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b. Zeit der Kegelgräber.
Kegelgräber von Sukow.
Der Herr Gutsbesitzer Zollenkopf auf Sukow am plauer See ließ mir am 11. Mai d. J. melden, daß er beim Ausbrechen von Steinen auf seinem Gute alte Gräber und in denselben schon einige Alterthümer gefunden habe; er habe einstweilen die Leute an einer andern Stelle beschäftigt und lade mich ein, im Interesse des Vereins zu ihm zu kommen. Dieser Aufforderung folgend begab ich mich sogleich dorthin und fand einen Raum von 153 Quadratruthen ganz mit kleineren und größeren kegelförmigen Steinhügeln bedeckt, ähnlich den Plätzen zu Liepen und Vietlübbe; auch die gefundenen Bronzesachen wiesen hin auf die Bronzezeit der Kegelgräber. Da ich wegen der bevorstehenden Festtage nicht sogleich dort bleiben und die weitere Aufdeckung leiten konnte, so verhieß mir der Herr Zollenkopf den Ort in dem gefundenen Zustande, da die nördliche Hälfte noch nicht durchgraben war und nur zwei Gräber offen standen, bis zu meinem Wiederkommen nach dem Pfingstfeste unberührt zu lassen.
Am Tage nach Pfingsten begab ich mich wieder nach Sukow und fand hier das eine Grab, eine Steinkammer von 2 Fuß Breite und 5 Fuß Länge, worin 6 Urnen standen, mit einer Einfriedigung und einem verschlossenen hölzernen Deckel durch Herrn Zollenkopf versehen; er wünschte dies eine Grab und die Urnen ununtersucht zu bewahren, will die Stelle mit Bäumen umpflanzen und einen Stein mit der eingehauenen Inschrift: Germanengräber, aufgedeckt 1847 daneben aufstellen. In die andere offen stehende Steinkiste waren rohe Menschen hineingesprungen und hatten die Urnen zertrümmert; doch war der Inhalt derselben noch unversehrt vorhanden, auch ließen sich die 5 darin stehenden Urnen noch unterscheiden. Es fand sich in denselben an Bronzesachen:
a. eine gebogene, in der Mitte viereckige Nadel, mit einem Knopfe, worauf 4 concentrische Kreise;
b. ein Ring von 1 Zoll innerer Weite.
Es standen noch zu untersuchen 5 größere Hügel; sie hatten einen Durchmesser von 12 bis 8 Fuß; in der Mitte fand sich überall eine Steinkiste von 2 Fuß Breite und 2 bis 6 Fuß Länge. Eine bestimmte Richtung war bei Anlegung dieser
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Steinkisten nicht beobachtet; einige lagen der Länge nach von Nordosten nach Südwesten, andere von Südosten nach Nordwesten und noch andere von Süden nach Osten; doch war eine Seite immer mit kleineren Steinen zugesetzt, welche wahrscheinlich zur Einsetzung späterer Graburnen geöffnet war, und offenbar waren die am entgegengesetzten Ende stehenden Urnen, also die älteren, zusammengeschoben, so daß sie fast alle zerdrückt waren. Die Zahl der Urnen in einer solchen Kiste betrug 1 bis 6. Wo mehrere Urnen standen, fand sich stets eine oder zwei nur mit Asche angefüllt. Alterthümer waren nur in den Knochenurnen, wo sie bald über, bald unter den Knochen lagen. Alle Kisten, mit Ausnahme der, worin die unten erwähnte Schachtel stand, waren unter der Oberfläche des Bodens angelegt; jede Urne stand auf einem kleinen Steine; die Kiste war dann mit mehreren flachen Steinen zugedeckt und gewöhnliche Dammsteine waren einige Fuß hoch darüber angehäuft. Die Kiste, in welcher die Schachtelurne mit 4 anderen Urnen stand, war über der Erde angelegt und unter den Urnen war ein durch die ganze Kiste gelegter Steindamm. - Die Urnen waren von sehr verschiedener Form, Größe und Farbe, doch keine, welche besonders von den sonst in Kegelgräbern beobachteten abweicht. Die größte Urne war von 18 Zoll Bauchweite. Die hellen Urnen waren die haltbarsten. Alle waren mit schalenförmigen Deckeln versehen. Mehrere Urnen hatten am Bauche die Jahrb. XI, S. 363 beschriebene Verzierung von abwechselnd erhabenen und vertieften, schräge rechts laufenden Schwingungen. Die ziemlich gut erhaltenen Urnen sind folgende:
1) eine Schachtelurne, fast viereckig mit abgerundeten Ecken, flachem Boden und aufrechtstehenden Wänden. Die Länge ist 17 1/2 Zoll, die Breite 9 1/2, die Höhe 6 Zoll. Darüber war ein gleichfalls flach und ähnlich geformter Deckel mit senkrecht überfassendem Rande.
2) eine Urne, ähnlich der im Frid. Franc. V, 2 abgebildeten, 8 1/4 Zoll hoch, oben 6 3/4" weit, im Bauche 10", in der Basis 3 1/2" im Durchmesser haltend.
3) eine Urne, wie die Jahrb. XI, S. 356 abgebildete, von 8 1/2" Höhe, 6" im Bauche und 5 3/4" in der Basis weit.
4) eine kleine Urne mit scharfem Bauchrande und 2 durchbohrten Knötchen daran; sie ist 3" hoch, oben 3 1/2", im Bauche 4 1/2", in der Basis 1 3/4" weit.
5) eine Schale, grade wie die übrigen Deckel der Urnen, als Urne benutzt und nur mit Asche gefüllt, hat auf dem Rande schräge eingedrückte Schwingungen und ist mit einem Henkel versehen.
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6) ein schalenförmiger Deckel mit einem Henkel. Die Höhe der Schale ist 4", der Rand im Durchmesser 15 3/4" und die Basis 5" weit.
Die Steinkiste, in welcher die schachtelförmige Urne stand, lag fast in der Mitte des Platzes, etwas nach Südosten abweichend, enthielt 5 Urnen, nämlich 2 Aschen= und 3 Knochengefäße.
In der Schachtelurne lagen folgende Alterthümer aus Bronze:
c. eine Sichel mit rückwärts gebogener Spitze und einem Knoten am hintern Ende; sie ist nur 4 1/2" lang und schwach gerostet;
d. eine Pincette, an den breiteren Flächen nach der Oeffnung mit je 3 Eindrücken von innen nach außen versehen;
e. ein Scheermesser, das untere drathförmige Griffende rückwärts gebogen, wie Frid. Franc. XVIII, 15;
f. ein Doppelknopf.
Eine andere Urne enthielt:
g. einen Ring aus Bronze, inwendig 3/4" weit.
Die dritte Urne enthielt keine Alterthümer.
Ein anderer Hügel enthielt nahe an der Steinkiste, etwas seitwärts eine zertrümmerte Urne mit folgenden Bronzesachen:
h. eine Pfeilspitze mit Schaftzunge, 3" lang, mit edlem Roste bedeckt;
i. die Hälfte einer Heftel, nämlich eine volle, runde Platte (ohne Spiralwindungen) mit gravirten Linien und Halbkreisen verziert, woran ein Zapfen zum Einbiegen der Nadelspitze sitzt, und die Hälfte des Bügels, mit Strichen und Puncten verziert. Die andere Hälfte der Heftel war nicht vorhanden; der Bruch ist alt.
Die Kiste selbst enthielt 4 Urnen, von denen die eine mit Asche, die übrigen mit Knochen gefüllt waren. Nur in einer der letzteren fanden sich aus Bronze
k. eine schon vor der Beisetzung abgebrochene Messerklingenspitze von 2 1/2 Zoll Länge;
l. ein Handring mit umgebogenen Enden, in der Mitte aus gewundenem Drath, wie sonst die Halsringe und goldenen Handringe gearbeitet sind.
Ein dritter Hügel enthielt unter den Steinen nahe an der Kiste die Hälfte eines muldenförmig ausgehöhlten Granisteines. In der Kiste standen 3 Urnen, angefüllt mit Knochen, In der einen Urne war enthalten aus Bronze:
m. eine gebogene Nadel aus viereckigem Drath, unterhalb des Knopfes rund mit einer schraubenförmigen Linie verziert.
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Ein auf der Mitte des Knopfes stehendes Knötchen erscheint als die Fortsetzung der Nadel. Am Rande des Knopfes stehen noch 4 gleiche Knötchen, alle oben kreisförmig verziert
eine Säge, 2 3/4" lang, dünne, an einem Ende mit einem Loche, wie Jahrb. XI, S. 377; die Zähne sind stark abgenutzt, der Rücken ist scharf, wie ein Messer.
n.Der vierte Hügel barg in der Steinkiste ebenfalls 3 Urnen mit Knochen, von denen zwei Alterthümer enthielten, nämlich die eine:
o. eine Nadel von 7 3/4" Länge, mit einem Knoten unterhalb des kleinen Knopfes;
die andere Urne enthielt:
p. eine Sichel, deren Griffende mit dem Knoten fehlt, in der Klinge 5 1/2" lang;
q. ein Scheermesser, fast 3" lang.
Der fünfte Hügel enthielt in seiner Steinkiste 4 Urnen, von denen 3 mit Knochen gefüllt waren. In einer Urne lag über den Knochen
r. eine Nähnadel von 2" Länge, und unter den Knochen
s. eine Messerklinge, 3 1/4" lang;
in einer andern Urne war
t. ein Ring aus Bronze, 1 1/2" im Durchmesser weit.
An mehreren Stellen standen zwischen den Hügeln in der überall wie mit einem Steindamm belegten Erde einzelne Urnen mit mehr oder weniger kistenartig umstellten Steinen. Diese einzeln stehenden Urnen enthielten aber nur Knochen, nie Bronzesachen. In einer solchen einzeln gefundenen, größern Urne stand die oben unter 4 beschriebene kleine Urne. An einer anderen Stelle stand in einer größeren Urne ebenfalls eine kleine, aber zerbrochene Urne, ganz wie die bei Retzow gefundene, Jahrb. XI, S. 363 abgebildete.
Vor meiner ersten Reise nach Sukow war schon gefunden, wahrscheinlich unter ähnlichen Verhältnissen, an Bronzesachen:
u. eine zierlich gearbeitete, grade Nadel, mit edlem Roste und einem oben halbkugelförmig ausgehöhlten Knopfe; sie mißt 5", ist aber gewiß etwas länger gewesen;
v. ein kleiner offener Ring aus Drath;
w. ein nach innen hohler Handring, in 2 Stücken, wahrscheinlich von den Arbeitern durchbrochen;
x. Bruchstücke eines Handringes;
y. eine gebogene Nadel;
endlich
z. Bruchstücke von einem gewundenen Halsringe.
Die Art der Bestattung in Kisten meist unter der Erde, die Form der Urnen, namentlich die Schachtelurne, und der Inhalt
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derselben an Bronzegeräthen zeigte eine große Uebereinstimmung mit den in einer größeren Gruppe zu Zechow bei Neu=Strelitz liegenden Kegelgräbern, von denen einige im Jahre 1845 in meiner Gegenwart von dem Herrn Bibliothekar Gentzen und den unserm Vereine angehörenden Officieren aus Neu=Strelitz aufgedeckt sind; die Bekanntmachung des Fundes hatte der Herr Bibliothekar Gentzen übernommen; so viel ich weiß, ist bis jetzt nichts davon veröffentlicht; - mir fehlen aber die speciellen Notizen zu einer richtigen und genauen Beschreibung.
Schließlich muß ich noch der außerordentlichen Aufmerksamkeit des Herrn Zollenkopf, der, obgleich kein Mitglied unseres Vereines, auf die erste Nachricht von Alterthümern alles Gefundene sammelte und mit den Arbeiten an dem Begräbnißplatze aufhielt, der Bereitwilligkeit, alles noch zu Findende dem Vereine zu überlassen, so wie seine Leute zu meiner Verfügung zu stellen, und der gastlichen Aufnahme, die ich während der ganzen Zeit bei ihm fand, anerkennend erwähnen. Bei solcher Gesinnung überall wäre der Verein an Alterthümern und Erfahrungen schon viel reicher geworden.
Vietlübbe, im Junius 1847.
J. Ritter.
Nachtrag zu dem Aufgrabungsberichte
über
den Begräbnißplatz von Sukow.
Fast in der Mitte dcs Platzes lag noch, nahe an einem Steinhügel in die Erde versenkt, ein eigenthümlich geformter Stein aus Granit, dessen früherer Gebrauch oder Bedeutung mir nicht erklärlich ist. Er sieht fast aus wie ein Kopf mit Hals und Brust und ist jedenfalls künstlich bereitet, aber anscheinend nur noch ein Bruchstück oder ein Theil von einem größeren Steine. Aus dem Aufgrabungsberichte ließ ich ihn eben deshalb weg, weil ich erst durch längeres Anschauen mich von der künstlichen Bearbeitung fest überzeugen wollte. Sollte er das obere Ende einer Säule, etwa einer roh gearbeiteten Bildsäule sein? Dagegen spricht nur eine ebenfalls durch absichtliche Arbeit oben auf der Rundung angebrachte rinnenartige Vertiefung. Hat der Stein den Zweck gehabt, zu irgend einer religiösen Handlung benutzt zu werden, und da er unter Gräbern lag, vielleicht Bezug auf den Todten=Cultus gehabt, so ist die Zertrümmerung wohl absichtlich beim Wechsel des Cultus zur Zeit der Einwanderung der Wenden oder der Einführung des Christenthums geschehen. Der Bruch ist alt.
Vietlübbe, 1847.
J. Ritter.