zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 149 zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Kalkhorst

ist ebenfalls eine grotze Kirche mit zwei Seitenschiffen, im Spitzbogenstyl gewölbt, und wohl eine der schönsten Landkirchen in Meklenburg.

Im Thurme hangen 4 Glocken von schönem Klange, von denen 2 alt sind.

1) Die größere Glocke hat um den Helm zwei Reihen Inschriften. Die erste Reihe lautet:

Inschrift

(=Anno domini MCCCCXVII in festo Jacobi haec osanna est facta per Bartholomaeum.)

Am Ende der Zeile steht ein Doppeladler; daher ist die Glocke wohl ohne Zweifel in Lübeck gegossen. Der Ausdruck Osanna für Glocke scheint selten zu sein. 1 )

Die zweite Zeile lautet:

Inschrift

(= O rex gloriae Christe veni cum pace, cum Maria virgine et omnibus sanctis.)

Die etwas undeutliche Form gl'ie (abbrevirt für glorie ) möchte ich lieber lesen, als gese (corrumpirter Vocativ für


1) Im J. 1519 taufte der Bischof Johann von Havelberg eine der drei Glocken in dem von ihm erbaueten Thurme der Kirche zu Wittstock auch mit dem Namen Osianna. Vgl. Riedel Nov. Cod. dipl. Brand. II, 3, S. 421.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 150 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Jesu ?), welches da zu stehen scheint. Am Ende dieser Zeile stehen Abdrücke von 6 Bracteaten, 3 größern, von denen einer einen gekerbten Rand hat, und 3 kleinern, welche jedoch alle im Gepräge undeutlich sind.

In der Mitte des Mantels stehen 3 Gruppen Reliefbilder, nämlich: a. Gott der Vater mit der Weltkugel, die betende Maria segnend, beide gegenüber sitzend, eine häufige Altardarstellung, namentlich auf lübeckischen Altären aus dem Anfange des 15. Jahrh.; b. Maria stehend mit dem Christkinde auf dem linken Arme und einem Lilienstengel in der rechten Hand; c. St. Georg den Lindwurm durchbohrend.

2) Die kleinste Glocke hat die Inschrift:

Inschrift

(= Sancta Maria, sim tua nola valde sonora).

Nach den Schriftzügen stammt die Glocke aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts und ist also eine der ältesten Glocken im Lande. Verzierungen fehlen ganz. Nola ist bekanntlich der mittelalterliche Ausdruck für kleine Glocke.

Links vor dem Altare liegen 2 alte Leichensteine, mit eingravirten Bildern von Priestern, welche den Kelch consecriren; die Kelche sind früher mit Messing eingelegt gewesen.

Der eine läßt nur noch die Worte erkennen:

Inschrift

Der andere hat die Inschrift;

Inschrift

(= Anno domini MCCCLXVII feria VI ta post Egidii obiit dominus Johannes Iwaanze, hujus rector ecclesiae pri[m]us domesticus. Origo chori huius. Orate pro [eo].)

Die Inschrift ist am Ende so sehr zusammengedrängt, daß das letzte Wort eo ganz ausgelassen ist. - Die Inschrift hat große Schwierigkeiten in der Entzifferung , und zwar in den Worten: hujus rector ecclesiae pri(m)us domesticus origo chori hujus. Daß rector ecclesiae = Kirchherr, Pfarrherr, Pfarrer heißt, ist bekannt. Die Form

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 151 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

pri 9 kann das volle Wort prius oder das abbrevirte Wort primus sein. Das Wort domesticus ist dunkel. Es bedeutet im mittelalterlichen Latein im Besondern die kirchliche Würde eines Vorsängers. Es könnte also, wenn man dazu primus liest und rector domesticus zusammennimmt, heißt: "dieser Kirche erster Vorsänger." Dagegen möchte aber der stereotype Ausdruck rector ecclesiae für Pfarrer streiten und das Bild des Verstorbenen mit dem Kelche in der Hand. Dann heißt domesticus im Allgemeinen: vertraut, geneigt, treu (: domesticus fidei); in diesem Falle wäre das Wort ein ehrendes Epitheton und der Satz hieße: "erster" - oder: "früher sorglicher Pfarrer dieser Kirche." - Die Worte: origochorihujus bilden dann, wegen Beschränktheit des Raumes auf dem Leichensteine, einen abgekürzten, selbstständigen Satz = "Die Gründung dieses Chors", nämlich: "stammt von ihm", oder: Gründer des Chors. Auf jeden Fall ist durch den Stein die Erbauung des Chors um das J. 1367 gesichert, und giebt derselbe einen Beleg für die Erweiterung der Kirchen im 14. Jahrhundert.

Der Pfarrer Iwanze oder Iwan zu Kalkhorst ist wahrscheinlich der in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts öfter vorkommende Iwan von Klütz.