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S o viel auch für die Chronologie und Genealogie in der meklenburgischen Geschichte geschehen ist, so ist doch noch mehr zu thun übrig geblieben; fast bei jeder neuen Forschung stößt man auf Lücken und Hindernisse, welche den Gang der Darstellung oft nicht wenig hemmen. Der Verein wird sich daher ein nicht geringes Verdienst erwerben, wenn er diese Zweige der historischen Wissenschaften nach Kräften befördert, damit vor allen Dingen das Gerippe unserer Geschichte fest und anschaulich aufgeführt werden könne.
Helles Licht werden erst Monographien in die Chronologie und Genealogie bringen; aber Zusammenhang und Uebersicht geben vorzüglich alte Chroniken und Stammbäume, welche daher hauptsächlich zuerst ans Licht zu ziehen sind, damit sie einzelne urkundliche Untersuchungen fördern helfen. Zu diesen gehört denn auch die Chronologie der sechs ersten Geschlechter sämmtlicher Fürsten Meklenburgs im Fenster des Kreuzganges des Klosters Doberan. Dieser Stammbaum reicht von dem Stammvater Niclot bis zum Jahre 1337; hiernach wäre er also ungefähr in der Mitte des 14. Jahrhunderts gemacht. Freilich war dies Monument nur ein Denkmal auf zerbrechlichem Glase; aber alles, was Altes von Doberan kommt, ist ehrwürdig und glaubwürdiger, als irgend etwas anderes, es seien denn Briefe und Siegel, namentlich in Beziehung auf
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die Fürsten der Stammtafel, von denen nicht wenige in Doberan begraben waren, deren Andenken dort in Sagen und Messen, in Chroniken und Calendarien, in Leichensteinen und Monumenten gefeiert ward.
Die erste Nachricht von diesem Denkmal giebt Nicolaus Marschalcus Thurius in seinem Auszuge aus der Meklenburgischen Chronik vom J. 1522 (Handschr.), als er mit Herzog Heinrich dem Friedfertigen die Alterthümer Doberans durchforschte und davon auch dem Canzler Caspar von Schöneich Nachricht gab:
„Der Pribislabus ist gewest der Erste, welcher hat den königlichen Titel lassen fallen, in dem Closter Doberan begraben; do mag men heutiges Tages sehen in alten fenstern etliche, von den alten Königen hirinen angezogen”.
Hiernach gedenkt desselben Latomus († 1614) in seinem Genealochron. Megap. zum Jahre 1179, bei Westph. Mon. IV. p. 194, indem er sagt:
„Der königliche Titel beide Nicioti des Vaters und Pribislai des Sohns ist etliche 100 jahr in der finsterlucht daselbst (in Doberan) im Closter gelesen”.
Ihm folgt Chemnitz († 1687) Chron. msscr. I. p. 422:
„Dieses Konigs Pribislai, wie auch seines Herrn Vaters Konigs Nicoloti Titul ist etliche hundert iahr in der finsterlucht daselbst im Closter gewesen, dessen abschrift ich auch in dem fürstl. schwerinischen archivo befunden”.
Das Denkmal selbst ist nicht mehr im Original vorhanden; wahrscheinlich ward es im dreißigjährigen Kriege zerstört, in welchem auch die Fenster der Doberaner Kirchen= und Kloster= Gebäude fast sämmtlich zerschlagen wurden. Die Kloster=Gebäude verfielen darauf oder ihre Mauern wurden zu andern Zwecken benutzt.
Ich war so glücklich, die von den alten Chronologen erwähnte Abschrift unter einer Masse genealogischer Entwürfe verschiedener Gelehrten, welche in der Bibliothek des Archivs gesammelt sind, zu entdecken. Sie besteht aus einem unscheinbaren Blatte Papier, im Anfange des 16. Jahrhunderts, jeden Falls vor der Säcularisirung des Klosters Doberan, und zwar in dem Charakter der Handschriften des 15. Jahrhunderts geschrieben. Auf der Rückseite des Blattes steht von des Canzlers Caspar von Schöneich eigner Hand geschrieben:
.„Verzeichnis aus dem fenster im Creutzgange in Dobran von den alten herren diser lande”
Wahrscheinlich ward die Abschrift für den Herzog Heinrich-
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den Friedfertigen und seinen Canzler C. v. Schöneich, vielleicht auf Marschalks Veranlassung und zu Marschalks Zeit, genommen, da der Herzog nach andern Nachrichten die theuren Ueberreste in Doberan suchte, betrachtete und ehrte.
Der Stammbaum ist so eingerichtet, daß die ersten Geschlechter in dem Mitteltheil von oben nach unten verzeichnet stehen; unten theilt sich der Hauptstamm nach beiden Seiten hin in die vier Hauptlinien des Mittelalters, welche von unten nach oben gehen. Zu bemerken ist dabei, daß unter Niclot als Wappenschild ein Greif, über den 1337 schon ausgestorbenen beiden Linien zu den beiden äußersten Seiten des Fensters auch Wappenschilde, und zwar über der Linie Richenberg ein Greif, über der Linie Rostock ein Büffel angedeutet stehen, bei den Linien Meklenburg und Werle aber ein Wappenschild fehlt. Das dritte Feld von unten in jeder Linie ist leer; vielleicht standen hier Bilder; das Ganze wird nach der alten Abschrift auch im Aeußern genau hier mitgetheilt, damit kein Fehler gegen die Architectur sich einschleiche.
Den größten Werth erhält dies Denkmal jedoch durch seine innere Glaubwürdigkeit. Es kann augenblicklich nicht Zweck sein, alle einzelnen Angaben kritisch zu prüfen: dies würde allein schon einen Band füllen; die Folgezeit wird Gelegenheit genug geben, auf dies Nekrologium zurückzukommen; aber ich kann es mir nicht versagen, eine Uebersicht der neuen Ergebnisse, welche der Fund liefert, herzusetzen und sie mit den Resultaten in Rudloffs Geschichte zu vergleichen. Rudloff ist deshalb erwählt, weil er die ausführlichsten Untersuchungen in der ältern Geschichte enthält
Es mögen dabei noch einige diplomatische Bemerkungen Platz findem - Der Tod Pribislavs ist angegeben MC. XV. III kal. Januarli; zwischen dem C und dem X ist aber eine Lücke, in welcher radirt ist; allem Anscheine nach stand hier MCCXV; in diesem Jahre ward Pribislavs Leiche von Lüneburg nach Doberan gebracht - Das Todesjahr Heinrichs II. des Löwen von Meklenburg ist mit dem Jahre MCCCXXV bezeichnet; dies ist aber wohl nur ein Lese= oder Schreibfehler für MCCCXXIX; dann stimmt die ganze Angabe mit der Geschichte überein. Nach Hinwegräumung dieser Hindernisse läßt sich nun aus der beistehenden Uebersicht leicht erkennen, wie wichtig der Fund ist. Es sind unter Nr. I alle data zusammengestellt, welche bisher unbekannt geblieben oder doch von Rudloff nur annäherungsweise, aus dem Doberaner Kirchenfenster aber genau angegeben sind. Daneben, unter Nr. II., sind diejenigen data aufgezeichnet, welche nach Rud=
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loffs Resultaten mit den Doberaner Nachrichten übereinstimmen; diese Uebereinstimmung möchte den besten Beweis für die Glaubwürdigkeit der entdeckten Genealogie geben, wenn ein Schluß von dem Einen auf das Andere gestattet ist. Unter Nr. III. und IV. sind die Fälle aufgeführt, in welchen das Kreuzgangsfenster und Rudloff von einander abweichen; zum größten Theil sind diese Fälle noch Streitpuncte, in welchen Rudloff von neuern Historikern, namentlich von v. Lützow schon Berichtigung erfahren hat oder über welche die Untersuchungen noch nicht geschlossen sind. Pribislav's II. Geschichte bedarf noch einer neuen Bearbeitung; daher mögen die verschiedenen chronologischen data bis zur genauern Darstellung, welche sehr wünschenswerth wäre, ohne Resultat stehen bleiben. Heinrich Borwin I. ist, gegen die bisherige Annahme, nach manchen Angaben nicht 1226, sondern wirklich im Anfang des Jahres 1227 gestorben; daher verdient die Doberaner Angabe, daß er am 28. Januar 1227 gestorben sei, allerdings Glauben. 1 ) Nicolaus I. fiel bei Waschow: nach Rudloff im J. 1197, nach v. Lützow I. S. 255 flgd. im J. 1201, nach unserer Chronologie am 25. Mai 1200; letztere kommt also den historisch = kritischen Untersuchungen schon näher. Manche Abweichungen mögen jedoch auch nicht begründet sein; vielleicht ist hin und wieder auch der Tag der Beisetzung in Doberan angegeben.
Was endlich die Quellen der Kreuzgangs=Chronologie betrifft, so scheint dieselbe aus den ältesten Calendarien und Nekrologien des Klosters geschöpft zu sein. Kirchberg ist sicher nicht als Quelle anzunehmen, da derselbe, nach genauer Vergleichung, häufig nur das Todesjahr der Fürsten, aber nicht ihren Sterbe tag angiebt, welchen das Doberaner Nekrologium hat, an andern Stellen nur den Begräbnißtag statt des Sterbetages nennt, und endlich auch beide verschweigt, wie z. B. bei den Fürsten der Linie Richenberg.
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der
Gedächtnistafel im Doberaner Kreuzgange.
I. Neue data der Doberaner
Chronologie. |
II. Übereinstimmung mit
Rudloff. |
1.) Meklenburg. | 1.) Meklenburg. |
Johann I. 1. Aug. 1264 | Johann I. 1264. |
Heinrich I. 2.Jan. 1302. | |
Heinrich II. 22. Jan. 1329. | |
Albrecht I. 15.Mai 1265. | |
Nicolaus 8. Jun. | |
Johann II. 14. Oct. 1299. | Johann II. 1299. |
Johann III. 27. Mai 1289. | Johann III. 1289. |
2.) Werle. | 2.) Werle. |
Nicolaus III. 7.Mai 1277. | |
Heinrich I. 8. Oct. 1291. | |
Johann I. 15. Oct. 1283. | Johann I. 1283. |
Nicolaus IV. 12. Oct. 1316. | Nicolaus IV. 1316. |
Johann II. 27. Aug. 1337. | |
3.) Rostock. | |
Waldemar 9. Nov. 1282. | Waldemar 1282. |
4.) Richenberg. | |
Pribislav III. 1. Aug. 1262. | |
Pribislav IV. 1315. | |
III. Abweichungen von | IV. Rudloff. |
Pribislav II. 26. Dec. | Pribislav II. 25. Dec. 1181. |
H. Borwin I. 28.Jan. 1227. | H. Borwin I. 1226. |
Nicolaus I. 25. Mai 1200. | Nicolaus I. 1197. |
Bernhard I. 10. Oct. 1281. | Bernhard I. 1286. |
Borwin III. 1260. | Borwin III. vor 21. Dec. 1278. |
Nicolaus d. Kind 25. Nov. 1313. | Nicolaus d. Kind 25. Nov. 1314. |
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Eine genaue Darstellung des Kreuzgangsfensters auf einem halben Bogen ist neben dieser Seite eingeheftet.
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