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Ein Leuchter tragender Löwenreiter
aus Messing, ward vor ungefähr 20 Jahren von einem Hirten am westlichen Ufer des Schallsees, wo er Niendorf bespült, gefunden und ist jetzt im Besitze des Herrn Dr. Wehber=Schuldt auf Goldensee; da er Familien=Eigenthum ist, so hat der Ausschuß ihn nicht zum Geschenke für den Verein gewinnen können, sondern sich damit begnügen müssen, eine genaue Zeichnung von demselben nehmen zu lassen.
Das Ganze ist aus Messing gegossen, ohne Rost, mit ciselirten Verzierungen und stellenweise noch mit Vergoldung bedeckt. Auf einem Löwen sitzt ein Mann, der auf die Schultern einen kurzen Leuchter, zum Aufstecken einer dicken Kerze, stützt, welcher ihn wie ein Schirm bedeckt. Der Löwe ist bis zur aufgereckten Schnauze gegen 7" hoch und eben so lang. Der Reiter ragt eben so hoch hervor; seine Füße sind jedoch 1" vom Boden entfernt. Der Leuchter, dessen Platte auf einer Stange sitzt, die der Reiter hält, ist 6" lang; die Spitze zum Aufstecken der Kerze ist 3'' hoch. Das Ganze, mit dem Leuchter, ist bis zur Spitze gegen 11" hoch.
Der etwas rechts schauende Löwe hat die Vorderbeine etwas gespreizt und den Schwanz gekrümmt. Er fletscht die durch eingegrabene Linien angedeuteten Zähne, als wenn er brüllte; in jedem Maulwinkel stehen zwei große Zähne über einander. Die Mähne besteht aus sehr regelmäßigen Locken; das Haar derselben ist durch sehr regelmäßig geschwungene Parallellinien angedeutet. Die vorderen Tatzen sind zu 5 Zehen gespalten; die hintern Tatzen sind nicht gespalten, sondern wie ein Huf gebildet.
Der Reiter hat sich ebenfalls mit dem Kopfe rechts hin gewendet und schauet nach dem Leuchter empor, dessen Tragestange er mit dem hoch nach hinten gewendeten rechten Arme in den Nacken stützt. Die Bekleidung des Reiters besteht aus nichts weiter, als aus einem einzigen, eng anliegenden, mit einem Gürtel zusammengehaltenen, langen, hemdartigen Gewande, das von den Hüften an vorne und hinten offen ist, so daß die beiden Theile zu den Seiten fast bis zu den Fersen grade hinab reichen. Die Füße des Reiters sind nackt; am linken Fuße sind die Zehen bezeichnet, am rechten nicht; das Haupt ist unbedeckt, die glatten, unten gelockten Haare sind durch eingegrabene Linien bezeichnet. Mit der linken Hand hält sich der Reiter am rechten Ohre des Löwen. Die Hälfte des Unterarms ist mit eingegrabenen Ringen, wie mit einer spiralcylinderförmigen Schiene bedeckt.
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Das Ganze ist mit Verzierungen bedeckt, welche aus eingegrabenen Furchen bestehen, in welchen kleine Perlenreihen stehen geblieben sind. Diese Verzierungen bezeichnen nicht allein die Nähte der Kleidung des Reiters und die fliegenden untern Theile derselben, sondern auch die Umrisse, den Rückgrath und die Muskeln, die Schnauze und die Augenlieder des Löwen; ja die Vorderfüße desselben sind mit einer zweifachen Reihe von Zickzacklinien dieser Furchen bedeckt. Auch die 3" im Durchmesser haltende Leuchterplatte ist mit solchen Furchen nach oben hin verziert.
Der Styl dieses Gußwerkes hat noch nicht mit Sicherheit bestimmt werden können. In der General=Versammlung des Vereins, welcher der Herr Dr. Wehber=Schuldt es zur Ansicht eingesandt hatte, erhoben sich mehrere Stimmen dafür, daß es maurischen oder byzantinischen Ursprungs sein dürfte. Auf jeden Fall ist dieser zum weltlichen Gebrauche bestimmte Leuchter eben so merkwürdig, als der, ebenfalls in der Nähe des Schallsees bei Valluhn gefundene Altarleuchter byzantinischen Styls (vgl. Jahresber. III, S. 89).