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4.
Der Eulenspiegelstein in der St.
Marien=Kirche zu Wismar.
Als vor einigen Jahren das niedere Kirchendach an der Südseite der St. Marien=Kirche erneuert ward, fanden die
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Maurer an der dem Dache gegenüberstehenden Kirchenwand einen mit Zeichen versehenen Mauerstein, welcher schon bei dem Bau der Kirche eingemauert war, wegen der Dunkelheit des Daches aber nicht hatte bemerkt werden können. Der zeitige Kirchenprovisor Herr Steffen erkannte in der eingegrabenen Figur sogleich eine Eule, welche einen Spiegel in der Hand hält. Dieser Stein war bereits wieder in Vergessenheit gerathen, als vor wenigen Tagen der Herr Geschichtsmaler Düberg den Unterzeichneten darauf aufmerksam machte und mit Unterstützung des Herrn Maurermeisters Vollmer einen genauen Gypsabdruck nahm, welcher nunmehr dem Verein für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde zugesandt worden ist.
Der Stein steht an der äußern Seite der Kirchenmauer, welche das Hauptgewölbe stützt, drei oder vier Steine vor der ersten Luke an der Südseite des Altars, sechs Steine über dem Rücken des Kirchengewölbes. Merkwürdig ist es, daß von diesem Steine an um die ganze Kirche herum alle Steine in mehreren Lagen in der scharfen Kante aufgesetzt sind 1 ). Was diesem Steine aber seine besondere Wichtigkeit giebt, ist, daß die Figuren nicht erst in späterer Zeit eingegraben, sondern ehe der Stein gebrannt worden ist, gezeichnet worden sind, wie eine nähere Betrachtung des Steins sogleich darthut. Man sieht ganz deutlich die durch die Hitze des Glühofens aufgetriebenen Ränder, welche sonst durch keine Kunst, wie viele Versuche bezeugten, hervorzurufen sind. Die Figur ist liegend in den Stein eingegraben, so daß die erhobene Hand nach oben gekehrt ist.
Geschichtliche Zeugnisse machen es sehr wahrscheinlich, daß dieser Stein wohl an den Eulenspiegel erinnern, ja sogar von ihm selbst herrühren könnte. Der Bau der Kirche begann nach Schröder P. M. S. 1222 im J. 1339 und ward 1358 beendet. Da nun um d. J. 1346 der Bau gewiß zu dieser Höhe vorgeschritten war, da an dieser Stelle er ungefähr die Hälfte des Ganzen beträgt, und Eulenspiegel nach der Grabschrift in Mölln 1350 starb, so kann sehr wohl eine Beziehung statt gefunden haben, da Eulenspiegel nach der von ihm erhaltenen Lebensbeschreibung öfter in Wismar gewesen ist. (hist. XLI.)
Was nun dieser Stein habe bedeuten sollen, scheint schwer zu bestimmen zu sein. Wahrscheinlich ist er eingemauert, um, ganz nach Eulenspiegels wörtlicher Auffassung, einen wirklichen
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Eulenspiegel darzustellen, und einem finstern Ort, wo zu allen Zeiten die Eulen sich aufhielten, gleichsam zur Aufschrift zu dienen. Die Zeichnung selbst ist roh, aber leicht kenntlich.
Wismar.
Dr. Burmeister.