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Kegelgrab von Kemnitz bei Pritzwalk.

Wenn es im Allgemeinen auch außer dem Zwecke des Vereins liegt, außerhalb Meklenburg gefundene Alterthümer in den Kreis der Forschung zu ziehen, so haben wir doch mitunter Ausnahmen von der Regel gemacht, wenn uns von auswältigen Mitgliedern des Vereins über ungewöhnliche Erscheinungen in der Nähe Meklenburgs Mittheilungen in unserm Geiste gemacht sind. Besonders aber haben die Alterthümer der Prignitz immer ein besonderes Interesse für Meklenburg gehabt, weil sie theils zu mannigfachen Vergleichungen Veranlassung geben, theils häufig die meklenburgischen Alterthümer zu ergänzen im Stande waren.

Zu den außergewöhnlichen Erscheinungen in der Nähe Meklenburgs gehört nun das Grab von Kemnitz bei Pritzwalk. Die Beschreibung des Grabes und der darin gefundenen Alterthümer, so wie deren Vorlegung zur unmittelbaren Beschreibung und Prüfung verdanken wir unserm hochverehrten eifrigen correspondirenden Mitgliede, dem Herrn Pastor Ragotzky zu Triglitz bei Putlitz. Auf der Feldmark von Kemnitz steht ein besonders großes Kegelgrab, welches schon vor einigen Jahren nach dem "goldenen Sarge des Hünenkönigs" durchwühlt ist, allerdings ohne Erfolg. Einige Alterthümer, welche bei dieser Gelegenheit gefunden wurden, sind nach und nach zerstreuet worden und verloren gegangen. Seitdem ist in dem Grabe eine Sandgrube eingerichtet, und in dieser stießen einige Arbeitsleute im Januar 1853 auf die im Folgenden beschriebenen Alterthümer.

In einer kleinen quadratischen Kiste von Feldsteinen stand eine Urne aus Thon, welche jedoch zerbrochen war. In dieser thönernen Urne stand

1) eine Urne von dünnem Bronzeblech, welche eben falls zerbrochen war; die Finder gaben an, die thönerne Urne sei mit Bronzeblech "ausgefüttert" gewesen, was allerdings Mißverständniß oder Mangel an Einsicht sein muß. Diese Bronzeurne ist aus sehr dünne und regelmäßig geschlagenem Bronze blech, welches nicht dicker ist, als Schreibpapier, geformt, eine Erscheinung, die sich bei größern heimischen Gefäßen der Bronzeperiode gerade nicht selten findet. Der Bauchrand ist mit einer Reihe von kleinen halbkugeligen Buckeln verziert, welche sehr schön und regelmäßig von innen herausgetrieben sind und 1/8" im Durchmesser haben und eben so weit auseinander stehen. Der tiefe und glänzende edle Rost, welcher die übrig gebliebenen Bruchstücke bedeckt, hat eine schöne dunkelgrüne Farbe. Was in diesem Gefäße gelegen habe ist nicht zu ermitteln gewesen

In oder neben dieser Steinkiste lag ferner:

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2) ein Armring von Bronze, ungewöhnlich stark und tief von schönem hellgrünen Roste durchdrungen; die Tiefe des Rostes läßt auf ein sehr hohes Alter der Alterthümer schließen;

3) ein Schwert von Bronze, im Ganzen etwa 2' 2", in der Klinge (deren Spitze fehlt) gut 1' 9" lang. Die Klinge ist schmal und geradlinig und verbreitert sich gegen die Spitze hin nicht, wie es gewöhnlich der Fall ist, sondern läuft spitz aus. Die Klinge ist sehr schön modellirt, auf jeder Seitenfläche mit einem erhabenen Rücken, der an jeder Seite von einer schmalen Relieflinie begleitet ist. Die Klinge ist beim Einlegen ins Grab in drei Stücke zerbrochen, da die Bruchenden oxydirt sind. Der Griff, welcher mit einer halbmondförmig ausgeschnittenen Ueberfassung an die Klinge mit fünf Nieten angenietet ist, bildet eine voll gegossene, dünne, sechseckige Stange, welche nur 5/8" dick und 2 1/2" lang ist. Diese Griffstange ist ohne Zweifel dazu bestimmt gewesen, eine stärkere Bekleidung von Holz und Leder zu tragen, welche dann noch mit andern Verzierungen bekleidet werden konnte.

Hiezu stimmt die Angabe, daß der Griff mit goldenen Verzierungen bekleidet gewesen sei, welche denn auch zum größern Theile gerettet worden sind, obgleich sie die Wanderung durch mehrere goldgierige Hände gemacht haben. Diese Verzierungen bestehen aus 1/16" breiten, dünnen Goldstreifen, welche die beiden breiten Seiten des viereckigen Griffes umgeben haben und wahrscheinlich oben zu 3, unten zu 4 Serpentinen gebogen sind. Diese Verzierung hat gerade die Länge des Griffes und daher ist auch die Vermuthung begründet, daß sie zum Schmucke des Griffes gedient habe. Die sehr schmalen Goldblechstreifen sind an beiden Rändern mit dicht stehenden eingeschlagenen Punkten verziert, welche ihnen das Ansehen einer geschmackvollen Filigranarbeit geben.

4) Ein in viele Stücke zerbrochener goldener Ring, Welcher 2" im Durchmesser hat und 3/16" dick ist, besteht aus einem bronzenen Kern, um welchen dünnes Goldblech fest gelegt ist, die sich oft wiederholende älteste Art der Vergoldung. Wahrscheinlich hat dieser Ring auch zum Armringe gedient, Vielleicht zum Schwertgehenk oder zu andern Zwecken.

G. C. F. Lisch.