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Besonders charakteristisch für die Kunstbildung des 16.Jahrh. sind Reliefarbeiten aller Art, welche sich zu einer hohen Vollkommenheit ausbildeten und zu einem unverkennbaren Styl gelangten. Während im Süden unzählige kleinere Medaillons theils geschnitten, theils bossirt und darauf in Metall gegossen wurden, Kunstarbeiten, welche im Norden Deutschlands fast ganz fehlen, gingen hier sehr viele große Medaillons und andere Reliefarbeiten aus gebranntem Thon, dem unvergleichlichen Baumaterial der norddeutschen Länder, zur Verzierung der Ziegelgebäude aus den Händen tüchtiger Künstler hervor. Besonders blühete diese Kunst in Meklenburg unter den hochgebildeten herzoglichen Brüdern Johann Albrecht I., Ulrich und Christoph in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh., nachdem schon in der ersten Hälfte dieses Jahrh. unter den Herzogen Heinrich dem Friedfertigen und Albrecht dem Schönen häufig Vorarbeiten zur Ausbildung dieses Kunstzweiges zu bemerken sind.
Besonders scheint in Norddeutschland Meklenburg die Heimath dieses Kunstbetriebes gewesen zu sein. Vergleichungen fördern die Erkenntniß am meisten, und daher mag denn ein Blick auf die Nachbarländer die eigenthümliche künstlerische Stellung Meklenburgs in den Bauten während des 16. Jahrh. befestigen helfen.
In Meklenburg sind bekanntlich die Schlösser zu Wismar, Schwerin und Gadebusch ganz mit diesen Thonreliefs bedeckt und es sind hier Tausende von Stücken nicht unbedeutenden Werthes vorhanden. Nach sorgfältigen Beobachtungen bemalte man auch diese Reliefs: man färbte oft den vertieften Grund blau und vergoldete die Reliefs. Außerdem finden sich an einzelnen Gebäuden, z. B. an der Burg zu Ulrichshusen bei Malchin, und im Bauschutt bei Neubauten noch überall häufig Fragmente solcher Thonbildungen. Auch die Ofenkacheln wurden mit Reliefbildern geschmückt und in allen Farben glasurt, und es finden sich oft große Massen sehr schöner Kacheln beim Graben. In Meklenburg ist dies bekannt und sehr verbreitet.
In Pommern finden sich nach Kuglers Beobachtungen nur 5 Stücke an einem Hause zu Stralsund in der Battin=
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macherstraße mit der Jahrszahl 1568; vgl. Kugler's Pommersche Kunstgeschichte S. 161 u. 231. Kugler erhebt diese Stücke ungemein, indem er sagt: "Der Styl dieser Arbeiten gehört der Weise der italienischen Kunst an; die Motive der Schule Raphaels erscheinen in ihr, und zwar auf sehr tüchtige und erfreuliche Weise nachgebildet". - Ich habe diese Stücke persönlich verglichen, finde aber, daß sie den meklenburgischen Arbeiten bei weitem nachstehen; namentlich fehlt ihnen eine gewisse Harmonie und das was man Vollendung eines Styls nennt.
In Holstein habe ich dergleichen gar nicht bemerkt. In der Sammlung vaterländischer Alterthümer zu Kiel wurden mir zwei große Stücke mit allerlei symbolischen Darstellungen als etwas ganz Ungewöhnliches gezeigt. Im Zweiten Bericht der königl. Gesellschaft für Sammlung vaterländ. Alterth. 1837, S. 35, nach welchem diese Stücke inmitten einer dicken Mauer gefunden wurden, ist über solche Ornamente nichts weiter gesagt.
Auf Seeland sind die vielen Schlösser jünger, als die Periode der Relief=Verzierungen. Nur an der ganz aus Sandstein unter dem Könige Friederich II., dem Schwiegersohne des Herzogs Ulrich von Meklenburg, erbauten Kronenburg bei Helsingör hat sich durch die Königin Sophie der Einfluß meklenburgischer Bauweise geltend gemacht, indem sich an diesem Schlosse einige in Stein gehauene Medaillons mit Portraits, andere mit dem bekannten verschlungenen Namenszuge FS (= Friederich und Sophie) finden.
In dem benachbarten Lübeck findet sich außerhalb Meklenburg noch am meisten von dieser Art Kunst. Jedoch ist manches älter, vieles jünger, als die Blüthenzeit des Thonreliefs, die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die Häuser in der Wahmstraße sind von dem Baumeister erbauet, welcher den Fürstenhof zu Wismar der Vollendung nahe brachte (vgl. Jahrb. X, S. 320) und dann nach Lübeck zog.
Es scheint also, als wenn sich die Kunst des Thonreliefs vorzüglich in Meklenburg seit dem J. 1554 und zwar durch niederdeutsche Baumeister, namentlich durch Gabriel von Achen (vgl. Jahrb. V, S. 20 flgd.), welcher geschickte Former und Steinbrenner, wie Statius von Düren, ins Land zog, unter Beförderung des Herzogs Johann Albrecht I. ausbildete und von hier aus vorzüglichen Aufschwung nahm. So viel ist gewiß, daß dieser ächt niederdeutsche Baustyl mit Thonreliefs, welcher sich jetzt an 300 Jahre bewährt hat, wohl nirgends so gut als in Meklenburg studirt werden kann. Schinkel hat bekanntlich diesen Styl durch die Bauschule zu Berlin wieder zu Ehren zu bringen gestrebt und die meklenburgischen Bauwerke
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aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. immer hoch in Ehren gehalten. Bei der gegenwärtigen Restaurirung und dem theilweisen Neubau des Residenzschlosses zu Schwerin werden unter höherm Schutze alle Veranstaltungen zur angemessenen Verfolgung dieses Styls getroffen und es wird ohne Zweifel die Geschichte hier ihre Früchte tragen.
G. C. F. Lisch.