche zu Alt=Röbel waren aber nur die Gewölbe bemalt, jedoch die Wände ganz geputzt. Bekannt ist es, daß man aber auch häufig nur diejenigen Flächen der Wände putzte, welche mit Figuren bemalt werden sollten.
Nach allen Anzeichen stand die Kirche zu Doberan im Rohbau, ehe sie 1830 roth gemalt ward. Zwar wird wohl behauptet, sie sei vorher schon roth gemalt gewesen; aber der Maurermeister und dessen Gesellen, welche 1830 die Kirche roth ausgemalt haben, versichern, daß sie vorher im Rohbau gestanden habe. Und hiemit stimmt denn auch eine Erfahrung überein, welche ich selbst gemacht habe. Als ich am 1.-5. Nov. 1853 in Allerhöchstem Auftrage das Grabgewölbe des Herzogs Magnus († 1550) in der alten fürstlichen Begräbnißkapelle abbrach, welches 4 Fuß hoch über dem Fußboden den ganzen Raum unter dem östlichen Gewölbe des nördlichen Kreuzschiffes bedeckte, fand ich die Seitenwände 4 Fuß hoch im Rohbau stehen; nur die vertieften Flächen der Pfeiler (zwischen den Graten) waren einmal leicht überweißt. Also war die Kirche bis zum Jahre 1550 nicht getüncht.
Die Kirche ist jetzt mit Ziegelfarbe roth und mit weißen Kalkfugen ausgemalt. Die Laibungen und die vertieften Flächen der Pfeiler sind weiß. Unter den hohen Fenstern des Mittelschiffes auf dem Triforium steht auf weißem Grunde eine gemalte Spitzbogen=Gallerie in sehr matter, hellgrüner Farbe, wohl eine nicht recht verstandene Nachahmung alter Malerei. Die Gewölbe sind weiß; die Gewölberippen sind ebenfalls mit demselben matten Grün gemalt.
Die Inschriften auf die neue Ausmalung sind folgende:
Auf der Ostwand des südlichen Seitenschiffes steht oben unter den Fenstern:
Im nördlichen Kreuzschiffe steht:
J. Trede. | J. Schröder. | C. Uplegger. |
J. Stolz. | W. Freudenberg. | |
Anno 1830. Gott mit uns. |
Im nördlichen Kreuzschiffe steht:
Im Mittelschiffe über dem Hochaltäre steht:
Besondere Beachtung verdienen die beiden prächtigen, ungewöhnlich schlanken, achteckigen Pfeiler in den Kreuzschiffen.
![]() ![]() |
Seite 387 |
![]() ![]() ![]() ![]() |
Die von den Seitenschiffen auslaufenden beiden Kreuzschiffe sind 3 Gewölbe breit und werden nach dem Seitenschiffe hin von Zwei Pfeilern getragen, von denen der westliche achteckig ist und ebene Flächen hat, abweichend von allen übrigen Pfeilern der Kirche, welche vielfach mit Diensten besetzt sind. Diese ebenen Flächen der beiden achteckigen Pfeiler sind mit verschiedenen, farbigen Mustern mosaikartig bemalt, nach Art der Muster in den alten gemalten Fenstern, jedoch mehr nach Maaßgabe der Architektur, und machen bei guter Beleuchtung eine vortreffliche Wirkung. Es kommt in Meklenburg wohl kein zweites Beispiel dieser Art vor. So hoch man mit Leitern von unten hinaufreichen kann, sind diese Muster mit ganz matten, schlecht stehenden Farben übermalt. Es wird noch heute mit großer Bestimmtheit viel in Doberan erzählt, daß der "Baumeister der Kirche diese Pfeiler ohne Loth und Winkelmaaß selbst aufgeführt" habe.
Es ist glaublich, daß es mit diesen beiden achteckigen bemalten Pfeilern eine besondere Bewandniß habe. Die Kreuzschiffe der doberaner Kirche sind ungewöhnlich breit, 3 Gewölbe breit. So breit sind sie ursprünglich wohl nicht angelegt gewesen. Jedes der beiden Kreuzschiffe hat einen Pfeiler von der gewöhnlichen Form und einen achteckigen Pfeiler. Das Schiff und die Kreuzschiffe der jetzigen Spitzbogenkirche stehen wohl in den Grenzen der alten Rundbogenkirche, gewiß die westlichen Ecken der beiden Kreuzschiffe und die südwestliche Ecke des Seitenschiffes. Es ist nun möglich und wahrscheinlich, daß die Seitenschisse der alten Rundbogenkirche nur zwei Gewölbe breit waren und die beiden westlichen Gewölberäume derselben umfaßten, so daß die achteckigen Pfeiler in der Mitte standen. Diese ließ man zum Andenken stehen und erhöhete sie beim Umbau der Kirche im 14. Jahrhundert. Als man damals auch den Chor und den Chorumgang erweiterte, wird man den östlichen Gewölberaum der Kreuzschiffe angesetzt haben, um der ganzen Kirchenanlage mehr Symmetrie zu geben; man bauete nun den nöthigen neuen Pfeiler nach dem Muster der andern neuen Pfeiler. So erhielten die Kreuzschiffe drei Gewölbe und so blieben die beiden alten Pfeiler stehen, wenn auch gerade nicht in gleichem Styl mit den übrigen, doch als ehrwürdige Denkmäler alter Zeit.