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IX.

Plattdeutsche

Redensarten und Sprichwörter,

eine Fortsetzung zu der Sammlung
von J. Mussaeus

in Jahrbüchern V., S. 120,

vom

Hülfsprediger Günther zu Eldena.


26) He gifft, as de Pracher, de Lus üm 'n Daler: Er giebt, wie der Bettler, die Laus um den Thaler, d. h. er trotzet auf nichts.

27) He is so awerböstig (hochnäsig), he kennt sin'n egen Kittel nich: Er ist so übermüthig, er kennt seinen eigenen Kittel (geringes Kleid) nicht, d. h. er überhebt sich seiner niedern Herkunft.

28) Ihr un Rikdom dörben sick nich grot nömen, so as de en het, süht de anner ut, un wat de en gelt, is de anner wirth: Ehr und Reichthum dürfen sich nicht groß nennen (rühmen), so wie der eine heißt, sieht der andere aus, und was der eine gilt, ist der andere werth, d. h. beide machen hochmüthig.

29) He is so klok, as 'n dänsch Pierd, wenn he scheten hett, so rückt he 'r an: Er ist klug, wie ein dänisches Pferd, wenn er gesch- hat, so riecht er daran; oder: He is klöker, as 'n Imm, he will ut 'n Pier=

 


1) Mit einem lateinischen -r wird das eigenthümliche, stumme - r des Plattdeutschen ausgedrückt.     D. Red.

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kätel Honnig sugen: Er ist klüger als eine Biene, er will aus einem Roßapfel Honig saugen, d. h. er hält sich für sehr klug, ist es aber nicht. Hei is süss so fiewen (binnen) klok un hett nu doch in 'n Nettel scheten: Er ist sonst so fünfen (an seinen fünf Sinnen so) klug und hat nun doch in die Nessel gesch-; oder: klok Höner schieten ok in 'n Nettel: Kluge Hühner sch - auch in die Nessel, d. h. auch die Klugen lassen sich anführen.

30) He smitt nich hen, wo he hen wenkt: Er schmeißt nicht hin, wohin er winkt, d. h. er ist ein falscher Mensch.

31) He kümt mit de grot Döhr in't Hus to fallen: Er kömmt mit der großen Thür in das Haus zu fallen, d. h. er ist ein Grobian.

32) He let nicks liggen, as gläunig Isen un Mählensten: Er läßt nichts liegen als glühendes Eisen und Mühlensteine, d. h. er ist ein Erzdieb.

33) Du löpst as 'n drachtig'n Swinegel: Du läufst wie ein trächtiger Igel; oder: Du treckst a's de dühr Tiet: Du ziehest wie die theure Zeit; oder: Du sleist hin'n ut as 'n lahm Gössel: Du schlägst hintenaus wie ein lahmes Gänschen; oder: Bi di het dat: Klock sla, Dag gah, Mahltiet kumm bald: Bei dir heißt es: Glocke schlage, Tag gehe, Mahlzeit komm bald; - d. h. du bist ein Faullenzer.

34) De lang' slöpt un driest löpt, kümt ok to Stär: Der lange schläft und dreist läuft, kommt auch zur Stelle, d. h. Fleiß holt das Versäumte nach.

35) He löpt sick Sten un Ben af: Er läuft sich Stein und Bein (Fußboden und Sohlen) ab, d. h. er ist sehr fleißig.

36) De Fuhlen drägen sick doot un de Flitigen lopen sick doot: Die Faulen tragen sich todt und die Fleißigen laufen sich todt, d. h. man muß weder zu langsam noch zu eilig sein.

37) Ihrst 'n Nähs un denn 'n Brill; ihrst 'n Sack un denn watt in: Erst eine Nase und dann eine Brille; erst ein Sack und dann etwas darin; oder: Ihrst Parr un denn 'n Quarr: Erst eine Pfarre (ein Amt) und dann ein quarrendes Kind, d. h. bevor man Frau und Kinder zu ernähren weiß, muß man nicht heirathen.

Anm. "'n Parr hat nicht bloß der Prediger;
auch der Dorfhirte, der Schulmeister, der Nachtwächter, der Holzwärter u. s. w. hat seine "Parr".

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38) Wenn de Hunger nah de Stubendöhr herinkümt, so geht de Lehw nah dat Finster 'ruht: Wenn der Hunger zu der Stubenthür hereinkömmt, so geht die Liebe zu dem Fenster hinaus, d. h. Nahrungsmangel zerstört das eheliche Glück.

39) Dat Kind is sinen Varer ut de Ogen krapen: Das Kind ist seinem Vater aus den Augen gekrochen, d. h. es ist ihm sehr ähnlich.

40) Wer sin Nähs afsnitt, schendt sin Angesicht: Wer seine Nase abschneidet, schändet sein Angesicht, d. h.wer sein Kind verachtet, verachtet sich selbst.

41) Wer Varer un Morer nich hührn will, möt 't Kalffell hührn: Wer Vater und Mutter nicht hören will, muß das Kalbfell (die Trommel) hören, d. h. den ungehorsamen Sohn muß man unter die Soldaten geben.

42) Is ken Pott so schef, findt sick ümmer 'n Stülp to: Es ist kein Topf so schief, es findet sich immer ein Deckel dazu, d. h. häßliche Mädchen finden auch ihren Mann.

43) Beten schef, is liker lef: Bischen schief, ist gleichfalls lieb, d. h. kleine Fehler übersieht man leicht.

44) Se is von 'n Körbohm up 'n Fuhlbohm kamen: Sie (das Mädchen) ist vom auserkornen Baum auf den faulen Baum gekommen, d. h. sie hat Körbe ausgetheilt und ist darüber zur alten Jungfer geworden.

45) De Gös gahn allerweg barft: Die Gänse gehen allerwärts barfuß; oder: 't sünd allerweg terbraken Pött: Es sind allerwärts zerbrochene Töpfe, d. h. ein jeder Stand hat seine Last.

46) De vör de Höll wahnt, möt 'n Düwel to Frün'n hollen: Der vor derHölle wohnt, muß den Teufel zum Freunde halten; oder: Dat is man 'n Äwergang, seggt de Voß, wenn em 't Fell äwer de Uhrn trocken wart: Das ist nur ein Uebergang, sagt der Fuchs, wenn ihm das Fell über die Ohren gezogen wird, d. h. man muß zum bösen Spiel eine gute Miene machen.

47) As de Mann is, wart em de Wust brart: Wie der Mann ist, wird ihm die Wurst gebraten, d. h. jedem die Ehre, die ihm gebührt.

48) Wenn vehl Höner in en Nest leggen, helpt 't sick bald: Wenn viele Hühner in ein Nest legen, hilft es sich bald, d. h. Viele können leicht Einem helfen; nicht aber umgekehrt, denn

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49) Vehl Swin maken den Drank dünn: Viele Schweine machen den Trank dünne.

50) Wat de Wolken dor bawen an 'n Häven sünd, quacklich, dat sünd de Minschen hier unner up de Ihr; wat de Wolken an 'n Häven maken, Unwerer, dat maken de Minschen up de Ihr, un wat de Wolken an 'n Häven drift, Wind un Storm, dat drift ok de Minschen up de Ihr: Was die Wolken dort oben am Himmel sind, unstät, das sind die Menschen hier unten auf der Erde; was die Wolken am Himmel machen, Ungewitter, das machen die Menschen auf der Erde, und was dieWolken am Himmel treibt, Wind und Sturm, das treibt auch die Menschen auf der Erde.