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von
F. Boll,
Pastor zu Neu=Brandenburg.
S eit Rollenhagens Erklärung in der Vorrede zu seinem Froschmäuseler (vgl. Jahrbücher IV, S. 198) hatte der Rostocker Nicolaus Baumann für den Verfasser oder richtiger Bearbeiter des plattdeutschen Reineke Voß gegolten, bis Hackmann im J. 1711 die älteste Ausgabe des Reineke, die lübecker vom J. 1498, wieder ans Licht zog, und nun eine Zeit lang der in der Vorrede als Bearbeiter namhaft gemachte Heinrich von Alkmar für den Autor des Reineke angesehen ward. Die älteste lübecker Ausgabe enthielt schon eine (die sogenannte katholische) Glosse, an deren Stelle in den späteren rostocker Ausgaben des Reineke eine weit ausführlichere protestantische Glosse trat. Für den Urheber dieser protestantischen Glosse erklärte Gottsched in seiner hochdeutschen Bearbeitung des Reineke mit der doppelten Glosse (Leipzig 1752) den Nicolaus Baumann, um ihm wenigstens doch einigen Antheil an der Herausgabe des plattdeutschen Reineke zu lassen, und diese Annahme Gottscheds hat man bisher gelten lassen (vgl. Jahrb. IV, S. 203), wenigstens, so viel ich weiß, nirgends ausdrücklich widerlegt, obgleich ihre Widerlegung sehr leicht ist.
Nicolaus Baumann starb im April 1526 (vgl. Jahrb. IV, S. 193), und in der angeblich von ihm herrührenden Glosse werden häufig Schriften angeführt, die erst mehrere Jahre nach seinem Tode erschienen sind. So z. B. wird B. 1, C. 33 und B. 4, C. 13 angeführt der bekannte Reformator Johannes Brentius "super ecclesiasten", welche Schrift zuerst deutsch im J. 1528 und lateinisch im J. 1529 erschien (Leben des Joh. Brenz von
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K. Jäger, Hamburg 1840, Th. 1, S. 388). B. 1 C. 1, und sehr häufig durch die ganze Glosse, wird eine Stelle aus den Fabeln des Erasmus Alberus mitgetheilt, welche zum ersten Male im J. 1534 zu Hagenau in Druck erschienen (vgl. Elf Bücher deutscher Dichtung von K. Gödeke, Leipzig 1849 Th. 1, S. 96) u. s. w. Ueberhaupt deuten viele Spuren in dieser Glosse darauf hin, daß sie erst gegen 1539 kann abgefaßt sein und also die rostocker Ausgabe des Reineke von 1539 die erste ist, welche die protestantische Glosse enthalten haben kann, nicht aber die angebliche rostocker Ausgabe von 1522, von welcher Rollenhagen a. a. O. redet. Auch sagt Rollenhagen ausdrücklich, daß Ludwig Dietz, bei welchem die rostocker Ausgabe von 1539 erschien, die Glosse verfertigt habe: "Nic. Baumann hat den Reineke Fuchs dem Buchdrucker zu Rostock, Ludowigen Ditzen, welcher ein Oberländer von Speierund(Leerz. fehlt) ein guter Reimer war, verehret. Derselbige hat die Glossen aus andern Reimbüchern dazu gesetzt, und ihm damit im J. 1522, als wenns zuvor ein altes Welsch und Frantzösich gemacht worden, in Druck gegeben". Da Rollenhagen mit dieser angeblichen rostocker Ausgabe von 1522 offenbar einen durch Ludw. Dietz glossirten Reineke bezeichnet, so erhellet zugleich, daß die Angabe Rollenhagens, dieser glossirte Reineke sei im J. 1522 zu Rostock im Druck erschienen, nur auf einem Irrthume beruhen kann, wie man denn auch eine rostocker Ausgabe des Reineke vom J. 1522 bisher überall vergebens gesucht hat (vgl. Jahrb. IV, 164).
Ueberhaupt scheint Rollenhagens und Lindenbergs Behauptung von einer Betheiligung des Nic. Baumann an der Herausgabe des plattdeutschen Reineke aus einer gänzlich grundlosen Vermuthung oder Sage geflossen zu sein, wie denn auch Hoffmann in der Einleitung zu seiner zweiten Ausgabe des Reineke (Breslau, 1852) dies anerkennt. Weit eher möchte der rostocker Stadtsekretair und Buchdrucker Hermann Barckhusen dabei betheiligt gewesen sein, in dessen Besitze im J. 1510 die Lettern gewesen zu sein scheinen, mit denen der lübecker Reineke von 1498 gedruckt war, und der sich erbot, die Reimchronik Nic. Marschalks, nicht bloß mit diesen Lettern zu drucken, sondern aus dem Oberländischen "in unse düdesch woll to wandelnde unde nichtesdeweyniger im Ryme to blivende". (vgl. Jahrb. IV, 73.)