zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 457 zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Alt=Kalen

und
Geschichte der Gründung von Alt= und Neu=Kalen.

Zum rechten Verständniß der nicht unwichtigen Localitäten von Alt=Kalen ist ein kurzer Abriß der Geschichte des Ortes aus den Archivquellen notwendig.

Der alte wendische Ort Kalen oder Kalant, worunter in alter Zeit nur Alt=Kalen verstanden werden kann, kommt schon

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 458 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sehr früh vor. Der Ort bestand schon zur wendischen Zeit und trägt seinen Namen aus der wendischen Sprache von dem Worte Kal: Morast, also: Morastort (vgl. Jahrb. VI, S. 54) 1 ). Schon im J. 1174 bei der Dotation des Klosters Dargun wird der See Kalen mit dem daran stoßenden langen Sumpfe (stagnum, quod dicitur Kalen - - ab orientali fine eiusdem stagni ad aquilonem per quandam longam paludem) genannt; vgl. Lisch Mekl. Urk. I, S. 9, und 18 und 23. Da in jenen nordöstlichen Gegenden etwas größere Seen nicht häufig sind, so erscheint die Benennung des Ortes hinlänglich begründet. Noch im J. 1174 lag bei dem See eine wendische Burg; in der darguner Urkunde vom J. 1174 wird der See Kalen mit seiner Burg (urbs) Kalen (stagnum Kalen cum sua urbe Kalen: Mekl. Urk. I, S. 9) genannt, da urbs im Mittelalter nur Burg bedeutet; dieselben Ausdrücke kommen noch im J. 1219 bei der Confirmation des Klosters nach dessen Wiederherstellung vor (vgl. Mekl. Urk. I, S. 23).

Die Kirche zu Alt=Kalen und mit ihr der christliche Ort müssen bald nach der 1216-1219 geschienen Wiederherstellung des Klosters Dargun gegründet sein, da schon um das J. 1232 das Kloster Dargun das Patronat der Kirche geschenkt erhielt (vgl. Mekl. Urk. I, S. 48) und am 1. März 1238 der Pfarrer Heinrich von Kalent als Zeuge in einer fürstlichen Urkunde genannt wird (vgl. das. I, S. 52).

Ungefähr zu derselben Zeit hatte der Fürst Borwin von Rostock, in dessen Lande Kalen lag, auf dem wendischen Burgwalle eine fürstliche Burg erbauet, dieselbe mit Rittern als Burgmännern bewehrt und neben der Burg eine Stadt gegründet; im J. 1244 erwarb er von dem Kloster Dargun den diesem früher verliehenen Grund und Boden zur Stadt und das Dorf Damm zu Burglehen für die Ritter (cum nos ciuitatem et castrum Kalant edificassemus in proprietate ecclesie Dargunensis): vgl. Mekl. Urk. I, S. 73. Da dieses Geschäft wegen des Eigenthums (ad edificandum castrum et ciuitatem ibidem construendam) nicht ganz klar bestimmt gewesen war, so ward es erst am 19. Febr. 1252 völlig regulirt (vgl. Mekl. Urk. I, S. 96). Die Sache mit der Gründung der Stadt hat ihre volle Richtigkeit, da der Fürst Borwin am 11. Februar 1253 ihr nicht unwichtige Privilegien ertheilt hatte, nämlich das lübische Recht und die Freiheit vom Schoß, zu der Stadt zwei Hufen


1) Die Herleitung des Namens von Calendae ist daher ganz unstatthaft. Eben so ist die Schreibung des Namens nur so richtig, wie er auch ausgesprochen wird: Kâlen. Die älteste Form des Namens ist Kalen, dann auch Kalant. Die Schreibung Kalden oder Kahlden hat gar keinen Grund.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 459 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nach dem Dorfe Damm hin zur Stadtweide legte, sie von einer Kornpacht von Aeckern auf dem Felde von Lüchow befreiete, ihnen den Besitz der Stadtäcker bestätigte, u. s. w. 1 ) Hier ist offensichtlich von Neu=Kalen noch gar nicht die Rede.

Bei der Wichtigkeit des Ortes und da die Stadt wohl die älteste in jenen Gegenden war, ward Alt=Kalen auch der Sitz eines Propstes oder Archidiakons des caminer Bisthums. Der Pfarrer Heinrich von Kalen, welcher noch im J. 1238 bloßer Pfarrer war, erscheint von 1241-1262 als Propst von Kalen (Hinricus prepositus de Kalend, vgl. Mekl. Urk. I, S. 70, 73, 87, 93 und 124). Außerdem war der Priester Johannes Kapellan an der Burgkapelle (dominus Johannes capellanus de Kalant, im Stadtprivilegium vom J. 1252; dominus Johannes capellanus de Castro, Urk. vom J. 1251 in Mekl. Urk. I, S. 93). Im J. 1262 dotirte der Fürst Borwin auf der Burg Kalant einen Altar in der Kirche mit Hebungen von 7 freien Hufen; in der darüber ausgestellten Urkunde (Mekl. Urk. I, S. 124) scheinen alle Burglehen von Kaien vorzukommen.

Seit dem J. 1240 erscheint auch die meklenburgische Ritterfamilie von Kalant, welche einen Steighaken im Schilde führte; sie soll gegen das Ende des 18. Jahrh. ausgestorben sein; vgl. Mekl. Urk. I, S. 64 und 146 und a. a. O. Nach den Vornamen der Söhne des unbekannten Stammvaters, da sie Jereziav, Rademar und Lippold hießen, waren sie wendischen Ursprungs; sie hatten ihre Güter in der Gegend von Alt=Kalen und Dargun, namentlich besaßen sie lange das Gut Rey.

Nach dem Stadtprivilegium vom J. 1253 waren lübecker oder rostocker Patricier als Colonisten in die neue Stadt gezogen; so sind unter den Zeugen zu Kalen z. B. Herman Vorradt, Wescel, Osburn Rode u. a.

Nach allen diesen Zeichen war die Stadt Kalen oder Alt=Kalen im J. 1240 gegründet.


Die Stadt Alt=Kalen mochte für den Verkehr nicht günstig liegen, namentlich nachdem die Städte Gnoien, Tessin, Lage, Teterow, Malchin und Demmin Wichtigkeit erlangt und dem Verkehr andere Bahnen angewiesen hatten. Daher legte der Fürst Waldemar von Rostock 2 ) am 5. Jun. 1281 "de stadt Kalandt in dat dorp, welckes gnant was Bugelmast" und übertrug auf die "stadt Nienkalandt" alle Gerechtigkeiten,


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXXVI.
2) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXXVIII.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 460 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

welche die alte Stadt besessen hatte, legte dazu Fischerei auf dem See Cummerow und die Erlaubniß, das Dorf Warsow zu kaufen (vgl. auch Mekl. Urk. I, S. 181).

Der Ort Alt=Kalen hielt sich noch einige Zeit in seinem frühern Zustande. Am 21. März 1307 verkauften jedoch die Fürsten Heinrich von Meklenburg und Nicolaus von Werle dem Kloster Dargun wieder das Eigenthum des Dorfes Alt=Kalen (proprietatem ville Antique Kaland) nach den Privilegien des Klosters, zugleich mit dem Patronat der Kirche; dabei versprachen die Fürsten, die Burg in dem Dorfe Alt=Kalen ganz abzubrechen und nie wieder aufzubauen (vgl. Lisch Urk. des Geschl. Maltzan I, Nr. LX). Am 5. Februar 1311 bestätigte der Fürst Nicolaus von Rostock 1 ) dem Kloster den Erwerb des Dorfes Alt=Kalen mit dem See und dem abgebrochenen Schloß und Thurme, welche er nie wieder aufzubauen versprach (proprietatem ville Antique Kalant cum stagno adiacente cum castro et turre destructis, que ultra reedificari nolumus).

Alt=Kalen behielt nichts weiter als die Präpositur. Am 28. Jan. 1309 wies der Bischof Heinrich von Camin die Kirche zu Levin, deren Patronat im J. 1241 dem Kloster Dargun geschenkt war, von der demminer Präpositur an das Archidiakonat zu Alt=Kalant. Im J. 1395 aber entschied der Propst von Güstrow, als delegirter Conservator, daß mit der Kirche zu Levin keine Präpositur, welche der Pfarrer sich angemaßt habe, verbunden sei, und daß die Jurisdiction etc. . über die Kirchen zu Levin, Alt=Kalant, Röknitz, Polchow, Bruderstorf, Gülzow und Dukow dem Kloster Dargun zustehe. Im J. 1397 aber versicherte der Vicar des Bischofs von Camin dem Kloster Dargun den Besitz der Präpositur Levin.

So ward Alt=Kalen ein gewöhnliches Dorf.


Mit diesen urkundlichen Angaben stimmen denn auch die Alterthümer von Alt=Kalen überein.

Die Kirche aus Ziegeln ist noch in der letzten Zeit des Rundbogenstyls erbauet und die älteste Kirche in der ganzen Gegend. Sie ist ein Oblongum mit grader Altarwand von zwei Gewölben Länge; hinzugenommen ist der Raum des etwas jüngern Thurmgebäudes. Das Kirchengebäude (ohne den Thurm) hat rings umher den einfachen, regelrechten, auf Lissenen ruhenden Rundbogenfries, welcher auch an den Seiten des


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXXIX.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 461 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

Giebels hinaufläuft. Die Altarwand hat drei architektonisch verbundene, von reichen Wülsten eingefaßte Fenster, deren Gliederungen von abwechselnd glasurten und nicht glasurten Ziegeln ausgeführt sind. An der Nordseite hat die Kirche 2 Fensterpaare, welche durch einen zweiwulstigen Rundbogen verbunden sind; die schmalen, schräge eingehenden Fenster scheinen leise, kaum merklich gespitzt zu sein. An jeder Seite eines jeden zwischen zwei Lissenen gestellten Fensterpaares steht eine kleine, im Rundbogen gewölbte Nische. - Die Südseite der Kirche ist ganz verbauet.

Nach allen diesen Zeichen und der Geschichte ist die Kirche zwischen 1220-1230, vielleicht bald nach 1220 gebauet.

Der Thurm hat Strebepfeiler und weite Spitzbogenfenster.

Im Innern ist die Kirche von 2 gleichen, starken Gewölben bedeckt.

Vor der Kirche liegt ein alter, schöner Taufstein aus Granit, welcher jedoch zerschlagen ist.

Von den Glocken ist die größte aus dem J. 1782, die kleinste aus dem J. 1602; die mittlere hat die Inschrift:

Inschrift

(d. i.

Anno domini MCCCCXC°. O Christe rex gloriae veni cum pace. Amen).


Der "Wallberg" oder Burgwall liegt nahe bei dem Dorfe, am See, im Südwesten der Kirche. Es ist ein großes Plateau, umher mit Spuren von Wällen und Gräben umgeben; der Wall ist Pfarracker und unter den Pflug gebracht. Die Oberfläche ist mit unzähligen Fragmenten von großen Ziegeln und kleinen Feldsteinen bedeckt. Bei der Urbarmachung ward ein Löffel und ein Siegelring von Messing gefunden (vgl. Jahresber. I, S. 15 und 16).


Auch von der Stadt Alt=Kalen sind noch Spuren vorhanden. Von dem Burgwalle zieht sich ein Wall, der an jeder Seite einen Graben hat, wie die Landwehren der Städte, um das ganze Dorf und die Dorfgärten.

G. C. F. Lisch.