Urnenscherbe mit Schriftzeichen (?),
von Vietlübbe bei Plau.
Daß es wenigstens in der Jüngern wendischen Zeit
Gefäße mit Inschriften (?) gegeben hat, davon
scheint eine zu Vietlübbe gefundene Scherbe
einen Beweis zu liefern. Der hiesige Pfarrgarten
enthält viele Gefäßscherben aus verschiedenen
Perioden, besonders aber aus der Wendenzeit,
worunter sowohl grobkörnige (von Todtenurnen),
als feinkörnige (von zu andern Zwecken
gebrauchten Gefäßen) vorkommen. Das mit
muthmaßlichen Schriftzeichen versehene Stück
fand mein jüngster Sohn in meiner Gegenwart. Es
soll der Garten vor vielen Jahren mit Erde
erhöhet sein, doch habe ich noch nicht
erforschen können, woher man die Erde geholt
hat; vielleicht daß dort noch mehr solcher
Inschriften zu entdecken wären.
Vietlübbe, im April 1846.
|
J. Ritter.
|
Die Gefäßscherbe stammt, nach dem Thongemenge zu
schließen, wohl schon aus der ersten
christlichen Zeit, vielleicht aus der Periode
des Ueberganges vom Heidenthum zum Christenthum.
Die Zeichen, welche auf dem Rande stehen, sind
folgende:
Diese Zeichen gehören zu der
Gattung derjenigen
Zeichen, welche jüngst L. Giesebrecht, in
Baltischen Studien, XI, 2, S. 30 flgd. und 42
flgd., für Schriftzeichen,
"Keilbilder", erklärt und gelesen hat.
In Meklenburg finden sich dergleichen
Gefäßscherben auf allen alten Burgwällen aus den
bezeichneten Zeiten in großer Menge und grade
solche Scherben, wie die vietlübber, werden in
den schweriner Sammlungen aufbewahrt. Es sind
Scherben von Gefäßen zu häuslichem Gebrauche und
die Verzierungen sind theils aus freier Hand
gebildet, theils, wie hier, mit Stempeln
eingedrückt. Ich halte diese Zeichen für nichts
weiter als für Verzierungen.
G. C. F. Lisch.