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II. Zur Baukunde.


1. Vorchristliche Zeit.


Ueber die wendische Fürstenburg Meklenburg.

Mit einer lithographirten Ansicht des Burgwalles.

In unsern Jahrbüchern ist häufig in den Untersuchungen über die alten wendischen Fürstensitze die Ansicht dargelegt, daß dieselben auf großen, in tiefen Mooren, auch wohl auf Inseln, häufig mit einer Seite an Gewässern aufgeschütteten Burgwällen standen. Nach dieser Ansicht sind denn auch alle bekannten Fürstenburgen wieder aufgefunden; namentlich ist die alte Fürstenburg Meklenburg in Jahrb. VI, S. 79-87 (vgl. S. 97 flgd.) Gegenstand einer kritischen Forschung gewesen.

Um den Mitgliedern des Vereins eine deutliche Anschauung von der Lage und Beschaffenheit des Burgwalles von Meklenburg zu verschaffen, theilt der Ausschuß des Vereins dessen Mitgliedern hieneben eine lithographirte Ansicht von dem Walle der viel genannten Burg mit, dem Schauplatz vieler merkwürdiger und blutiger Begebenheiten, von welchem unser Vaterland den Namen trägt. Die Ansicht ist von dem Maler Herrn Theodor Fischer zu Schwerin in Begleitung des Unterzeichneten an Ort und Stelle aufgenommen, nachdem der allerdurchlauchtigste Protector unsers Vereins, Se. Königliche Hoheit der allerdurchlauchtigste Großherzog Friedrich Franz den Burgwall, die Stammburg der meklenburgischen Fürsten, mit großer Theilnahme besucht hatte. Der Standpunct ist auf der letzten Höhe nahe vor dem Hofe Meklenburg, nicht weit rechts von der Chaussee, welche von Schwerin nach Wismar führt, genommen; die Ansicht auf den Burgwall ist auch von der Chaussee aus vor dem Hofe Meklenburg vollkommen geöffnet. Vor uns dehnt sich in der Tiefe die große Sumpfwiese aus, durch welche der ehemalige Kanal vom schweriner See in die

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Ostsee ("die vichelsche Fahrt, der Schiffgraben"), jetzt ein schmales Bächlein, fließt. In der Mitte steht der Burgwall, der sich wie ein todter Riese durch den Sumpf streckt und den wir von seiner westlichen Längsseite erblicken. Links erblickt man das letzte Haus des Dorfes Meklenburg, von welchem ein schmaler Fahrweg auf den Burgwall führt. (Links von dem Standpuncte liegt der Hof Meklenburg, auf dem Bilde nicht sichtbar). Die Burgwallwiese begrenzt zunächst, etwas links, der Pingelsberg, auf welchem mehrere Kegelgräber liegen, von denen das größte aus der Ferne noch erkennbar ist (vgl. Jahresbericht IV, S. 71 und Jahrb. VI, S. 82 flgd.); an diesem Hügel entlang, hinter dem Burgwalle, liegt der Weg von Meklenburg nach Mödentin. In der Mitte des Hintergrundes, grade über die Mitte des Burgwalles, ragt der Thurm der interessanten Rundbogenkirche von Lübow hervor (vgl. Jahresber. VII, S. 66 flgd.), welches der uralte Ort war, in dessen Nähe der Burgwall von Meklenburg aufgeführt ward (vgl. Jahrb. IX, S. 407). Hinter Lübow erheben sich die Waldhöhen von Kritzow, neben denen rechts noch der Kirchthurm von Zurow in weiter Ferne zu erkennen ist. Eine Meile weiter hinter den Bergen von Kritzow liegen, von hier nicht sichtbar, die alten Burgen Ilow und Neuburg, östlich von Meklenburg, eine Stunde südlicher liegt der Burgwall von Dobin.

Durch das Dorf Meklenburg führt die im Bau begriffene Eisenbahn von Wismar nach Schwerin; sie geht mitten durch das Dorf, streift dem Dorfe zunächst die Sumpfwiese, in welcher der Burgwall liegt, geht dicht an dem Burgwalle vorbei und am mödentiner Wege hinter dem Burgwalle wieder auf das feste Land. Beim Bau dieser Eisenbahn machte man denn auch die Erfahrung, daß die Wiese, in welcher der Burgwall liegt, ein tiefer Sumpf sei, auf welchem die jetzige Wiesendecke gewissermaßen schwimmt. Man hatte im Herbst des J. 1846, zu der Zeit als das hier mitgetheilte Bild aufgenommen ward, eine ganze Strecke des Erddammes durch die Wiese gelegt; als eines Morgens die Arbeit fortgesetzt werden sollte, war das Planum völlig verschwunden und statt dessen ein Teich sichtbar, in dessen Nähe durch den unterirdischen Seitendruck sich einige Hügel in der Wiese erhoben hatten. Der versunkene Erddamm war nicht wiederzufinden; die Tiefe des Sumpfes war nicht weit von seinem Rande an 30 bis 40 Fuß!.

Bei der Fortführung der Bahn auf dem festen Lande am mödentiner Wege ward eine andere interessante Entdeckung gemacht. Dem Burgwalle östlich grade gegenüber, ungefähr 40 Schritte rechts vom Wege nach Mödentin und 400 Schritte

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Burgwall Meklenburg
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südwestlich von dem Pingelsberge, liegt ein Hügel, welcher von der Eisenbahn durchschnitten wird. Hier fand man unter der Erdoberfläche sehr viele Scherben von Töpfen zu häuslichem Gebrauche, genau von derselben Beschaffenheit und Verzierung, wie sie auf den wendischen Burgwällen und namentlich auf der Burg Meklenburg gefunden werden (vgl. oben S. 436), ferner mancherlei eiserne Geräthschaften, Knochen, auch Menschengebeine und Schädel, behauene Granitsteine und gebrannte Ziegel. Ein Topf, wie der oben S. 437 abgebildete und beschriebene, eine große Seltenheit, ward ganz gefunden und für die großherzogliche Sammlung unverletzt zu Tage gefördert. Die wendischen Burgwälle sind zu klein, um eine größere Volksmenge aufnehmen zu können; das Volk hat ohne Zweifel vor der Burg, der "Vorburg" (vgl. Jahrb. VI, S. 86), gewohnt. Wenn nun auch wohl das alte wendische Dorf an der Stelle des jetzigen Dorfes, nördlich von dem Burgwalle, gelegen haben mag, so haben doch auch an der beschriebenen Stelle, östlich von dem Burgwalle, Menschen gewohnt oder das wendische Dorf, die viel besprochene, sogenannte große Stadt Meklenburg hat sich so weit herum erstreckt. Jedenfalls ist dieser Fund ein Beweis, daß die Bevölkerung sich nicht auf den Burgwall beschränkt gehabt hat.

Schwerin, im Frühling 1847.

G. C. F. Lisch.