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gegründet von | fortgesetzt von | |
Geh. Archivrat Dr. Lisch. | Geh. Archivrath Dr. Wigger. |
Auf Kosten des Vereins.
Druck und Vertrieb der
Bärensprungschen Hofbuchdruckerei.
Kommissionär: K. F. Koehler, Leipzig.
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Geschichte des Landes=Postwesens in Meklenburg=Schwerin. | |||
Nach amtlichen Quellen bearbeitet von C. Moeller, Ober=Postdirektionssekretär | 1. |
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Die meklenburgischen Mitglieder der "Fruchtbringenden Gesellschaft" | I, | 2. |
Rostocker Sechslinge aus dem Münzfund von Mamerow | I, | 5. |
Aus den Rentereibelägen im Haupt-Archive zu Schwerin | I, | 10. |
Aus den Hamburger Renterei-Rechnungen | I, | 11. |
Heinrich Kilian | II, | 18. |
Aus einem Rechnungsbuche des Herzogs Ulrich von Meklenburg (1575-1585) | II, | 20. |
Wismarsche Acten im Reichs-Archiv zu Stockholm | II, | 28. |
Erwerbungen der Bildersammlung | III, | 32. |
Zuwachs der Vereins=Bibliothek | III, | 33. |
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I m Laufe des Jahres 1896 war der Verfasser von dem Vorsteher der hiesigen Kaiserlichen Ober=Postdirektion, Herrn Ober=Postdirektor Hoffmann, beauftragt worden, in dem Großherzoglichen Geheimen= und Hauptarchiv Material zu einer Geschichte des früheren Landespostwesens in Meklenburg=Schwerin zu sammeln. Es war für eine Denkschrift bestimmt, deren Herausgabe bei der Eröffnung des neuen Schweriner Reichs=Postgebäudes geplant war und die inzwischen im April 1897 im Druck erschienen ist. Bei den Nachforschungen im Archive ergaben sich so ausführliche aktenmäßige Nachrichten über das Meklenburgische Landespostwesen seit dem Anbeginn der Einrichtung der Posten in Meklenburg, daß deren Verwerthung die für die Denkschrift gezogenen Grenzen überschritten haben würde, Der Herr Ober=Postdirektor entschied sich daher dafür, bei der Wiedergabe geschichtlicher Nachrichten in der von ihm herauszugebenden Denkschrift sich auf die örtliche Schweriner Postgeschichte zu beschränken. Er gab aber dem Verfasser die Anregung, die große Fülle des übrigen Materials für eine umfassendere Darstellung der Geschichte des Landespostwesens in Meklenburg=Schwerin zu verarbeiten. So ist die gegenwärtige Arbeit entstanden. Sie ist nicht allein für den Fachmann geschrieben. Der Verfasser hat sich bestrebt, zum besseren Verständniß des Stoffes auch für größere Kreise, posttechnische Einzelheiten, die lediglich für den Fachmann Interesse haben, nur insoweit zu berühren, als es der Gang der Darstellung erforderte. Deshalb darf gehofft werden, daß die Arbeit auch für den Kulturhistoriker einiges Interesse bieten wird.
Außer dem aktenmäßigen Material sind für die vorliegende Darstellung die beiden verdienstvollen Arbeiten des Oberpostamts=Direktors Flügge "Lose Blätter aus der Rostocker Postchronik" und "Die Meklenburg=Hamburger Postkurse" benutzt worden.
Schwerin, im Oktober 1897. | C. Moeller. |
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Einleitung | 1 | |||
I. | Botenanlagen in Meklenburg | 4 | ||
1. | Die Botenanlagen der Herzöge von Meklenburg | 5 | ||
2. | Der Danziger Bote in Meklenburg | 13 | ||
II. | Einrichtung eigener und fremder Postanlagen in Meklenburg (Von 1645 bis 1701) | 17 | ||
1. | Eigene herrschaftliche Posten | 17 | ||
a) | Postanlagen im Herzogthum Meklenburg=Schwerin | 23 | ||
b) | Postanlagen im Herzogthum Meklenburg=Güstrow. | 33 | ||
2. | Fremde Posten in Meklenburg und ihr Verhältniß zur Landespost | 53 | ||
a) | Brandenburgische Posten | 53 | ||
b) | Hamburger Posten | 62 | ||
c) | Schwedische Posten | 69 | ||
d) | Lübecker Posten | 82 | ||
3. | Allgemeiner Zustand der Postanstalt | 85 | ||
III. | Das Postwesen in Meklenburg=Schwerin von 1701-1785 | 95 | ||
1. | Die Landespost in Meklenburg=Schwerin | 95 | ||
a) | Unter Herzog Friedrich Wilhelm (1701-1713) | 95 | ||
b) | Unter Herzog Carl Leopold (1713-1735) | 107 | ||
c) | Unter der Administration des Herzogs Christian Ludwig (1735-1747) | 129 | ||
d) | Unter Herzog Christian Ludwig (1747-1756) | 138 | ||
e) | Unter Herzog Friedrich (1756-1785) | 144 | ||
2. | Fremde Posten in Meklenburg=Schwerin | 164 | ||
a) | Brandenburgisch-Preußische Postkurse | 164 | ||
b) | Hamburger Posten | 179 | ||
c) | Schwedische Posten | 186 | ||
d) | Lübecker Posten | 198 | ||
3. | Allgemeiner Zustand der Postanstalt | 200 | ||
IV. | Das Postwesen in Meklenburg=Schwerin von 1785 bis 1842 | 247 | ||
1. | Die Landespost in Meklenburg=Schwerin | 247 | ||
a) | Unter Herzog, nachmaligem Großherzog Friedrich Franz I. (1785-1837) | 247 | ||
b) | Unter Großherzog Paul Friedrich (1837-1842) | 291 | ||
2. | Fremde Posten in Meklenburg=Schwerin | 294 | ||
a) | Preußische Postkurse | 294 | ||
b) | Hamburger Posten | 300 | ||
c) | Schwedische Posten | 301 | ||
d) | Lübecker Posten | 303 | ||
3. | Postverhältnisse zu Meklenburg=Strelitz | 307 | ||
4. | Allgemeiner Zustand der Postverwaltung | 314 | ||
V. | Das Postwesen in Meklenburg=Schwerin von 1842 bis 1867 | 329 | ||
Anlagen | 346 |
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D ie Entwicklungsgeschichte des ehemaligen Landespostwesens in Meklenburg-Schwerin bildet ein getreues Spiegelbild der politischen und wirthschaftlichen Entwicklung des Landes.
Letztere vollzog sich seit dem 17. Jahrhundert unter schwierigen Verhältnissen. Langwierige Zwistigkeiten zwischen Fürsten und Ständen untergruben das Ansehn und die politische Stellung Meklenburgs gerade zu einer Zeit, als die Nachbarstaaten nach dem dreißigjährigen Kriege den Grundstein zu ihrer späteren Größe legten. Die inneren Wirren im Lande ließen die wirthschaftlichen Verhältnisse nicht zu ruhiger Entfaltung gelangen, sodaß Meklenburg jahrzehntelang des erforderlichen Rückhalts entbehrte, der es bei dem Aufstreben der Nachbarstaaten vor der Erdrückung zu bewahren vermochte. Deshalb konnte es nicht ausbleiben, daß Brandenburg, Hannover, Dänemark und Schweden, unbekümmert um die staatliche Selbständigkeit Meklenburgs, ihre langdauernden Kämpfe um die Vorherrschaft in Niederdeutschland wiederholt auf meklenburgischem Boden ausfochten, daß fremde Staaten, voran Preußen und Hannover, handelnd in die inneren Landesverhältnisse eingriffen und zum Entgelt für ihre Vermittlerrolle meklenburgisches Gebiet in Besitz hielten, daß endlich Meklenburg durch die Leiden des siebenjährigen Krieges an den Rand wirthschaftlichen Untergangs kam.
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Zwiespalt im Innern und verderbliche Einflüsse von außen, das waren in der Hauptsache die Krebsschäden, welche länger als ein Jahrhundert an dem Mark des meklenburgischen Staatslebens zehrten, bis schließlich am Ausgange des vorigen Jahrhunderts geordnete Verhältnisse eintraten, die fremden Einflüsse mehr und mehr verschwanden, und für Meklenburg sowohl in politischer als in wirthschaftlicher Beziehung eine neue, bessere Zeit anbrach, wenn es auch noch vieler Mühe und jahrelanger Arbeit bedurfte, um die Spuren des einstigen Niedergangs zu verwischen.
Denselben Entwicklungsgang machten die Postanlagen in Meklenburg durch.
Zwar waren auch in Meklenburg die Herzöge Adolf Friedrich von Meklenburg-Schwerin und Gustav Adolf von Meklenburg-Güstrow bald nach dem dreißigjährigen Kriege bestrebt gewesen, das schwer heimgesuchte Land wieder emporzubringen und den darniederliegenden Handel und Verkehr namentlich durch Einrichtung eigener Postanlagen zu heben.
Aber wenn auch die Landesposten Wurzel faßten, so konnten sie doch lange nicht zu rechter Entfaltung gelangen, weil infolge der politischen Ereignisse die Ruhe des Landes bis über die Mitte des vorigen Jahrhunderts hinaus gestört war. Dazu kam, daß fremde Staaten, vor Allem Brandenburg-Preußen und Schweden, von Anfang an gerade auf den Hauptverkehrsstraßen im Süden und Norden wichtige Postkurse durch Meklenburg leiteten, welche trotz aller Bemühungen der Herzöge in Meklenburg festen Fuß faßten und, wenn sie auch dem Lande als Ganzem von Nutzen waren, doch eine erdrückende Konkurrenz zum Nachtheil der Landesposten ausübten.
Und wie die politische Entwicklung Meklenburgs auch durch innere Wirren gehemmt wurde, so entstand in ähnlicher Weise den jungen Postanlagen der Herzöge auf dem Lande selbst ein schlimmer Feind in dem weitverzweigten Fuhrgewerbe, welches bisher schlecht und recht den Landtransport vermittelt hatte und nun nach Einrichtung der Posten unter dem Schutze der Landstände und der Seestädte Wismar und Rostock jahrelang den Wettbewerb mit den Landesposten aufnahm, ohne daß der Einfluß der Herzöge vermocht hätte, die Posten von dieser Konkurrenz frei zu machen. Erst am Schlusse des vorigen Jahrhunderts begann ein allmähliches Zurückweichen der fremden Posten aus dem Lande. Ebenso trat der Wettbewerb des Fuhrwesens mehr und mehr in den Hintergrund. Nur die preußischen Posten im
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Süden Meklenburgs blieben in altem Umfange von Bestand; aber ihre Konkurrenz machte sich von Jahr zu Jahr weniger fühlbar, weil die Neuzeit mit ihren umfassenderen Verkehrsbeziehungen den Posten neue Aufgaben zuwies, vor denen jeder Gedanke an eine Rivalität zwischen meklenburgischen und preußischen Posten zurücktreten mußte.
Die zahlreichen gleichartigen Momente, welche in der Geschichte Meklenburgs und der seiner Landesposten seit dem Ausgange des dreißigjährigen Krieges bis zur Neuzeit in die Erscheinung treten, sind an sich schon geeignet, der Entwicklungsgeschichte unseres heimischen Postwesens das allgemeine Interesse zuzuwenden; in noch höherem Maße dürfte das Interesse für die Landespost aber deswegen rege werden, weil in ihrer Entwicktungsgeschichte ihr hoher Werth als Wirthschafts- und Kulturelement zu Tage tritt, und die mannigfachen Wechselwirkungen zwischen den politischen und wirthschaftlichen Bewegungen früherer Zeiten ihren sprechenden Ausdruck in der jeweiligen Gestaltung und den Erträgnissen der Landesposten finden.
Und last not least , die Postgeschichte von Meklenburg-Schwerin liefert leider auch den Beweis, daß bis in dieses Jahrhundert hinein das Interesse an öffentlichen Fragen wie in anderen deutschen Staaten ebenso auch in Meklenburg an den Landesgrenzen halt machte, daß über der einseitigen Interessenspolitik der einzelnen deutschen Regierungen der Sinn für allgemeine deutsche Interessen in den Hintergrund treten mußte, bis die neuere Zeit mit ihren größeren politischen Fragen und ihrem umfänglicheren Wirthschaftsbetriebe der Zersplitterung Deutschlands ein Ende bereitete.
Die ehemalige Landespost in Meklenburg-Schwerin hat schon vor annähernd 30 Jahren aufgehört zu bestehen. Manche der Zeitgenossen werden sich ihrer noch erinnern als eines Zeugen der alten Territorialherrlichkeit Meklenburgs in unlängst entschwundener Zeit; für sie wie für die Jüngeren, welche nur das gewaltige Wirken der deutschen Reichspost beobachten konnten, wird der Rückblick auf frühere Kulturzustände des Landes und der dadurch ermöglichte Vergleich des Verkehrs- und Beförderungswesens von sonst und jetzt nicht ohne Interesse sein.
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Die Vorläufer der staatlichen Posten waren Boteneinrichtungen.
Wie in den übrigen deutschen Landen bestanden auch in den meklenburgischen Herzogthümern vor der Errichtung staatlicher Postanlagen bis in das 17. Jahrhundert hinein Botenanstalten, die den Korrespondenzverkehr und Nachrichtendienst im Lande und nach auswärts vermittelten. Sie waren indessen keine Postanlagen im heutigen Sinne des Worts, sondern Verkehrsanstalten, welche einseitig oder doch wenigstens in erster Linie und fast ausschließlich Privatinteressen dienten, nämlich denen der Herzöge von Meklenburg und denen der Kaufmannschaft in den Seestädten Rostock und Wismar. Sonstige Botenanlagen von einiger Bedeutung bestanden in Meklenburg nicht. Daß, wie es in Süddeutschland und am Rhein der Fall war, nicht noch andere Kreise der Bevölkerung ein Bedürfniß nach derartigen Botenanlagen hatten, war in der geschichtlichen und wirthschaftlichen Entwicklung Meklenburgs begründet.
Die süd- und westdeutschen Staaten erfreuten sich bereits Jahrhunderte lang, bevor Meklenburg als deutsches Reichsland in der Geschichte auftritt, während wichtiger Epochen der deutschen Kaiserzeit einer hohen Kultur; Handel und Verkehr, Künste, Kunstgewerbe und Wissenschaften standen in reicher Blüthe - hier waren gut entwickelte, weit verzweigte Verkehrs= und Botenanlagen zur Verbindung mit nah und fern Lebensbedürfniß für alle Schichten der Bevölkerung in Stadt und Land.
Wesentlich anders lagen die Verhältnisse in den meklenburgischen Herzogthümern.
Abseits der großen Verkehrsstraßen des mittelalterlichen Welthandels belegen, war Meklenburg erst im 12. Jahrhundert der deutschen Kultur erschlossen worden. Mehrere Jahrhunderte erforderte es, bis sich die völlige Verdrängung der einheimischen slavischen Bevölkerung oder ihre Verschmelzung mit der eingewanderten deutschen Bevölkerung vollzogen hatte. In sich abgeschlossen und an den großen Ereignissen der deutschen Geschichte wenig theilnehmend, gelangte Meklenburg nur zu einseitig wirthschaftlicher Entwicklung. Ackerbau und Viehzucht bildeten bis in die neuere Zeit hinein die Hauptnahrungszweige seiner Bevölkerung; Handel und Verkehr blühten nur in den Städten,
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besonders in den alten Hanseorten Rostock und Wismar und in den Landstädten Güstrow, Parchim und Neubrandenburg; Kunst, Kunstgewerbe und Wissenschaften erhoben sich nur zeitweilig und stellenweise über das Maß des Alltäglichen.
Bei derartigen allgemeinen Verhältnissen fehlten in Meklenburg alle diejenigen Voraussetzungen fast vollständig, welche in Süddeutschland und am Rhein schon frühzeitig Handel und Verkehr zur Entfaltung gebracht und Fürsten, Städten, Korporationen und Privaten Anlaß gegeben hatten, die für ihre Beziehungen nach außerhalb nothwendigen Verkehrseinrichtungen - postähnlich gestaltete Botenanlagen - zu schaffen und dergestalt zu vervollkommnen, daß sie weit und breit als Musteranstalten angesehen wurden.
In Meklenburg hatte lediglich das Fürstenhaus und die Kaufmannschaft in den Städten, vor allem in Rostock und Wismar, ein Interesse an dem Bestehen einer Boteneinrichtung. Thatsächlich besaßen auch beide Faktoren eigene Botenanstalten, denen in ihrer Organisation und Leistungsfähigkeit allerdings manche Mängel anhafteten, die aber bei dem Fehlen besserer Einrichtungen dem Bedürfniß genügten, und die ihren Betrieb erst mit der Einrichtung selbstständiger staatlicher Postanlagen einstellten.
Für die breiteren Schichten der Bevölkerung besorgten wandernde Mönche, reisende Kaufleute, herumziehende Metzger, Frachtfahrer, Handwerksgesellen und sonstige fahrende Leute Briefe und Nachrichten von Ort zu Ort - aber wie es um die Zuverlässigkeit der Boten und die Sicherheit für die Besorgung der Sendungen bestellt war, kann nicht zweifelhaft sein. Trotzdem erhielt sich die gelegentliche Beförderung von Briefen u. s. w. im Reiseverkehr bis in die neuere Zeit hinein, denn zahlreiche landesherrliche Verordnungen untersagten noch in diesem Jahrhundert bei hoher Strafe den Kaufleuten und Frachtfahrern, zum "praejudiz" des inzwischen statuirten Postregals Briefe u. s. w. zur Beförderung anzunehmen.
Ueber die Botenanlagen der Herzöge von Meklenburg ist in den zahlreichen Akten und Urkunden des Geheimen und Hauptarchivs zu Schwerin eine Fülle schätzbaren Materials enthalten, welches in Verbindung mit sonst in Büchern und Schriften zerstreuten Nachrichten es ermöglicht, ein anschauliches Bild von der
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Organisation und dem Betriebe der Botenanstalten zu gewinnen. Die noch vorhandenen Nachrichten über Leistungen von Botendiensten durch berufsmäßige Boten reichen bis in den Anfang des 16. Jahrhunderts zurück. Damals war das Land in die zwei Theile Meklenburg-Schwerin und Meklenburg-Güstrow gespalten. Die Fürsten beider Landestheile hatten ihre gesonderten Boteneinrichtungen, die den alleinigen Zwecken der Herzöge und Regierungen dienten. Auch einzelne herzogliche Behörden nahmen eigene Boten in den Dienst; für das Kirchengericht und Consistorium in Güstrow wurden z. B. durch die Kirchengerichts- und Consistorienordnung von 1570 zwei besondere Boten bestellt.
Nach den vom Beginne bes 16. Jahrhunderts ab noch vorhandenen Rechnungen der herzoglichen Rentereien in Güstrow und Schwerin, in denen unter der Abtheilung "Botenlohn, Postgeld" u. s. w. die einzelnen Botengänge, das Ziel der Boten, die Dauer der Reise und die Botenlöhne aufgeführt werden, ist zu unterscheiden zwischen Boten, die mit Briefen im Lande, und Boten, die nach Orten außerhalb Meklenburgs zu laufen hatten. Botengänge ins Reich kommen in den Rechnungen sehr häufig vor, denn die Beziehungen zwischen Schwerin und Güstrow einerseits und Wien und Speyer andererseits waren dauernd sehr rege, da die inneren Angelegenheiten häufig die Intervention von Kaiser, Reichshofgericht und Reichskammergericht erforderlich machten.
Die Boten standen in unmittelbarem Dienste der Herzöge, leisteten für die pünktliche Erfüllung ihres Amtes den Boteneid 1 ) und führten deshalb die Bezeichnung "geschworene Boten". Vereinzelt kommt auch die Bezeichnung "Silberbote" vor; Herzog Johann Albrecht hatte 1571 einen Silberboten Nickel Kirchner nn Dienst, der, wie es auch in Brandenburg der Fall war, die herzogliche Korrespondenz in einer silbernen Kapsel beförderte.
Die geschworenen Boten führten in der Regel Aufträge außerhalb Landes aus, da deren Besorgung größere Sicherheit, mithin zuverlässige Leute erforderte. Im Lande wurden die nur ausnahmsweise auf Botengänge ausgesandt; sonst wurden für Botenreisen innerhalb Landes Personen verwendet, welche für jeden Botengang Bezahlung erhielten.
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Schon am Ende des 16. Jahrhunderts kommt in den Rechnungen der Ausdruck "Postbote" vor, eine aus dem Reiche übernommene Bezeichnung, welche nur auf das Amt der Boten, die Bestellung der herzoglichen Korrespondenz, hindeutet, mit regelmäßigen Posten aber sonst nichts gemein hat.
Die geschworenen Boten erhielten festes Einkommen, sowie Bekleidung und Schuhzeug. Als Zeichen ihres Amtes trugen sie auf der Brust ein metallenes (später auch silbernes) Schild 1 ) mit dem herzoglichen Wappen.
Die beiden Boten in Schwerin, Panthel Zeitz und Nickel Kirchner, erhielten nach der Hofgesindsbesoldung für das Jahr 1590/91 je
8 fl.
16 fl. 8 fl. -- |
Besoldung,
Monatsgeld, Kleidung, 6 ßl. Hutgeld. |
Aehnlich lagen die Verhältnisse in Güstrow, wo die Hofgesindsbesoldung für 1588/89 drei geschworene Boten aufführt.
Außer dem festen Einkommen erhielten die geschworenen Boten auch Lauf- und Zehrgeld. Dieses betrug zwischen 2 und 4 ßl. für die Meile und für Stilllager an Orten, wo die Boten verweilen oder auf Bescheid ("Verabschiedung") warten mußten, meistens 3 ßl. für den Tag; das Zehrgeld wurde den Boten nach der Rückkehr auf Grund des Botenzettels gezahlt, der Angaben über den Weg, die Dauer und Weite des Botenganges enthielt. Fürstliche Freigebigkeit entschädigte die Boten für die Beschwerlichkeit der Reise auch wohl noch in besonderer Weise, wie manche Vermerke in den Rentereirechnungen bezeugen.
Das Botenamt war deshalb verhältnißmäßig einträglich und, wie es scheint, sehr begehrt 2 ), zumal die Boten auch Befreiung von manchen bürgerlichen Lasten genossen 3 ).
Die Boten führten ihre Reise zu Fuß oder zu Pferde aus, die kürzeren Botengänge wurden meist zu Fuß zurückgelegt. Als Boten zu Roß werden in den Rechnungen in mehreren Fällen auch "Einspännige" erwähnt, es kommt diese Bezeichnung berittenen
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herzoglichen Dienern zu, welche eine den heutigen Amtslandreitern oder Gendarmen ähnliche Stellung bekleideten.
Die Aufsicht über die Boten war den Botenmeistern übertragen. Nach der Kanzleiordnung des Herzogs Johann Albrecht von 1569 hatte der Botenmeister "ein ordentlich Register zu halten und dar zu verzeichnen den Monatt vnd Tagk, auch Nahmen der personen, von Botten vnd Supplicanten, damit man wiße, wan vnd wer Briefe in die Cantzley vbergiebet, auch die nötigsten vmd eltesten Sachen schleunig vnd vor andern gefurdert und verabschiedet werden mögen." Auch sollte von dem Botenmeister "das was vor Mittag gefertiget, vmb zwölf den Parteien oder Botten zugestellet, was aber nach Mittagk verrichtet, zwischen vier vnd fünf außgetheilet werden. Desgleichen soll auch sein Befehlich sein, die Briefe, so durch die Amtsbotschaften zu bestellen, dem Hauptmann, Küchenmaister oder Landreiter zu behendigen vnd darauf den Monath, Tagk ond Stunde der Abfertigung zu zeichnen, damit zu befinden, ob vnd an wem es gemangelt, das die Briefe nicht zur rechten Zeit zur Stedte gekommen."
Besonderes Gewicht wurde, wie man sieht, auf die möglichst beschleunigte Abfertigung der Boten gelegt. Deswegen sollte auch der Kanzler "für schleunige Verabschiedung aller einkommenden Sachen sorgen, auch frembde Botten so fürderlich als immer muglich abgefertigett oder, so die sachenn wichtig vndt Vertzug haben, muß denselben Recognition Zettel gegeben werden. Vnser Cammersecretarius soll auch Vertzeichnus machen, vff welchen Tag Prieff, daran gelegen, abgefertigett werden, vnb ber Botten Namen und ReIationes vertzeichnen."
Die Kanzleiordnung Herzogs Hans Albrecht von Güstrow von 1612 bestimmte wegen des Botendienstes unter Nr. 35: "Der Botte so die Acta 1 ) entweder alßbaldt zurück bringet oder hernacher wieder holet, soll schuldig seinu, von den Urtheilfassern einen Zettell, darinn, wie viell tage er des Ortes aufwarten, und was er pro studio et labore geben vnd entrichten mußen, vorzeichnet sey, zu fordern, vnd neben den Acten unserem Kantzler oder Räthen einzuschaffen oder in Vnterlassung dessen seines Bottenlohnes verlustig sein."
Der Botendienst war schwer und wegen der Mangelhaftigkeit und Unsicherheit der Straßen nicht ohne Fährlichkeit. Die Boten führten daher ihre Reise bewaffnet aus, und es wurde bei
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ihrer Auswahl auf körperliche Rüstigkeit und Gewandtheit besonderes Gewicht gelegt; dabei mußten sie verstehen, sich je nach Lage der Umstände und im Verkehr mit Personen aller Kreise geschickt und anstellig zu benehmen. Die Reisen der Boten dehnten sich oft weit aus und dauerten zuweilen Monate lang.
So sandte gelegentlich der in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zwischen den meklenburgischen Herzögen und Rostock ausgebrochenen Zwistigkeiten Herzog Johann Albrecht drei Boten an die Höfe mehrerer Reichsfürsten ab. Der erste Bote ging zum Markgrafen von Anspach, dem Pfalzgrafen zu Zweibrücken, dem Herzog von Bayern und dem Erzherzog von Oesterreich zu Innsbruck, und legte 158 Meilen zurück; 21 Tage lag er auf der Reise still; er erhielt als Entschädigung 15 fl. 16 ßl., d. h. für die Meile 2 ßl. und für je 1 Tag Stilllager 3 ßl. Der zweite Bote lief zum Herzog von Jülich, den Erzbischöfen zu Cöln und Trier und legte 126 Meilen zurück. Er bekam (einschl. für 8 Stilllager) 11 fl. 12 ßl. Der dritte Bote war zum Herzog von Lüneburg, Herzog von Braunschweig, Landgrafen von Hessen, Erzbischof zu Mainz, Herzog von Württemberg 106 Meilen unterwegs und bekam 9 fl. 13 ßl. (einschl. für 5 Stilllager).
Von der Beschwerlichkeit des Botendienstes berichtet eine Eintragung der Güstrower Renterei-Rechnungen von 1617/18: "Einem Boten Hans Wintern so mit Notificationschreiben an den Bischof nach Bremen geschickt gewesen, und von dar in Frießlandt lauffen müssen, vor 54 Meilen, für die Meile 4 ßl., weil er in Waßer waden müssen, vnd 9 Tage Ligegeldt, den 2. December ünd 19. Januar (d. h. vom 2. December 1617 bis 19. Januar 1618 unterwegs) - 10 fl. 13 ßl."
In Zeiten kriegerischer Ereignisse erhöhten sich naturgemäß die Beschwerlichkeiten der Reise, da die Boten häufig Umwege machen mußten, um an den Ort ihrer Bestimmung zu gelangen. Das war besonders im dreißigiährigen Kriege der Fall, wo Ueberfälle und Beraubungen der Boten nicht zu den Seltenheiten gehörten. Von dem Kammerboten Hans Durst in Schwerin, welcher im Jahre 1636 eine Botenreise ins Reich auszuführen hatte, ist ein Reisebericht aufbewahrt worden, in welchem er seine Reise folgendermaßen beschreibt: "VOrzeichnus wie ich habe geloffen. Erstlich nach Hilsem (Hildesheim) ist 30 Meillen, die Meillen 4 ßl., Zu Hilsem habe ich 10 Dage warten mussen vndt ich mein Abbeschett (Abschied) in den 10 Dagen nicht bekommen, ist die General aufgezogen nach dem Churfürsten von Sachsen, habe ich inen nach loffen mussen von Hilsem nach Gardeleuen,
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sind 8 Meillen, von Gardeleuen nach Clötz, seindt 3 Meillen, von Clötz nach Soltwedell, sindt 3 Meillen (einen Dag warten mussen), weider her bin ich auf Dannenberg zu kommen, seindt 10 Regementer sachgesch (sächsisch) Folk durchgezogen, das ich habe nodtwendig 4 Tage warten rnost, also ich habe meine Abfertung bekommen gehabt zu Solltwedell, vndt auf der Hinreisse habe ich zu Löuenburg (Lauenburg) 5 Dage nodtweindig warten most wegen des Schwedischen Folkes, an Fergeldt hin vndt her 3 ßl. gegeben. An Meillen 51. Wie ich zu Schwerin bin kommen, habe ich das Beschet nach butzow bringen most. Habe ich auf die Reisse endtpfangen 3 Rthl." (Durst erhielt darauf bei seiner Rückkunft noch 3 Rthl. 21 ßl. ausgezahlt.)
Die Boten hatten in erster Linie Briefe zu bestellen, zuweilen aber auch andere Sachen zu befördern. Jürgen Möller, Bote zu Güstrow, hatte z. B. im Jahre 1588 von Lübeck "etlichs Seidengewandt" zu überbringen und erhielt für 9 Meilen 18 ßl. und für 1 Stilllager 3 ßl., zusammen 21 ßl.
Von dem Empfänger des Briefes mußte der Bote ein Recepisse zurückbringen, was in kriegerischen Zeiten allerdings nicht immer möglich war. so kam Jürgen Bachow, der im Jahre 1637 mit einem fürstlichen Mandat an den Pensionarius zu Klenowhof (Kleinow) geschickt war, ohne eine Empfangsbescheinigung zurück; er erhielt 1 fl. für die Reise, weil er "Vnsicherheit halber, weil die Kayserl. armée an dero Oerter gelegen, nicht billiger lauffen wollen" und berichtet nachher "in seiner Wiederkunft den kleglichen Zustand selbigen Hoffes, und daß der pensionarius mit seiner Frawe barfuß vnd nackend gangen, auch wegen Mangel Black (Tintenpulver) vnd Papier kein recepisse gebracht."
Wie aus der ganzen Einrichtung der Botenanlagen sich fast von selbst ergiebt, konnte es mit der Pünktlichkeit und Sicherheit der Botenleistungen nicht immer zum Besten bestellt sein; die Persönlichkeit der Boten, die Unsicherheit der Landstraßen, die Langsamkeit der Beförderung und, äußere Zufälligkeiten vielerlei Art machten manchen Botengang erfolglos. Kam es doch nicht selten vor, daß Boten, welche mehrere Briefe auf ihrer Reise zu bestellen hatten, aus irgend einer Ursache behindert waren, den einen oder anderen Brief selbst zu bestellen und deshalb unterwegs eine andere Gelegenheit zur Beförderung des Briefes suchen mußten. Auch viele Mißbräuche hatten sich eingeschlichen, indem die Boten unterwegs Briefe dritter Personen gegen Entgelt bestellten, Aufträge nach auswärts ausrichteten und so dem eigentlichen Zweck ihres Amtes abwendig wurden. Die Kanzleiordnung des Herzogs
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Karl von 1605 verbot zwar diesen Mißbrauch: "Weil auch vermerket, daß an Zeiten unter den praetext fremder Botten, er (der Botenmeister) und andere nach ihren eigenen Nutz und Privat affecten ihrer Freunde, quibus bene volunt, Sachen befürdern vnd großer Unterschleiff gebraucht wird, so sollen sich alle Kanzlerverwandten, Bottenmeister und alle andere solcher Gefehrlichkeit äußern und enthalten, bey ernster Straff, nach Ermeßigung." Ob diese Verordnung aber Erfolg hatte, erscheint zweifelhaft, denn eine genauere Kontrole der Boten fehlte und die Mitnahme von Privatbriefen war gewinnbringend; das Publikum zog jedenfalls auch die herzoglichen Boten anderen Beförderungsgelegenheiten vor, weil sie vor diesen immer noch die größere Sicherheit und Schnelligkeit voraus hatten.
Neben solchen Mängeln fielen naturgemäß die Untethaltungskosten der Boteneinrichtungen namentlich in politisch bewegten Zeiten, sobald sich die Beziehungen der Höfe nach auswärts reger gestalteten, um so mehr ins Gewicht, als es um die finanzielle Lage der herzoglichen Kassen häufig schlecht bestellt war. Im dreißigjährigen Kriege, während dessen die Landeseinnahmen außerordentlich zurückgingen, wurden von der Renterei in Güstrow z. B. in der Zeit vom 1. Juli 1634 bis 31. December 1635 bei einer Gesammtausgabe von ca. 150 000 fl. allein 1577 fl. an Botenlohn verausgabt. Das Bedürfniß führte deshalb dazu, im Botendienst andere Vorkehrungen zu treffen, welche neben einer namhaften Ersparniß mindestens gleiche Sicherheit gewährleisteten. Hierzu boten die Posten im Reiche und die Botenanlagen anderer Staaten Norddeutschlands Gelegenheit.
Die meklenburgischen Höfe trafen nämlich schon zu Anfang des 17. Jahrhunderts mit den in der Nähe Meklenburgs belegenen fremden Postämtern Vereinbarungen, auf Grund deren die Postmeister die Beförderung der herzoglichen Korrespondenzen und die Kontirung der Portobeträge übernahmen. Die meklenburgischen Höfe hatten lediglich die Briefe u. s. w. durch besondere Boten an den Posttagen nach den Postkontors überbringen und von da abholen zu lassen.
Der Schweriner Hof stand mit dem postkontor in Berlin in Verbinbung, dessen Postmeister, auch Botenmeister genannt - Christoff Frischmann - von der Schweriner Regierung im Jahre 1614 einschließlich einer festen Besoldung von 30 fl. im Ganzen 46 fl. 6 ßl. erhielt. Aus einer vom Jahre 1634 vorhandenen Quittung seines Bruders und Nachfolgers, des Postmeisters Veit Frischmann in Cölln an der Spree, geht hervor, daß damals das Salarium 20 Rthl. jährlich betrug.
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Auch mit dem Postmeister in Leipzig unterhielt der Schweriner Hof enge Beziehungen. Herzog Adolf Friedrich vermerkte nämlich unter dem 7 August 1621 während eines gelegentlichen Aufenthaltes in Leipzig in seinem Tagebuche: "Habe den Postmeister in Eid und Bestallung genommen, zahle ihm jährlich 60 Thaler," und weiter "Dresden, 9. Juli 1628: hat mir mein Postmeister aus Leipzig 1000 Rthl. gebracht, welche mir die Stadt Rostock übermacht."
Der Hof in Güstrow stand gleichfalls mit Christoff Frischmann zu Berlin in Verbindung. Dieser erhielt 1617/18 33 fl. 8 ßl, nämlich 20 fl. als Besoldung und 13 fl. 8 ßl. an Portoauslagen. Für den Güstrower Hof waren sonst noch verpflichtet die Postmeister in Lübeck, Lüneburg und Leipzig, welche je 40 fl. als Besoldung und den Erlaß ihrer Portoauslagen bezogen. Der Postmeister in Magdeburg lieferte die Avisen und erhielt ein Fixum von 40 fl. jährlich.
Neben den Briefen vermittelten die Postmeister auch den Transport von Packeten und Victualien. Ein häufig wiederkehrender Gegenstand in Frischmanns Abrechnungen bilden Portoauslagen für die Versendung Güstrower Biers, des weitberühmten Kniesenack.
Besonders rege waren die Beziehungen der meklenburgischen Höfe zu dem Taxis'schen Postamt in Lübeck. Der dortige Reichspostmeister Johann Osenbrügge war gleichzeitig als Hofagent für den Hof in Güstrow verpflichtet. Lübeck besaß schon im Anfang des 17. Jahrhunderts bequeme Verbindungen ins Reich. Der Verkehr mit Schwerin und Güstrow wurde durch Einspännige (die schon genannten reitenden herzoglichen Diener) unterhalten, die anfangs jeden dritten Tag, später (1660), als Osenbrügge nach seiner eigenen Versicherung schnellere Verbindungen mit dem Reiche erhalten hatte, auch öfter, meistens jeden zweiten Tag, in Lübeck eintrafen.
Wie die selbständigen herzoglichen Botenposten durch die Benutzung der fremden Postämter nach und nach eingegangen waren, so nahm auch seit der Gründung eigener Landesposten in den sechsziger Jahren des 17. Jahrhunderts der Verkehr der meklenburgischen Höfe mit den fremden Postanstalten im Reiche zusehends an Umfang ab und hörte gänzlich auf, nachdem um das Jahr 1680 die Landesposten in Meklenburg festere Organisation erlangt hatten.
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In Rostock und Wismar bestanden schon seit uralter Zeit eigene Botenanlagen mit gewissermaßen postmäßiger Organisation. Ihr Ursprung reicht in die ersten Zeiten der Hansa zurück.
Die Glieder der Hansa waren auf breitem Landrücken über das ganze nördliche Europa vertheilt. Meklenburg lag fast in der Mitte des Bundesgebiets. Brügge und Antwerpen im Westen, Danzig und Riga im Osten, Hamburg und Lübeck in der Mitte bildeten infolge ihrer Größe und merkantilisch wichtigen Lage die Centren des Hansaverkehrs. Neben der Verbindung zur See bestanden bereits frühzeitig unter den Hansastädten gut entwickelte Landverbindungen, die Botenzüge der Hansa. Schon im 14. Jahrhundert waren Hamburg, Lübeck, Stettin und Danzig durch Botenzüge verbunden, deren Weg über die meklenburgischen Hansastädte Wismar und Rostock verlief. Beide Städte bildeten Stationen im Hansabotenkurs.
Im 15. Jahrhundert wurden von der Stadt Danzig sogenannte Läufer zur Beförderung von Briefen und Packeten unterhalten. Einer derselben lief über Meklenburg nach Lübeck, Hamburg und Brügge und hieß der "Danziger Bote", eine Bezeichnung, welche sich in Meklenburg bis in das vorige Jahrhundert erhalten hat. Die Poststraße von Hamburg über Lübeck, Wismar, Rostock und Demmin nach Stettin wurde um diese Zeit noch vielfach als Danziger Postfahrt bezeichnet.
Der Läufer legte seine Reise reitend oder im Wagen zurück. Zu seiner Beglaubigung führte er eine Bestallung 1 ) bei sich, zu seiner persönlichen Sicherheit auch wohl einen Freibrief der Landesherrn, deren Gebiet er durchzog. Er trug die Briefschaften in einem Felleisen verwahrt. Beim Verlust von Sachen hatte der Bote Ersatz zu leisten.
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Die zur "Danziger Reise verordneten Boten" liefen von Hamburg über Wismar uud Rostock bis Stettin und tauschten ihre Sendungen hier mit dem von Danzig angekommenen Boten aus.
Die meklenburgischen Herzöge gestatteten anscheinend stillschweigend den Durchgang der Boten.
Außer dem festen Kurse fehlte jede Regelmäßigkeit im Betriebe der Botenanlage. Zeit und Stunde der Ankunft und des Abgangs waren von mancherlei Zäufälligkeiten abhängig. Dafür waren aber die Boteneinrichtungen mehr der Allgemeinheit zugänglich, indem, wie man vermuthen darf, auch nicht dem Kaufmannsstande angehörige Personen die Anlagen benutzten.
Der Niedergang der Hansa machte dem Danziger Botenkurse noch kein Ende; aber auf dem Wege von Hamburg nach Stettin verkehrten, nachdem am Ende des 16. Jahrhunderts eine Neuorganisation des Botenbetriebes vorgenommen worden war, nur noch Hamburger Boten, bie indeß in Meklenburg auch fernerhin als "Danziger Boten" bezeichnet wurden. Die Aufsicht über den Betrieb des Kurses unterstand zwei Aelterleuten der Kaufmannschaft in Hamburg, den "Börsenalten;" unter ihnen fungirte als Obmann der Boten der Botenmeister oder Postmeister. In den Botenbetrieb kam jetzt neues Leben, die Organisation war straffer geworden, auf Pünktlichkeit und Sicherheit wurde besonderer Werth gelegt.
Die Landesherren, deren Gebiet von dem Botenkurs berührt wurde, trafen übereinstimmende Maßregeln zum Schutze der Boten, wie aus einem zwischen Hamburg und den Fürsten des niedersächsischen Kreises (darunter den Herzögen Adolf Friedrich und Johann Albrecht von Meklenburg) im Jahre 1616 abgeschlossenen Vertrage wegen Aufrechterthaltung des Landfriedens hervorgeht, in dem es wegen des Landfriedens heißt: "damit auch desto bequemer dazu zu gelangen, so soll ein jeder Herr, soviel als zu seines Landes Nothdurft, nach Größe und Weite desselben erfordert, Straßenbereuter unterhalten, die stets, sonderlich aber zu der Zeit, wann die Hamburger und Danziger Boten mit den Kaufleuten von Hamburg nach Danzig und von hier nach Hamburg reisen, die Straßen auf- und abreiten, die Wälder, Haine und Büsche durchstreifen und sonst nichts vorbeigehen lassen, darauf Acht zu haben."
Der Hamburger Botenkurs gewinnt jetzt auch für Meklenburg unmittelbares Interesse. Seit Ende des 16. Jahrhunderts liefen die Boten nicht bloß durch Meklenburg und brachten oder sammelten ihre Korrespondenz in Rostock und Wismar, es wurden
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jetzt vielmehr in diesen Orten zur Herbeiführung einer rascheren Beförderung besondere Boten bestellt, welche später allgemein die Bezeichnung "Postmeister" führten und ihre Botengänge einerseits in der Richtung nach Hamburg, andererseits in der Richtung nach Stettin selbst oder durch angenommene Leute besorgten.
Die Boten hatten, wie aus einer Eingabe der zur Danziger Reise bestellten Boten an den Rath in Hamburg (d. d. Hamburg 1. Juni 1667) erhellt, "die auf Danzig gerichteten Schreiben, denen auch öfters Wechselbrieffe, Contractus und andere hoch importirende Schriften wie auch kostbare Juëlen angefügt waren, zu überbringen, dannenhero wegen gewißer und richtiger Bestellung allsolcher Brieffe und, was den Boten sonst anvertrauet und mitgegeben wurde, sie eine hohe cautionem leisten müssen, damit der Kauffmann auf den Fall veruhrsachter Verwahrlosung sich ihres Schadens bey ihnen erholen könne. Solche Reyse muß Tag und Nacht beschleunigt werden, undt da die Botten also die gantze Reyse selbsten nicht allein verrichten können, so haben sie in den Fürstenthumben und Landen, dadurch die Reysen verrichtet werden müssen, ihre Substituirte und Bediente, die alsolche Reyse auf gewiße Ohrter verrichten, für welcher Substituirter Verrichtung die Dantziger Pothen als selbstschüldige gehalten, und demnach darnach trachten müssen, daß sie fleißige und getrewe Leute bekommen, so die Reyse fleißig und geschwinde verrichten."
Die Boten in Rostock und Wismar legten auch in Meklenburg Seitenkurse an. Zwischen Rostock und Güstrow bestand nachweislich bereits im Jahre 1637 eine Boteneinrichtung, die wöchentlich kursirte, ebenso bald darauf eine solche zwischen Lübeck und Schwerin; jedenfalls benutzten auch andere Landstädte, z-. B. Parchim, die Botenanlagen in den Seestädten, da dieselben bequem an das Reichspostnetz über Hamburg anschlossen. Nähere Nachrichten fehlen leider, aber gelegentliche Vermerke in den Rechnungen der Herzoglichen Rentereien zu Schwerin und Güstrow lassen darauf schließen, daß die Hamburger Botenanlagen vielfältig in Meklenburg benutzt wurden.
Der Bote - Postmeister - in Rostock hieß 1655 Pankraz Schmalbacher. Mit ihm stand besonders die Güstrower Regierung in Verbindung, welche ihm Briefe, Wechsel und Gelder zur Besorgung nach Wien, Frankfurt (Main) anvertraute.
Der Hof in Schwerin zog zeitweilig den Postmeister in Lübeck vor, wie wir bereits oben gesehen haben; zwischen Schwerin und Lübeck war ein besonderer Bote, der "Lübsche Postbote", unterwegs. Aus den gelegentlichen Gängen eines Boten zwischen
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Schwerin und Rostock zum Anschluß an den Hamburger Botenkurs daselbst wurde im Jahre 1647 sogar ein regelmäßiger Postkurs.
Der Bote in Rostock, oder wie es in den Rentereirechnungen heißt "die Post in Rostock" hatte trotz der kriegerischen Ereignisse im Jahre 1641 besonders gute Verbindungen in das Innere Meklenburgs und nach auswärts, denn die Regierung in Güstrow sandte ihre eigenen Mandate "mit vielen unterschiedlichen fürstlichen Befehlen und Schreiben" an die Domanialämter im Lande "zu unterschiedlichen Malen auff die Post in Rostock, von dannen sie hin wieder auf die Aembter geschickt werden."
Aehnliche Nachrichten sind auch aus den späteren Jahren aufbewahrt.
Zu Anfang der üierziger Jahre erlitt der Betrieb der Hamburger Botenanlagen, da Handel und Verkehr vollständig stockten, eine mehrjährige Unterbrechung. Nach dem Aufhören der Kriegsunruhen im Lande traten in Rostock und Wismar aber die alten Boteneinrichtungen wieder in Wirksamkeit. In Wismar hatten die Boten noch 1669 eine Station, welche ein Bürger der Stadt schon seit langen Jahren verwaltete. In Rostock war aber einige Jahre vorher eine bemerkenswerthe Aenderung eingetreten: die Hamburger Botenanlage daselbst war im Jahre 1666 in eine herzogliche Landespost verwandelt worben.
Bis fast 200 Jahre nach diesem Ereigniß war die Erinnerung an den "uralten Hamburger Botenkurs" in Meklenburg noch lebendig; denn es gelang dem Hamburger Stadtbotenamt, von den meklenburgischen Herzögen die Erlaubniß zur Wiebereinrichtung des alten Botenkurses von Hamburg bis Wismar zu erlangen. Diese neue Botenpost - die sog. Stadtreitpost - trat Ende des 17. Jahrhunderts in Thätigkeit und stellte ihren Betrieb erst im Jahre 1860 ein. Von ihr wird weiter unten die Rede sein.
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Eigene herzogliche Postanlagen nach dem Muster der Taxis'schen Reichsposten haben vorübergehend, je nachdem das wechselnde Bedürfniß es erheischte, schon im 16. Jahrhundert in Meklenburg bestanden. Das älteste Zeugniß giebt hiervon ein noch vorhandenes Schreiben des Herzogs Heinrich des Friedfertigen von Meklenburg an den Kurfürsten von Sachsen vom 9. Februar 1534 1 ), welches die Anlegung einer schnellen Postverbindung und zwar einer Reitpost von Magdeburg bis Lübeck über Grabow und Schwerin betrifft. In letzterem Orte waren Relais mit reitenden Boten eingerichtet, welche die einlaufenden Briefe schleunigst bis zur nächsten Station zu befördern hatten. Wie lange die Reitpost, welche jedenfalls angelegt war, um eine schnelle Verbindung zwischen den zur Augsburger Konfession gehörigen Fürsten und der Stadt Lübeck zu erlangen, bestanden hat, ist nicht mehr festzustellen. Die Ursache ihrer Anlegung war der Umstand, daß sächsische und hessische Räthe während der Vorverhandlungen und Vorbereitungen zum Zuge König Christians V. nach Dänemark in Lübeck anwesend waren.
Dreißig Jahre später ordnete Herzog Ulrich von Meklenburg-Güstrow die Anlegung einer Reitpost innerhalb der Grenzen seines Gebiets zwischen Neubrandenburg und Neukloster über Malchin und Güstrow an. Sie hat nur kurze Zeit bestanden, so lange die Nothdurft, die sie veranlaßt hatte, dazu drängte. In Güstrow und wohl auch in Malchin war eine "Ablage" eingerichtet, bei welcher ein tüchtiger Knecht mit einem guten Pferde zur Weiterbeförderung der einlaufenden Briefe bereit gehalten wurde. In der Verordnung, welche Ulrich am 14. September 1564 von Neubrandenburg aus wegen Anlegung dieser Post erließ, war darauf hingewiesen, daß an der Post "den gemeinen Unterthanen mit zum Höchsten gelegen sei", woraus hervorgeht, daß die Post auch allgemeineren Kreisen zugänglich war.
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Im Jahre 1623, als Norddeutschland unter den Wirren des dreißigjährigen Krieges zu leiden hatte, vereinbarten die meklenburgischen Herzöge mit dem Erzbischof von Bremen, den Herzögen von Schleswig und der Stadt Lübeck die Anlegung einer Reitpost von Boizenburg nach Lübeck und Güstrow, welche die von Bremen abgesandten Nachrichten und Neuigkeiten eilends nach Lübeck und Meklenburg zu bringen hatte. Die Kosten der Post sollten "als zum gemeinen Besten und dem itzigen Kriegswesen mit gehörig aus dem Landtage nebenst anderen verlegt und von künftiger Kontribution wiederum erstattet werden."
Auch Wallenstein, dem 1628 die Herzogthümer Meklenburg nach der Vertreibung der Herzöge Adolf Friedrich von Meklenburg-Schwerin und Gustav Adolf von Meklenburg-Güstrow als Lehn vom Kaiser übertragen waren, hatte unmittelbar nach ber Besitzergreifung des Landes wohlgeordnete Postanlagen in Meklenburg eingerichtet. Er war augenscheinlich dabei von der Ueberzeugung getragen, daß Regierung und Verwaltung in dem seiner Herrschaft feindlich gesinnten Lande um so rascher Fuß fassen würden, als das Land mit der Residenz Güstrow in engste Verbindung gebracht und der entlegenste Ort in Meklenburg in kürzester Frist zu erreichen war. Den öffentlichen Landstraßen folgend, entstand bald eine große Zahl von Postkursen (Reitposten), welche Parchim, Dömitz, Schwerin, Wismar, Rostock, Gnoien, Waren und Plau mit Güstrow verbanden. Ueberall im Lande wurden Stationen zum Umwechseln der Pferde eingerichtet und die Sorge und Verantwortung für die ungehemmte Besorgung der Posten den Städten, fürstlichen Aemtern u. s. w. zur Pflicht gemacht. Ueber Dömitz trafen die Nachrichten vom Kriegsschauplatze im Reiche ein, auf dem Wege über Plau unterhielt Wallenstein die Verbindung mit seinen böhmischen Besitzungen; der Weg nach Stralsund, welches Wallenstein vergeblich belagerte, führte auf der Landstraße über Gnoien. Lebhaft war auch die Verbindung mit Rostock. Mit Wallensteins Fall nahmen seine wohlorganisirten Postanlagen auch ein schnelles Ende.
Alle diese Postanlagen waren nur von so langer Dauer, als die Umstände, welche zu ihrer Einrichtung geführt hatten, eine Aenderung nicht erfuhren. Nachrichten über die Organisation und Leistungen derselben sind nicht aufbewahrt worben; jedenfalls ähnelten die Anlagen aber mehr oder weniger den früheren Botenanstalten der Herzöge von Meklenburg. Man kann sie aber als Posten bezeichnen, weil ihnen das Kriterium der Posten im engeren Sinne:. Beförderung von Briefen u. s. w. auf festen
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Kursen mit untergelegten Stationen, festbestimmte Abgangs- und Ankunftzeiten und Zugänglichkeit auch für Privatkreise, zum Theil eigen war. Jedenfalls waren diese Anlagen Vorläufer der nach dem dreißigjährigen Kriege in Meklenburg zur Einrichtung gelangenden staatlichen Posten.
Bereits im Jahre 1651 wurde den meklenburgischen Herzögen der Gedanke zur Schaffung eigener Postanlagen nahe gelegt, als seitens des Taxis'schen Reichspostmeisters in Nürnberg eine reitende Post von Nürnberg durch das Gebiet des niedersächsischen Kreises nach Hamburg angelegt wurde. Die ausschreibenden Fürsten des Kreises, der Herzog von Braunschweig-Lüneburg und Herzog August von Sachsen, Administrator des Erzstifts Magdeburg, traten mit den Kreisständen, unter diesen auch mit den mekIenburgischen Herzögen, in Verhandlung und baten um eine gutachtliche Aeußerung darüber, welche Maßregeln dem Taxis'schen Vorhaben gegenüber zu ergreifen sein möchten, insbesondere, wie dem Reichspostmeister, wenn er sich "etwa mit kaiserlichen subet obreptitie erhaltenen promotorialibus"" bei den Kreisständen melden und bei dieser Gelegenheit die Postfrage zur Erörterung bringen sollte, zu begegnen sein würde. In dem nach Schwerin und Güstrow in der Angelegenheit gerichteten Schreiben hieß es dann weiter:
"Und nun zwar von der Röm. Kais. Majestät an ermelten Kreiß und dessen Stände insgesamt oder insonderheit nichts eingelanget, gleichwot aber Unsers Ermessens wegen allerhandt dem Kreiß dabei besorgenden praejudiz und Gefährlichkeit wir solchem verfänglichen Vornehmen bei Zeiten fürzubawen und dasselbe am füglichsten zu hintertreiben, gute vigilantz und Sorgfalt hoch von nöthen sein will: zumale die Anlegung newer Posten ein solches Werk ist, darinnen außer eines allgemeinen Reichstages und ohne einmütige Bewilligung der gesambten Stände und insonderheit deren dabey interessirten Kreise keine Verordnung oder Enderung geschehen kan noch soll: Alß haben wir nicht ermangeln wollen, E. L. diese verlangte Nachricht hiermit wolmeinendt zu erkennen zu geben."
Wie die Sache verlief, ist zwar nicht ersichtlich, auch für diese Darlegung belanglos, aber die Angelegenheit war insofern für die meklenburgischen Verhältnisse von Wichtigkeit, als nun auch Meklenburg in den langwierigen Streit, den das Haus Taxis wegen Ausübung der Postregalsrechte im Reiche mit den Reichsfürsten führte, hineingezogen wurde.
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Meklenburg war streng genommen bei der ganzen Sache unbetheiligt. Zwar hatte der Kaiser unter dem 3. November 1627 auch an die meklenburgischen Herzöge ein Mandat erlassen, worin die Aufnahme der Taxis'schen Reichsposten in Meklenburg verlangt und im Weiteren erörtert wurde, "daß der Kaiser dem Reichspostmeister gemessenen Befehl ertheilt habe, die Posten als ein kaiserlich hochbefreites Regale in ihren Ländern einzuführen und wohl zu bestellen," eine Aufforderung, die im Jahre 1645 und später auf dem Lüneburger Kreistage im Jahre 1662 erneuert wurde, aber von dem Hause Taxis war nie direct der Versuch gemacht worden, die ihm übertragenen Postgerechtsame auch in Meklenburg auszuüben, weil Postanlagen in dem arg verwüsteten, menschenarmen Lande jedenfalls keine erheblichen Erträge versprachen, und weil überdies vorauszusehen war, daß etwaige Reichspostanlagen in Meklenburg unter den Anfeindungen Brandenburgs ständig zu leiden haben würden. Mit der jetzigen Streitfrage konnten die Herzöge von Meklenburg sich daher nur insofern befassen, als die Sache zwar nicht speziell Meklenburg, wohl aber den ganzen niedersächsischen Kreis betraf, dem Meklenburg angehörte, andererseits auch in der Angelegenheit ein wirklicher Erfolg nur bei einem geschlossenen Vorgehen aller Kreisstände zu erwarten war.
Wenn der Streitpunkt somit für Meklenburg auch nur eine mehr theoretische als praktische Bedeutung hatte, so ließen sich die meklenburgischen Herzöge doch um so lieber auf eine Parteinahme in der Sache ein, als ihnen hierdurch Gelegenheit gegeben war, die den Landesfürsten durch Art. 8 der westfälischen Friedensakte eingeräumte Integrität der Landeshoheit und damit die freie Ausübung aller Regalien gegenüber indirecten oder auch nur scheinbar vorhandenen Beeinträchtigungen von dritter Seite zu wahren. Diese Gelegenheit bot sich den meklenburgischen Höfen bald hernach auf den Kreistagen, wo die Frage des Postregals ständig auf der Tagesordnung stand und zu langwierigen erregten Erörterungen Anlaß gab, besonders als seitens Brandenburgs dem Kreistage von 1662 der umfangreiche Schriftwechsel des großen Kurfürsten mit dem Grafen von Taxis über das Postregal als landesherrliches Hoheitsrecht vorgelegt wurde.
Zu dem im Jahre 1662 in Lüneburg stattfindenden Kreistage erhielten die Schwerinschen Gesandten bezüglich des Postwesens von ihrer Regierung die Instruction, "daß die Anstellung der Post ein unstreitiges, den Kurfürsten und Ständen von denen Weyland höchstlöblichen Kaysern am Reich committiret und auf=
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getragenes Regale sei. Die Gesandten sollten deshalb ihre consultationes dahin richten, daß solches Regale der Reichsstände für allermänniglich unbeschränkt gelassen werde." Die Instruction der Gesandten zum Kreistage vom Jahre 1664 lautete: "Wenn der übrige Nebenpunkt, das Postwesen, in deliberation kömbt, so sollen Unsere abgeschickten Räthe und Gesandte sich hierinnen auf den Kreisbeschluß vom Jahre 1662" - welcher die Rechte der Reichstände, darunter das Recht, Posten anzulegen, in vollem Umfange aufrecht erhielt - "beziehen und sich denen majoribus conformiren, die ohne Zweiffel dahin gehen werden, daß Fürsten und Stände in ihrem wohlhergebrachten jure postarum und anderen Hoheiten, Rechten und Gerechtigkeiten verbleiben, und daß solches vermöge der Wahlcapitulation geschehe, die Röm. Kais. Majestät mit geziemendem respect erinnert und umb remedirung und abschaffung aller beschehenen attentaten angehalten werden möge." In ähnlicher Weise waren auch die Güstrowschen Gesandten instruirt.
Uebrigens bestanden so wenig in Meklenburg wie bei ben übrigen Kreisständen abweichende Anschauungen über das Wesen des Postregals. Der Kreistagsabschied von 1664 bestimmte bezüglich des Postwesens, daß man nicht "gemeinet sei, der Röm. Kays. Majestät an dero Befugniß Eintrag zu thun, sondern nur der Fürsten und Stände dieses niedersächsischen Kreises wohlhergebrachte possession und Gerechtigkeit mit Haltung Ihrer Posten zu vertheidigen und minder nichts die Kaiserliche Post, wo sie von alters hergebracht, in ihren Würden zu lassen." Der Kreistag richtete aber an den Kaiser die eindringliche Bitte, weil durch Graf Taxis und dessen Postbediente den Kreisständen viel praejudiz und Nachtheil zugefügt werde, dem Grafen Taxis und "dessen Postleuten die unziemblichen Eingriffe und Thätlichkeiten nicht zu gestatten. Sollte nun Herr Graf Taxis und die Seinigen sich gelüsten lassen, ferner Eingriffe zu thun, so ist keinem Stand zu verdenken, wenn er sich in seiner possession und Befugniß nach Anleitung der Rechte durch zulängliche Mittel manuteniret , zumal leichtlich eine und die andere schädliche consequenz , im Fall man sich nicht gebührend vertheidigt, daraus mit der Zeit erzwungen werden dürfte." Man werde auch dem bekannten Streben der Taxis'schen Postmeister, sich der ordentlichen, mittelbaren und unmittelbaren obrigkeitlichen jurisdiction zu entziehen, innerhalb des Kreises ernstlich entgegentreten.
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Um dem Beschluß größeren Nachdruck zu geben, waren auch die Gesandten des niedersächsischen Kreises zu Regensburg angewiesen, an maßgebender Stelle die Rechte des Kreises zu betonen.
Auch im Jahre 1671 hatten sich die Gemüther noch nicht vollständig beruhigt, da die Grafen von Taxis zähe ihre Gerechtsame verfolgten. Der in diesem Jahre versammelte Kreistag einigte sich dahin, daß man die von dem Grafen Taxis seit etlichen Jahren im niedersächsischen Kreise wie in anderen deutschen Staaten verübten "attentate" wider das den Ständen "unstreitig zustehende und von deren hohen Territorialgerechtigkeit und Landessuperiorität dependirende Postregale" unter keinen Umständen dulden dürfe. Die Kreisstaaten wollten daher, "gleichwie die Röm. Kais. Majestät selbst in ihren Erblanden, dem Grafen Taxis dergleichen Eingriffe nicht gestatten", den Besitz ihrer Rechte "vestiglich und beständig mainteniren ", ihre Posten in möglichst gutem Stande erhalten, "besondere correspondence unter sich pflegen, gewiße Postordnung belieben, von Postmeistern und anderen des Werks erfahrenen einige Projecte formiren lassen, darüber dann weiteres communiciren, unterdessen denen Taxis'schen Postbedienten keine gemeine Briefsammlung concediren ." Auch diesem Kreisbeschlusse stimmten die meklenburgischen Herzöge bei und zwar um so lieber, als sie inzwischen selbst zur Anlegung von Posten im eigenen Lande geschritten waren. Es erfolgte dieses in beiden Landestheilen, in die Meklenburg damals zerfiel (dem Herzogthum Schwerin wie dem Herzogthum Güstrow) fast gleichzeitig; denn sowohl Herzog Adolf Friedrich von Schwerin wie Herzog Gustav Adolf von Güstrow waren gleich eifrig bestrebt, bald nach dem Kriege Handel und Verkehr im Lande zu beleben und die Schäden des Krieges zu beseitigen. Aber diesem Streben standen zunächst außerordentliche Schwierigkeiten entgegen. Meklenburg hatte, wenn wir den Angaben Boll's Glauben schenken dürfen, vor dem Kriege eine Bevölkerung von 300 000, nach demselben nur 50 000 Seelen. Bei dem Menschenmangel konnte der wirthschaftliche Aufschwung daher nur langsam von Statten gehen. Ueberdies konnte der Austausch der Landesproducte, wenn er sich nur auf Meklenburg beschränkte, erst nach langen Jahren Früchte tragen, denn das Land war im Kriege vollständig verarmt, seine Geldkraft gelähmt. Ebenso stand im voraus fest, daß Postanlagen, welche sich lediglich innerhalb Meklenburgs bewegten, nie zu höherer Bedeutung gelangen konnten.
Unter solchen Umständen ergab sich für beide Länder von selbst die Nothwendigkeit, die Vortheile, welche die Nähe Hamburgs
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und Lübecks gewährte, nach Kräften auszunutzen und den heimischen Erzeugnissen den Markt dieser Handelsorte zu erschließen; folgerichtig mußten gute, bequeme Verbindungen aus dem Lande nach Hamburg.und Lübeck angelegt werden, um den Tausch von Waare gegen Geld zu erleichtern und die Beziehungen zwischen Verkäufer und Käufer lebendig zu erhalten.
Dieser Erwägung verdankten die meklenburgischen Landesposten ihren Ursprung, und der Stempel dieses Ursprungs blieb der meklenburgischen Landespost während ihres zweihundertjährigen Bestehens aufgedrückt; die Hauptadern ihres Betriebes verliefen auf den Straßen von Rostock, Güstrow und Schwerin nach Hamburg und Lübeck; ihnen schlossen sich die zahlreichen Neben- und Seitenadern in das Innere Meklenburgs an, aber auch in diesen pulsirte ein den Hauptadern gleichgerichteter Verkehrsstrom nach Hamburg und Lübeck.
Im Jahre 1644 wurde dem Rostocker Bürger Claus Borchert die Anlegung einer regelmäßigen Postverbindung zwischen Schwerin und Rostock übertragen. Er wurde vom Herzog Adolf Friedrich zum "ordinari Postboten" ernannt und mußte dem Herzoge den Eid leisten, "dero Bestes wißen und befördern, seine Post jederzeit mit allem Fleiß zu verrichten." "Insonderheit, wenn ich vermerken sollte, das mir einige verdechtige Briefe sollten aufgegeben werden, das ich solche in ganzer Geheimb Seiner Fürstlichen Gnaden einliefern, auch sonsten all das ienige thun und lassen soll und will, was einem getreuen Potten und Diener wol anstehet."
Borchert übernahm die Postfahrt auf Gewinn und Verlust, erhielt aber eine Unterstützung aus der herzoglichen Kasse, wahrscheinlich als Entgelt für die vön ihm für den Hof geleisteten Freibeförderungen.
Borchert hatte wöchentlich einmal über Sternberg nach Rostock zu reisen, die ihm übergebenen Briefe zu bestellen und um Antwort bescheidentlich Anregung zu thun. "Wie denn kein anderer Pott, solange er jedes Ohrts gegenwertig zur Stelle, einige Brieffe nicht anzunehmen, sondern dieselben alle an ihn verwiesen, angehändigt und von ihm bestellt werden sollen."
Die Post konnte, da ihr jeder Anschluß nach auswärts fehlte, in dem vom Kriege verwüsteten Lande nicht gedeihen. Das geht
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aus der herzoglichen Verordnung vom 30. Mai 1654 hervor: "Nachdem Unser zur Rostocker Post bestellter Pott ohnverantwortlicher weise von selbsten die Post verlassen vndt zuletzt ganz nachlessig versehen, anch mit den ihm anvertraueten Brieffen vndt Sachen und deren Bestellung gar übel vnd straffbahr verfahren, alß sollen hiemit Unser Cantzleydirector vndt Räthe hieselbsten gn. befehliget sein, solchen Potten von der Post gentzlich abzuthun vndt zu volliger Restitution anvertraweter Brieffc vndt Gelder denen, so voch etwas nachstendig, mit ernst anzuhalten, hinugegen aber einen guten Potten vndt zwar, der lesen vndt schreiben kan, hinwieder zur Hand zu bringen vndt zu dieser Post zu bestellen vmdt in gebührende Pflicht zu nehmen."
Nach Borchert übernahm Pankraz Schmalbacher im Jahre 1658 die Post. Wir sind demselben schon bei Schilderung der Botenanlagen in den meklenburgischen Seestädten begegnet; er war 1655 Hamburger Bote in Rostock und scheint nun für herzogliche Dienste gewonnen zu sein.
Auch Schmalbacher übernahm die Post auf Gewinn und Verlust; aus der herzoglichen Kasse erhielt er monatlich 2 Rthl., -später 3 Rthl., weil ihm während der Kriegsjahre von 1655 - 1660 die kaiserlichen Völker seine 4 Postpferde abgenommen hatten. Die Post kursirte zu Schmalbachers Zeit schon mit Anschluß nach außen; in Rostock scheint mit dem Hamburger Boten ein Austausch mit Postsachen stattgefunden zu haben; in Schwerin wechselte Schmalbacher mit dem Lübschen Boten. Erheblich war auch Schmalbachers Einnahme nicht, dafür der Dienst aber anstrengend, und beschwerlich, denn er klagte dem Herzoge Adolf Friedrich, daß seine Umstände schlecht beschaffen seien, und daß er bei der Postfahrt Gesicht, Gehör und Verstand eingebüßt habe. Schmalbacher hatte bei seiner Annahme von der Herzoglichen Kammer folgende Vorschriften erhalten: "und soll dessen abreisens und wiederkommens folgende Zeit sein, Dienstag, wann die Lübecker Post vörigen Tages ankommen, soll er von Schwerin abreisen und desselbigen Tages zu Sternberg sein, auch mit Eröffnung der Thore Donnerstag Morgens in Rostock und des Freitags so zeitig aus Rostock aufbrechen, daß er gemächlich des Tages nachher Sternberg kommen könne, da er dann bis Sonnabend Mittag bleiben und entweder desselben Abends oder jedes Sonntags Morgen frühe zeitig in Schwerin wiederumb sein soll. Wer nun nach Sternberg oder Schwerin zu schreiben hat, kann selbige seine Briefe in das Pancratii Schmalbachern allhie zu Schwerin fürm Thor belegenes Hauß eingeben und soll das Porto seyn wie folget:
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Von Schwerin bis Rostock
für | 1 | kleinen Brief von ca. 1/2 Bogen | 1 1/2 ßl., |
" | 1 | Brief vom Bogen | 2 ßl., |
" | 1 | gedoppelten Brief | 4 ßl., |
" | 1 | Brief mit einer bloßen Supplication | 3 ßl., |
wenn aber die Supplication einen kleinen Beischluß hat | 4 ßl., | ||
da aber der Beischluß etwas großer, soll nach advenant | 5 oder 6 ßl., | ||
gegeben werden u. s. w. |
Daferne auch dem Postverwaltern Pancratio Schmalbachern einige Acta oder dgl. mit auffgegeben werden, soll ein Jeglicher sich deshalben nach Gebühr mit ihm abfinden."
Eine Post zwischen Lübeck und Schwerin ist erst im Jahre 1674 nachweisbar, denn nach Schmalbachers Ausscheiden in diesem Jahre wird Peter Hinrichs in Schwerin als Rostocker und Lübecker Postverwalter bezeichnet, d. h. er besorgte die Posten nach Rostock und Lübeck. Für beide Posten erhielt er aus der herzoglichen Kasse zusammen 8 Rthlr. monatlich.
Die Wichtigste der Postrouten aus Meklenburg war aber die Verbindung mit Hamburg.
Seitens des Herzogs Christian (Louis), der seinem Vater Adolf Friedrich im Jahre 1658 in der Regierung gefolgt war, wurde bereits ein Jahr nach seinem Regierungsantritt die Anlegung einer geschwinden Post von Schwerin über Gadebusch, Mölln und Grande nach Hamburg in der Art der kurbrandenburgischen fliegenden Post von Berlin nach Hamburg projectirt, "die in einem Tage von einem Ort zum andern gehe und ein paar Personen mit fortbringe."
Die herzogliche Kammer in Schwerin, der die Herstellung der Post aufgetragen wurde (d. d. Hamburg 5. Juni 1659), konnte dem Herzoge aber nur berichten, daß sie einen Unternehmer nicht habe finden können, und wenn die Post durchaus eingerichtet werden sollte, so müßte es auf Sr. Durchlaucht alleinige Kosten geschehen.
Dem Herzoge, welcher sich damals mit Vorliebe in Hamburg auszuhaIten pflegte, lag anscheinend sehr daran, seinen Plan verwirklicht zu sehen. Er ermächtigte daher die Kammer, nicht nur die Post auf seine Kosten einzurichten, sondern auch, "damit daran kein Mangel sei", von seinen in Schwerin vorhandenen Pferden und Leuten, die hierzu dienlich seien, zu der Post zu beordern und zu gebrauchen. Aber auch dieser Versuch blieb erfolglos. Die Kammer stellte sogar wiederholt Nachfragen bei der "Stettiner
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Post" in Rostock 1 ) an, "ob man nicht Leute von dieser Post ab auf Schwerin ziehen könnte, um etwas an den Kosten zu sparen," und meinte endlich, daß, wenn dies nicht gelingen sollte, eine reitende Post wohl genügen möchte, die Briefe des Herzogs zu bestellen.
Nun beauftragte Herzog Christian (Louis) seinen Secretair Neumann, in Mölln und Grande einen Postfahrer anzunehmen, und schrieb den Kammerräthen, "da ihnen die Sache zu schwierig geschienen, so hätte er ihnen einige Mühe abgenommen und in Mölln und Grande selbst Pferde bestellt, er erwarte nun ihren Bericht, wann die Post von Schwerin auf den Unterwegsstationen eintreffen würde. Fernere Nachrichten über das Project fehlen. Wahrscheinlich haben die Kriegsunruhen der sechziger Jahre und die bald darauf erfolgende Abreise des Herzogs nach Paris das Zustandekommen vereitelt
Ebensowenig ist ein anderer im Jahre 1667 angestellter Versuch, von Rostock aus über Wismar und Gadebusch eine fahrende Post nach Hamburg anzulegen, zur Ausführung gekommen.
Im Jahre 1678 machte Herzog Christian Louis einen nochmaligen Versuch zur Anlegung einer Post nach Hamburg. Der Herzog war um diese Zeit aus Paris nach Meklenburg zurückgekehrt, hatte aber zeitweilig wiederum seinen Aufenthalt in Hamburg genommen. Er forderte von dort aus seinen Kanzler in Schwerin zu sofortiger Einrichtung von Reitposten zwischen Schwerin, Dömitz und Bützow einerseits und Hamburg andererseits auf, damit die Korrespondenz zwischen ihm und den drei Orten "ohne Versäumniß weniger Minuten schleunig könne überbracht werden."
Der Kanzler und die Kammerräthe stellten mit Hülfe des Generals von Halberstadt zwar sofort genaue Kurstabellen über alle diese Posten auf, allein sie erlaubten sich, bei Uebersendung der Kursübersichten darauf hinzuweisen, daß die neuen Anlagen eigentlich überflüssig seien, da die Posten täglich von Hamburg bis Lübeck (ein Theil des alten Hamburg=Danziger Botenkurses), ebenso wenigstens von Hamburg bis Dömitz (nämlich mit der brandenburgischen Post von Hamburg nach Berlin, die über Dömitz verlief) kursirten und "also die Schreiben Sr. Durchlaucht viel früher und mit Verschonung dero Einspänner und Unterthanen befördert werden konnten." Auch jetzt trat die Post zwischen Schwerin und Hamburg noch nicht ins Leben.
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Im Lande nahm aber die Anlegung neuer anderweitiger Postkurse ihren Fortgang. Wenigstens unterstützte Herzog Christian Louis schon bestehende Kurse und suchte sie dadurch für herzogliche Interessen zu gewinnen. so zahlte der Herzog bereits seit dem Jahre 1685 dem Lübecker Postverwalter S. G. Krüger, der seit 1676 die Postfahrt zwischen Schwerin und Lübeck unterhielt, 6 Rtht. monatlich. Ebenso trug Herzog Christian Louis 4 Rthl.-monatlich zur Erhaltung einer nach Rostock angelegten Post bei, welche von Privatleuten unterhalten wurde.
Im Jahre 1685 war Paul Behrens Rostocker Postverwalter in Schwerin; er erhielt von dem Schweriner Hofe den vorbezeichneten Zuschuß von 4 Rthl. monatlich; bereits im Jahre 1688 bestand eine Botenpost nach Crivitz und Parchim und im Jahre 1698 war schon, wie hier vorweg bemerkt sei, eine Fahrpost nach Wismar im Betrieb.
Aus dem Jahre 1689 finden sich dann endlich auch Nachrichten über eine von dem Lübecker Postverwalter, S. G. Krüger in Schwerin, neu angelegte Hamburger Post vor. Für ihre Anlegung und Unterhaltung zahlte der Herzog mit jedem Jahre steigende Zuschüsse, ein Beweis, daß ihm die Post sehr am Herzen lag. Sie kursirte über Gadebusch, Ratzeburg und Trittau. Dem Durchgang der Post durch das Herzogthum Lauenburg und ihrem Eintritt in Hamburger Gebiet wurden von den Regierungen beider Staaten Hindernisse nicht in den Weg gelegt.
Ueber die Einrichtung der Post liegt nachstehender Bericht von dem Hausvoigt Kelling, dem Mitunternehmer Krügers, vor:
"Anno 1691 1 ) habe ich und Simon Krüger in Schwerin die Mecklenburg-Schwerinsche Post erstlich angetegt, von Hamburg auf Schwerin zu gehen, da sonsten niemahlen Posten hingegangen,
welches ich 6 Jahre in Hamburg allein verwaltet, welches alles vor unser eigen Rechnung war und solches mit Gewinnst und
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Verlust, und in den 6 Jahren auch fleißig bemüht, sowohl an der Börse als in allen Wirthshäusern und Thoren und Bäumen kund gemacht mit gedruckten Zetteln angeschlagen, daß eine fahrende Post von Hamburg nach Schwerin am Tage gelegt und sich Gottlob nach und nach so gebessert, daß man 4 Pferde zulegen müssen."
Die vorstehende Aufzählung Kelling's ist nicht ohne Weiteres verständlich, aber die Erklärung ergiebt sich aus den Rentereirechnungen: Krüger erhielt bei Einrichtung der Post aus der herzoglichen Kasse im Jahre 1689 außer einer festen Zahlung von 50 Rthl. einen Zuschuß von 50 Rthl., zusammen also 100 Rthl.; für diesen Betrag wird er die oben unter 1 bezeichnete, einmal wöchentlich kursirende Reitpost angelegt haben. Die für das Jahr 1690 gebuchte erhöhte Zahlung von 250 Rthl. bildet die Entschädigung dür die wöchentlich zweimalige Expedition der Reitpost (Nr. 2); im Jahre 1691 wurden bereits 700 Rthl. Zuschuß gezahlt, weil jetzt schon eine Reitpost und eine Fahrpost nach Hamburg kursirte (Nr. 3). Die Zuschüsse für die Jahre 1694/95 und 1695/96 stiegen auf 850 bez. 1000 Rthl., weil seit 1694 zwei Fahrposten, zuerst mit je 2 Pferden, dann mit je 3 Pferden bespannt, von den Unternehmern unterhalten wurden (Nr. 4 und 5). Nach anderweitigen Aktennachrichten erhielt Krüger als Fuhrvergütung vom Herzoge den Betrag von 2000 fl. Lübisch, welche Summe der vorbezeichneten Entschädigung von 1000 Rthl. entspricht.
Ueber die Post findet sich noch eine weitere urkundliche Nachricht vor, welche die vorstehende Auslegung voll bestätigt. Herzog Friedrich Wilhelm von Schwerin, welcher seinem Bruder, dem Herzoge Christian Louis im Jahre 1692 in der Regierung gefolgt war, ließ mit Krüger über die Expedirung der Post im Jahre 1694 einen neuen Vertrag schließen, in welchem bestimmt war: "Es will besagter Postmeister zweimal in der Woche den Postwagen auf Hamburg gehen lassen und die dazu behufigen Pferde, Wagen und Knechte halten, damit die Passagiere überkommen können, und soll die Post präcise, wenn die schwedische Post 1 ) abgeht, von Hamburg gleich folgen, um 5 Uhr des Abends, oder zu Winterzeit um 4 Uhr; dabei besagter Postmeister verspricht, alles nach wie vor richtig und ehrbarlich zu specificiren, damit man sehen könne, wieviel Profit und Schaden davon zu gewärtigen sei.
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Dazu will die fürstliche Cammer ihm auf dieses Jahr 850 Rthl. baar bezahlen" (30. Juli 1694). Wie man sieht, deckt sich mit diesen Angaben der Bericht Kellings unter 4 und der Zahlungsvermerk der Rentereirechnungen für das Jahr 1694/95.
Die Post wurde von den Unternehmern auf eigenes "Hazard" unterhalten, aber sie fanden ihr Bestehen dabei, denn Aktennachrichten zufolge ergab die Post schon im Jahre 1691 bei einer Einnahme von 3125 Rthl. und einer Ausgabe von 2550 Rthl. einen reinen Ueberschuß von 575 Rthl.
Die Abfertigung der Schweriner Post in Hamburg wurde dem fürstlichen Hofagenten A. Jansen daselbst übertragen. In dem bezüglichen herzoglichen Reskript vom 27. Februar 1695 heißt es: "Wir vernehmen, daß bei Unserer von hier auf Hamburg gehenden und zurückkommenden Post allerhand Unrichtigkeiten vorgehen und einige Passagiers Beschwerung führen sollen; so haben wir gnädigst resolviret, Dir die Inspection auf unserer Post in Hamburg gnädigst zu übertragen, desfalls dann die Postwagen allemal vor Deiner Wohnung ablagern und hinwieder die Ladung und Briefe empfangen sollen.
Befehlen Dir hiermit demnach gnädigst, daß Du Anstalt machest, damit hinfür der Postwagen für Deiner Wohnung ablade und, was zurück anhero gebracht werden soll, bei Dir empfange, da dann der Postknecht Dir von hiesigem Unserm Postverwalter (Krüger) eine Charte aller in einer Post vorhandenen Briefe und Sachen in der Lade verschlossen (maßen allhier und dort zur Lade ein Schlüssel bleibt) allemal versiegelt überliefert, Du hingegen ab Hamburg alle Briefe und Sachen annehmen, auf einer Charte alles ordentlich specificiren, die Lade hinwieder verschließen und die Charte wieder versiegelt anhero an Unseren Postverwalter übersenden sollst."
Jansen antwortete hierauf unterm 5. März, er werde dem erhaltenen Befehle nachkommen und die Post vor seinem Hause expediren, damit aber keine Klage komme, müsse er die "dabei befindliche Nothdurft" anzeigen, nämlich fürs Erste ein Postreglement, darin die Zeit und Stunde angegeben, wann die Sachen geliefert werden müssen; denn so viel Jahre die Post von Schwerin dort gewesen, habe er sich vor Abgang derselben eingefunden und alles angewandt, damit, was möglich, fortgeschafft werde; er klagt, daß die Sachen für seine Durchlaucht in der Regel erst gebracht würden, wenn die Post schon im Abfahren begriffen, und schlägt vor, daß ein bestimmtes Quantum als Ladung der Post festgesetzt werden möchte, was besonders in der
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Austernzeit, und wenn Küchenprovision oder gar Steine versandt werden sollen, sehr nöthig sei, da in solchen Fällen schon Pretiosa hätten zurückbleiben müssen, auch soll nach seiner Proposition ein Jeder genau angeben, was er bringe, damit nichts versehen werde, um so mehr, als die Juden bisweilen kleine Päckchen von großem valeur brächten, und diese in der allgemeinen Stube hingelegt würden; er wünscht ferner den Wagen mit einer Schoßkelle versehen, um eventualiter "ein Pferd Ladung" mehr fortbringen zu können; zum Vergleich rühmt er den Wagen der Güstrow'schen Post, welche eine verschließbare Kiste (die Postlade) bei sich führe, und deren Wagen vorne und hinten eine Schoßkelle habe und nicht einen großen Sack mit Hafer bei sich führe wie die Schweriner Post.
Von der Berliner leichten Post berichtet Jansen, daß sie einen Wagen zu 3 bis 4 Personen habe, auf dem aber hinten ein großes mit einem Vorlegeschloß versehenes Felleisen mit eisernen Ketten befestigt sei, in das viele Sachen und Briefe verpackt werden könnten.
Zu den Wismarschen (schwedischen), Berlinschen, Güstrowschen, Holsteinschen, Lüneburger und Lübecker Posten müßten sich die Passagiere Abends vor Abfahrt der Post einschreiben lassen, da er, als Agent, an Se. Durchlaucht alle Posttage nova berichten und besorgen solle und was ihm sonst aufgetragen, so hätte er ohne Adjunkt für beide Dienste nicht Zeit. Der Schleswig-Holsteinsche Agent Syvers, der auch die Post mit versähe, empfange 50 Rthl. für seinen Schreiber und überdem an Accidentien von jedem Packete 2 ßl. Schreibgelb, mit Ausnahme der Sachen für den Hof, und Monsieur Plate (der Postmeister der Güstrowschen Post in Hamburg) sei Seitens des Güstrowschen Hofes ebenso gestellt. Schließlich spricht Jansen den Wunsch aus, daß der Postverwalter von Schwerin bald nach Hamburg kommen möge, um seine Pferde und Wagen unterzubringen und mit ihm zu bereden, wie es künftig mit dem hochfürstlichen Reglement solle gehalten werden.
Die Anregungen Jansens hatten aber keinen Erfolg; eine Antwort auf seinen Bericht erhielt er überhaupt nicht.
Im Jahre 1696 wurde eine Aenderung hinsichtlich des Betriebes der Post in der Weise getroffen, daß die zu den Unterhaltungskosten der Post aus herzoglichen Mitteln bisher geleisteten Zuschüsse nicht weiter gezahlt wurden. Krüger hatte auch ferner die Post auf Gewinn und Verlust zu unterhalten und war verpflichtet, für den Herzog Sachen bis zu 24 Pfund Gewicht frei zu befördern. Die Ursache dieser Veränderung ist aus den Akten
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nicht ersichtlich, wahrscheinlich war Herzog Friebrich Wilhelm mit den schwebenden potitischen Fragen - in Güstrow war die herzogliche Linie mit dem im Jahre 1695 erfolgten Tode des Herzogs Gustav Adolf erloschen, .und Friedrich Wilhelm hatte von Güstrow Besitz ergriffen - zu sehr beschäftigt, um fernerhin den Posten genügende Aufmerksamkeit zuwenden zu können. Trotzdem wurde der regelmäßige Postenlauf zwischen Schwerin und Hamburg nicht unterbrochen.
Aber im Lande selbst trat bald darauf eine bemerkenswerthe Veränderung mit dem Postwesen ein. Trotzdem die Entwicklung der Posten einen günstigen Fortgang genommen hatte, und die größeren Orte des Landes mit einander und Hamburg und Lübeck bereits in fester Postverbindung standen, entledigte sich die Regierung im Jahre 1697 der Mühewaltung, die mit der Oberaufsicht und Kontrole der Postbetriebes verbunden war, kurzer Hand in der Weise, daß sie sämmtliche Landesposten einer Privatperson in Pacht überließ. Die Akten geben über die Vorgänge und Ursachen, welche diesen Schritt veranlaßten, keine rechte Aufklärung; nur gelegentlich kommt zum Ausdruck, daß Herzog Friedrich Wilhelm seinem Geh. Rath und Hofgerichtspräsidenten von Koppelow in Anerkennung der von demselben geleisteten Dienste die Direction über die Posten übertragen habe. Welcher Art diese Dienste gewesen waren, ist gleichfalls nicht ersichtlich, aber Herzog Friedrich Wilhelm scheint dem Geh. Rath von Koppelow wegen dessen Mitwirkung bei der Besitznahme von Güstrow in irgend einer Weise verpflichtet gewesen zu sein, denn dieser übernahm die Posten, ohne einen Pachtbetrag für dieselben zu zahlen. Möglicher Weise ist für diesen Schritt ein ähnlicher Vorgang im Herzogthum Güstrow maßgebend gewesen, wo Herzog Gustav Adolf seinem Geh. Kammerrath Mumme schon im Jahre 1694 die Posten in Pacht gegeben hatte.
Ueber die Verpachtung wurde ein Vertrag abgeschlossen des Inhalts, daß vom 1. März 1697 ab auf zunächst 10 Jahre die Direction der Posten in Koppelow's Händen liegen sollte. In den Vertrag eingeschlossen waren auch die Posten im Herzogthum Güstrow, welches Herzog Friedrich Wilhelm, wie schon angegeben, im Jahre 1695 in Besitz genommen hatte, obgleich seine Ansprüche bestritten wurden. Aber im Herzogthum Güstrow lag der Betrieb der Posten seit dem Jahre 1694 in der Hand des Geh. Kammerraths Mumme, und Herzog Friedrich Wilhelm hatte diesem im Jahre 1695 bei seiner Anwesenheit in Güstrow den Fortbestand seines Pachtvertrages ausdrücklich bestätigt. Dieser Widerspruch
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läßt sich aus den Akten leider nicht vollständig lösen; aber der Umstand, daß von Koppelow durch seinen Vertrag verpflichtet war, für die Uebernahme der Posten im Herzogthum Güstrow jährlich eine Pacht von 1000 Rthlr. an die herzogliche Kasse zu zahlen, und dieser Betrag in keinem Jahre gezahlt worden ist, ferner noch die gleich zu erwähnende gemeinsame Thätigkeit Koppelows und Mummes auch bei der Leitung der Posten im Herzogthum Schwerin läßt den Schluß zu, daß beide Pächter sich über ihre gegenseitigen Ansprüche friedlich vereinbart haben.
Der Vertrag bezüglich der Posten im Herzogthum Schwerin trat am 1. März 1697 in Kraft; von Koppelow erhielt nach demselben freie Verfügung über das gesammte Postwesen, jedoch mit der Bedingung, daß alle bisherigen fürstlichen Verordnungen betreffs des Postwesens in Kraft bleiben, und Beschwerden über die Verwaltung des Postwesens in erster Instanz zwar vom Postdirectorium, in Berufungsfällen aber von dem herzoglichen Geh. Rath entschieden werden sollten. Im Uebrigen konnte von Koppelow das Personal bei den Posten selbständig annehmen oder entlassen; die für den Dienst erforderlichen Personen sollten aber als fürstliche Bediente angesehen werden. Hinsichtlich der herzoglichen Korrespondenz war vereinbart, daß für Sachen im Gewichte über 20 Pfund das Porto nach der Postordnung üom Jahre 1686 erlegt, für Briefe aber kein Porto entrichtet werden sollte.
Ueber Koppelows Thätigkeit im Postwesen sind Nachrichten nur in äußerst beschränktem Umfange aufbewahrt worden, und diese hier und da in den Akten verstreuten Bemerkungen lassen ein Urtheil über seine Wirksamkeit nicht zu. Von erheblichem Einfluß auf die gedeihliche Entwicklung der Posten kann seine Thätigkeit aber kaum gewesen sein, denn seine sonstigen Amtsgeschäfte ruhten auch fernerhin auf ihm, und die Uebertragung der Posten in Pacht mußte ihm zunächst nahe legen, wie aus einem reinen Pachtverhältniß sich von selbst ergiebt, das Pachtobject vom Geldstandpunkt aus zu betrachten, also die ertragsfähigen Kurse zu begünstigen, und kostspielige Neuanlagen oder bloße Verbesserungen der bestehenden Einrichtungen anstehen zu lassen. Uebrigens stand dem früheren Unternehmer der Schwerin-Hamburger Post, dem nunmehrigen Hofpostmeister Krüger in Schwerin, nach seiner Bestallung ein Aufsichtsrecht über die Posten im Herzogthum Schwerin zu, wofür er neben einzelnen Accidenzien z. B. für den Vertrieb von Zeitungen, ein Jahresgehalt von 100 Rthl. bezog.
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Noch ein Moment aus v. Koppelows Pachtverhältniß ist bemerkenswerth. Schon im Jahre 1697 übertrug von Koppelow seine aus dem Pachtvertrage hervorgehenden Ansprüche mit Wissen des Herzogs zum Theil auf den Geh. Kammerrath Mumme in Güstrow, aus welchem Anlaß und mit welcher Rechtswirkung, geht aus den Akten nicht klar hervor; aber einerseits kommt Koppelows Unterschrift noch in den nächsten vier Jahren in den Postakten vor, andererseits finden sich unter manchen Schriftstücken, welche von Mummes Hand herrühren, aber die Posten im Herzogthum Schwerin betreffen, die Unterschriften sowohl Koppelows als Mummes, sodaß man nur auf ein gemeinsames Handinhandarbeiten beider Männer schließen kann.
Die Einrichtung der Posten im Herzogthum Güstrow erfolgte zwar später aber bei Weitem planmäßiger als im Schwerinschen Gebiet. Die erste Nachricht giebt eine Verordnung des Herzogs Gustav Adolf vom 26. November 1661. Damals wurde seitens der Güstrower Regierung noch die Hamburger Botenanlage in Rostock benutzt; zwischen Rostock und Güstrow verkehrten wöchentlich zwei "ordinari Post(Fuß)boten." Die vorbezeichnete Verordnung bestimmte nun für die Zukunft:
"Fügen allen und jeden Unterthanen, sonderlich denen, die sich des Fuhrwerks gebrauchen, hiemit zu wissen:
Demnach Wir der Posten halber zwischen hier und Rostock die Verordnung gemachet, das der ordinari Postwagen von hier nach Rostock alle Woche zweimahl als des Mitwochs und Sonnabends und dann von Rostock biß hieher des Montags und Freytags abgehen und der reisende Mann umb ein billigs mit übergenommen werden soll, alß befehlen wir allen und jeden Vnserer Unterthanen insonderheit aber den Fuhrleuten, das sie an obenerwehnten Tagen keine Persohnen von hier nacher Rostock oder von Rostock bis hieher, es sey umb was für einen Preiß es wolle, bei Vermeidung Sechs Rthlr. Strafe für jede Person, so oft sie dawider handeln, halb in Unser Kammer, vndt halb dem, der die Posten bestellet, zu erlegen, überfahren sollen, es wehre den, das der ordinari Postwagen seine völlige Ladung hette; gestalt den unser Stadtvoigt wie auch Burgermeister
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und Rath alhier mit allem Ernst darüber zu halten undt die Delinquenten obbesagter Maßen abzustraffen hiemit befehliget sein sollen."
In Güstrow besorgte Hieronymus Dohnstein als herzoglicher Postmeister die Abfertigung der Post. Die vorher ausgesprochene Warnung an alle Fuhrleute war nicht ohne Ursache geschehen, denn schon bald nach Eröffnung der Post nach Rostock sah Dohnstein sich genöthigt, beim Herzoge über die Unterschleife, welche Rostocker und Hamburger Fuhrleute und Frachtfahrer gegen sein Privileg durch Mitnehmen von Reisenden u. s. w. verübten, Klage zu führen, und seinen fortgesetzten Bemühungen gelang es, im Jahre 1663 zwei herzogliche Verordnungen zu erwirken, Kraft deren die Fuhrleute bei Zuwiderhandtungen gegen Dohnsteins Privileg durch den Stadtvogt in die verordnete Strafe genommen werden sollten. Aber die "gravamina" seiner "beschwerlichen Postverwaltung" wurden, schreibt Dohnstein, auch hierdurch nicht verringert, sodaß der Herzog nunmehr Bürgermeister und Rath der Stadt Rostock bei 200 Rthlr. Strafe untersagte, Hamburger Frachtfahrer in Rostock einzulassen. Ob die Verordnung, die den Interessen Rostocks zum Besten einer Person empfindlichen Schaden zufügte und sicher auch Repressalien seitens Hamburgs befürchten lassen mußte, Erfolg gehabt hat, muß bei dem damaligen ungünstigen Verhältniß zwischen den meklenburgischen Herzögen und ihrer erbunterthänigen Stadt Rostock bezweifelt werden. Um so mehr war Dohnstein aber auf seinen Vortheil bedacht. Zu Anfang des Jahres 1664 veranlaßte er sogar die Festnahme eines Rostocker Frachtfahrers, welcher am Posttage Personen nach Güstrow befördert hatte, sodaß der Dohnsteinsche Postwagen hatte leer fahren müssen. Die herzogliche Kammer in Güstrow hieß das Verfahren Dohnsteins gut und legte dem Rostocker Frachtfahrer die verordnete Strafe von 18 Rthlr. (für 3 heimlich mitgenommene Personen) auf.
Damit hatte Herzog Gustav Adolf sich ganz auf den Boden der Kreistagsbeschlüsse von 1661, 62 und 64 gestellt und aus der Theorie, das Postwesen sei durch den westfälischen Frieden landesherrliches Regal geworden, nur die praktische Folgerung gezogen.
Von irgend einer Seite wurden den Bestrebungen Gustav Adolfs Hindernisse zunächst nicht in den Weg gelegt, vielmehr wurde auch im Lande selbst in gewissem Umfange das Hoheitsrecht als solches respectirt; denn als im Jahre 1662 die Stadt Neubrandenburg um die Erlaubniß zur Haltung eines Postboten
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nach Güstrow nachsuchte, genehmigte Gustav Adolf zwar den Antrag, aber mit der Einschränkung, daß die Haltung des Boten nur so lange gestattet werden könnte, bis der Post halber eine andere Verordnung erlassen werde.
Im Jahre 1663 kursirte schon eine Fahrpost von Güstrow nach Neubrandenburg und schloß hier an den Kurs nach Stettin an. Gustav Adolf verfügte wegen der Post: "Wann dazu solch' nöthige und nützliche Werke, wovon die ohnentbehrliche Korrespondenz sammt Wiederherstellung der Commerzien hengen, einige Kosten erfordern, soll Bürgermeister Krauthoff in Neubrandenburg sich mit der Ritterschaft und den Städten wegen Aufbringung der Kosten verstandigen." Schon damals plante Gustav Adolf, sofort bei günstiger Gelegenheit den Kurs bis Stettin auf eigene Rechnung fortzusetzen.
Die Güstrower Rentereirechnung vom Jahre 1664 berichtet von einer herzoglichen Post von Güstrow nach Neukloster und Wismar, welche gleichfalls von Dohnstein gehalten wurde. Mit dieser Post gelangte die herzogliche Korrespondenz ins Reich nach Lübeck und Hamburg zur Beförderung. Dohnstein hatte für diese sowie für die Rostocker Post eine jährliche Rekognition an die Rentkammer zu zahlen, anfänglich von 100 Rthlr. für die Rostocker und von 60 Rthtr. für die Wismarsche Post. Dohnstein wußte sich aber bald von dieser Verpflichtung frei zu machen, indem er Viehsterben und sein Unvermögen überhaupt vorschützte. Die Rekognition wurde demnächst für die Rostocker Post auf 50 Rthlr. ermäßigt; die Abgabe für den Wismarschen Kurs kam 1669 in Fortfall, da Dohnstein durch Zeugen nachwies, daß diese Post meist leer fuhr und gewöhnlich nur die herzoglichen Sachen beförderte, weit die Fuhrleute ihm fortgesetzt Konkurrenz machten.
Die Rekognition von 50 Rthlr, blieb aber bei Bestand, "welche er dann bishero (1673) der fürstlichen Kammer bahr oder durch Hergebung der zur Hofstath benöthigten Seife allemahl richtig abgetragen." Dohnsteins Verhältnisse waren aber nicht die besten, obgleich er auch die Niederlage der Seifenfabrik in Wismar hatte, von der der Seifenmonopol-Besitzer für das Herzogthum Güstrow Abraham von der Walle in Dargun seine Seife bezog; denn als er bald darauf, wie hier vorweg bemerkt werden mag, an Porto für die Beförderung fürstlicher Sachen 70 Rthlr. zu fordern hatte, reichte er ein Bittgesuch nach dem andern wegen Zahlung des Betrages ein, endlich auch an die Herzogin Sibylle; schließlich drohte er sogar, daß er bis zur Zahlungsleistung keine Seife mehr liefern werde. Dohnstein hielt
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sich unter diesen Umständen nur noch einige Jahre in seinem Amte; sein Nachfolger war 1678 Daniel le Plat.
Dohnstein hatte schon am 1. August 1667 eine Ordonnanz für die Postfahrten nach Wismar und Rostock von der Regierung erhalten. In derselben war ihm vorgeschrieben, auf jedem Kurse wöchentlich zwei Fahrten auszuführen. Er mußte sofort nach seiner Ankunft in Wismar und Rostock bz. Güstrow die Briefcharte, d. h. das Verzeichniß seiner Ladung in seinem Quartier aushängen. Sonst enthielt die Ordonnanz Taxbestimmungen, ferner Straffestsetzungen gegen Fuhrleute, welche an Posttagen Personen beförderten.
Inzwischen bemühte sich H. Gustav Adolf das Postnetz des Landes immer mehr zu erweitern. Zunächst wandte er der größten Stadt in ganz Meklenburg - Rostock - seine Aufmerksamkeit zu. Hier hatte bisher, wie wir oben schon gesehen haben, der Hamburger Botenbetrieb fortbestanden, und der Hamburger Postmeister daselbst unterhielt die Kurse von Lübeck und Demmin bis Rostock. Sei es nun, daß die guten Erträge dieser Kurse das Verlangen der Güstrower Regierung reizten, sei es auch, daß Gustav Adolf das Bestehen einer fremden Beförderungsanstalt in seinem Lande mit seinen Anschauungen über das Postregal als ein ihm zustehendes landesherrliches Hoheitsrecht für unvereinbar hielt, genug, schon in einer Geheimrathssitzung im Jahre 1660 war die Angelegenheit eingehend erörtert worden, wobei die Ansicht durchdrang, daß die Bestellung von Posten keiner Stadt, sondern zuvörderst dem Kaiser, demnächst den Landesfürsten in ihren Territorien zustehe, man daher dem Hamburger Senat die Aufhebung der Botenanlagen aufgeben müsse. Um der Sache mehr Nachdruck zu geben, wollte man gemeinsam mit der Schweriner Regierung handeln und vorerst der letzteren Gedanken vernehmen, "ob nicht der Postmeister zu Rostock von beiderseits regierenden Herren, und in eines jedweden Gebiet und Landen die Posten von der Herrschaft, durch deren Gebiete sie gehen, zu bestellen, und der Vortheil, den die Stadt Hamburg daraus ziehet, von den Landesposten zu heben sei."
Im Jahre 1666 hatten sich die beiden Regierungen dahin verständigt, daß der bisher vom Hamburger Botenamt ausgeübte Postdienst auf der Strecke Lübeck - Rostock - Demmin von beiden herzoglichen Regierungen gemeinsam eingerichtet werden solle. Trotz aller Vorstellungen der Hamburger Boten, sie in ihrem althergebrachten Betriebe nicht zu stören, und trotz der Fürsprache,
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die der Hamburger Senat ihnen angedeihen ließ, blieben die mektenburgischen Regierungen fest. Sie ernannten am 15. November 1666 die bisherigen Hamburger Postverwalter Nicolaus Bahlemann und Hans Schwengel in Rostock zu herzoglichen Postmeistern und trugen ihnen die Verwaltung des Lübeck - Rostock - Demminer Postkurses auf. 1 ) Als Abgabe hatten beide jeder Regierung den Betrag von je 33 Rthlr. 16 ßl. zu entrichten.
Lange indessen sollte sich Hans Schwengel des herzoglichen Postdienstes nicht erfreuen. Der von ihm nebenher betriebene Weinhandel hatte ihn seines Dienstes nicht genügend warten lassen, so daß der H. Gustav Adolf sich genöthigt sah, Bahlemann allein den Postdienst zu übertragen. Die deswegen erlassene Verordnung d. d. Güstrow, 12. April 1675 giebt zugleich über den Betrieb der Postanlage sowie die Beziehungen des Postmeisters zu den beiden Höfen einen so reichen Aufschluß, daß sie im vollständigen Wortlaut hier folgen mag:
"Wir Gustav Adolf u. s. w. urkunden und bekennen hiermit, . . . ob wir woll benebenst Unsers Vetters Herzogs Christian Louis zu Meklenburg Liebden Anno 1666, den 15. November, Hans Schwengeln und Niclas Bahlemann zu Rostock für Unsere Postverwalter daselbst auf gewisse Maas bestellet, daß Wir doch aus verschiedentlich eingelangten Beschwerungen der bei der Dantziger Post zu Hamburg interessirenden wider Verhoffen vernehmen müssen, daß sowol der Kgl. Schwedischen Regierung als anderen Kaufleuten zu Hamburg wegen gar zu später Ankunfft des Rostock'schen Postillions zu Demmin, 2 ) allerhand Irrung und Unrichtigkeit in Bestellung ihrer Brieffe causiret wird, als wir aber befunden, daß solches Vnwesen gutentheils daher rühret, das ermelter H. Schwengel seines Weinhandels und anderer Vmstand halber dem Postwesen so genaw vnd allerdings mit solchem Fleiß, wie erfordert wird, nicht obliegen kann, dessen Consort N. Bahlemann auch daher, weill ihm die Mühe allein aufgebürdet werden will, der Mühe endlich überdrüssig worden, vnd dadurch noch mehr Vnordnung dabey einreißen mögte, so haben Wir für gut befunden, besagtem Niclas Bahlemann das Postwesen, soviel Uns betrifft, allein aufzutragen, vnd ihn für Unsern Postverwalter Unsers Theils zu bestellen, . . . also, daß er die Posten zwischen Rostock und Lübeck und dann zwischen Rostock und Demmin sowoll zu Pferde als zu
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Wagen wochentlich 2 mahl bestellen und dabei nicht die geringste Verseumniß vorgehen lassen, auch zu dem Behuff, sich mit tüchtigen getrewen Dienern, Knechten, guten starken Pferden und Wagen versehen, die paqueten bei Zeiten woll versiegeln vnd verschließen vnd die Postknechte damit zu rechter Zeit und bestimmter Stunde wegreiten und fahren lassen, wochentlich also damit coutinuiren und dahin vornehmlich sehen solle, daß alles ehrlich und auffrichtig ohne einzige Gefehrlichkeit, Vnterschlag vnd Vervortheilung geschehen möge, für welche seine hierunter anwendende Kosten vmd gebührende Mühe wir Unsers Theils gn. geschehen lassen, auch hiermit verordnen, daß er sowoll für die Persohnen als das Porto der Brieffe inhalts der hiebevor von Uns und hochged. Unsers Vetters Ld. ihm und H. Schwengeln ertheilten Ordonnanz ein gewisses Geld einheben und dasselbe in allen gehorsamblich nachkommen und geloben solle, jeboch daß, wenn Wir einige Brieffe bei der Post fortzuschicken haben, soweit Unsere Lande betrifft, dieselben ohne Porto mit überbracht werden sollen, wie Wir denn hiermit gn. versprechen vnd zusagen, ermelten Unsern Postverwalter N. Bahlemann . . . bei diesem Dienst und Postwesen, so lang er lebet, vnd . . . alles dasjenige allein praestiren wird, was bisher er und sein consort H. Schwengel insgesambt zu praestiren schuldig gewesen, jederzeit zu schützen." 1 )
In Rostock war der Wechsel der Posteinrichtungen zwar zunächst glatt von Statten gegangen, aber bald gerieth Bahlemann in eine schwierige Lage durch das vom Rathe konzessionirte Fuhramt, dessen Genossen zum Personen- und Sachtransport in einer Rolle zusammengeschlossen waren. Zur Gründung des Fuhramts hatte jedenfalls die Errichtung einer Herzoglichen Postanstalt Anlaß gegeben, da die Fuhrleute eine Schädigung ihres Gewerbes von den Posten vielleicht nicht ohne Grund besorgen mußten.
Bahlemann suchte, gestützt auf zahlreiche herzogliche Verordnungen, welche ihm allein die Brief- und Personenbeförderung zuwiesen, jede Konkurrenz des Fuhrgewerbes zu unterdrücken. Beide Parteien bemühten sich nun, einander nach Kräften zu schädigen; in den Pfändungen von Wagen und Gespannen kamen die Repressalien zum Ausdruck. Nun erhob Bahlemann Klage
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beim Herzog, und dieser befahl Bürgermeister und Rath, Bahlemann in seinem Amte zu schützen.
Es ist von Interesse, die Stellung der Stadt Rostock zu den herzoglichen Intentionen kennen zu lernen; der Magistrat berichtete nämlich unter dem 7. Mai 1683 an H. Gustav Adolf:
"E. hochf. Durchl. Rescriptum vom 1. Mai dieses Jahres, welches unser Bürger Niclas Bahlemann wieder unß außgebracht hat, ist unß vor wenig Tagen insinuiret worden und haben darauß mit höchstem Befrembden ersehen müßen, was gestalt derselbe sich darüber beschweren wolle, als suchten in E. h. D. Post-Regali wir einzugreiffen, auch zugleich zu verhindern, daß die reisenden Leute mit dem Postwagen nicht fortkommen, sondern sich anderer Fuhre mit größeren Kosten und Tardirung gebrauchen müssen, und waß daher E. h. D. an unß fast mit höchsten Ungnaden gelangen zu lassen bewogen werden. Nun hetten wir unterthänigst wünschen mögen, daß E. h. D. gnädigst geruhen wollen, unß des Supplicanten übergebene Schrift nach Inhalt des Erbvertrages zugleich zuzufertigen, so hetten wir die falsa narrata soviel deutlicher darauß E. h. D. vorstellen können; inmittels müßen wir doch unterthänigst anzeigen, und ist es notorium, daß solange diese Statt gestanden und sowoll E. h. D. als dero höchstlöbliche Vorfahren die Regierung geführet, alhie kein sonderlicher PostverwaIter befindlich gewesen, sondern wie die hiesigen Briefe bloß die Kaufmannschaft concerniren, und waß sonst hin und wieder von frembden Ohrten im Felleisen überbracht wirb, sofort zu Pferde durchgehet; so sind daher auch von einem hiesigen Bürger bloßer Dinge solche Briefe versorget und ist auf einiges Post-Regale keine reflexion gewandt worden, wir haben demnach auch gar woll verstatten können, daß wegen der Briefe-Post die gnädigste Landesherrschaft diesem unserm Bürger Niclas Bahlemann gewiße commission gnädigst übertragen mögen. Wie aber ohnedem auß den Rechten bekannt ist, daß das eigentliche Post-Regale, so wie es von Ihr Kayl. Maytt. vor sich behauptet wird, mit dem Fuhrwerk des reisenden Mannes keine Gemeinschaft habe, sondern bloßer Dinge auf die Brieffe gerichtet sey, so wolte zumahl höchstpraejudicirlich fallen, wenn dieser Balemann hieselbst sub praetextu des Postwesens im Fuhrwerk ein monopolium einführen und den reisenden Mann necessitiren könnte, an einen gewissen Wagen sich zu verdingen, damit er sein unbilliges lucrum desto höher treiben möge. Es sollte sich derselbe Nacht und Tag billig vor
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Augen stellen den tragicum eventum , welchen vor wenig Jahren sein eigenwilliges Verfahren causiret, da Vater und Sohn darüber zur desperation gebracht und sich auf offentlicher Heerstraßen an den Postknecht vergriffen, daß sie beede das Leben darüber verliehren und zum Denkmahl ihnen eine Seule in loco delicti aufgerichtet werden müssen. 1 ) Nicht viel Bessers würde man zu erfahren haben, wenn diesem Postverwalter solte frey stehen, einen von unsern Fuhrleuten allein zu beneficiren und die Abfuhr der Leute zuzuschantzen, da solches der wohlhergebrachten Fuhrordnung, so mit den Stätten Wismar und Lübeck beliebet, ausdrücklich entgegenlauffet, da denn unsere Fuhrleute gar übel daran sein würden, wenn sie schon von dem Güstrow'schen Fuhrwerk durch die Post daselbsten contra libertatem commerciorum abgestoßen sein, daß sie auch nach Wismar und Pommern nichts abführen dürften, weil auf solche manier das gantze Fuhrwerk zu der trafiquen größten Schaden und dieser Statt höchstem praejudiz gantz niedergeleget werden müsse, da doch die Fortschaffung des reisenden Mannes weit besser durch gesambte Fuhrleute nach ihrer gemachten Vereinigung kan befördert werden, als wenn nach des BahIemanns caprice einem Fuhrmann allein solche Abfuhr unter die Hände gegeben würde, weil allemahl praesumirlich , daß viele Interessenten ihre Pferde und Wagenzeug besser im stande werden halten können, als ein Kerl allein, insonderheit da die Fuhrleute bey Nacht und Tage parat sein und, es finden sich viele oder wenige Personen ein, dennoch umb den gesetzten Preiß fahren müßen, daß also der bloße Eigennutz des Bahlemanns hierunter hervorscheinet, wie denn unleugbar ist, daß im gantzen Römischen Reiche das Briefe-Porto nirgend so hoch alß hier bezahlet werden muß, weßfalls E. h. D. mit viel nachdrücklichem Eyfer ein ernstes Einsehen hierauf zu wenden haben, zu geschweigen der nothwendigen Beybehaltung und Vermehrung des Fuhrwerks, alß welches bey ereugnenden Fewersbrünsten, die Gott in Gnaden verhüten wolle, dann auch bei Krieges Zeiten und Außfällen sehr nutzbahr in Darstellungen einer guten Anzahl der Pferde zu halten, welches aber nicht conserviret werden mag, wenn man den Leuten alle Mittel benimbt, ihre Handthirung zu treiben.
Weil denn nun E. h. D. auß solchen allen gnädigst zu erkennen haben, daß dem Postwesen durch die Fuhrordnung gar nicht vorgegriffen, vielmehr der reisende Mann durch solche Anstalt
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befordert wird, darumb auch zu Wißmar, obgleich der Postmeister vom Königl. Tribunal dependiret , dennoch das Fuhrwerk mit den Brieffen nicht vermenget wird, sondern der Rath daselbst durch die Fuhrleute den reisenden Mann auf Lübeck bringen läßet, und wenn alhie wider das alte Herkommen ein monopolium hierin eingeführt werden sollte, solches der Statt und in specie den hiesigen Fuhrleuten zum augenscheinlichen Verderb ausschlagen würde, wir auch wegen der Statt Privilegien und Interesse solches unterthänigst verbitten müssen - so ersuchen E. h. D. Wir hiermit gehorsambstes Fleißes, dieselben geruhen diese Umbstände fürstväterlich zu ponderiren und den Eigennutz eines Mannes der gemeinen Wollfarth einer gantzen Statt nicht vorziehen zu lassen, vielmehr den zutringlichen Supplicanten dahin gnädigstes Ernstes anzuweisen, daß er seiner Brief- portes warten und die taxam so einrichten solle, 1 ) daß es verantwohrtlich, und die bisherigen Klagten vermieden bleiben können, im Uebrigen aber wegen fortbringenden reisenden Mannes sich der gemachten Fuhr-Ordnung gemees bezeigen solle, und wie der Fuhrmann Lappe, welchen er bisher allein dazu vermeintlich gebrauchen wollen, mit in solcher Societät begriffen ist und der Ordnung nach fahren kann, also allenthalben der Nutzen des Postwesens und reisenden Mannes von Unß nach Vermögen befördert wird, und wir solchem nach die angedeutete Ahndung nicht meritiret haben . . .
Rostock, 7. Maji Anno 1683.
Bürgermeister und
Rath
wie auch vier Gewerck Ew. h. D. Statt Rostock." |
Aber Bahlemann behielt trotz dieser beweglichen Vorstellung in dem Streit die Oberhand. Herzog Gustav Adolf nahm sich seiner nachdrücklichst an; mehrfach wurden empfindliche Strafen gegen Zuwiderhandelnde verhängt, sodaß die offenen Angriffe und Belästigungen der Posten mit der Zeit ganz aufhörten. Im Stillen fügten die Fuhramtsgenossen den Posten indeß durch Beförderung von Reisenden, Briefen u. dergl. auch weiterhin Schaden zu, aber gegen dieses Unwesen konnten auch herzogliche Verordnungen nicht schützen, denn die Ueberwachung der Frachtfahrer unterwegs war unter damaligen Verhältnissen unmöglich.
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Der Postkurs von Rostock wurde Mitte der achtziger Jahre während des zwischen Dänemark und Brandenburg ausgebrochenen Krieges, welcher sich zeitweilig auf meklenburgischem Boden abspielte, auf kurze Zeit unterbrochen. Im Uebrigen erlitt derselbe keine Störung, sondern erhielt sich. wenn auch Konkurrenzunternehmungen Seitens Hamburgs und Schwedens bald darauf eingerichtet wurden.
Die Uebernahme des alten Hamburger Botenkurses innerhalb meklenburgischen Gebiets hatte übrigens auch Anlaß gegeben zur Errichtung eigener herzoglicher Ablagen im Auslande, nämlich in Demmin und Lübeck. Beide Orte bildeten die Endpunkte bes Kurses. Aber sowohl in Lübeck wie in Demmin übernahmen später die Landespostmeister gegen Entschädigung die Abfertigung der meklenburgischen Posten.
Herzog Gustav Adolf war inzwischen unablässig bemüht gewesen, den Verkehr mit Hamburg durch Einrichtung einer directen Post dahin zu erleichtern, um sich dadurch von dem Hamburger Botenkurse auch auf der Strecke Lübeck - Hamburg frei zu machen. Er versuchte schon in den sechziger Jahren, von der Schweriner Regierung die Erlaubniß zum Durchgang der Post durch deren Gebiet zu erlangen, die Verhandlungen blieben aber resultatlos. Im Jahre 1670 erließ er an seinen (Amts=) Hauptmann von Bülow zu Boizenburg (dieses Amt gehörte zum Herzogthum Güstrow) den Befehl, die Bauern zu einer stehenden wöchentlichen Fuhre zwischen Boizenburg und Güstrow zur Ueberbringung der von Hamburg jeden Freitag Morgen mittels besonderer Amts=(Wein)fuhre für den Güstrower Hof anlangenden Päckereien anzuhalten. Die Bauern schützten aber ihre schlechten Umstände vor und machten so viele Einwenbungen, daß v. Bülow dem Herzoge den Vorschlag machte, in Boizenburg einen Knecht mit zwei Pferden aufzustellen, welcher die Hamburger Sendungen am Freitag Abend nach Banzkow abzuliefern hätte, von wo dieselben dann von Güstrow aus abgeholt werden könnten.
Da sich zufällig zwei Unternehmer für die Postfahrt von Boizenburg nach Güstrow fanden, so erließ H. Gustav Adolf schon unter dem 10. März 1671 eine herzogliche Ordonnanz, wie es mit den ordinären wöchentlichen Fuhren von Güstrow nach Boizenburg et vice versa gehalten werden solle. Hiernach waren die beiden (Post-) Aufseher Haltermann und Krüger zunächst verpflichtet, einen guten Wagen zu 6 Personen, mit tüchtigen Pferden bespannt, in Bereitschaft zu halten, "damit die Reisenden zu rechter und vorher festgesetzter
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Zeit ihren Bestimmungsort erreichen." Die Wagen sollten Freitags Morgens von Boizenburg und von Güstrow abfahren, sodaß sie bei guter Zeit in Banzkow eintreffen und am Sonnabend nach Auswechslung ihrer Ladungen nach Boizenburg bz. Güstrow zurückkehren konnten. Die Erträge der Post sollten ganz für die herzogliche Kammer berechnet werden; vierteljährlich war mit derselben auf Grund der Charten abzurechnen. Haltermann und Krüger erhielten zum Betriebe der Post 150 Rthl., und außerdem 20 Rthl. zu ihrer Ergötzlichkeit. Verhandlungen rnit dem Schweriner Hofe wegen des Durchgangs der Post haben diesmal anscheinend nicht stattgefunden.
Der Gang der Post wurde nach dem Fahrplan der großen Berlinschen Post geregelt, welche am Donnerstag Abend von Hamburg in Boizenburg eintraf und am Sonntag Früh von dort wieder nach Hamburg fuhr. "Damit kommen wohl 10 Personen und mehr, und sie nimmt soviel Wagen von einem Orte zum andern, als dazu nothig sind," schrieb von Bülow an den Herzog. Die Post überbrachte die Briefschaften und Päckereien aus Hamburg und dem Reiche nach Boizenburg, von wo sie nunmehr auf die neu eingerichtete Güstrowsche Post übergeladen wurden.
Die kurfürstliche Post zwischen Berlin und Hamburg passirte meklenburgisches Gebiet auf der Strecke von Lenzen nach Boizenburg. Sie war nach einer zwischen Meklenburg und Brandenburg getroffenen Vereinbarung verpflichtet, für die Meklenburgischen Höfe Briefe und Päckereien frei mit zu befördern, aber diese Bestimmung wurde von den Brandenburgischen Beamten häufig außer Acht gelassen. Man empfand dies in Güstrow um so mehr, als die freie Beförderung der herzoglichen Sendungen die einzige Gegenleistung war, welche seitens der kurfürstlichen Posten für den freien Transit durch Meklenburg übernommen war. Da auch Vorstellungen am Berliner Hofe nicht dauernd Abhülfe schafften, so nahm H. Gustav Adolf das alte Project wieder auf, eine eigene Post ganz bis nach Hamburg anzulegen.
Der Kostenpunkt gab zwar noch zu Erwägungen Anlaß, aber Bülow wies darauf hin, daß über die Berliner Posten viele Beschwerden im Publikum beständen, und daß der Güstrow - Boizenburg - Hamburger Post hinlänglicher Verkehr zufließen würde, zumal wenn die geplante Güstrow - Demminer Post hergestellt und dies in Hamburg bekannt gemacht würde.
Als aber ein Unternehmer nicht sofort gefunden werden konnte, schlug Bülow vor, die Post einstweilen auf herzogliche Kosten einrichten zu lassen. Aber auch jetzt noch wäre der Plan
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unausgeführt geblieben, wenn nicht die Kunde von der Absicht Brandenburgs, die Zahl der Berlin - Hamburger Postfahrten zu vermehren, nach Güstrow gedrungen wäre. 1 ) Dieser Umstand brachte die Regierung in Güstrow zu schnellem Entschluß. Ein Unternehmer fand sich nach langeren Ermitttungen in der Person des Hamburger Bürgers Heinrich Wohldorf. Wohldorf erhielt kontraktlich die Postfahrt mit der Bedingung, daß die Post jeden Freitag von Hamburg abfahren solle. H. Gustav Adolf stellte noch die besondere Forderung, daß das "Porto" für eine Person bis Boizenburg 8 - 12 ß billiger bemessen werden sollte, als das Porto auf der Berliner Post. Gleichzeitig mußte Hauptmann von Bülow den in Boizenburg eintreffenden kurfürstlichen Postillonen untersagen, hinfort weder für den Herzog noch sonst für eine Person in Güstrow oder Boizenburg Sendungen mitzunehmen, und Wohldorf instruiren, "bei eröffnetem Wasser Ihrer Durchlaucht zu Dero Hofstaat einige rare Fische und andere Küchensachen in Hamburg aufzukaufen."
Die neue Post machte der Regierung in Güstrow bald nach ihrer Einrichtung schwere Sorgen, zuerst durch die geringen Erträge, welche Wohldorf veranlaßten, noch im Dezember 1674 den Vertrag zu lösen, sodann durch die Mißhelligkeiten mit Hamburg und ferner mit der Regierung in Schwerin wegen des Durchgangs der Post durch deren Gebiet. Zunächst ließ Gustav Adolf die Post auf der Strecke Boizenburg - Hamburg für eigene Rechnung verwalten. Um den argen Defrauden des Postillons und später der Postaufseher, sowie dem Mißbrauch der Portofreiheit seitens der Hofbedienten, wodurch die Postaufkünfte sehr
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geschmälert wurden, endgültig vorzubeugen, bestimmte er, daß alle Briefe und Päckereien ohne Unterschied, also auch die an ihn selbst gerichteten, baar bezahlt und dagegen alle Einkünfte der Post der Kammer genau berechnet werden sollten.
Um die Erträge der Post außerdem zu heben und bezüglich der Taxen nicht zu sehr von der kurbrandenburgischen Taxe abzuweichen, mußte v. Bülow sich in Boizenburg erkundigen, "was vor ein Schiffs , Tonne, Packet oder andere Sachen, imgleichen auch von einer reisenden Person, wie auch Briefe und was derselben frei passiret wird, genommen werde," auch sollte von Bülow eine genaue Taxe ausarbeiten und nach Befinden eine gewisse Verordnung über die Post abfassen "und dieselbe in den Posthäusern zu männiglicher Nachricht und zur Verhütung allen Unterschleiffs affigiren lassen." v. Bülow konnte aber ausreichendes Material für die Taxe nicht beschaffen, da der brandenburgische Postmeister keine Postordnung zu besitzen vorgab.
Nach kurzer Verwaltung der Postanlage durch die herzogliche Kammer, nahmen durch Vertrag vom 23. Februar 1678 Privatunternehmer die Post wieder in die Hände, und zwar Daniel le Plat in Güstrow die Strecke Boizenburg-Hamburg und Krüger in Boizenburg die Strecke Güstrow-Boizenburg. 1 ) Beide Unternehmer erhietten einen einmaligen Zuschuß von je 100 Rthlr. von der Güstrower Kammer und eine Montirung für den Postknecht. Im ersten Jahre von Ostern 1678 bis dahin 1679 sollten sie die aufkommenden Gelder für sich heben, erst von da ab sollte eine Abrechnung erfolgen. 2 )
Herzog Gustav Adolf behielt, trotzdem die Post in Privatverwaltung ruhte, den Betrieb derselben ständig im Auge. Zeugniß davon legt ab der Erlaß der Verordnung vom 2. April 1678, "wie es mit den fürstl. meklenburgischen Postfuhren von Güstrow über Parchim und Boizenburg nach Hamburg und so wieder von Hamburg nach Güstrow, die Fracht für Passagiere und Güter wie auch Brieff und Paqvet porto betreffende, zu halten sei." Die Verordnung gab zwar feste Taxen für die Versendung von
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Sachen, ließ aber den Unternehmern noch weiten Spielraum in der Erhebung der Gebühren; immerhin bedeutet sie aber im Vergleich mit der früheren Willkür der Unternehmer gegenüber dem Publikum einen erheblichen Fortschritt, indem sie nun öffentlich bekannt gemacht war, sodaß das Publikum selbst in der Lage war, die Richtigkeit der erhobenen Fracht- und Portosätze zu prüfen.
Anscheinend hatte die Verordnung auf das Gedeihen der Post den günstigsten Einfluß, denn im Jahre 1679 suchte die Schweriner Regierung wegen des Durchgangs der Post durch das Schweriner Gebiet Schwierigkeiten zu machen; bei der Berathung des Gegenstandes wurde in Schwerin sogar die Ansicht verfochten, daß die Schweriner Regierung den Betrieb der Post auf Schweriner Gebiet als ein ihr zukommendes Recht fordern müsse; der Streit verlief aber im Sande, da Herzog Christian Louis sich im Auslande aufhielt und keine Entscheidung traf. Es blieb also alles beim Alten.
Ernster waren die Differenzen, welche bald darauf wegen der Post mit Hamburg ausbrachen. In Hamburg hatte man nicht vergessen, daß hauptsächlich auf Betreiben der Regierung in Güstrow dem Hamburger Botenbetriebe auf Meklenburgischem Gebiet ein Ende gemacht war. Allerdings war das Hamburger Botenwesen zu Anfang der 80er Jahre, begünstigt durch die verfahrenen inneren Verhältnissen Meklenburgs, mit veränderter Organisation im Lande wieder in Thätigteit getreten, aber die Hamburger Boten setzten nunmehr auch alles daran, die mit großer Mühe zurückgewonnenen Vortheile nicht durch die emporblühende Güstrower Post wieder in Frage gestellt zu sehen. Auf Veranlassung des Botenamts suchte der Senat in Hamburg, als le Plat die herzogliche Postordnung öffentlich in der Stadt hatte anschlagen lassen, den Eintritt der herzoglichen Post in Hamburg von mehreren lästigen Bedingungen abhängig zu machen, die einem Verbot der Posten gleich kamen. Herzog Gustav Adolf ließ nunmehr, um zunächst die Zulassung seiner Post in Hamburg zu erlangen, dem Senat erklären, daß "Ihrer Durchlaucht ja das Recht, dessen andere benachbarte Stände sich bedienten, nicht gehemmt werden könnte, und gleichwie Ihrer Durchlaucht freistände, Sachen, so Sie zu Ihrem Hofstaat nöthig hätten, auf Dero Postwagen oder einen anderen Postwagen bringen zu lassen, also gehörte auch das Fahren der Briefe und Personen eigentlich zu der Post. Damit aber den Hamburger Fuhrleuten nicht zu nahe geschähe, hätten Ihre Durchlaucht schon befohlen,
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keine Postgüter und Waaren für Privatleute aufzunehmen und anhero zu fahren, mit welcher Verordnung man hoffentlich vergnügt sein würde."
Diese Erklärung sollte jedoch durch den von Güstrow nach Hamburg gesandten Unterhändler nicht früher, als bis man sähe, daß anders aus der Sache nicht herauszukommen sei, abgegeben, und zuvörderst noch auf die Waaren beschränkt werden, die zum Handel und Wandel gehörten und eigentliche Kaufmannswaaren wären.
Eine Einigung wurde erst erzielt, als seitens der Güstrower Regierung zugestanden wurde, daß die Station des Güstrow-Hamburger Kurses von Hamburg bis Escheburg von Hamburger Fuhrleuten besorgt werden sollte. Dennoch wurde wider Erwarten 1683 auf Drängen des Botenamts durch den Rath dem inzwischen in Hamburg eingerichteten meklenburgischen Postkontor die Annahme von Briefen und Packeten - außer der für den Herzog selbstbestimmten - kurz und bündig untersagt.
Wie unerwartet diese Maßregel dem Hofe in Güstrow war, erhellt aus der Antwort, welche der Kammerpräsident nach Hamburg abzusenden empfahl. Er betonte in seiner Niederschrift, daß der Postmeister keine anderen Briefe mitgenommen, als solche, die nach Güstrow gingen; vielleicht wären vereinzelt kleine Packete dabei gewesen, die auf Rostock abgegeben werden sollten, und welche die pommerschen Boten (der neue Hamburger Botenkurs) nicht mitnehmen könnten. Das Botenamt könne sich deswegen nicht beschweren, um so weniger, als auch den Hamburger Fuhrleuten dadurch kein Schade geschehe, zumal man sich unlängst dahin verglichen, daß dieselben die Post allezeit bis Escheburg führen, die Post auch keine große, sondern nur kleine Packete mitnehmen und im Uebrigen die gute Anstalt, so dabei gemacht worden, dem Commercium nicht wenig zuträglich sei. Man hege deshalb die Erwartung, daß E. E. Rath der Post keinen Eintrag thue und die auf den parteiischen Bericht der Danziger Boten verfügten Maßnahmen wieber aufhebe. Ihre hochf. Durchl. würden die Erfüllung dieser Anregung für ein Zeichen guter nachbarlicher "correspondance" ansehen und nächstens einen eigenen Bevollmächtigten nach Hamburg absenden, der an Ort und Stelle das Weitere mündlich regeln könnte.
Der Herzog konnte sich zu einem so detaillirten Schreiben nicht entschtießen. Er leugnete in dem Antwortschreiben die Berechtigung zu Beschwerden rundweg ab und verhieß lediglich die baldige Ueberkunft emes Abgesandten zu weiteren Verhandlungen.
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Dem Secretair Friderici, welcher bald darauf als Bevollmächtigter nach Hamburg ging, wurde das Votum des Kammerpräsidenten an Stelle einer Instruction mitgegeben und von ihm die Angelegenheit durch mündliche Besprechung gütlich beigelegt; er mußte sich aber zu der Bedingung verstehen, daß der Postmeister le Plat nicht weiter durch Mitnahme vieler großer Packete und Kaufmannswaaren den Fuhrleuten Anlaß zur Klage geben würde.
Vor der Hand verstummten die Reklamationen der Hamburger Behörde. Ganz in gleicher Weise waren der kurbrandenburgischen Post und den übrigen fremden Postanstalten Schwierigkeiten bereitet worden, allein es kam weder zur Aufhebung der fremden noch der Güstrower Post; hinsichtlich der letzteren fehlte dem Rath um so mehr das Recht, als er innerhalb des Herzogthums für die Hamburger Botenanstalt Vorrechte in Anspruch nahm, welche um nichts besser begründet waren, als der Besitzstand des Meklenburgischen Postkontors in Hamburg. 1 )
Im Jahre 1690 ernannte Herzog Gustav Adolf die beiden Unternehmer der Güstrow - Hamburger Post, Krüger zu Boizenburg und Jonas le Plat zu Hamburg (den Sohn des oben erwähnten Daniel le Plat), zu herzoglichen Postmeistern "zum Behufe der herzoglichen Hofpost". Beiden wurde unter dem 31. März eine förmliche Bestallung ertheilt und dem le Plat ein Jahresgehalt von 100 Rthl. Hamb. Crt beigelegt, wofür er das Kontor zu halten hatte.
Aus der Bestallung ergiebt sich, daß der Betrieb der Postanlagen von Güstrow nach Hamburg u. s. w. aus Privathänden in eigene herzogliche Verwaltung übergegangen, und die bisherigen Unternehmer nebst dem bei den Posten beschäftigten Personal in die Reihe der besoldeten fSürstlichen Diener getreten waren.
Außer der Güstrow - Hamburger Post gingen im Jahre 1690 auch die Posten nach Wismar, Rostock, Demmin, Plau (Berlin) und Parchim, welche bis dahin allein Daniel le Plat auf seine Kosten unterhalten hatte, in herzogliche Verwaltung über, sodaß nun die Regierung in der Lage war, das Postwesen für Handel und Verkehr und dadurch auch für die herzogliche Kasse nutzbar zu machen.
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Der Erfolg zeigte sich bald in den aufkommenden Einnahmen. während bisher nur aus der Lübeck - Rostock - Demminer Post eine geringe Rekognition erzielt worden war, betrug die Einnahme aus den neuen herzoglichen Posten 1690/91 bereits rund 500 Rthlr., 1691/92 761 Rthlr. und 1692/93 sogar schon 1585 Rthlr., ein Betrag, der um so höher ins Gewicht fällt, als die Berliner Post bei Beförderung von Personen und Postsendungen aus und nach Meklenburg der herzoglichen Post fühlbare Konkurrenz machte, und das damals noch in den Anfängen der Entwicklung stehende meklenburgische Postwesen außerordentlich unter den Beeinträchtigungen der Kaufleute, Frachtfahrer u. s. w. zu leiden hatte.
Die günstigen Erfolge der eigenen Verwaltung erweckten übrigens den Argwohn, daß le Plat von den aus den Posten gezogenen Ueberschüssen erheblichere Vortheile erzielt hätte, als bei Abschluß des Vertrages im Jahre 1678 vorausgesetzt wurden, sodaß der Versuch sich lohnte, le Plat noch nachträglich zu einer Abzahlung zu veranlassen. Bei der über den Fall angestellten Untersuchung stützte sich le Plat auf seinen Kontrakt von 1678; die Regierung habe die spätere Uebernahme der Hamburger Post sich zwar ausbedungen, sei aber auf diesen Gedanken nicht wieder zurückgekommen. Er selbst habe übrigens bei dem Betriebe viel Schaden durch Theuerung und Viehsterben gehabt, auch über seine Einnahmen nie Rechnung geführt. Die Zahlung irgend welcher Entschädigungsgelder lehnte er rund ab. Aber sein früherer Mitunternehmer Krüger, den er aus dem Unternehmen zu verdrängen gewußt hatte, wies nach, daß die Posten jährlich etwa 3000 Rthlr. an Einnahmen getragen hätten und der Reingewinn auf 1000 Rthlr. angeschlagen werden könnte. Die Regierung legte darauf, ohne sich auf weitere Erhebungen einzulassen, dem le Plat die Zahlung einer Abfindungssumme von 750 Rthlr. auf, ob mit Erfolg, ist aus den Akten nicht ersichtlich.
Der von Jahr zu Jahr steigende Gewinn aus dem Postwesen bestärkte Herzog Gustav Adolf in seinem Bestreben, die Posten nach Möglichkeit zu verbessern. Der Gang derselben unterlag noch manchen Zufälligkeiten, sodaß häufig erhebliche Verzögerungen vorkamen. Er beauftragte daher den Hofpostmeister Brünsich in Güstrow 1 ) im Jahre 1693, eine Inspection der Posten
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vorzunehmen. Erhebliche Verbesserungen konnte aber auch Brünsich nicht erreichen, denn die schlechten Wege machten alle Mühe und Aufsicht vergeblich, und die Gespanne, besonders das des Escheburger Posthalters, ließen alles zu wünschen übrig.
Gleichzeitig machte die Güstrower Regierung den Versuch, ihre Posten auch über die Grenzen des eigenen Landes hinaus zu erweitern. Sie beauftragte am 31. Januar 1693 Brünsich, mit der schwedischen Regierung in Stettin über die Durchleitung der Güstrow - Neubrandenburger Post bis Stettin zu verhandeln. Im Besonderen sollte er mit dem schwedischen Gouverneur Graf Bielke, dem wir noch weiter unten begegnen werden, in Benehmen treten und demselben vorstellen, daß der schwedischen Post nach Hamburg kein Eintrag zugefügt werden solle, da die herzogliche Post sicher aus Meklenburg ausreichenden Zugang an Personen und Päckereien haben würde; auch hatte Brünsich Auftrag, die Erlaubniß zur Anlegung einer Güstrowschen Poststation in Anclam nachzusuchen.
Brünsichs Kommissorium verlief resultatlos, wenigstens berichten die Akten nichts von der Ausführung des weitausschauenden Projects.
Obgleich diese Versuche scheiterten, durfte Gustav Adolf mit dem bisher Erreichten zufrieden sein. Der allgemeine Rahmen war für die Güstrower Postkurse vorgezogen. Die Hauptorte des Landes waren durch regelmäßige Postrouten mit einander verbunden, vor Allem war die wichtige Verbindung mit Hamburg hergestellt. Es fehlte nur noch an der festen Ordnung des Betriebes. Diese erließ Herzog Gustav Adolf unter dem 20. September 1693 als "Fürstl. Mekl. - Güstrowsche Renovirte Postordnung". 1 ) Sie ist insofern von Wichtigkeit, als sie die erste herzogliche Postordnung war, welche alle Postkurse des Herzogthums Güstrow betraf. Die bisher erlassenen Postordnungen und Ordonnanzen hatten nur die Sonderverhältnisse jedes Kurses geregelt; die Verschiedenartigkeit all dieser Verordnungen mußte naturgemäß mit zunehmendem Verkehr zu lästigen Weiterungen Anlaß geben.
Trotz der Fürsorge, welche H. Gustav Adolf den Posten zu Theil werden ließ, blieben die finanziellen Ergebnisse aber hinter seinen Erwartungen erheblich zurück. Der Herzog übersah dabei vielleicht, daß die jungen Anlagen manche Schwierigkeiten zu überwinden haben, vor Allem aber erst bei der Bevölkerung und
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dem Handelstande festen Fuß fassen mußten, bevor sie nennenswerthe Erträge abwerfen konnten; andererseits wurde den Postanlagen durch Frachtfahrer und durch die Postillone selbst, wie die Regierung mit Recht argwöhnte, fortgesetzt großer Schaden zugefügt. Erfahrungen, wie diesem Unwesen zu wehren sei, hatten bislang noch nicht gesammelt werden können, und zahlreiche Vorschläge von berufener und unberufener Seite erwiesen sich als wirkungslos. H. Gustav Adolf' griff daher zu dem Ausweg, die Posten eine Zeitlang einem Unternehmer in Pacht zu geben, in der Voraussetzung, daß eine Privatperson weit besser die Abstellung aller Mängel bewirken könnte, als die mit sonstigen Geschäften überbürdeten Regierungsbeamten, zumal es sich bei einem Unternehmer um die Wahrung gewichtiger eigener Interessen handelte. Ein geeigneter Unternehmer fand sich in der Person des herzoglichen Geh. Kammerraths Mumme, der schon seit 1689 als Postdirektor in der Kammer die Postsachen bearbeitet und reges Interesse für den Gegenstand gezeigt hatte.
Der über die Verpachtung abgeschlossene Vertrag ist vom 13. Juli 1694 datirt. Mumme hatte danach eine Jahrespacht von 1000 Rthlr. zu zahlen; die Dauer des Vertrages war zunächst auf 6 Jahre bemessen, der Beginn auf den 15. Juli festgesetzt. Alle Intraden sollten dem Pächter zufließen, dafür aber hatte er auch alle Unterhaltungskosten zu tragen; maßgebend für die Erhebung der Gebühren blieb die herzogliche Postordnung. Die fürstliche Korrespondenz, ebenso "Päckschen" für den Hof bis 20 Gewicht waren portofrei zu befördern. Das Postpersonal wurde zur uneingeschränkten Disposition des Pächters gestellt, er hatte Beamte und Postillone anzustellen, zu besolden und zu entlassen, auch die Letzteren in den Hoffarben kleiden zu lassen; die Beamten sollten aber als fürstliche Diener gelten und ihre bisherigen Freiheiten auch fernerhin genießen. Der Herzog sagte den Posten seinen Schutz zu und versprach, "Kriegstroublen, so Gott gnädigst verhüten wolle, die den Postenlauf störten, in billige consideration zu ziehen und dem Geh. Kammerrath Mumme an der Pension gut zu thun."
Mumme entfaltete alsbald die ersprießlichste Thatigkeit. Die Entwicklung der Posten schritt unter seiner Leitung sichtlich vorwärts, was vor allen Dingen der ausgiebigen Unterstützung zu danken war, welche Mumme für seine Bestrebungen bei dem Herzoge fand. Aber das gute Verhältniß zwischen Beiden wurde schon im Jahre 1695 durch den Tod Herzog Gustav Adolf's gelöst.
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Da Leibeserben nicht vorhanden waren, so entspannen sich um die Nachfolge im Herzogthum Güstrow mehrjährige Streitigkeiten, während deren allerdings Herzog Friedrich Wilhelm von Schwerin in der ersten Zeit die Regierungsgewalt ausübte, sie aber bald darauf an die im Lande eingesetzte kaiserliche Interimsregierung abtreten mußte. Während der Anwesenheit H. Friedrich Wilhelms in Güstrow hatte Mumme die Gelegenheit wahrgenommen, sich den Pachtvertrag bestätigen zu lassen. In der That gab der Herzog am 29. Januar 1696 seine förmliche Genehmigung dazu, "daß wenn Wir zur Güstrauischen Succession gelangen, ihm das Postwesen gnädigst beigelegt und er biß zu fernerer Verordnung darin nicht beeinträchtigt werden solle."
Der Pachtvertrag blieb bis zum Jahre 1701 von Bestand, ohne von einer Seite aufgekündigt worden zu sein.
Wir haben oben schon gesehen, wie während dieser Zeit in beiden meklenburgischen Herzogthümern die Postpächter im besten Einvernehmen mit einander der Leitung der Posten oblagen. Die Hauptthätigkeit, welche auch die Posten im Herzogthum Schwerin berührte, entfaltete aber Mumme, der in Betrieb und Organisation wesentliche Verbesserungen vornahm. So gelang ihm, der in beiden Betrieben festen Fuß gefaßt hatte, auch die Beilegung des langjährigen Zwistes über den Durchgang der Güstrow - Hamburger Posten durch Schwerin'sches Gebiet; dieselben nahmen seit dem Jahre 1697 ihren Weg nicht mehr über Banzkow oder Parchim, sondern über die Residenz Schwerin, die fortan zwei Verbindungswege nach Hamburg besaß.
Das alte Projekt der Herzöge von Meklenburg, die Verbindung mit Hamburg, war 1701 zur gesicherten Ausführung gelangt. Zwei große Postkurse von Rostock über Bützow, Sternberg, Schwerin, Gadebusch, Ratzeburg und von Neubrandenburg über Güstrow, Sternberg, Schwerin, Boizenburg vermittelten in ununterbrochenem Lauf den Verkehr mit Hamburg; Seitenkurse schlossen auch die abgelegenen Theile des Landes an diese Hauptwege an. Der Betrieb war, soweit es die schwankenden Zeitverhältnisse zuließen, zweckdmäßig eingerichtet, jedenfalls berechtigten die Anlagen zu guten Hoffnungen. Wenn diese sich aber nur zum Theil erfüllten, so hatte das seinen Grund mit an dem Bestehen fremder Postanlagen auf meklenburgischem Gebiet, die gerade auf den Straßen nach Hamburg mit den meklenburgischen Posten in Konkurrenz getreten waren.
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Fremde Posten haben auf meklenburgischem Gebiet vereinzelt schon vor Einrichtung herzoglicher Posten bestanden, zum Theil sind sie gleichzeitig mit den letzteren im Lande aufgetreten. Die auswärtigen Staaten, deren Postkurse die meklenburgischen Grenzen überschritten, waren Brandenburg (Preußen), Hamburg, Schweden und in beschränktem Umfange auch Lübeck.
Der brandenburgische Postkurs, welcher hier am meisten interessirt, war die wichtige Postroute von Cölln a. d. Spree (Berlin) nach Hamburg. Sie ist wenige Jahre nach Beendigung des dreißigjährigen Krieges angelegt worden und berührte als erstes fremdes Gebiet Meklenburg auf der Strecke zwischen Lenzen und Boizenburg. Die brandenburgische Regierung hatte sich wegen des Durchgangs der Post mit den meklenburgischen Höfen in Verbindung gesetzt; der Schriftwechsel mit dem Schweriner Hofe ist noch vorhanden, der mit dem Hofe in Güstrow aber nur theilweise, was um so mehr zu bedauern ist, als beide Höfe in der Angelegenheit eine wesentlich verschiedene Stellung einnahmen.
Unter dem 28. August 1656 schrieben die kurfürstlichen Geh. Räthe an Herzog Adolf Friedrich, wie sie, Sr. Fürstl. Gnaden, erheischender Nothdurft nach, nicht verhalten könnten, "welchergestalt S. Kurfürstl. Gn. unser gnädiger Herr eine Zeit hero angemerket, daß durch das seumige Postwesen, da die Bothen theils ihres eigenen Nutzens, theils auch ihrer Nachlässigkeit vndt von einigen ihnen veruhrsachten Verhinderungen halber, öffters gar langsamb gangen, die nötige correspondentien verrücket vndt auch die commercien zu Wasser vndt Lande nicht wenig geschmälert vndt aufgehalten werden."
Sie hätten deshalb nach gründlicher Erörterung, wie dem Unwesen abzuhelfen sein möchte, den kurfürstlichen Amts-Kammerrath und Hofrentmeister Michael Mathiaß, welcher in der Geschichte der preußischen Post eine wichtige Rolle spielt, beauftragt, "zur Beförderung der nöthigen correspondentien , so auch der Commercien von Hamburg auf Berlin, Frankfurth a. d. Oder vndt Breslaw solch Postwerk zu Lande vndt dann auch zu Wasser auf der Elbe, Havell, Spree vndt Oder vor wenig Wochen bester maaßen einrichten zu lassen."
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Die Geh. Räthe theilten noch mit, daß wöchentlich zwei Mal die Posten zwischen den bezeichneten Orten kursirten. "Darnegst aber hat man observiret , daß in Herbst- vndt Frühlingszeiten, auch wenn die Waßer sich ergoßen, zwischen Lentzen, Newhausen und Boitzenburg schwerlich auch mit Leibes vndt Lebensgefahr vndt zum öfftern wohl gar nicht fortzukommen, welches, wenn es nicht durch einen anderen Wegt zu remediren , diesem newangerichteten nützlichen Werke große Hinderung geben würde."
Da nun seitens der meklenburgischen Höfe dem Vernehmen nach aus dieser Ursache beabsichtigt worden sei, einen neuen Weg von Dömitz ab auf die Höhe über die Woosmer Mühle nach Lübtheen, Quassel, Schwechow und die Blüchersche Mühle herstellen zu lassen, so ersuchten die kurfürstlichen Räthe den Schweriner Hof, diesen Weg zu des Landes eigenem Besten so bald als möglich einrichten zu lassen und seine Benutzung den kurfürstlichen Posten zu gestatten. Als Entgelt verhießen sie, daß die neue Postanlage uneingeschränkt auch für die Beförderung herzoglicher Sendungen zur Verfügung gestellt werden und alle brandenburgischen Postbedienten Anweisung erhalten sollten, dem herzoglichen Hofe aufs Beste an die Hand zu gehen.
Der Ueberbringer dieses Schreibens, Christoph Krause, Bürgermeister und Postverwalter zu Lenzen, hatte außerdem noch den Auftrag erhalten, "eine vndt andere Nachricht von diesem so nöthigen Postwerke unterthenig zu geben, vndt dann, auf vorgesetzten Fall, do Dieselben Sich dieses Werks bedienen wollten, von J. F. G. zu vernehmen, ahn welchem Ohrte Sie Ihre vndt der Ihrigen Briefe abgeben vndt weiter durch die kurfürstliche Post bestellen vndt befördern lassen wollen." Krause "überzuckerte", wie es in einer späteren Darstellung heißt, diesen Antrag noch in einem besonderen Schreiben nach Schwerin, indem er auf die Vortheile hinwies, welche Meklenburg aus der Post zufließen würden, und ferner, daß bei dieser neu eingerichteten Post alles in gute Ordnung gestellt sei, daß kein Brief, so gering er auch sei, unterschlagen werden könne, da die einzelnen Postmeister an den Stationsorten ein Buch halten und darin alle abgehenden und ankommenden Briefe richtig verzeichnen müßten. "So muß auch diese Post allemahl 8 Meillen weges immer 10 Stunden richtig fahren, wobey auch allemahl eine Persohn nebst dem Postillon mit fortkommen kann." Als Abgabeort der fürstlichen Korrespondenz für die Post schlug Krause die Woosmer Mühle oder Lübtheen vor, wo 4 Pferde parat ständen. Schließlich bat
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Krause, der Postanlage fürstlichen Schutz angedeihen zu lassen, da "dieselbe zur Besserung der Kommerzien des Landes viel beitrage." Die Post sollte wöchentlich zwei Mal kursiren und zwar
von Hamburg Mittwoch und Sonnabend, Abends,
von Boizenburg Donnerstag und Sonntag, früh 3 Uhr,
von Berlin Montag und Donnerstag.
In Schwerin traf man schnelle Entscheidung. Ob Krause es verstanden hatte, die Wünsche des kurfürstlichen Hofes besonders deutlich und dringlich zu schildern, und ob der sorgsame Herzog Adolf Friedrich seinem im Kriege schwer heimgesuchten Lande die von Krause so anschaulich geschilderten Vortheile einer guten Verbindung nach Hamburg möglichst bald zu gute kommen lassen wollte, oder ob man die Wichtigkeit der Sache in Schwerin nicht durchschaute und einer eingehenden Prüfung nicht für werth hielt, ergeben die Akten nicht - kurz, das am 28. August abgelassene Schreiben der Berliner Geheimen Räthe überreichte Krause schon am 2. September, und am 3. September ging bereits die Antwort des Schweriner Hofes ab, welche sich dahin aussprach: "Was dieselben wegen Einrichtung einer newen Post vnd Beförderung benöthigter correspondentien auff Befehl des Herrn Kurfürsten zu Brandenburg an Unß gelangen lassen, solches haben Wir sowoll aus eingereichtem Schreiben alß von dem anhero abgefertigten Postverwalter zu Lentzen mit mehrem vernommen. Wie nuhn dieses eine Sache ist, die daß bonum publicum concerniret, so wollen Wir sothaner guhten intention nicht entsein, besonders vielmehr die gnädige Beforderung thun, daß es auffs beste iedoch Unß vndt Vnserem Lande ohne praejuditz seinen Fortgang nehmen möge, gestaltsam Wir denn schon vor diensam zu besserer Beschleunigung vndt Fortbringung deß reisenden Manns insonderheit bei Herbst- und Wintertagen die Verordnung gemachet, daß die Fehre bei Quassel wieder angerichtet vnd also der Wegk durch das hohe und trukene Land genommen werde, wobei man nunmehro in voller Arbeit begriffsen ist."
Eine Antwort auf dieses Schreiben findet sich in den Akten nicht vor; es läßt sich daher auch nicht mit Sicherheit angeben, ob die in diesem Schreiben gestellten Bedingungen von dem Berliner Hofe angenommen worden sind. Die Vermuthung spricht aber dafür, denn die brandenburgischen Postbedienten zeigten in den ersten Jahren nach Einrichtung der Post den meklenburgischen Höfen bereitwilliges Entgegenkommen.
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Die Anlegung der Brücke oder Fähre über die Sude bei Quassel verzögerte sich wider Erwarten, sodaß die brandenburgischen Posten, welche inzwischen ihre Thätigkeit aufgenonnnen hatten, mit Gefahr für die Wagen, deren Ladung und Passagiere durch die Sude hatten fahren müssen. Nach einer erneuten Vorstellung Krauses aber wurde die Vollendung der Fähre gegen Ende des Jahres 1656 erreicht, und die neue Post kursirte nun ungehindert durch das meklenburgische Gebiet. 1 )
Die Post kam bald in Aufschwung und erzielte anscheinend günstige Erfolge für Brandenburg.
Aber die Hoffnungen, welche die meklenburgischen Höfe nach dem Schreiben der kurfürstlichen Räthe für sich an das Bestehen der Post knüpfen durften, erfüllten sich in der Folgezeit nicht. Die kurfürstlichen Beamten bei der Post waren in Erfüllung der Verpflichtungen, welche der Berliner Hof zu Gunsten der meklenburgischen Regierungen übernommen hatte, seit Beginn der sechsziger Jahre nachlässig geworden. Die freie Beförderung sowie die schnelle Besorgung der herzoglichen Korrespondenzen hatte wiederholt zu wünschen übrig gelassen, und die kurfürstlichen Postillone und Postmeister erhöhten noch durch fortgesetzte Plackereien und Chikanen die Verstimmung der meklenburgischen Behörden in dem Maße, daß bei diesen bereits im Jahre 1664 erwogen wurde, ob "den herzoglichen Interessen leidlich, daß die brandenburgische geschwinde Post die Aemter Dömitz und Boizenburg berühre, und daß der Kurfürst in Boizenburg einen eigenen Postmeister halte, der sich bei Abfertigung der Post des kurfürstlich brandenburgischen Postsiegels bediene." 2 )
Vorläufig kam es indeß noch nicht zur Austragung der Angelegenheit.
Als dann aber im Jahre 1669 die Berliner Post in der Nähe von Boizenburg angefallen, der Postknecht erschlagen und nun von Berlin aus angeregt worden war, die Poststraße an Posttagen von Reitern bewachen zu lassen, lehnte Herzog Gustav Adolf diesen Vorschlag zwar nicht ab, ließ aber nach Berlin mittheilen: "Nachdem Wir des Postwesens in Unseren Landen Uns
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billig allein anzunehmen und darin die Post zu bestellen haben, so seind Wir auch jetzo bedacht, Kurbrandenburg künfftig dessen in Boitzenburg zu entheben und die Post daselbst behufigermaßen einzurichten."
Die meklenburgischen Höfe traten nunmehr mit einander wegen der Berliner Post in Verhandlung. Dabei ergab sich das überraschende Resultat, daß bei beiden Höfen - 14 Jahre nach Anlegung der Post - nicht mehr bekannt war, in welcher Weise und wann dieselbe entstanden, und ob seitens Meklenburgs die Genehmigung hierzu ertheilt sei. Die Schweriner Regierung war - allerdings ohne dasselbe " pro certa regula " behaupten zu wollen - der Ansicht, "daß die Post durch Dömitz gehe, wobey wir jedoch dies angemerket, daß die Posten daselbsten nicht sonders ruhen oder ihr Ablager halten, sondern den geraden Wegk durch und nach anderen Ohrten nehmen, welches vielleicht die Vhrfach sein mag, daß darüber zwischen Ihrer Kurfürstl. undt Unsers gnäd. Herrn Fürstl. Durchl. oder zuvor dero Herrn Vaters hochsehligen Andenkens gewiße pacta nicht verfaßet oder aufgerichtet worden, sondern die toleranz dem Werk die mensur allein bißhero gegeben hat; wir wollen Unß jedoch bei Ihro Durchl. Bedienten und voraus zu Dömitz weiteres erkundigen."
Aber das Rechtsverhältniß der Post zu den meklenburgischen Höfen blieb auch jetzt noch für letztere ungeklärt, da auch (Amts-) Hauptmann von Bülow zu Boizenburg, der in der Sache zum Bericht aufgefordert worden war, nur nach Güstrow melden konnte, daß die Post bereits seit dem Jahre 1657 (thatsächlich schon seit dem Jahre 1656) durch Boizenburg gehe, wie die dem Postmeister Lembcke daselbst ertheilte kurfürstliche Bestallung nachweise, daß aber sonst über den Ursprung der Post, der sog. "kurfürstlichen Hofpost", Näheres nicht in Erfahrung zu bringen gewesen sei.
Bei dem Mangel verbürgter Nachrichten hielt H. Gustav Adolf es nicht an der Zeit, Maßnahmen zur Aufhebung der kurfürstlichen Posten in Meklenburg vorzubereiten, sondern schlug dem Schweriner Hofe vor, "alte weiteren Vmbstände zu betrachten vndt wann etwa sonst ein vndt anderes bei Kurbrandenburg zu negotiiren were, besser mündlich am kurbrandenburgischen Hofe die inconvenientien angebracht vndt in gutem Vernehmen, Ihrer Hochfürstl. Durchl. praejuditz zu verhüten, dieselbe abzuthun wäre, auch bei den Benachbarten erkundiget werden könnte, welchergestalt auch daselbst die kurbrandenburgischen Posten eingeführet."
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Da die Schweriner Regierung bei der Abwesenheit des Herzogs Christian Louis in Frankreich für die ganze Angelegenheit nur geringes Interesse zeigte, so blieb die Sache vor der Hand auf sich beruhen.
Aber am Güstrower Hofe empfand rnan immer drückender die Abhängigkeit von dem guten Willen der brandenburgischen Postmeister, welche bei der Freibeförderung der herzoglichen Korrespondenz manche Schwierigkeiten und Weiterungen machten. Herzog Gustav Adolf sandte deshalb im Jahre 1670 den Amtshauptmann von Bülow mit der Anweisung nach Berlin, hier energisch auf Abhülfe der vielfältigen Beschwerden zu bringen. Dies hatte den Erfolg, daß der kurfürstliche Postdirector Michael Mathiaß im Auftrage der Regierung an den brandenburgischen Postmeister in Boizenburg verfügte, "daß er künftig alle fürstlich Meklenburgischen wie auch dero Minister und Beamten Briefe und Packete auf der kurfürstlichen Post frei nach Hamburg mit fortsenden, die zurückkommenden gleichergestalt frei abfolgen lassen möchte, da Sr. Kurfürstl. Durchl. eigentlicher gnädigster Wille ist, daß Ihre Fürstl. Durchl. zu Meklenburg auf der kurfürstlichen Post, soviel immer möglich und ohne Versäumniß der Post geschehen kann, zur Hand gegangen und aller guter Wille bezeugt werden möge. Der Herr Abgesandte v. Bülow hat dagegen versichert, daß solcher guter Wille nicht solle gemißbrauchet oder die Post über die Gebühr beschweret, auch keine andere als die fürstlich Güstrowsche oder, was dero Minister und Beamte in deren Hohen Herrschaftl. Geschäften zu schreiben haben, frei mit fortzusenden begehrt werden."
So entgegenkommend sich der Berliner Hof den Wünschen der Güstrower Regierung gezeigt hatte, so trat doch nach kurzer Zeit wieder das alte Verhältniß ein.
Aber Herzog Gustav Adolf sah davon ab, nochmals bei dem Berliner Hofe Vorstellungen zu machen, sondern er suchte sich vielmehr jetzt selbst zu helfen durch Einrichtung einer eigenen Post nach Hamburg, deren oben bereits gedacht ist (S. 45). Nach Herstellung dieses Postkurses wurden alle Verbindungen zur Berliner Post gelöst; der Güstrower Hof schenkte der kurfürstlichen Post fortan keine Beachtung mehr und sah auch der Vermehrung der brandenburgischen Posten auf der Berlin - Hamburger Straße stillschweigend zu, trotzdem die brandenburgischen Posten jetzt, nachdem meklenburgische Posten zwischen Boizenburg und Hamburg verkehrten, infolge ihrer besseren Organisation und ihres häufigeren Ganges entgegen den Versprechungen vom Jahre 1656
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in beträchtlichem Maße zum Präjudiz der meklenburgischen Posten beitragen mußten, da sie den größeren Theil des Postverkehrs auf der meklenburgischen Route an sich gezogen hatten.
Im Jahre 1682 kursirte die Brandenburgische Rost zwischen Berlin und Hamburg bereits in nachstehender Weise:
Die Post kursirte demnach 5 Mal wöchentlich in jeder Richtung.
Bis 1690 hatte die Berliner Post ihren Weg von Lenzen über Dömitz, Lübtheen und Boizenburg genommen; aber die Strecke bei Dömitz war besonders bei Hochwasser nur mit Gefahr von den Posten zu passiren. Die kurfürstliche Regierung bemühte sich daher, von den meklenburgischen Höfen die Erlaubniß zur Durchführung der Posten auf einem anderen Wege, von Lenzen direct über Lübtheen auf Boizenburg, zu erlangen. Hierdurch veränderte sich die Kursstrecke auf meklenburgischem Gebiet, sodaß auf dem Wege zwischen Lenzen und Boizenburg (8 Meilen) die Wahl eines anderen Orts zum Pferdewechsel nothwendig wurde. Auf das Gesuch um Anlegung einer Station zum Pferdewechsel in der Mitte dieser Strecke erwiderte die Schweriner Regierung bejahend und genehmigte eine Station in dem Dorfe "Quassel oder wo es sonst bequem sei", nachdem seitens der brandenburgischen Regierung versichert worden war, "daß diese von Schwerin erlangte gutwillige Concession zum Nachtheil der Schweriner Regierung keineswegs mißbraucht und nichts angemaßt werden solle, was Sr. hochfürstl. Durchl. juri superioritatis entgegen zu sein nur scheinen könnte."
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts traten die drei Höfe wegen der Post noch einmal in Korrespondenz. In Boizenburg war bereits, wie wir oben gesehen haben, seitens der Güstrower
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Regierung ein Postmeister bestellt; im Jahre 1696 verwaltete das Amt der Postmeister Mumme. Auch ein brandenburgisches Kontor befand sich in Boizenburg, welches der Bürgermeister und Postmeister Lembcke verwaltete. Letzterer war damals "wegen Wunderlichkeit unbrauchbar" geworden, und an Mumme war die "Beobachtung der brandenburgischen Post mit committirt worden." Aus welchem Grunde damals nicht ein eigener brandenburgischer Postmeister wieder bestellt wurde, läßt sich nicht mehr feststellen; es hatte vermuthlich Herzog Friedrich Wilhelm von Schwerin, dem um diese Zeit das nach Gustav Adolfs Tode heimgefallene Herzogthum Güstrow zugesprochen war, in Berlin gegen die Haltung eines eigenen brandenburgischen Postkontors und Postmeisters erfolgreich Protest erhoben, denn man forderte von Mumme, als er von Brandenburg zur Besorgung der Berliner Post bestellt war, keine Eidesleistung für den Kurfürsten, sondern nur die Unterzeichnung eines Reverses, daß "er die Posten treulich besorgen wolle."
Für Meklenburg war dieser Ausgang der Angelegenheit insofern wichtig, als späteren Versuchen der Krone Preußen, in Boizenburg doch wieder eigene Postmeister zu ernennen, jedesmal seitens der meklenburgischen Regierung unter Hinweis auf den vorliegenden Fall erfolgreich vorgebeugt werden konnte, sodaß für die meklenburgischen Postmeister in Boizenburg die Abfertigung der preußischen Posten künftig zwar die Hauptarbeit ausmachte, aber als Nebenamt galt, zu dessen Verwaltung sie gleichzeitig für den König von Preußen in Pflicht genommen wurden.
Außer der Berlin - Hamburger Post berührte noch die 1681 vom großen Kurfürsten eingerichtete, zwei Mal wöchentlich kursirende "geschwinde Post" von Magdeburg nach Hamburg den Ort Boizenburg. Seitens der dem niedersächsischen Kreise angehörigen Staaten hatte man ihrer Einrichtung von Anfang an nicht gerade günstigen Auges zugesehen, denn die weitverzweigten, wohlorganisirten brandenburgischen Postanlagen arbeiteten mit erstaunlicher Sicherheit und zogen naturgemäß den ganzen Verkehr einer Gegend an sich, häufig auch wohl aus nicht brandenburgischen Gebietstheilen. Dieser Grund trat in den Erörterungen der Kreisstaaten über die post allerdings nicht offen hervor, sondern man deckte sich bei den offenen und versteckten Versuchen zur Schädigung der kurfürstlichen Post mit dem Einwand, daß die um diese Zeit in MitteldeutschIand grassirende Viehseuche durch die brandenburgischen Posten auch nach Norddeutschland verschleppt werden könnte.
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Die Post kam aber dennoch in Aufschwung und hatte bald so erheblichen Verkehr aufzuweisen, daß der große Kurfürst im Jahre 1685 beschloß, außer der geschwinden noch eine langsamere, gleichfalls 2 Mal wöchentlich kursirende Post von Magdeburg nach Hamburg anzulegen. Um der Post einen möglichst großen Zugang an Frachtgütern und Personen zu verschaffen, nahm die am Montag aus Magdeburg abgehende langsame Post ihren Weg über Havelberg und Perleberg auf Boizenburg, die Post, welche am Donnerstag abging, den Kurs über Salzwedel und Lüneburg auf Boizenburg. In Boizenburg hatte der für die Berlin - Hamburger Post eingesetzte Postmeister auch die Abfertigung der Magdeburger Post zu besorgen.
Es ist von Interesse, hier hervorzuheben, daß im Jahre 1685 demnach der Ort Boizenburg wöchentlich bereits von 18 preußischen Posten berührt wurde, so daß durchschnittlich fast 3 preußische Posten des Tages durch Boizenburg gingen.
Ueber das Verhältniß der Magdeburger Post zu Meklenburg sind Nachrichten nicht aufbewahrt worden, da die meklenburgischen Höfe der Post, trotzdem ihr eigener Postmeister in Boizenburg sie mitverwaltete, keine weitere Beachtung schenkten; inwieweit die Post wirthschaftliche Vortheile für Meklenburg gehabt hat, läßt sich daher nur vermuthen.
Erwähnung verdienen hier noch zwei Projecte der brandenburgischen Regierung, über meklenburgisches Gebiet Postkurse anzulegen, nämlich eine Post von Berlin über Neubrandenburg nach Stralsund und eine andere Post von Demmin über Rostock auf Lübeck. Die Akten berichten über diese Posten, daß im Jahre 1679 in Neubrandenburg ein brandenburgischer Postmeister bei Bürgermeister und Rath vorstellig geworden war, der von Berlin nach Stralsund einzurichtenden Post den Durchgang durch Neubrandenburg bei Tag nnd Nacht zu gestatten. Herzog Gustav Adolf von Güstrow ordnete an, daß "ermelte Post allemahl so Tages als Nachts durchgestattet und keineswegs aufgehalten werden solle." Die Post sollte zweimal wöchentlich kursiren.
Ueber das zweite Project schrieb der brandenburgische Obristwachtmeister von Bredow an das meklenburgische Amt Dargun, daß die Stettinsche Post auf Rostock und Lübeck zwar noch nicht angeordnet sei, daß die Postillone zwischen Stettin, Stralsund und Rostock aber schon in Bereitschaft lägen, auf Befehl sofort die Postfahrten aufzunehmen.
Ob beide Posten in Thätigkeit getreten sind, lassen die Akten nicht erkennen, es muß aber bezweifelt werden mit Rücksicht auf
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die politischen Ereignisse des Jahres 1679. Die Projecte entstammten der Zeit, als der große Kurfürst die Schweden niedergeworfen und aus ihren pommerschen Besitzungen verdrängt hatte und er hoffen durfte, als Frucht seiner Siege Schwedisch-Pommern seinem Staate einverleiben zu können. Da ihm im Frieden von St. Germain en Laye aber auferlegt wurde, die eroberten schwedischen Gebietstheile zurückzugeben, so fiel damit jedenfalls auch der Plan, brandenburgische Posten durch Schwedisch-Pommern und auf dem alten Hamburger Botenkurse von Stettin nach Rostock und weiter nach Wismar und Lübeck einzurichten.
Immerhin zeigt aber das Project, mit welcher Energie der große Kurfürst allzeit bestrebt war, neugewonnene Gebietstheile sofort an das brandenburgische Postnetz anzuschließen und denselben für den bequemen Absatz ihrer Erzeugnisse günstige Verbindungen zu verschaffen - eine Praxis, die nicht wenig zum Aufblühen seines Staates beigetragen hat.
Die am Ende des 17. Jahrhunderts in Meklenburg bestehenden Hamburger Postanlagen kann man als die Wiederaufnahme des alten Hamburg - Danziger Botenkurses bezeichnen. Eine aus dem Jahre 1773 herrührende Relation über den rechtlichen Bestand der Post in Meklenburg spricht sich über dieselbe folgendermaßen aus: "Die Lage, welche das Herzogthum Meklenburg zwischen Hamburg, Lübeck, Holstein, Bremen, Westfalen, Holland und England auf der einen und ganz Pommern, Danzig, Preußen, Kurland, Lifland und Rußland auf der anderen Seite hat, scheint diesem Lande schon einen natürlichen Anspruch auf die Unterhaltung der Correspondance zwischen diesen beiden Gegenden zu verschaffen. Natürlich gehen alle Posten von der einen nach der anderen Seite der Länge nach durch das meklenburgische Gebiet, nur mit dem Umstande, daß die fahrende Post zwischen Hamburg und Schwedisch-Pommern bis Rostock für königlich schwedische, zwischen Hamburg, Lübeck und Preußisch-Pommern aber die reitende für Hamburger und Lübecker Rechnung gehen, obgleich diese beiden Städte nur die reitende Post bis Wismar auf ihre Kosten unterhalten, von da ab aber ihr Felleisen bis Schwedisch-Pommern lediglich auf herzoglich meklenburgische Kosten unentgeltlich fortgebracht wird.
Den Grund dieser Anomalie setzt die Stadt Hamburg in unvordenklichen Besitz. Beweis hat sie zwar darüber nicht zu
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führen für gut befunden, aber der Besitzer hat die Präsumtion eines gerechten Titels für sich, und es ist sehr glaublich, daß in vorigen Zeiten, bevor die ordentliche Fortbringung des Briefwechsels vermittelst der Posten im 17. Jahrhundert ein landesherrliches Regal ward, die Städte Hamburg und Lübeck ihre damals wohl noch häufigere Korrespondenz mit Stralsund, Stettin, Danzig und allen Ostseeschen Hansestädten nicht auf Kosten der hierbey gar nicht interessirenden Landesherrn, sondern lediglich auf ihre eigenen Kosten ganz hin und her durch reitende Boten betrieben haben, gleichwie noch itzt zwischen Lübeck, Hamburg, Bremen und Amsterdam eine diesen Städten gemeinschaftIiche reitende und fahrende Post geht, und so wie noch itzt im Reiche fast jede beträchtliche Reichsstadt, z. B. Nürnberg, ihre sog. Boten oder Landkutschen fast nach allen Gegenden hin mitten durch die Territorien der Fürsten, aller von diesen sowohl als noch mehr von dem Kaiserlichen General=Postmeister gemachten Widersprüche ungeachtet, bis diese Stunde, wiewohl unter manchen Einschränkungen, unterhält."
Der Verfasser der Relation hat mit seiner Vermuthung über den Ursprung der Hamburger Post in Meklenburg Recht. Thatsächlich war der Hamburg - Danziger Botenkurs eine uralte Boteneinrichtung der Hansestädte; aber schon seit der Mitte des 17. Jahrhunderts waren dem Durchgange des Botenkurses seitens der meklenburgischen Höfe - besonders in Rostock - Schwierigkeiten bereitet worden. Im Jahre 1657 sahen sich daher die Aeltesten der Börse zu Hamburg, denen die Botenanlage unterstand, veranlaßt, bei Bürgermeister und Rath dahin vorstellig zu werden, daß den Boten in ihrem Betriebe auf meklenburgischem Gebiet Hindernisse in den Weg gelegt würden; denn, obgleich sie mittels ihrer seit Jahr und Tag ununterbrochen ausgeübten Postfahrten alle Briefe Pakete und Personen richtig befördert hätten, sodaß von allen Kaufleuten und Reisenden die Botenanstalt und gute Ordnung ihres Betriebes sonderlich gerühmt worden wäre, so hätte jetzt doch ein Anderer "auch unter J.J. F.F. D.D. von Meklenburg=Schwerin und Güstrow in Rostock wohnhafftig, besagten Botten darin einige Sperr- und Hinderung zu thun und solche guthe taugliche Fuhr- und Anstalt Ihnen zu nehmen und an sich zu ziehen, auß lauter Abgunst und gewinnsüchtigen Eigennutz sich unterstanden." Die Aeltesten der Börse baten daher den Rath, "zu eigener dieser Stadt und deren Kommerzien Wollfahrt, Beforderung und Auffnahme" nach Güstrow und Schwerin zu Schreiben, daß den Boten, Kauff- und reisenden
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Leuthen allsolche ordinari bestellte, gute, taugliche Fuhr möge gelassen und anstaat derer wider uhralt Heerkommen und Gebrauch kein ander untaugliche und unanstendige Fuhr und Leute angetrungen werde." Aber alle Klagen waren vergeblich. Auch Bürgermeister und Rath vermochten nichts bei den meklenburgischen Herzögen zu erreichen, denn diese hatten gerade damals begonnen, eigene Posten im Lande anzulegen.
Im Jahre 1667 - als kaum die bisherigen Hamburger Boten in Rostock, Bahlemann und Schwengel, in herzogliche Dienste getreten waren - klagten die Boten: daß ihnen jetzt der Durchgang durch Meklenburg nicht mehr verstattet werde; denn J.J. F.F. D.D. hätten selbst Leute bestellt, denen sie ihre Briefe und Sachen übergeben müßten, "welche dieselbe, soweit J.J. F.F. D.D. Fürstenthumber sich erstrecken, überbringen sollen. Weil wir nun keine Brieffe in Meklenburg samblen, besondern allein dieselbe so wir allhier empfangen undt diejenige Brieffe so zu Zeiten J.J. F.F. D.D. Unß zu überbringen zumuthen, durch unsere substituirte durchführen, welches Kur- und Fürsten des heyl. Röm. Reiches allen auß Hamburg reysenden Pothen verstatten," so baten die Boten den Rath zu Hamburg, nochmals bei den Herzögen um Wiederherstellung der alten Zustände nachzusuchen.
Als das wiederum vergeblich war, übten sie ihrerseits an den fürstlichen Postverwaltern zu Rostock Repressalien mancherlei Art - auch Bürgermeister und Rath zu Rostock scheinen dabei die Hand im Spiele gehabt zu haben -, sodaß Bahlemann und Schwengel bei Herzog Gustav Adolf lebhafte Beschwerde führten, wie ihnen, trotzdem sie als fürstliche Postverwalter "mit gewisser Ordre bestellt wären, von den Postverwaltern zu Hamburg Jörgen Petersen und Hans von Hargen Schwierigkeiten bereitet und der von J.J. F.F. D.D. ausgegebenen Postordre schnurstracks zuwider gehandelt werde." Sie hatten deshalb nach Hamburg berichtet, daß in Meklenburg jetzt Landesposten beständen und daß eine Abrechnung über die Beförderung auf der meklenburgischen Strecke des Danziger Botenkurses nicht mehr erfolgen könne. Letzterer Einwand scheint für Bahlemann und Schwengel seinen besonderen Grund gehabt zu haben, denn sie suchten sich nun auch der Abrechnung aus der Zeit vor 1666 mit Hamburg zu entziehen. Die meklenburgischen Herzöge mischten sich zunächst nicht in die Angelegenheit, um den Hamburgern nichts Schriftliches zukommen zu lassen, aus dem für die Zukunft nachtheilige Ansprüche hergeleitet werden könnten; überdies war Herzog Gustav Adolf auf Bürgermeister und Rath in Hamburg nicht gut
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zu sprechen, weil dieser sich in der Korrespondenz an die Herzöge "allein als Dienstwillige" unterzeichnet und der Herzog dies als " despectirlich und wider alles Herkommen" fand. Die Schweriner Regierung, mit der Herzog Gustav Adolf sich sogar in Benehmen gesetzt hatte, dachte kühler über diesen Punkt, denn sie schrieb, daß sie " in Archivo Nachfrage angestellet und daraus befunden, das sich Burgermeister und Rath ab antiquo sonder qualität alß Dienstwillige und also bloßerdinge Burgemeister und Raht, recentius Dienstwillige, öffters Dienstbereitwillige unterschrieben, von welchem letzten modo B. und Rath zu Hamburg in ihrer subscription nicht sonders different befunden werden, daß wir also bey Unß anstehen müssen, da man gleich einige Erinnerung wegen besser Beobachtung beiderseits J.J. F.F. D.D. respects nacher Hamburg abgehen ließ, ob man damit etwas Fruchtbarliches schaffen oder außrichten werde."
Damit war die Sache abgethan, aber die meklenburgischen Herzöge hielten es doch für geboten, Bürgermeister und Rath zu Hamburg ein für allemal ihren Standpunkt zu der ganzen Angelegenheit darzulegen. Sie ließen im Juli 1667 ein gemeinsames Schreiben nach Hamburg ab, in welchem es hieß:
. . . . "waßgestaldt Ihr um Abstellung Unser in Newlichkeit von Rostock mit Bestellung der Brieffe und ander sonst beigefügten Sachen, nacher Dantzig angelegten Post, dadurch absunderlich Eure bei Euch vorhandenen Botten an ihrer intention behindert würden, ansuchen wollen, worbey Ihr dann zu mehrer Feststellung Eures eingewandten Gesuchs die Verwilligung Unßer Vorfahren, daß auch solches, wan durch Unsere Lande Eure Botten mit Brieffen und anderen Sachen nacher Dantzig gereiset und auch unterweges hieselbsten einige Bedienten angenommen, in effectu pro libero et facili transitu anzusehen und daß Wir sothanen hochgemelter Unser Vorfahren angezeigten vestigiis fürters nachzugehen kein Bedenken tragen wollten, der Länge nach angeführet. Wir mögen Euch darauff in günstgnädiger Antwort nicht bergen, obwohl Unsere Vorfahren die Bestellung einiger Bedienten in Unseren Landen Ewren Dantziger Boten expresse nicht verwehret, daß dennoch solche conniventz Unß zur continuation keineswegs verbinden könne oder möge. Wir hetten auch zwar solchem passu fürters nachgesehen, wenn nicht bey den Dantziger Botten eine sonders große negligentz , wodurch öfters viele Brieffe auch andere kostbare Sachen vielen interessenten zu merk=
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lichem praejuditz verwahrloset und veräußert, mit Unseren hierüber veruhrsachten Mißfallen verspüret worden, daß Wir dahero ohnumbgänglich bewogen, eine solche Anstalt in Unseren Landen zu machen, dadurch Wir und zwar vermittelst angenommener caution von denen zur Post bestellten Persohnen für dergleichen praejuditz und schädlichen Verlust nebenst anderen Interessenten gesichert seyn könnten; da Wir nun solchergestalt vermöge bekannter Reichsabschiede und krafft Unser landesfürstlichen Obrigkeit die Post in unseren Landen bestellet, dasselbe auch zu thun wol befugt, ist daraus ohnschwer abzunehmen, daß Wir executione juris nostri hierunter keinen vnd also weniger Ewren Dantziger Botten einiges Ungleiche zufügen, bey so bewandten Umbständen undt da Wir allbereit gewiße Persohnen zu solchen Postwesen ordiniret , auch Unsere fürstliche reputation hierunter interessiret ist, Wir umb so viel weniger daß angefangene Werk rescindiren oder wieder umbstoßen können."
Bei der Deutlichkeit dieser Worte gaben Bürgermeister und Rath es auf, weitere Versuche zur Zurückgewinnung des verlorenen Terrains zu machen; die Hamburger Boten suchten aber aus der Niederlage zu retten, was zu retten war, und forderten von Bahlemann und Schwengel sofortige Abwicklung der Rechnungen aus der Zeit vor dem Jahre 1667. Bahlemann wußte die Sache aber durch allerlei Ausflüchte bis 1671 hinzuziehen; schließlich behauptete er sogar, daß er als herzoglicher Diener nichts mehr zu leisten habe, "zu geschweigen, daß bei täglicher Abnahme der commercien nach Abzug derer J.J. F.F. G.G. desfalls abstattenden recognitions gelder vom übrigen man kaum die Knechte und Wagen unterhalten kann." Erst auf Dazwischentreten des Herzogs Christian Louis und nachdem aus Hamburg ein besonderer Abgesandter der Kaufmannschaft der Sache in Rostock unter Zuhülfenahme eines Notars mehr Nachdruck gegeben hatte, sah Bahlemann sich veranlaßt, seinen Verbindlichkeiten gegenüber dem Hamburger Botenamt nachzukommen.
Einige Jahre später, als man in Hamburg eine günstigere Zeit gekommen wähnte, wurden die Bemühungen um den Transit durch Meklenburg von Neuem aufgenommen. Damals aber richtete sich die Aufmerksamkeit von Bürgermeister und Rath nach einer anderen Seite. Im Jahre 1680 fragte er Namens der Leipziger Botenschaft bei der Schweriner Regierung an, ob die zwischen Hamburg und Leipzig laufenden Boten das
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meklenburgische Gebiet passiren dürften "auf und von Magdeburg, so lange es allda gesund und ohne contagion 1 ) bleibet"; die Boten sollten sich auch aller Personen- und Sachbeförderung enthalten, "auch bei Annehmung der Leipziger Briefen zu Magdeburg mit Räucherung undt sonsten alle Behörige äußerste Sorgfalt zu gebrauchen . . ., wenn den Boten nur "die freie passage und repassage " gewährt würde, und bitte Bürgermeister und Rath den Boten "den innoxium und oberwähnter Maßen praecautionirten transitum unaufgehalten inskünftig zu gönnen." Der Antrag wurde seitens der meklenburgischen Regierungen indeß kurzer Hand abgelehnt.
Befremdlicher Weise hatte die Schweriner Regierung aber schon wenige Jahre darauf ihren Standpunkt gegenüber den Hamburger Botenposten wesentlich geändert; Herzog Christian Louis war außer Landes, und seinen Räthen mochte die Sache nicht von Wichtigkeit erscheinen - kurz, im Jahre 1682 war der Danziger Bote von Hamburg aus auf meklenburgischem Boden wieder in Thätigkeit. Der Kurs ging über Ratzeburg, Stove auf Wismar, die Post verkehrte als Reitpost zwei Mal wöchentlich und hatte auf dem Gute Röggelin bei Stove eine Umspannstation. Die Genehmigung zur Anlegung der Post war seitens der Hamburger Kaufmannschaft bei dem Schweriner Hofe nicht eingeholt worden; auf Erkundigung der Regierung berichtete der Gutsverwalter zu Röggelin, die Kaufmannschaft habe mit ihm vereinbart, er möge auf ein paar Monate ein Pferd in Fütterung nehmen. Die neue Einrichtung, so habe man sich Hamburgerseits geäußert, würde übrigens nicht lange dauern, da die reitende Post bald in eine fahrende umgewandelt werden und die letztere dann über Gadebusch kursiren sollte. Nun legte sich die Regierung allerdings ins Mittel und verbot den Durchgang der Post durch die Aemter Rehna und Grevesmühlen. Die Hamburger Boten gaben den Versuch aber trotzdem noch nicht auf; die Eigenthümer der Post (der oben schon genannte Hans von Hargen, Schorer und Lührmann in Hamburg) richteten eine Bittschrift nach Schwerin des Inhalts, daß ihnen Bürgermeister und Rath die "Postgerechtigkeit" verliehen habe, weswegen sie für ihren Postkurs um freie Passage durch Meklenburg bäten. Wider Erwarten verfügte die Regierung in Schwerin an die Bittsteller am Juli 1683, . . . "welchergestalt Ihr von Bürgermeister und Rath zu Hamburg mit der
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Postversehung über Wismar belehnet und Ihr Uns umb eine freie passagie für dieselbe durch Unsere Lande und Gebiet in Unterthänigkeit ersuchet. Wir geben Euch darauf zur gnädigsten Antwort, dieweilen das Postwesen an ihm selbsten nützlich, daß Wir Eure unterthänigste Anmeldung wegen berührender Unser Landen zu einen schuldigem respect auf- und annehmen und in Ansehung Eurer bezeigten devotion und was dem gemeinen Besten hierunter zu gute kömbt, Eurem unterthänigsten Suchen mit Verstatung der Durchreise gnädigst Raum und Statt geben, dahingegen Ihr jedoch, wegen solcher erlangter Gnade Unsere fürstlichen Briefe oder sonst an unsere Regierung und Bediente destiniret mit- und zurücknehmen, ohne daß Ihr davon einiges Brief= porto fodern werdet."
Damit war der alte Betrieb der Hamburger Boten auf einem Theil bes meklenburgischen Gebiets unter uneingeschränkter staatlicher Konzession wieder zugelassen. Der Kurs Hamburg - Wismar kam bald wieder in Aufschwung, da er die gesammte Hamburger Korrespondenz nach Pommern u.s.w. zur Beförderung erhielt, wodurch den herzoglichen Posten schwerer Abbruch zugefügt wurde. In vollständiger Verkennung der Verhältnisse hatten die meklenburgischen Posten sogar noch Leistungen zu Gunsten des Hamburger Botenamts auszuführen, denn sie beförderten das Felleisen mit der Hamburg - Pommerschen Korrespondenz zwischen Wismar und Demmin vollkommen frei, und das Botenamt bezog überdies ungetheilt die Portoerträge für die von Hamburg abgehende Korrespondenz.
Daß man in Schwerin einen bedauerlichen Mißgriff mit Ertheilung der Konzession gethan hatte, lag schon nach kurzer Zeit klar zu Tage, aber rückgängig zu machen war dieser Schritt nicht mehr.
Aus dem Jahre 1693 finden sich noch Botenzettel des neuen Hamburg - Danziger Botenkurses vor, die in dem vorgebruckten Theile als Stationen des Kurses Hamburg - Stettin - Danzig die Städte Wismar, Rostock, Demmin und Anklam aufführten, während der Postverkehr zwischen diesen Städten durch meklenburgische Posten vermittelt wurde, ein Beweis, daß das Hamburger Botenwesen den meklenburgischen Theil des Danziger Kurses, trotzdem er in herzogliche Verwaltung übergegangen war, immer noch als ihm gehörig betrachtete und offenbar nur auf die Gelegenheit wartete, die Postfahrt auf dem ganzen Kurse für sich zurückzugewinnen.
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Der Ursprung der schwedischen Postanlagen in Meklenburg läßt sich bis in den dreißigjährigen Krieg zurück verfolgen.
Die Krone Schweden hatte durch ihr bewaffnetes Einschreiten die Vorherrschaft in Niederdeutschland erlangt und auf größere Gebietstheile an der deutschen Ost- und Nordseeküste die Hand gelegt, dahin gehörten Pommern mit Stettin, die Herrschaft Wismar und die Fürstenthümer Bremen und Verden. Durch den westfälischen Frieden wurde Schweden der Besitz dieser Länder bestätigt.
Schon im Jahre 1633 waren die von schwedischen Truppen occupirten Gebietstheile in Niederdeutschland durch besondere Postkurse verbunden, welche Aktennachrichten zufolge sogar dem öffentlichen Verkehr dienten. Die Kriegswirren machten den Anlagen aber bald ein Ende.
Von Leipzig aus beauftragte später im Jahre 1646 der schwedische Generalgouverneur in Deutschland, Linnart Torstensohn, einen gewissen Vollrath Happach aus Riga in Livland, mit Rücksicht "auf den von ihm bishero in Aufrichtung und Beförderung dieses ersprießlichen Werks erwiesenen unverdrossenen Fleiß, das Postwesen und dessen Expedition in Pommern und Meklenburg auch außerhalb dieser Lande in Teutschland und wo etwann der Zeit und Gelegenheit nach die Posten hiezu befordern, welchem zufolge er schuldig seyn soll, solch Werk mit getrewen und bekanten Leudten, wie nichts minder gutten Pferden auf seine eigene Kosten sowol hin als wieder zurück dergestalt zu bestellen, daß die abgehenden und ankommenden Posten wöchentlich ihre gesetzte Tage und Stunden unfehlbar ankommen und unverzüglich wieder abreisen sollen und können; . . . desgleichen soll auch gemelter Vollrath Happach befugt sein, wo er an Ohrten und Stellen Posten, die nicht richtig und zu der Länder Wolfahrt nützlich angelegt sein mögten, befinden mögte, dieselbigen abzuschaffen, zu verrücken und nach seinem Gutachten zu Fuße oder zu Pferde zu bestellen: vor welche seine habende Mühe vnd Vnkosten ihme seine Bestallung in einem absonderlichen Kontrakt sol gemachet und gereichet werden."
Happach war in einem besonderen Schreiben Torstensohns dem Schutze und Wohlwollen aller hohen und niederen Offiziere, der Kommandanten der Orte und Läinder, durch welche die Posten gehen würden, empfohlen mit der Aufforderung, "dem
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Happach und seinen Bedienten bey Tag und Nacht unverzüglich beförderlich zu sein."
Die neue Post, die auf Grund dieser Verordnungen durch Meklenburg geleitet wurde, kursierte zweimal wöchentlich am Mittwoch und Sonnabend von Hamburg nach Danzig und berührte Lübeck, Wismar, Rostock, Demmin, Stettin und Zanow. Die ganze Reise wurde von der reitenden Post in 6 Tagen zurückgelegt. Der Kurs war so geregelt, daß der jede Woche zwei Mal in Hamburg verkehrende Bote von Amsterdam regelmäßigen Anschluß fand. Vor der Einrichtung des Kurses bat Happach Herzog Adolf Friedrich um Zulassung der Post auf meklenburgischem Gebiet im October 1646 in der Hoffnung, daß der Herzog "solch dero fürstlichem Hause, Ritterschaft und semptlichen Vnterthanen auch Benachbarten hoch beförderliches und ersprießliches Werk sich gnädig werden belieben lassen." Er beabsichtigte, von fünf zu fünf Meilen ein Posthaus einzurichten, und bat den Herzog, "da solches zu aller reisenden Persohnen auch commercien Beförderung gereichet," um Ausstellung eines offenen Patents an Beamte und Städte in Meklenburg, um für sich und seine "Postverwanten" alle Beförderung zu erhalten. Das Patent wurde in der erbetenen Form ertheilt und die Post trat ins Leben. Im Jahre 1648 fertigte Bernd Stellmann in Rostock als Stettinscher Postmeister die Post ab. Bei seinem Tode (1660) wurde die Abfertigung der Post an die Postverwalter der Hamburger Botenpost, die nachmaligen fürstlichen Postverwalter Bahlemann und Schwengel übertragen, die auch später noch das Amt mitverwalteten.
Während der siebenziger Jahre, als Schweden mit Dänemark, Brandenburg und Polen im Kriege lag, war der Betrieb der Post ganz unterbrochen; erst aus dem Jahre 1678 finden sich wieder Nachrichten von der neuangelegten Kgl. schwedischen fahrenden Post nach Stralsund und Stettin. Sie kursirte zweimal wöchentich von Hamburg über Grande, Schmielow, Gadebusch, Wismar, Altkarin auf Rostock. Hier trennte sich der Kurs nach Norden auf Stralsund zum Anschluß an den Seekurs Stralsund - Ystadt, nach Südosten über Demmin, Anklam, Ueckermünde auf Stettin.
Bald aber hatte sich das Kriegsglück zum Nachtheil Schwedens gewendet. Der große Kurfürst hatte ganz Pommern in Besitz genommen, sodaß die schwedische Post Ende des Jahres 1678 wieder einging. Aber der Friedensschluß zu St. Germain en Laye entriß Brandenburg alle gewonnenen Vortheile, Pommern wurde
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wieder als schwedischer Besitz anerkannt. Zunächst versuchte die schwedische Regierung nun, ihren alten Postkurs nach Wismar und Hamburg wiedereinzurichten.
Eine Anfrage bei den meklenburgischen Höfen, ob die Post durch deren Gebiet geleitet werden dürfe, fand hier zunächst verschiedene Beurtheilung. Christian Louis sprach sich dem Herzog von Güstrow gegenüber zustimmend aus: "weil das Postwesen als ein gemeinnütziges Werk billig nicht zu hindern, vielmehr aller Orthen zu befördern, so zweifeln wir nicht, E. Lbd. werden mit Unß der Meinung sein, daß dem Suchen zu deferiren sei." Herzog Gustav Adolf, welcher sich zuerst ablehnend ausgesprochen hatte, scheint dem Project nun auch zugestimmt zu haben, denn in den Akten findet sich der Entwurf zu einem gemeinsamen Schreiben der meklenburgischen Höfe nach Stettin, in dessen Eingang hervorgehoben wird, daß, nachdem der liebe Gott den Frieden wiedergebracht habe, die Genehmigung zur Einrichtung der Post ertheilt werde, und der Postillon Tag und Nacht in Rostock einfahren dürfe, sobald er vor der Stadt ein Zeichen gebe.
Von langem Bestand scheint diese neu angelegte Post aber nicht gewesen zu sein, vielleicht mochte sie auch den Ansprüchen des Königs Karl XI. von Schweden, der auf die Vervollkommnung und Ausbreitung des Post- und Verkehrswesens, wie überhaupt auf die innere Organisation seines Reiches große Sorgfalt verwandte, nicht vollkommen genügen; jedenfalls berichten die Akten von der in seinem Auftrage bewirkten Neueinrichtung einer Post zwischen Hamburg, Stralsund und Stettin über Wismar und Rostock. Unter dem 7. März 1684 theilte er dem in Paris weilenden Herzog Christian Louis mit, "welchengestaIt Wir eine newe fahrende Post von Unserem in Hamburg habenden Postkontor ab über Pommern und von dannen weiter zu Wasser mittels denen dazu schon eingerichteten Fahrzeugen anhero nach Unserem Reiche angeleget. Gleichwie nun dieselbe in solchem ihrem Lauf unumgänglich einen Theil E. L. Lande und Städte berühren muß, so sind Wir dannenhero veranlaßet worden, E. L. hierdurch . . . zu ersuchen, . . . die Verordnung ergehen zu lassen, damit solche fahrende Post frey und ungehindert passiren und derselben aller geneigter guter Wille und Beförderung erwiesen werden möge, und zweifeln wir an E. L. guten Willfährigkeit hierunter soviel weniger, als es E. L. Landen und Unterthanen hoffentlich in vielen zuträglich und nützlich sein wirdt, Wir auch alle Gelegenheit ergreifen werden, E. L. Unsere Erkenntlichkeit
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desfalls in der That zu bezeugen." Ein Schreiben gleichen Inhalts ging auch an den Güstrower Hof. Ueberdies theilte Karl XI. seinen Plan auch dem Rath zu Rostock mit.
Mit der Einrichtung der Post waren von Karl XI. die Landrentmeister und Postinspektoren Klinkowström und Hannott in Wismar beauftragt, welche sich in der Angelegenheit gleichfalls nach Schwerin und Güstrow mit der Bitte um Gewährung und Unterstützung wandten und unter Ueberreichung des königlichen Schreibens darauf hinwiesen, daß, nachdem der liebe Gott allem Anschein nach diesen Landen die Ruhe und den edlen Frieden gönnen wolle, der König auf baldige Einrichtung der Post dränge.
Der Gegenstand war für die meklenburgischen Höfe heikler Natur. Im Lande waren in der Zwischenzeit Landesposten eingerichtet worden, welche eine bequeme Verbindung von Rostock nach Hamburg gewährten. Ihre Benutzung war naturgemäß auch für fremde Korrespondenz offen. Aber den Antrag rundweg abzulehnen, wozu Herzog Gustav Adolf rieth, war nach Lage der Zeitverhältnisse inopportun, weil frühere Erfahrungen gelehrt hatten, daß Schweden nie viel Federlesens zu machen gewohnt war. Andererseits hatte Christian Louis in bedauerlicher Inkonsequenz vor Kurzem Hamburger Posten im Lande wieder zugelassen; damit war ein Präcedenzfall lästigster Art geschaffen, so daß die Antwort des Schweriner Hofes nur bejahend ausfallen konnte. Herzog Christian Louis antwortete in der That auf das königliche Schreiben von Paris aus am 19. Januar 1685: "Also wollen auch hierin E. Maj. mit Verstattung Ihrer obbenandter Maßen von Hamburg durch Unsere Lande nach Pommern, ab- und zurückgehende Post hiermit und Kraft dieses gratificir en, auch an Unsere Regierung dienlichen Befehl ergehen lassen." Aber er wollte die Genehmigung auch nicht ohne Weiteres ertheilen; er verfügte deshalb noch an demselben Tage an seine Räthe in Schwerin, daß sie für die Ertheilung der Genehmigung eine "Erklecklichkeit" fordern sollten. Er verlangte Bericht über nähere Einzelheiten der Post und wies die Räthe an, die Genehmigung nur unter Vorbehalt der Rücknahme zu ertheilen und dafür zu sorgen, daß den Landesposten durch die neue schwedische Post kein Präjudiz zugefügt werde. Die Räthe fandten einen Fahrplan der neuen Post - die Post ging ursprünglich über Gadebusch, Wismar, Bukow und Kröpelin auf Rostock - an den Herzog und berichteten das zur Sache Erforderliche, u. A., daß die Post auf schwedische Kosten erhalten werde; im Uebrigen glaubten sie doch hervorheben zu müssen, daß Meklenburg in=
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sonderheit die Stadt Gadebusch den Vortheil habe, "daß die Post daselbsten ableget und der Stadt nicht wenigen Nutzen schaffet. Wir wollen sehen, ob durch diese Post J. F. D. ein absonderlicher Vortel zugekehret werden könne. Inzwischen soll dahin gesehen werden, daß durch diese Post J. F. D. kein Praejudiz zuwachsen möge, in betracht nomine deroselben wir unß vorbehalten, dieselbige gehen zu lassen oder wieder aufzuheben."
In welcher Weise die Schweriner Räthe diese Absicht hatten ausführen wollen, ist aus den Akten nicht ersichtlich, dafür ergiebt sich aber aus ihnen, daß die schwedische Post schon bald darauf in drückendster Weise zum Schaden der meklenburgischen Landesposten betrieben wurde. Dabei geschah seitens der Schweriner Regierung nichts, was einer Wahrung der herzoglichen Interessen gleichzuachten gewesen wäre. Die Post trat auf Grund herzoglicher Genehmigung in Gang, und weder von Herzog Christian Louis noch von der Regierung in Schwerin wurden für den Durchgang der Post weitere Vorbehalte in Stockholm angebracht.
Anders und zwar konsequenter verfuhr Herzog Gustav Adolf von Güstrow, dessen Gebiet die neue Post gleichfalls passiren mußte. Auch mit ihm war wegen Durchführung der Post durch das Herzogthum Güstrow verhandelt worden; die von ihm ertheilte Antwort ist zwar nicht aufbewahrt worden, daß sie aber wenigstens nicht rückhaltlos zustimmend gelautet haben kann, ergiebt sich aus den verschiedenen Verordnungen, welche er bald darauf wegen der Post erließ. An die fürstlichen Postmeister Bahlemann und Völschow in Rostock erging unterm 13. December 1686 die Verfügung: "Bezüglich des praejudicirlichen Vorhabens der schwedischen Regierung bz. des Postwesens lassen wir geschehen und wollen, daß Ihr durch einen von Euch dependirenden Postillon den Postwagen, so zwischen Rostock und Stralsund gehet, soweit unser Gebiet sich erstreckt, fahren und die Persohnen allemahl für dem ordentlichen (d. h. fürstlichen) Posthause ab- und aufsteigen lassen sollet, und habt Ihr wegen des Ohrts, an welchem der Pommersche Postillon den Wagen zu liefern und resp. Ihr ihn anzunehmen habet, zuförderst Euch mit dem schwedischen Postmeister zu vergleichen."
An demselben Tage erging eine Verordnung gleichen Inhalts an Bürgermeister und Rath zu Rostock, dem Postmeister Völschow 1 )
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hülfreiche Hand zu bieten, um alle dabei auftretenden Hindernisse zu beseitigen.
Völschow machte von der erhaltenen Anweisung bald praktischen Gebrauch. Die Post war nämlich in der ersten Zeit nach ihrer Einrichtung auf dem ganzen Kurse als königlich schwedische Post von Postillonen in schwedischer Montirung befördert worden; an dem Postwagen befand sich das schwedische Wappen. Völschow ließ vom Jahre 1686 ab die Post soweit, als sie das Gebiet des Herzogthums Güstrow berührte, zwar als königlich schwedische, aber durch meklenburgische, von seinem Kontor abhängige Postillone in meklenburgischer Montur fahren; das war besonders auf der Strecke von Rostock bis gleich hinter Damgarten der Fall, wo in Behrendshagen die Auswechslung der Posten stattfand. Ob er auch weiter nach Meklenburg hinein die schwedische Post durch meklenburgische Postillone befördern ließ, läßt sich zwar nicht mit Sicherheit angeben, doch sprechen gelegentliche Aktenvermerke davon, daß die Post bis Altkarin gleichfalls von seinen Gespannen und Postillonen gefahren wurde.
Der schwedische Postmeister Vatky in Stralsund suchte zwar die Maßregeln Völschows zu durchkreuzen, fand aber merkwürdiger Weise bei der schwedischen Regierung, die gerade jetzt mit der Regelung der inneren Landesverhältnisse, der Reduction des Grundbesitzes u. s. w. zu thun hatte, für seine Anträge keine aus reichende Unterstützung, sodaß die schwedische Post auf Güstrower Gebiet äußerlich als fürstlich meklenburgische Post gelten konnte, und das genügte dem Hofe in Güstrow, da man das Bestehen der Post bei dem Verhalten der Schweriner Räthe doch nicht hätte hindern können.
Aber auch die Regierung in Schwerin kam bald zu der Einsicht, daß sie bei Ertheilung der Genehmigung zum Durchgang der Post nicht die eigenen Interessen genügend gewahrt hatte. Schon im Jahre 1685 entstanden Differenzen mit der schwedischen Regierung in Wismar. Die alte Poststraße zwischen Rostock und Wismar lief über Neubukow, die schwedische Post wurde aber an Neubukow vorbei über Altkarin geleitet, zum Nachtheil der Zolleinnahmen in Neubukow, die nach der Angabe des Zollverwalters daselbst beträchtlich zurückgegangen waren, seit die Post über Altkarin ging; auch sollte die Nahrung der Städte Neubukow und Kröpelin beeinträchtigt worden sein, obgleich alle Posten an diesen Orten bisher höchstens eine Stunde gehalten hatten. Die Regierung in Schwerin trat mit der schwedischen Regierung deswegen in Schriftwechsel, aber aus Wismar erfolgte die Antwort,
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daß die königlich schwedische Post ihren Weg wählen könne, wo sie am schnellsten ans Ziel komme, " quod vias commodas pro postis quaerere liceat, quo cursus absolvatur citius ," übrigens seien ja auch die Posten frei von Abgaben und Zöllen, auch habe früher die reitende Post immer ihren Weg über Karin genommen.
"Wir haben," hieß es noch in dem Schreiben, "nicht vermuthen können, daß einer hochfürstlichen Regierung das königliche Schreiben (wegen der Post) so zeitig außer Gedächtniß gekommen seyn sollte, das daher vnsere hochgeehrte Herren hätten Anlaß nehmen können, auf die von dem Stadtvoigt zu Newen Bukow eingegebene sottises zu reflectiren ." Das Schreiben schloß dann mit einem energischen Protest wider die Zumuthung des Stadtvoigts in Neubukow und der Warnung, daß man bei Wiederholung Hülfe in Stockholm suchen müsse.
Die Schweriner Regierung ließ sich indeß durch diese Drohungen nicht einschüchtern. Anscheinend hatte sie aus dem energischen Verhalten des Güstrower Hofes eine Lehre gezogen und suchte jetzt, das Versäumte nachzuholen. Sie erhob sofort gegen das Schreiben der Regierung in Wismar Widerspruch und begründete ihre Forderung damit, daß im Römischen Reiche jeder Landesherr für sein Territorium das Postregal ausübe und sie folgerichtig fordern müsse, daß auch seitens fremder Posten ihre Verfügungen respectirt würden. Sie verlangte, daß die schwedische Post auf der alten bekannten Poststraße über Kröpelin und Neubukow fahre, widrigenfalls Gewaltmaßregeln ergriffen werden müßten. Damit noch nicht zufrieden, stellte die Regierung in Schwerin die ausdrückliche Forderung, daß die schwedische Post mit nicht mehr als 2 Pferden bespannt sein, höchstens 2 - 3 Personen befördern, nur die ordinairen Landwege fahren, vor den Zoll- und Posthäusern anhalten und keine zollbaren Güter laden dürfe. (Schreiben d. d. Schwerin 23. April 1686.) Um ihrer Verfügung auch den erforderlichen Nachdruck zu geben, ließ sie die Verordnung von den Kanzeln ablesen und an den Post- und Zollhäusern öffentlich anschlagen, auch die Beamten und Städte in geeigneter Weise instruiren. Ueberdies wurden zur Wahrung der herrschaftlichen Interessen zwei Reiter in Altkarin stationirt.
Für kurze Zeit hatten diese Maßregeln Erfolg. Aber da die Regierung zu Schwerin schon einige Monate später bei der Ueberwachung der schwedischen Post erlahmte, so nahm diese nach wie vor den Weg über Karin. In Schwerin war damit zum zweiten Mal die Gelegenheit verpaßt, um der schwedischen Post auf
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meklenburgischem Gebiet erfolgreich entgegentreten zu können. Die Folgen zeigten sich bald.
Durch königliche Verordnung vom 10. Januar 1699 war das gesammte schwedische Postwesen in Sr. Majestat deutschen Provinzen dem königlichen Kantzlei-Collegium und der königlichen Ober-Postdirektion in Stockholm unterstellt worden. Das Collegium verfügte alsbald, daß die Post von Stralsund nach Hamburg auf dem ganzen Kurse, also auch auf meklenburgischem Gebiet, als königlich schwedische Post eingerichtet und von königlichen Postillonen in schwedischer Montirung gefahren werden sollte. Den meklenburgischen Höfen wurde von diesen Anordnungen keine Mittheilung gemacht, dagegen wurde das von dem fürstlichen Postmeister Völschow in Rostock an dem Umspannorte Behrendshagen aufgestellte Gespann kurzer Hand an Völschow ledig zurückgeschickt. In Rostock traf dafür ein schwedischer Postillon mit einem neuen königlichen Postwagen ein.
Bald darauf fand sich auch bei Völschow ein schwedischer Postsecretair Fischer von Stralsund mit einem amtlichen Schreiben des Inhals ein, daß vom Jahre 1700 ab die schwedische Post in Rostock von schwedischen Beamten u. s. w. expediret und dirigiret werden solle, auch die Post ihren Weg direct von Stralsund auf Rostock nehmen werde, wo sie von der königlichen Post von Wismar aufgenommen werden solle.
Dieser Gewaltmaßregel konnten die meklenburgischen Höfe nur wenig energisch entgegentreten. Doch ließ sich Völschow wenigstens nicht abhalten, zu handeln, wie es ihm Eid und Pflicht befahl. Er nahm zwar die schwedische Post ab, schickte aber den schwedischen Postwagen ledig nach Stralsund zurück und beforderte die Post mit seinem eigenen Postwagen nach Wismar weiter. Zu längerem energischen Widerstand fühlte sich Völschow, wie er den Regierungen in Schwerin und Güstrow mit einem Bericht über das Vorgefallene anzeigte, aber zu schwach, so daß er wohl nicht lange mehr den Uebergriffen der schwedischen Regierung glaubte wehren zu können.
Von Schwerin wurde nunmehr der Kammersecretair Varenius an die Regierung in Wismar abgeordnet, um im Wege der Unterhandlung den Streitfall möglichst in einer für Meklenburg günstigen Weise zu ordnen. In Wismar ließ man sich nur auf Allgeweinheiten ein und behauptete, das königliche Kanzlei-Collegium beabsichtige nur, den Kurs Hamburg - Stralsund - Ystadt als ein einheitlich Ganzes einzurichten, und zwar lediglich zur Beförderung der schwedischen Korrespondenz zwischen Hamburg und Schweden.
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Die Erlaubniß sei von den meklenburgischen Höfen ertheilt worden, und die Post sei immer als schwedische Post gegangen, auch hatten schwedische Bediente - zu ihnen rechnete man schwedischerseits auch Völschow in Rostock - immer die Abfertigung der Post besorgt. Allerdings gab die Regierung in Wismar zu, daß in der Zwischenzeit in der Organisation der Post auf Völschows Betreiben eine Aenderung eingetreten sei insofern, als die Post auf meklenburgischem Gebiet von herzoglichen Postillonen gefahren worden sei, das ändere aber an dem rechtlichen Stande der Sache nichts, denn Völschow habe als königlich schwedischer Postmeister die Post von Rostock bis Damgarten gefahren, sei also gleichsam der Postfahrer des eigentlichen Unternehmers der Post, des Postmeisters Vatky in Stralsund, gewesen, und wenn er im Jahre 1686 die Postillone der Post auch in rothe Livrée (ursprüngliche Uniform der meklenburgischen Postillone) gesteckt habe, so sei dieser Umstand doch unwesentlich. Wenn die schwedische Regierung auch hiergegen nicht eingeschritten sei, so habe Vatky gegen Völschow's Verfahren doch rechtzeitig Protest erhoben. Schließlich gab die Regierung in Wismar deutlich zu verstehen, daß man etwaigen Eingriffen seitens der meklenburgischen Regierungen und der Stadt Rostock in schwedische Rechte nach Erfordern mit Waffengewalt entgegentreten würde.
In Schwerin residirte damals der Herzog Friedrich Wilhelm, in Güstrow leitete seit 1695 die kaiserliche Provisionalregierung die Geschäfte bis zur Erledigung der Thronfolgefrage. Herzog Friedrich Wilhelm hatte gegründete Aussicht auf die Nachfolge in Güstrow. Da ihm somit in absehbarer Zeit der Besitz des ganzen Gebiets, welches von der schwedischen Fahrpost in Meklenburg passirt wurde, zufallen mußte, so lag ihm natürlich sehr daran, daß die mit Schweden schwebenden Poststreitigkeiten günstig für ihn verliefen. Er ließ es deshalb nicht bei den durch Varenius geführten fruchtlosen Unterhandlungen bewenden, sondern focht den Streit weiter aus.
Von der Krone Schweden wurde als Grundlage für ihre Berechtigung zur Anlegung der Fahrpost immer das Schreiben des Herzogs Christian (Louis) (d. d. Paris 1685), in welchem dieser die Einführung der Post zugelassen hatte, allen Einwendungen der meklenburgischen Regierungen entgegengehalten. In Schwerin wollte oder konnte man das Vorhandensein des Schreibens nicht geradezu leugnen, aber man zweifelte die Echtheit desselben an (allerdings wohl mit Unrecht, da das über den Schriftwechsel des Herzogs Christian Louis geführte, noch erhaltene Copierbuch den
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Vermerk enthält, daß das dem Wortlaut nach angegebene Schreiben am 19. Januar 1685 von Paris nach Schweden abgegangen sei), auch trat man mit der Behauptung hervor, daß die von Herzog Christian Louis der Krone Schweden eingeräumte Freiheit nur für ihn und nicht auch für seine Nachfolger rechtsverbindlich sei, es vielmehr jetzt mindestens einer Erneuerung des Antrages um weitere Zulassung der Post bedürfe. Aber alle Einwendungen seitens der Regierung in Schwerin verschlugen nichts, sie hatten nur den Erfolg, daß das schwcdische Kanzlei-Collegium um so zäher an seinem Recht festhielt.
Nachdem inzwischen auch der große nordische Krieg ausgebrochen war, und schwedische Truppen sich im Lande aufhielten, war für Friedrich Wilhelm der Augenblick, seine Rechte der Krone Schweden gegenüber nach Umständen mit Gewalt zur Anerkennung zu bringen, schlecht gewählt. Er sah daher vor der Hand von allen Schritten zur Beseitigung der schwedischen Post ab und wartete für sein Vorhaben eine bessere Zeit ab.
Das schwedische Kanzlei-Collegium benutzte aber die günstigen politischen Verhältnisse, um für die Post weiter Raum zu gewinnen. Vatky wurde beauftragt mit Völschow wegen seiner Bestellung zum königlichen Postmeister und wegen Uebernahme der Fahrpost zu unterhandeln. Völschow wurde daraufhin von Vatky aufgefordert, einen Revers zu unterzeichnen, durch den er sich zur Besorgung der schwedischen Post bereit erklärte. Das Begleitschreiben enthielt die Warnung, bei seiner Weigerung werde eine andere geeignete Person zum Postmeister bestellt werden. Völschow erbat darauf von der Regierung in Schwerin Verhaltungsmaßregeln. Dieser war die Sache aber wegen der Nähe der schwedischen Truppen sehr unwillkommen. Sie sprach sich Völschow gegenüber auch nur sehr gewunden aus, beauftragte aber Bürgermeister und Rath in Rostock, das Vorhaben des Postkommissars Vatky in Stralsund auf alle "glimpfliche" Weise zu hindern und "da er dennoch mit Bestellung eines neuen Postmeisters in Unserer erbunterthänigsten Stadt verfahren sollte, den Bürgern ein solches und die Annahme und Beherbergung solcher Posten bei harter Ahndung zu untersagen. (7. März 1700)"
Die Stadt Rostock konnte wegen der Nähe der schwedischen Truppen nichts für Völschow thun. Allmonatlich lief deshalb von ihm ein KIagebrief nach dem Andern in Schwerin ein mit Berichten über immer neue Uebergriffe der schwedischen Postbedienten. Aber auch die Regierung war ebenso wie Rostock um Maßregeln zur Abhülfe üerlegen. Eine halbwegs befriedigende
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Lösung gelang erst dem Geh. Kammerrath Mumme, dem Pächter der herzoglichen Posten. Er wußte mit den schwedischen Behörden einen Vergleich zu Stande zu bringen, demzufolge der schwedische Postillon das Relais von Behrendshagen nach Rostock zwar fahren durfte, aber mit der Maßgabe, daß er seinen Fuhrvertrag und seine Bezahlung von dem herzoglichen Postmeister zu Rostock nehmen und meklenburgische Livree tragen mußte; überdies sollten die Portoerträge der Strecke Rostock - Behrendshagen dem Rostocker Postkontor zufließen.
Ob für den Durchgang der schwedischen Post an Meklenburg je eine Rekognition gezahlt worden ist, wie Herzog Christian Louis im Sinne hatte, läßt sich nicht mehr feststellen. Es ist sogar, da in den Rentereirechnungen beider Regierungen sich keine derartige Einnahme findet, in höchstem Grade unwahrscheinlich. Varenius giebt zwar gelegentlich an, daß früher sowohl an den Hof in Güstrow wie in Schwerin eine bestimmte Abgabe gezahlt sei, er verwechselt aber anscheinend hiermit die vor Jahren von der alten Hamburger Botenanlage gezahlten Rekognitionen.
Weiter unten wird sich Gelegenheit bieten, die fernere Entwicklung der Beziehungen Meklenburgs zur schwedischen Durchgangspost darzulegen. Dagegen muß hier noch einer anderen schwedischen Post Erwähnung geschehen und zwar der sog. Küchenpost des schwedischen Generalgouverneurs in Deutschland, Grafen Bjelke, von Stettin nach Hamburg, die allerdings nur kurze Zeit bestanden hat, aber auf ihrem Kurse ganz Meklenburg von Osten nach Westen berührte. Sie sollte zur directen Verbindung zwischen Stettin und Hamburg dienen.
Graf Bjelke, welcher Ende der 90er Jahre in der Güstrower Successionsfrage eine für Meklenburg verhängnißvolle Rolle spielte, legte im Jahre 1689 den Regierungen in Schwerin und Güstrow den Plan vor, daß er "zu Sr. Majestät von Schweden und seiner eigenen Commodität und Hauses Behueff eine geschwinde Post von Stettin auf Hamburg anzulegen" beabsichtige. Er erbat gleichzeitig für seine Post- und Küchenkalesche freien Transit durch das meklenburgische Gebiet. Die Post sollte in jeder Richtung einmal wöchentlich kursiren und ihren Weg über Neubrandenburg, Waren, die Station "zum grünen Jäger" bei Krakow, Settin (im Amte Crivitz), Wittenburg und Schwarzenbeck gehen. An jedem dieser Orte hatte er bereits 3 - 4 Pferde mit den nöthigen Knechten als Relais untergebracht, auch wegen der Verpflegung der Knechte und Pferde Abmachungen getroffen.
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Die Schweriner Räthe wandten sich, da der Herzog außer Landes weilte und seine Befehle daher nicht in Kürze einzuholen waren, an den Bürgermeister von Rostock, Liebeherr, der gleichfalls bei der Güstrower Succession eine Rolle spielte und dem man in dieser Angelegenheit ein ersprießliches Urtheil zumuthete, um Rath, ob dem Antrage Bjelke's zu willfahren sei. Liebeherr erwiderte: "Hochgedachte Ihre Excell. haben zwar bei dero Anwesenheit zu Güstrow von dieser anzulegenden neuen Post einige Erwehnung gethan, auch damals von J. F. Durchl. eilfertige Erklärung dazu erhalten. Wie aber nachgehends der Güstrowsche Postverwalter Plate nähere remonstration gethan, das durch dergleichen Veranlassung das gantze Postwesen verrücket werden würde, da haben J. F. D. sich eines anderen bedacht und den Kammerrath Mummen nach Stralsund geschickt, welcher anzeigen müssen, daß aus vielen bewegenden Gründen die Verenderung der Posten nicht thunlich fallen würde." Daraufhin sei schwedischerseits der Plan aufgegeben und nur gebeten worden, ob man nur hin und wieder eine Küchenkalesche nach Hamburg schicken dürfe.
Die Güstrower Regierung genehmigte schließlich den Durchgang der Post; die Räthe in Schwerin verhielten sich dagegen ablehnend. Graf Bjelke setzte indessen seine Bemühungen, die Schweriner Regierung umzustimmen, fort und gab die bündige Erklarung ab, die Post solle nur zur Verbindung mit dem schwedischen Herzogthum Bremen 1 ) dienen, um die Korrespondenz dahin sicher zu stellen; auch sollten mit der Post zu Niemands Schaden nur die außer den Posttagen kommenden Sachen, Briefe und Personen befördert werden, insbesondere "auch ein und andere refraîchissements an Früchten, Gartengewächsen und anderen Dingen"; schließlich wurde den Schweriner Räthen noch versichert, "daß die intention von jedem besorgten praejudicio weit entfernt sei, und die hochfürstliche superioritas territorialis durch diese Anordnung in keinem Wege gekränkt oder beleidiget, noch der geringste Abnutz dem fürstlichen Einkommen oder dero Vnterthanen entzogen, vielmehr dero Nahrung und Vortheil merklich befördert werden soll."
Was man von derartigen Versprechungen Schwedens zu halten hatte, war gerade um diese Zeit bei der schwedischen Post Stralsund - Hamburg zum sichtlichen "Abnutz des fürstlichen Einkommens" und zur "merklichen Schmälerung von Nahrung und
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Vortheil der Unterthanen" klar zu Tage getreten. Die Schweriner Räthe beharrten deswegen auf ihrer ablehnenden Haltung. Sie gaben diese auch erst auf, als Bjelke auf die in den Herzogthümern Holstein und Bremen stehenden schwedischen Truppen hingewiesen und bei weiterer Ablehnung seiner Forderung Repressalien im Herzogthum Schwerin in Aussicht gestellt hatte.
Der Gewalt mußten die Schweriner Räthe im Interesse des Landes weichen, Sie ertheilten also nunmehr die Erlaubniß zur Durchführung der Post, aber nur "unter der Hand und ohne expressen Befehl Sr. Fürstl. Durchlaucht."
Inzwischen hatte sich Graf Bjelke, dem die Verhandlungen mit der Schweriner Regierung zu umständlich und zeitraubend waren, direct an Herzog Christian Louis mit der Bitte gewandt, ihm den Durchgang seiner Post durch das Herzogthum Schwerin zu gestatten; Graf Bjelke ließ dabei einfließen, wie er bei dem Durchmarsche der schwedischen Truppen durch Meklenburg immer auf das zwischen Schweden und Meklenburg bestehende freundschaftliche Verhältniß Rücksicht genommen und seine Truppen stets von gewaltthätigen Uebergriffen abgehalten habe, daß nunmehr aber das gute Veichältniß zwischen beiden Ländern getrübt scheine, da die fürstlichen Räthe in Schwerin ihm den Durchgang seiner Küchenkalesche durch das Schweriner Gebiet verwehrt hätten.
Herzog Christian Louis, welcher die Vereinigung der meklenburgischen Herzogthümer in seiner Hand zu erreichen und für seine Pläne sich des schwedischen Beistandes bei der bevorstehenden Succession in Güstrow zu sichern trachtete, suchte naturgemäß alles zu vermeiden, was das gute Verhältniß zwischen ihm und der Krone Schweden sowie dem mächtigen Generalgouverneur von Pommern, Grafen Bjelke, stören konnte. In zuvorkommender Weise ersuchte er mittels eigenhändigen Schreibens ( de la Haye , 21. April 1690) den Grafen, die ablehnende Haltung seiner Räthe zu entschuldigen. " Je feray en suite tout ce qui se peut vous complaire, peutêtre que mes gens ont appréhendé avec raison de laisser introduire une nouveauté qui pourroit avec le temps donner lieu à des conséquences qui ne sont pas toujours aisé à remédier ."
Gerade jetzt hatten auch die Schweriner Räthe zur Durchführung der Post von sich aus ihre Zustimmung ertheilt Graf Bjelke setzte seine Küchenpost deshalb in Gang. Sie bestand aber nur kurze Zeit; wann sie wieder aufgehoben wurde, hat sich nicht mehr feststelIen lassen.
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Trotz der wiederholten gegentheiligen Versicherungen von schwedischer Seite hat sowohl die Küchenpost Stettin - Hamburg wie die Post Stralsund - Hamburg die herzoglichen Landesposten in außerordentlichem Maße geschädigt. Besonders die Stralsunder Post beschränkte sich nicht auf die bloße Durchführung der Korrespondenz von Pommern nach Hamburg und umgekehrt, sondern sammelte und bestellte auf dem ganzen Kurse durch Meklenburg Briefe, Packete und Gelder, nahm auch Reisende auf und konnte wegen der Nähe der Schwedischen Truppen ungestört ganz wie im eigenen Lande verfahren. Ja, diese Nähe der schwedischen Truppen mußte obendrein noch im Publikum unwillkürlich die Ueberzeugung wecken, daß die schwedische Post bessere Garantie und höhere Sicherheit biete als die Landespost, zumal deren Organisation gegenüber der schwedischen Post offenbar zurückstand. Im Lande, z. B. zu Rostock, und in besonders hervortretender Weise auch in dem Städtchen Gadebusch, floß der schwedischen Post fast der ganze Verkehr nach Hamburg zu, so daß nicht selten die herzoglichen Posten leer fahren mußten.
Es begreift sich daher, wenn bei der meklenburgischen Regierung von Jahr zu Jahr die Erbitterung gegen die schwedische Post stieg und man nur auf die Gelegenheit wartete, sie beseitigen zu können.
Der letzte auswärtige Staat, welcher bereits im 17. Jahrhundert eigene Postanlagen besaß und dieselben über meklenburgisches Gebiet führte, war die benachbarte freie Reichsstadt Lübeck. Sie war in älterer Zeit ein wichtiges Bindeglied in den Botenkursen der Hansestädte gewesen; als dann der Hansebund aufgelöst wurde, behielt Lübeck einen Theil seiner alten Botenverbindungen bei, die sich nach Hamburg und Lüneburg, sowie auf meklenburgischem Gebiet nach Wismar, Schwerin und Boizenburg erstreckten. Nach Schwerin kursirte eine Lübecker Post schon 1676 einmal wöchentlich. S. G. Krüger besorgte als Lübischer Postmeister die Post, die Personen, Briefe und Sachen beförderte. Er erhielt von dem Herzog von Meklenburg-Schwerin jährlich einen Livreerock und Mantel, später nach Abschluß eines Kontrakts 72 Rthlr. jährlich aus der herzoglichen Kasse. Krüger besaß ein herzogliches Privileg zur alleinigen Ausübung der Postfahrt nach Lübeck; um sein Gewerbe hoch zu bringen, hatte er außerdem einen herzoglichen Befehl erwirkt, der einem Fuhrmann, welcher bisher 2 - 3 Mal zwischen Schwerin und Lübeck zum Nachtheil der Post
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gefahren war, die Fahrt nach Lübeck bei 50 Rthlr. Strafe nur alle 14 Tage einmal und zwar an einem bestimmten Wochentage erlaubte. Das Postwesen stand in Lübeck unter der Aufsicht des kaufmännischen Kollegiums der Schonenfahrer, welche im alten Hansebund die angesehenste Korporation der Kaufleute bildeten und von ihren zahlreichen Privilegien das Recht der Postbestellung in die neuere Zeit hinübergerettet hatten. Später unterstanden die Wismarsche und dänische Post dem Schütting in Lübeck, einem Kollegium der vier Aeltesten der Schonenfahrer. Unter dem Schütting verwalteten dann später meklenburgische und dänische Beamte für Rechnung und Kosten ihrer Regierungen die Posten.
Ueber die Zeit der Durchführung Lübecker Posten durch das Meklenburgische nach Wismar spricht eine Bestallung, die am 28. Nov. 1679 von den Schonenfahrern zu Lübeck dem Lübecker Bürger J. Bruhn zur Postfahrt nach Wismar ausgestellt ist. Die Bestallung hebt hervor, daß die königliche Regierung zu Wismar und das Schonenfahrerkollegium schon längst mit Unlust wahrgenommen hätten, wie "die in Hamburg zum Danziger Kurs verordneten Botten eine geraume Zeit hero uns praejudiciren " wollen; man hätte in Lübeck wie in Wismar sich der Hamburger Boten gänzlich entbürdet und beschlossen, einen "eigenen Botten, welcher wöchentlich zu zwei Mahlen die Reise von Lübeck nach Wismar und von dannen wieder zurücke verrichte, zu bestellen. Dabey dann in gute Consideration gezogen die aufrichtige Treue und nützliche Dienste, so der ehrbare J. Bruhn von Jugend auf schon beym Postwesen üerrichtet . . . Er soll seinem Bottendienst getreulich vorstehen und selbigen dem Postwesen üblichen Gebrauch und Nothwendigteit nach verwalten oder wenn er unvermögens daran behindert, die ihm anvertrauten Felleisen in beiden Kontoren richtig einliefern, im Reisen richtige Stunden halten und auf jede Meyle nicht länger alß eine Stunde zubringen, keine Nebenbriefe ohne express en Vorbewußt mitnehmen . . . Damit er seinen Bottendienst mit genugsamen Auskommen verrichten möge, so vermachen Wir ihm zum monatlichen traitement 26 Rthlr. davon Er 16 Rthlr. aus dem Lübschen und 10 Rthlr. aus dem Wismarschen Postkontor empfangen soll . . ."
Der Schweriner Regierung von der Einrichtung der Post Mittheilung zu machen, oder für den Durchgang derselben um Erlaubniß nachzusuchen, hatte man weder in Lübeck noch in Wismar für erforderlich gehalten. Dagegen hatte man für die Berücksichtung der Lübecker und Wismarschen Verhältnisse so gut wie möglich gesorgt.
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So schloß man im Jahre 1683 über den Gang sowie die Taxen der Post zwischen Lübeck und Schweden einen Vertrag, der auf das durch die Post arg geschädigte Fuhrgewerbe in Wismar und Lübeck große Rücksicht nahm. Damals lief auf dem Kurse ein Lübecker und ein Wismarscher Postwagen; jeder Wagen fuhr an einem bestimmten Tage der Woche und Tags darauf zurück, sodaß beide zusammen 2 Hin- und Rückreisen machten; die Wagen durften außerdem noch an anderen Wochentagen fahren, waren dann aber in der Personen-, Waaren- und Briefbeförderung zu Gunsten bes ordinären Postwagens beschränkt. Die Fahrpläne wurden so geregelt, daß die Post sowohl in Lübeck wie in Wismar den Anschluß an die daselbst abgehenden Posten rechtzeitig erzielte. Bemerkenswerth ist noch, daß der Krone Schweden in dem Vertrage das Absenden eigener Boten als ausdrückliches Reservat vorbehalten blieb.
Mit der Schweriner Regierung trat Lübeck erst im Jahre 1701 in Verhandlung, als es sich darum handelte, wegen der Postverbindung zwischen Lübeck und Schwerin neue Einrichtungen zu treffen. Herzog Friedrich Wilhelm vereinbarte bei dieser Gelegenheit mit Bürgermeister und Rath zu Lübeck: ". . . daß die Lübeckschen Posten das fürstlich meklenburgische Territorium ferner berühren mögen und es damit in statu quo verbleiben, also daß dieselben wie bishero ungehindert kommen und gehen mögen."
Nach dieser neuen Konvention von 1701 mußte der Lübecker Postmeister vierteljährlich die Karten nach Schwerin einsenden; als Einkommen bezog er den achten Theil der Portoaufkunft der Post. Dafür hatte er aber die Pflicht, Briefe, Packete und Personen nur dieser Post zuzuführen. Lübeck verzichtete auf die Fahrt in der Station von Schwerin nach Lübeck.
Für die Portoerhebung nach Meklenburg hatte der Lübecker Postmeister die herzogliche Postordnung und Taxe anzuwenden.
Ueber die angegebenen Postrouten sprechen nur wenig Schweriner Akten; über den Kurs von Lübeck nach Boizenburg schweigen sie mit Ausnahme gelegentlicher Andeutungen gänzlich. Man wird nicht fehlgehen, wenn man hieraus auf eine geringe Bedeutung dieser Postrouten in jener Zeit schließt, immerhin aber waren sie bedeutend genug, um in gewissem Grade die landesherrlichen Interessen zu schädigen, denn sie durchquerten den fruchtbarsten Theil Meklenburgs, den Klützer Ort, und hielten den Verkehr dieser Gegend in dem Bann der benachbarten Hansestadt.
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Im Allgemeinen bietet die Entwicklungsgeschichte des Postwesens in Meklenburg bis zum Jahre 1701 wenig befriedigende Züge dar. Neben manchem Licht treten große Schattenseiten in den Vordergrund.
Das bemerkenswertheste Moment in der Entwicklungsgeschichte der meklenburgischen Landesposten vor 1701 bildet die Statuirung des Postregals als Hoheitsrecht der Krone. Die Grundlage für das neue Regal bildeten die Beschlüsse der Kreistage, als Vorbild für die Ausgestaltung desselben dienten die Postanlagen in Brandenburg, vor allem aber die Taxis'schen Posten, welche schon über 100 Jahre bestanden. Wie in Brandenburg, so beanspruchte auch in Meklenburg die Krone das Recht, allein im Lande regelmäßige Beförderungsanlagen - Posten - herstellen und betreiben zu dürfen. Die Durchführung der Postregalsrechte innerhalb des Landes, d. h. gegenüber etwaigen Ansprüchen der Stände oder Städte des Landes gelang auch in Meklenburg ohne Schwierigkeit.
Aber der Werth des neuen Regals war hoch in Meklenburg erheblich beschränkt. Zunächst durch die fremden Posten, die das Land durchschnitten; denn die Landespost mußte ihre Verwaltungsmaßregeln immer im Hinblick auf das Bestehen und die Möglichkeit einer Konkurrenz der fremden Posten treffen, sie war bei der vollen Ausübung ihrer Regalsrechte behindert, in ihrer Entschließung unfrei und, was schwerer ins Gewicht fällt: die meklenburgischen Regierungen waren in rein internen Landesangelegenheiten bis zu einem gewissen Grade vom Auslande abhängig.
Andererseits erfolgte die Ausgestaltung des Regals in Meklenburg nicht nach hinreichend festen Principien, sodaß die Konkurrenz anderer Beförderungsanlagen im Lande - vor allen Dingen des Fuhrgewerbes - nicht erfolgreich niedergehalten werben konnte. Das zeigt sich deutlich an der Entwicklung des Postzwangs.
Herzog Gustav Adolf verbot (16. November 1661) die Beförderung von Personen zwischen Güstrow und Rostock mit anderen Beförderungsmitteln als durch die Post, "es wäre denn, daß der ordinari Postwagen seine volle Ladung hätte," später (2. März 1680), mit besonderer Bezugnahme auf die Kontraventionen des Fuhrgewerbes, die Beförderung von Reisenden auf den Straßen nach Boizenburg und Hamburg, nach Wismar, Rostock, Parchim bei 8 Thlr. Strafe, "es were denn an Markttagen oder daß die ordinairen Posten ihre volle Ladung hätten."
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Herzog Christian Louis wies (11. März 1679) die Beförderung von Personen an Posttagen überhaupt den Posten zu. H. Friedrich Wilhelm verbot (23. Juli 1697) bei 50 Rthlr. Strafe im Allgemeinen die Beförderung von Reisenden durch andere Fuhrgelegenheiten.
Hinsichtlich des Sachtransports waren Vorrechte zu Gunsten der Posten nur vereinzelt und ohne Nachdruck angeordnet worden. Erst H. Friedrich Wilhelm drückte (23. Juli 1697) den Postzwang für Briefe durch. Die Verordnung vom 23. August 1701 bestimmte, daß an Posttagen die Beförderung von Briefen und kleinen Packen allein den Posten zustehen sollte. Hinsichtlich der Personenbeförderung war aber in dieser Verordnung nur bestimmt, daß Reisende zwischen Güstrow und Rostock überhaupt, sonst im Lande an den Posttagen nur von den Posten befördert werden sollten.
So unzureichend der Postzwang präcisirt war, um so mehr nahm das Fuhrgewerbe Anlaß, den bereits seit den sechsziger Jahren gegen das Postregal geführten Kleinkrieg mit aller Erbitterung fortzusetzen. Besonders das zunftmäßig organisirte Fuhramt in Rostock nahm den Kampf mit den herzoglichen Posten sehr energisch auf. Strafen, häufige Pfändungen von Wagen und Gespannen hatten nur vorübergehend Erfolg, und Klagen über die Kontraventionen und die "Unterschleife" des Fuhrgewerbes bildeten bis tief in das 18. Jahrhundert hinein eine ständige Erscheinung in den Akten der Postverwaltung.
Das Postregal in den Händen der meklenburgischen Herzöge hatte daher einen wesentlich geringeren Werth als in dem benachbarten Brandenburg, wo der große Kurfürst schon am Ausgang des 17. Jahrhunderts das Postregal von nachtheiligen Einflüssen fast ganz frei zu machen verstanden hatte.
Im Uebrigen legte die absolute Staatsgewalt auch in Meklenburg den Posten noch mancherlei Vorrechte bei, um sie freier in der Bewegung zu machen. Schlagbäume und Thore mußten den Posten selbst bei Nachtzeit auf das Signal der Postknechte sofort geöffnet werden, bei schlechten Wegen durften die Posten Umwege auch über Aecker nehmen, wenn diesem Vorrecht auch lebhaft widersprochen wurde und Pfändungen der Postwagen aus diesem Anlaß vorkamen. Eine "Arretirung" der Postwagen war strenge untersagt. Die Behörden hatten Anweisung, den Posten allen nur möglichen Schutz angedeihen zu lassen. Die Postmeister, Posthalter u. s. w. genossen vielfach Befreiung von bürgerlichen Lasten, Einquartierung u. dergl.
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Das Briefgeheimniß wurde streng gewahrt; wenigstens findet sich keine Stelle in den Akten, wo über die unbefugte Eröffnung oder Unterdrückung von Briefen Klage geführt worden wäre. Aus diesem Grunde enthalten die Akten auch keine besonderen herzoglichen Verordnungen über die Wahrung des Briefgeheimnisses durch die Postbeamten; vielleicht mochte man aber auch an das Briefgeheimniß selbst nicht unseren heutigen Maßstab anlegen, denn der Brauch, die Briefkarte mit den Namen der Empfänger von Postsenbungen zur öffentlichen Kenntniß auszuhängen, war für die Wahrung des Briefgeheimnisses an sich schon schlecht geeignet.
Die Verwaltung der Posten war gleich Anfangs den herzoglichen Kammern übertragen worden; aber die Herzöge, vor Allem Adolf Friedrich, Gustav Adolf und Friedrich Wilhelm, übten dennoch auf die Verwaltung tiefgreifenden persönlichen Einfluß aus. Wenn sie trotzdem fast gleichzeitig die Posten in beiden Herzogthümern pachtweise an Privatpersonen überließen, so mag diese Maßregel, zumal die Posten mitten in der Entwicklung begriffen waren, wirthschaftlich nicht gerechtfertigt erscheinen, aber die im Ganzen wenig befriedigenden Ergebnisse der Posten führten zu der richtigen Erwägung, daß ein geeigneter Pächter, welcher an der gedeihlichen Entwidlung der Posten pekuniär interessirt war, besser als die mit anderen Geschäften überlasteten Kammern in der Lage wären, in kurzer Zeit die Posten neu zu beleben, die ihnen anhaftenden Mängel zu beseitigen und dem Betriebe für seine fernere Entwickelung eine gesunde Grundlage zu geben. In dieser Erwägung hatte sich H. Gustav Adolf nicht getäuscht, denn der Geh. Kammerrath Mumme, welcher 1694 die Güstrower und bald darauf auch die Schweriner Posten in Pacht übernahm, hat sich außerordentliche Verdienste um die Entwicklung der Landesposten erworben, so daß seine Thätigkeit den Uebergang zu einer neuen Entwicklungsphase der Landespost bildet.
Von Beamten bei der Postverwaltung läßt sich erst am Ende des 17. Jahrhunderts sprechen. Postmeister waren um 1700 schon in den meisten Städten Meklenburgs beschäftigt; die Postmeister an größeren Orten führten die Postgeschäfte als Lebensberuf, an anderen Städten besorgten Privatpersonen, Apotheker, Gastwirthe, Bürgermeister, Amtspersonen u. s. w. den Dienst als Nebenamt gegen eine Jahresbesoldung, welche zwischen 8 bis 50 Rthlr. schwankte. Die Berufs-Postmeister in Schwerin, Güstrow, Rostock, Boizenburg und Hamburg genossen eine gewisse bevorzugte Stellung, ihre Einkünfte waren auch dem größeren Betriebe entsprechend
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höher. Der Postmeister in Lübeck erhielt den achten Theil der Portoaufkunft von den Meklenburg - Lübecker Posten.
Sämmtliche Postoffizianten wurden beeidigt, mußten Kaution bestellen, entweder baar oder durch Bürgschaft, und erhielten eine Bestallung. Für den Beruf vorgebildete Beamte gab es erst seit 1690, als die Häufung der Postgeschäfte die Postmeister zwang, Schreiber und Gehülfen in Dienst zu nehmen. Der erste meklenburgische Postschreiber Zeller wirkte 1691 in Boizenburg; seine Besoldung betrug 60 Rthlr.
Eine Vererbung des Amts in einer Familie bildete durchaus keine Ausnahme; in Rostock haftete das Postmeisteramt so sehr an der Person Bahlemanns, daß Letzterer dasselbe bei seinem Ausscheiden dem Nachfolger als Vermögenstheil gegen eine Altersrente überwies. In Boizenburg kam 1681 ein fürstliches Wohnhaus "nebst dem dabei gelegten Postwesen" zum Verkauf; vom Verkauf ausgeschlossen wurde dagegen die als beneficium auf dem Hause ruhende "freie Wein- und Bierschenke".
Zu den Unterbedienten gehörten Wagenmeister, Briefträger, Litzenbrüder; diese nahmen die Stelle der heutigen Packetbesteller ein.
Die Offizianten waren kanzleisässig, selbst in Rostock unterstanden die Postbeamten der herzoglichen Kanzlei; die Unterbedienten wurden von den Niedergerichten abgeurtheilt.
Die Posthäuser galten als privilegirte Orte; über dem Eingang zum Posthause war ein gemaltes, hölzernes Schild mit dem Wappen und Namen des Herzogs angebracht.
Ueber die finanziellen Ergebnisse der Landesposten bis zum Jahre 1701 liegen nur unzureichende Nachrichten vor. Von wesentlicher Bedeutung konnten dieselben nicht sein mit Rücksicht auf die Konkurrenz der fremden Posten und des Fuhrgewerbes; überdies hatte die politische Lage des Landes von 1650 bis 1700 den wirthschaftlichen Aufschwung sehr gehemmt. Im Herzogthum Schwerin beliefen sich die Ueberschüsse schätzungsweise auf 1000 bis 1500 Rthlr. im Jahre. Bei der neuen Post Schwerin - Hamburg betrug im Jahre 1694/95 die Roheinnahme . . 3124 Rthlr.
(einschl. 1340 Rthlr. für Freibeförderungen zum herzoglichen Hofstaat),
die Ausgabe (Fuhrgehalte u. s. w.) | 2550 Rthlr. |
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der Ueberschuß mithin rund | 575 Rthlr. |
Die übrigen Kurse nach Lübeck, Wismar u. s. w. brachten zusammen ungefähr den gleichen Betrag.
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Während von Koppelow's Pachtperiode flossen außer der von Bahlemann-Rostock für die Demmin - Rostock - Wismarsche Post gezahlten Rekognition von 33 Rthlr. 16 ßl. keine Einnahmen aus den Posten zur herzoglichen Schatulle.
In Güstrow erscheinen die Rekognitionsgelder aus Rostock gleichfalls als Einnahme. Seit etwa 1678 beliefen sich die Ueberschüsse angeblich auf etwa 1000 Rthlr. jährlich bei einer Gesammteinnahme von ungefähr 3000 Rthlr. Unter herzoglicher Verwaltung brachten die Posten im Jahre 1690 rund 500 Rthlr., in den folgenden Jahren 800 Rthlr., 2000 Rthlr. Ueberschüsse, diese sanken 1693 aber wieder unter 1000 Rthlr., was zur Verpachtung der Posten an Mumme gegen eine Jahrespacht von 1000 Rthlr. Anlaß gab.
Geregelte Dienstvorschriften gab Mumme zuerst heraus. Man unterschied Reit-, Fahr- und Botenposten, die meist zweimal wöchentlich kursirten. Den Grenzort Boizenburg berührten 1680 bereits 18 preußische und Reichsposten, ferner Schweriner, Güstrower und Lübecker Posten je zweimal wöchentlich, so daß diese Stadt mit täglich 4 bis 6 Posten weitaus die besten Verbindungen im Lande besaß.
Die Residenz Güstrow hatte 1693 folgende Postverbindungen:
Sonntag: | nach Berlin, und von Hamburg, Wismar, Rostock, Neubrandenburg und Parchim, |
Montag: | nach Rostock, |
Dienstag: | nach Parchim, Neubrandenburg, Hamburg, Rostock, sowie von Rostock, |
Mittwoch: | nach Wismar, Rostock und Berlin, sowie von Berlin und Rostock, |
Donnerstag: | nach Rostock, sowie von Hamburg, Rostock, Neubrandenburg und Parchim, |
Freitag: | nach Parchim, Neubrandenburg, Hamburg, Rostock, sowie von Wismar und Rostock, |
Sonnabend: | nach Wismar und Rostock, sowie von Berlin und Rostock, |
d. h. 6 Mal wöchentlich mit Rostock, 2 Mal mit Wismar, Hamburg, Parchim, Neubrandenburg und Berlin. |
Rostock hatte 1684 an Postverbindungen wöchentlich: 2 Reitposten nach Wismar, 2 Fahrposten nach Demmin, 3 Fahrposten nach Güstrow, 1 Fahrpost nach Schwerin, 2 Reitposten nach Stralsund und eine Botenverbindung mit Parchim.
Die Residenz Schwerin war damals nur klein und hatte für das Land bei Weitem nicht die Bedeutung der heutigen Stadt;
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sie stand mit Lübeck, Rostock und Parchim, später auch mit Güstrow und Hamburg in regelmäßiger Verbindung.
Sämmtliche Posten regelten ihren Kurs nach den für Schwerin und Güstrow erlassenen Kursordnungen, die wieder auf den Postverbindungen Hamburgs in das Reich basirten. Die Kontrole der Posten unterwegs wurde durch Stundenzettel unterhalten; jede Versäumniß über 1/2 Stunde sollte mit 1 Rthlr., ja mit Leibesstrafe geahndet werden. Entschuldigungen wurden nicht angenommen, "es sei denn, daß der Postillon ganz bestimmt nachweisen könne, daß ihm etwas am Wagen beschädigt oder daß er wegen großen Wassers umfahren müssen oder andere unvermuthete Fälle ihn gehindert." Um das Stundenhalten blieb es aber lange Zeit schlecht bestellt, denn die öffentlichen Straßen waren meistens in erbarmenswerther Verfassung.
Die Postknechte (Postillone) trugen rothe Montirung, "die fürstlichen Farben," auf der Brust das herzogliche Wappen, ein silbernes Schild, damit, wie Bahlemann in Rostock naiv meint, "böse Buben und Straßenräuber offenbar sehen können, daß sie Postführer sein und für denselben sicher reisen mügen, dieselben sich auch nicht entschuldigen mügen, daß Sie es nicht gewußt, daß es Postführer seien." Außerdem führten die Postillone das Posthorn.
Als Postwagen waren einfache, offene Leiter- oder Korbwagen in Gebrauch; sie ruhten auf fester Achse. Auf die Leitern wurden Bänke gesetzt als Sitzplätze für Passagiere. Die Postsachen lagen lose im Wagen; Brieffelleisen und Werthgegenstände wurden aber in der kastenähnlichen Lade aufbewahrt, welche auf den Boden des Wagens gestellt wurde. Ein Wagen kostete 7 - 20 Thaler und hatte trotz seiner schweren, ungefügen Bauart eine Gebrauchsdauer von 1, höchstens 2 Jahren, denn die schlechten Wege machten auf jeder Fahrt Reparaturen nöthig. Der Postillon führte daher stets Aushülfsstücke bei sich. Vorne und hinten am Wagen waren leiterähnliche Schoßkellen zum Aufbewahren von Reisegepäck angebracht. (Abbildung auf Seite 94.)
Für die Posten konnten nur starke, gute Pferde gebraucht werden; ein Pferd kostete 25 - 40 Thaler. Jeder Wagen wurde je nach der Beschaffenheit der Wege mit 3 - 5 Pferden bespannt. Der Bestand an Postpferden muß an einzelnen Orten, z. B. in Boizenburg und Güstrow, sehr erheblich gewesen sein; denn dem Postmeister le Plat in Güstrow waren einmal 24 Pferde, einem anderen Posthalter bald darauf 15 Pferde in einem Jahre an Rotz und Wurm eingegangen. Die Postmeister waren durchweg
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gleichzeitig Posthalter; letztere hatten die Posten innerhalb einer Station (Wegstrecke von 6 - 8, später von 3 - 5 Meilen) zu befördern.
Die Aufsicht unterwegs führte der Schirrmeister; ein solcher wurde jeder Fahrpost beigegeben. Er hatte, besonders in Hamburg, nach Kräften durch Ansagen in Krügen und Schenken Passagiere für die Post heranzuziehen.
Der Dienst bei den Postanstalten - Postkontors - war einfach; sie waren an Posttagen den ganzen Tag, sonst nur während einiger Stunden für den Verkehr geöffnet. Eine Stunde nach Eintreffen der Post mußte die Briefkarte, in welcher alle eingelaufenen Sendungen mit dem Namen des Empfängers verzeichnet waren, am Posthause öffentlich ausgehängt werden, sodaß Jeder selbst nachsehen konnte, ob Sendungen für ihn eingegangen waren.
Briefe, welche binnen einer bestimmten Zeit nach Ankunft der Post nicht abgeholt waren, wurden in Rostock und Güstrow durch den Litzenbruder den Empfangern ausgehändigt.
Wie es bei dem Postamt in Rostock bei Ankunft oder Abgang von Posten herzugehen pflegte, davon giebt nachstehender Bericht des Postmeisters Bahlemann an die Herzöge von Schwerin und Güstrow vom Jahre 1667 hinlängliche Kunde:
"Alß bey der mir gn. anvertrauten Postverwaltung nicht geringe Beschwerden sich ereugnen, dahero, daß auff den Posttagen bey abgehenden Posten die Briefe nicht zu rechter Zeit eingebracht, sondern damit mannigmahl biß 11 und 12 Uhr in der Nacht verzogen, großer tumult daneben und Muthwill verübett, frömbde reyßende Leute in ihrer Ruhe verstörett werden, überdehm alsofort, sobald nur die Posten alhier angekommen, und ehe und .bevor die abgehende Posten wieder abgefertigett, sich theilß Leute finden, die Briefe mit unnützen, ja fast ehrenrührigen Worten fodern, und aber die angekommene Briefe nicht ehe, biß die abgehende Posten abgefertigett, außgeantwortett werden können, gestalt solche Posten keinen Vertzug noch Aufhalt leiden,
So gelanget an E.E. D.D. .meine unterth. Bitte, in gn. Erwegung, da demselben nicht gesteuret, die Posten verzögert, auch der Geringste mich mit schimpflichen ehrenrührigen Worten anzufahren und sowol für alß im Posthauße allerhand Muthwillen anzurichten sich unterstehen würde, in patenti forma eine ernste Verordnung, so im Posthause affigirt werden kann, deß Einhalts, daß ein Jeglicher, so Brieffe mit der Post nach Wißmar, Lübeck, Hamburg . haben will, selbige des Sonntags und Mittwochs umb 8 oder höchst umb 9 Uhr, auf Stralsundt, Greyfs=
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wald, Anklam, Stetin, Dantzig Sonntags bis 1 Uhr und Donnerstags umb 4 Uhr Nachmittags praecise einbringen, die angekommenen Briefe aber nicht ehe, bevor die abgehende Posten abgefertigett und die Postcharte affigirett , ohn einiges mein Beschweren und molestiren abfordern, mich weder bey der Eingabe noch Abforderung der Briefe mit schimpflichen und ehrenrührigen Worten anfahren, noch sonst bey Tag und Nacht, für und in den Posthause Widerwillen verüben solle, ergehen zu lassen, und Bürgermeister und Raht alhie, daß sie darüber ernstlich halten, ernstlich zu injungir en."
Daß dem Unwesen kein Einhalt geboten worden war, zeigen spätere Klagen Bahlemanns an die Herzöge.
In den Posthäusern hing die herzogliche Postordnung oder Taxe aus. An Orten, wo keine fremden Posten konkurrirten, blieben die Taxen jahrelang unverändert, an anderen Orten, z. B. Rostock, Boizenburg, Hamburg, machte die herzogliche Taxe alle durch Abänderung der fremden Taxen hervorgerufenen Schwankungen mit, damit die Landesposten nicht durch die fremden Posten hinsichtlich der Gebühren unterboten und so vom Postverkehr ausgeschlossen würden. Andererseits sind auch Fälle bekannt, daß an Orten, wo offenkundige Konkurrenz des Fuhrgewerbes bestand, nicht selten um Postfracht- und Fuhrlohn gefeilscht wurde und niedrigere Gebühren zur Erhebung gelangten, um die Postwagen nicht leer fahren zu lassen.
In Schwerin hatte nach ber Taxe von 1701 eine Person, welcher 40 - 50 Freigepäck bewilligt war, für die Meile 1 ) 8 ßl. zu zahlen; ein Brief (vor 1 entzeln Brieff wird gerechnet so unter und bis 1 Loth, darüber nach proportion ) nach Hamburg 2 ßl. (über Gadebusch - Ratzeburg) und 3 ßl. (über Wittenburg - Boizenburg); Gelder und Juwelen kosteten nach Hamburg für je 100 Rthlr. oder 6 Gold oder Silber 12 ßl., Juwelen nach proportion des obigen Werths; die Taxe nach Rostock war der für Hamburg gleich, die von Parchim 8 ßl. gleich der von Wismar u. s. w. Päckereien (auch Akten) kosteten nach Hamburg 1/2 - 1 4 ßl.; 2 - 6 à 2 ßl.; 6 - 16 à 1 ßl.; darüber à 9 ; 100 Austern in Schalen 12 ßl., ohne Schalen 6 ßl.; 1 Reh 24 ßl., 1 Hase 8 ßl., 1 Schwein je nach der Größe 1, 1 1/2 - 2 Rthlr.; ähnlich waren die Taxen nach Rostock, Wismar u. s. w.
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Nach der Postordnung Herzog Gustav Adolfs von Güstrow vom Jahre 1678 hatte eine Person nach Hamburg zu zahlen 3 Rthlr. 8 ßl. bei 20 Freigepäck; ein Brief ("vom Bogen") von Güstrow bis Hamburg kostete 4 ßl., nach Parchim 1 ßl., "wenn die Briefe größer nach advenant ," ein Schiffspfund Gut bei Sommerszeit nach Hamburg 2 Rthlr. 16 ßl., zu Winterszeit 2 Rthlr. 32 ßl. "Was aber kleine Päckschen, Tönnchen und Kästchen so unter 1/4 Schiffspfund sein, dafür wird nach Pfunden bezahlet und zwar für 1 9 von Hamburg bis Güstrow, was gar kleine Päckschen fein, deßfalls wird gegeben für das 1 ßl., und ist im Uebrigen die Proportion des Weges zu observir en, wenn das mitgegebene nur nach einem gewissen Ort und nicht gantz hingebracht wird."
Für 1 schwer an Gelde 4 ßl., da aber nur biß Parchim, Boizenburg, soll die Proportion des Weges angesehen werden.
Nach der Güstrower Postordnung (vom 20, September 1693) zahlte 1 Person von da nach Hamburg (20 - 30 Freigepäck) 3 Rthlr., sonst 7 ßl. für die Meile, Passagiere von Rostock nach Hamburg sollten dagegen nicht mehr als auf der schwedischen Post zahlen, die wahrscheinlich niedrigere Taxen hatte; 1 Brief vom Bogen kostete nach Hamburg 4 ßl., 1 Schiffspfund von Güstrow nach Hamburg im Sommer 2 Rthlr. 12 ßl., im Winter 2 Rthlr. 24 ßl.; "kleine Päckschen u. s. w. 1 9 , was gar kleine Päckschen sind, fors 1 ßl. und ist im Uebrigen die Proportion des Weges zu observir en; 1 Gold nach Hamburg 4 ßl., wenn es unterwegs bleibt, nach advenant . Mit der Rostocker Post 1 Brief 1 ßl., 1 Person im Sommer 16 ßl., 1 Schiffspfund 20 ßl., 1 Tonne Kniesenack oder Bier 16 ßl."
Auf der Berliner Post 1 Person nach Plau 36 ßl., nach Berlin 3 Rthlr. 36 ßl., 1 Brief nach Berlin 5 ßl.
Bestimmungen über die äußere Beschaffenheit, den Umfang und das Gewicht der zur Post gegebenen Sendungen waren noch nicht erlassen. Infolgedessen war die Ladung eines Postwagens meistens ein buntes Gemisch kaufmännischer Waaren, Frachtsachen, Victualien in Tonnen und .Kisten, wenn der Absender es nicht vorzog, der Bequemlichkeit halber blutendes Wild, Hirsche, Rehe, Schweine ohne jede Verpackung abzusenden. Die Postwagen glichen daher ganz den schwer bepackten Frachtwagen und schlichen schneckenähnlich auf den Landstraßen dahin. Für die Passagiere war unter solchen Umständen der Aufenthalt auf den Postwagen keine Annehmlichkeit. Eine Schweriner Verordnung von 1691
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setzte das Meistgewicht eines voll beladenen Postwagens auf 4 - 5 Tonnen (80 - 100 Centner) fest.
Briefe und sonstige Sendungen konnten frankirt und unfrankirt abgesandt werden. Passagiere konnten die Hälfte des Fahrgeldes vorausbezahlen und sich damit einen Platz sichern.
Die Postkontors rechneten jährlich mit den Kammern, später mit den Pächtern ab, das Rechnungsjahr lief vom 1. Juni bis Ende Mai, aber es dauerte bei einzelnen Postanstalten jahrelang, bis die Rechnung eines Jahres abgewickelt war.
Die Portogebühren wurden meistens nur bis zur Landesgrenze berechnet, nur nach einzelnen Orten des Auslandes konnte die Frankirung ganz erfolgen, z. B. nach Berlin. Für kleinere Orte im Lande bestanden keine besonderen Taxen; die zu erhebenden Portobeträge mußten immer nach der Taxe der nächsten größeren Stadt - Schwerin, Güstrow oder Rostock - reducirt werden. Den Postmeistern war damit natürlich ein weiter Spielraum für die Erhebung der Gebühren gelassen.
Engere Beziehungen zu fremden Verwaltungen hatten sich im Großen und Ganzen erst wenig entwickelt. In größerem Umfange wurde nur mit dem Taxis'schen Postamte zu Hamburg freundschaftlicher Verkehr unterhalten; die meklenburgische Korrespondenz ins Reich wurde daher überwiegend nach Hamburg geleitet.
So einfach die meklenburgischen Postverhältnisse um das Jahr 1700 auch noch waren, so hatte man sich im Publikum doch schon an die Thätigkeit der Posten gewöhnt. Sie begannen auch in einem Ackerbaulande, wie es Meklenburg vorzugsweise ist, wirtschaftliche Bedeutung zu erlangen, unterhielten sie doch alte und knüpften neue Verbindungen für den Absatz der Landesprodukte an.
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Die Güstrower Successionsfrage war durch den zu Hamburg am 8. März 1701 abgeschlossenen Erbvergleich in der Weise geregelt worden, daß Herzog Friedrich Wilhelm von Schwerin das Herzogthum Güstrow, sein Rivale um die Nachfolge, Herzog Adolf Friedrich von Mirow, die Herrschaft Stargard und das Fürstenthum Ratzeburg erhielt. Herzog Friedrich Wilhelm vereinigte demnach in seiner Hand die Herzogthümer Schwerin und Güstrow mit der Stadt Rostock, das Gebiet des heutigen Großherzogthums Meklenburg=Schwerin, Herzog Adolf Friedrich das Gebiet des heutigen Großherzogthums Meklenburg=Strelitz. Hinfort bestanden zwar noch zahlreiche gemeinsame Beziehungen zwischen beiden Herzogthümern, vor allen Dingen hinsichtlich der Verfassung, der Union der Landstände, der landständischen Vertretung u. s. w., im Uebrigen aber ergab sich als unvermeidliche Folge der langjährigen Rivalität beider Prätendenten, daß die beiden Herzogthümer sich fortan fast vollständig fremd gegenüber standen und auf politischem Gebiet nicht selten gegnerische Ziele verfolgten.
Die Posten entwickelten sich sowohl in Meklenburg=Schwerin wie in Meklenburg=Strelitz vollkommen frei und unbeeinflußt von einander. Hierdurch ist die Möglichkeit geboten, ohne auf die strelitzschen Postverhältnisse näher einzugehen, als eine Erklärung der gegenseitigen Beziehungen es erfordert, eine Darstellung der früheren Postverhältnisse in Meklenburg=Schwerin zu geben.
Im Herzogthum Meklenburg=Schwerin bestanden die Verträge wegen Verpachtung der Posten auch unter den neuen Verhältnissen fort. Koppelow verwaltete die Posten im alten Herzogthum Schwerin, Mumme in Güstrow, doch mußte Letzterer die auf dem Gebiet des Herzogthums Strelitz kursirenden Posten (Neubrandenburg - Strelitz, [Güstrow] - Landesgrenze - Neubrandenburg, [Waren] - Landesgrenze - Strelitz u. s. w.) aus seinem Verwaltungsbereich abgeben, da die Strelitzer Herzöge wegen der Posten besondere Vorkehrungen trafen.
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Das erste Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts verlief für Meklenburg trotz des nordischen Krieges verhältnißmäßig ruhig. Handel und Verkehr konnten sich ungestört entwickeln. Aber Herzog Friedrich Wilhelm trug doch Bedenken, die Posten wieder in eigene Verwaltung zu nehmen, da bald nach Abschließung des Hamburger Vergleichs ernste Zwistigkeiten mit dem Strelitzer Hofe über die Auslegung mehrerer Vergleichsbestimmungen und mit den Ständen des Landes wegen Gewährung einer Landescontribution zur Einführung stehender Truppen ausgebrochen waren und seine volle Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen.
Der Herzog erneuerte daher den im Jahre 1701 ablaufenden Pachtvertrag mit Mumme bis auf Weiteres. Koppelow's Vertrag blieb einstweilen unverändert.
Es bestanden mithin, trotzdem die Herzogthümer Schwerin und Güstrow in einer Hand vereinigt waren, dem Namen nach zwei von einander getrennte Postverwaltungen im Lande. Wenn beide Postpächter auch einander stets Hand in Hand arbeiteten und Differenzen zwischen beiden nicht vorkamen, so lag der Gedanke doch nahe, daß die gesammten Posten des Landes unter einheitlicher Leitung sich wesentlich günstiger entwickeln würden, als unter den jetzigen Verhältnissen, wo der eine Pächter mit seinen Maßnahmen vielfach auf den andern Rücksicht zu nehmen hatte, anstatt daß lediglich öffentliche Interessen entscheidend waren. Vermuthlich war Herzog Friedrich Wilhelm selbst von dieser Ueberzeugung getragen, vielleicht hatte Mumme auch diesen Gedanken höheren Orts angeregt - wie dem auch sei -, nach Aktenvermerken begab der Geh. Rath von Koppelow sich im Jahre 1703 "aus unterthänigster Devotion gegen den Herzog" der ihm aus seinem Pachtvertrage zustehenden Rechte. Er schied in diesem Jahre ganz aus der Postverwaltung aus und erhielt als Entschädigung aus den Postpachtgeldern jährlich 500 Thlr. auf Lebenszeit Wir begegnen seinem Namen von jetzt an in den Postakten nicht wieder.
In seine Stelle trat der Geh. Kammerrath Mumme. Am 8. September 1703 wurde mit ihm in Grundlage seines ersten Pachtkontrakts vom Jahre 1694 ein neuer Vertrag abgeschlossen, welcher alle Posten im Herzogthum Meklenburg=Schwerin umfaßte, u. A. auch die bis dahin unter mittelbarer herzoglicher Verwaltung stehenden Posten auf dem ehemaligen Hamburger Botenkurse zwischen Lübeck, Rostock und Demmin. Die für diese Posten von dem Postkontor in Rostock bis dahin gezahlte Rekognition von 66 Rthlr. 32 ßl. (je 33 Rthlr. 16 ßl. an jeden
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der beiden meklenburgischen Höfe) kam vom 1. Januar 1704 ab - dem Beginn von Mumme's neuem Kontrakt - in Fortfall.
Die Dauer des neuen Pachtvertrages wurde vorerst auf 4 Jahre bemessen. Als Jahrespacht sollte Mumme in den beiden ersten Jahren der Pachtperiode je 2500 Rthlr., vom dritten Jahre ab aber 3000 Rthlr. zahlen. Dem Wortlaut nach stimmte der neue Vertrag mit dem alten im Wesentlichen überein; Mumme hatte indeß in den verflossenen Jahren manche Erfahrungen gesammelt, die er bei Redaktion des neuen Vertrages zu seinem Vortheil verwerthete. In erster Linie verlangte er, daß die bisherigen alten Taxen, die zu unbestimmt waren und dem Gutdünken der unteren Postorgane zu weiten Spielraum ließen, einer Neuregelung unterzogen werden sollten; seiner Forderung wurde nachgegeben. Noch im Jahre 1704 wurden für die Kontore in Rostock, Güstrow und Schwerin neue Taxen aufgestellt, die länger als 60 Jahre in amtlicher Geltung blieben. Dafür versprach Mumme, fürstliche Briefe auch fernerhin auf allen meklenburgischen Posten frei zu befördern, bat aber, daß der Herzog seinen Räthen und Dienern das Absenden eigener Briefe unter dem Rubrum fürstlicher Sachen, welcher Gebrauch sich im Laufe der Zeit herausgebildet hatte, strenge untersagte. Da bisher die Freibeförderungen trotz der Beschränkung des Freigewichts auf 20 für herzogliche Sachen Beförderungskosten in Höhe von 1/3 - 1/2 der Portoaufkünfte aller Postkurse erfordert hatten, stellte Mumme die Bedingung, daß "anstatt der 20 , so Ser mus auf den Posten frei haben sollen, umb alle disput en im Abrechnen und Nachwägen zu vermeiden, wöchentlich 80 , es seien solche auf den Posten oder nicht, freigegeben und dafür von Ser mi Rechnung das porto von solchen 80 wöchentlich und zwar à 9 wirklich decourtir et werden, was aber Ser mus über solche 80 wöchentlich auf der Post haben, solches wird à auch mit 9 wie bisher bezahlt und quartaliter von der pension gekürtzet werden." Dagegen sollen Theuerungen an Korn u. s. w. keinen Einfluß auf den Kanon haben, nur "Krieg und Pestilenz, wenn die Postkurse dadurch erheblich gestört würden, in billige consideration gezogen werden."
Die fürstlichen Räthe beantragten vor Abschluß des Vertrages, die Bestimmung desselben, wonach ihnen die Postfreiheit für Briefe in herzoglichen Angelegenheiten nicht mehr in früherem Umfange gewährt werden sollte, nicht in den Vertrag aufzunehmen; sie beruhigten sich aber, als Mumme ihnen mündlich versprach, "daß er von diesen Briefen kein Briefporto zu fordern intendire "
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und die Bestimmung nur deswegen aufgenommen habe, um bei etwaigen Mißbräuchen freie Hand zu behalten.
Auch auf dem jetzt erheblich vergrößerten Arbeitsfeld bethätigte Mumme sein bisheriges Geschick. Schon nach kurzer Zeit waren die Posten in den bisher politisch getrennten Landestheilen zu einem einheitlichen Ganzen verschmolzen. Im Besonderen richtete Mumme seine Bemühungen dahin, der Konkurrenz der fremden Posten im Lande durch Herstellung günstiger Kursverbindungen und Festsetzung gleichmäßiger und billiger Taxen die Spitze zu bieten, sowie den vom Fuhrgewerbe im alten Umfange weiter verübten Nebenfuhren und Kontraventionen Einhalt zu thun. Für diese Bemühungen fand er bei Herzog Friedrich Wilhelm jederzeit ausgiebige Unterstützung. Am Schlusse seiner Pachtperiode war das meklenburgische Postwesen daher wohl geordnet und trat hinsichtlich seiner Leistungen und der Pünktlichkeit des Betriebes hinter gleichartigen Anlagen der Nachbarstaaten wenig zurück. Die Hauptkurse waren zwischen Schwerin, Güstrow, Rostock und Hamburg eingerichtet, nicht minder wichtige Kurse bestanden zwischen Lübeck - Wismar - Rostock - Demmin; Lübeck - Schwerin - Parchim; Lübeck - Wismar; Schwerin - Wismar; Güstrow - Rostock; Güstrow - Parchim - Waren - Plau. Die kleineren Städte waren zum Theil durch Fußbotenposten an das allgemeine Postnetz angeschlossen.
Für dieses vielverzweigte Netz bedurfte Mumme eines gut geschulten, zuverlässigen Personals. Die bis dahin vielfach unbestimmten Dienst- und Besoldungsverhältnisse des Personals wurden fest geregelt; sämmtliche Beamten und Unterbedienten erhielten treffliche Dienstinstructionen, in welchen alles über den Dienst Wissenswerthe kurz zusammengestellt war.
Die Gehälter waren allerdings, vornehmlich an kleineren Orten, wo in der Regel Ortseingesessene den Postdienst versahen, nur gering; aber der Dienst erforderte hier keine große Mühe und nur wenig Zeit, da die Posten nur zwei Mal wöchentlich in jeder Richtung kursirten. Anders war es aber an größeren Orten, wo die Dienstgeschäfte in den Händen von Berufsbeamten ruhten. Le Plat in Hamburg, dessen Thätigkeit schwer zu kontroliren war, der aber wegen seines vielfachen Verkehrs mit den fremden Postanstalten an seinem Amtsorte eine wichtige Vertrauensstetlung inne hatte, bezog unter Mumme schon "Alles in Allem" 700 = etwa 300 Thlr. jährlich; vorher hatte er nur 100 Thlr. erhalten. Völschow in Rostock, der bisher auf dem Kurse Wismar - Rostock - Demmin immer noch einigermaßen selbständig
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gewirthschaftet hatte, infolgedessen in Rostock ziemlich verfahrene Verhältnisse herrschten, mußte nun über den Kurs Rechnung ablegen; er behielt zwar auch unter Mumme die Kurse von Rostock nach Demmin und nach Damgarten in eigener Verwaltung, mußte hierfür aber an Mumme eine Rekognition von 400 Thlr. jährlich zahlen, 1 ) während früher vom ganzen Kurse von Wismar nach Demmin nur 66 2/3 Thlr. Rekognitionsgelder zur herzoglichen Kasse flossen -- ein Beweis, wie einträglich die Posten schon geworden waren. Die Postmeister in Schwerin, Güstrow und Boizenburg erhielten durchschnittlich Gehälter in Höhe von 300 Rthlr.
Eine genaue Kenntniß der finanziellen Ergebnisse der Postverwaltung würde den besten Maßstab für Mumme's Thätigkeit bieten können, leider sind aber aus der Zeit vor dem Jahre 1708 Nachrichten über die Einnahmen und Ausgaben der Postverwaltung nur in unzureichendem Maße erhalten geblieben. Mumme selbst gab gelegentlich die Ausgaben am Schlusse seiner Pachtperiode auf rund 11100 Thlr, an, sodaß bei Hinzurechnung seiner Jahrespacht und eines in derselben Höhe sicher erzielten Gewinnes die Gesammteinnahme der Postverwaltung mit 17000 Thlr., die Ueberschüsse mit 6000 Thlr. sicher nicht zu hoch veranschlagt sein dürften. Solche Zahlen reden eine deutliche Sprache. Mumme erzielte bereits eine Verzinsung seiner Ausgaben mit über 50 %; 150 Jahre später betrugen die Ueberschüsse nur 20 - 25 % der Ausgaben, und dieses Ergebniß galt schon als recht beträchtlich. Man sieht, Mumme verstand es, sein Pachtobject nach Kräften auszubeuten; aber über seinem Streben nach persönlichem Gewinn ließ er nie die wirthschaftliche Bedeutung der Posten für die Allgemeinheit aus den Augen, denn die Ueberschüsse hatte er lediglich seiner eigenen Thätigkeit zu danken, die dahin zielte, das Postkursnetz immer mehr zu erweitern und vor Allem Ordnung und Pünktlichkeit in den Betrieb zu bringen. Thatsächlich findet sich in den Akten keine Andeutung, die auf eine Uebertheuerung des Publikums, oder auf Unordnung und Mangelhaftigkeit des Betriebes hätte schließen lassen; wohl aber enthalten die Akten manche warme Anerkennung für die Thätigkeit Mumme's.
Die günstigen Erfolge des Geh. Kammerraths Mumme konnten nicht lange verborgen bleiben. Herzog Friedrich Wilhelm hatte im Jahre 1708 erreicht, was für ihn jedenfalls auch Anlaß
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gewesen war, die Posten eine Zeitlang in Privathände zu geben: ein wohlgeordnetes Postwesen. Er ließ daher den am 1. Januar 1708 ablaufenden Vertrag nicht wieder erneuern, sondern nahm die Posten in eigene Verwaltung zurück. Die Leitung wurde der herzoglichen Kammer übertragen. Innerhalb derselben übte Mumme auch fernerhin die unmittelbare Aufsicht über die Posten aus, sodaß eine Aenderung in den Verwaltungsgrundsätzen zunächst nicht eintrat. Angeblich hatte H. Friedrich Wilhelm sogar dem Geh. Kammerrath Mumme versprochen, in Postsachen nur von seiner Seite Rath anzunehmen.
Auf besonderen Wunsch des Herzogs mußte Mumme unmittelbar nach Ablauf seines Postvertrages der Regierung eine Denkschrift einreichen, die alle wesentlichen Punkte umfassen sollte, welche bei der künftigen Berechnung der Posten (d.h. bei der Verwaltung für unmittelbare herzogliche Rechnung) zu beobachten sein würden. Er übergab sein eingehend begründetes Memorial am 13. Februar 1708. Es enthielt treffliche Leitpunkte für die Verwaltung der Posten und bildete gleichsam das Resumee der Erfahrungen, die Mumme während seiner langen Thätigkeit gesammelt hatte.
Zunächst legte er dar, daß zum Gedeihen des Postwesens das pünktliche Ineinandergreifen der Haupt- und Anschlußkurse, das Stundenhalten der Postillone und die Festsetzung ausreichender Stilllager in den größeren Orten unumgänglich erforderlich sei, damit besonders der Handelsstand in der Lage sei, Briefe mit wendender Post beantworten zu können; darauf sei besonders in Rostock bei der überwiegenden Konkurrenz der schwedischen Post hinzustreben. Die den Postmeistern stillschweigend zugestandene Portofreiheit werde häufig mißbraucht, die Postmeister müßten daher eidlich verpflichtet werden, nur Sachen in eigenen Angelegenheiten durch die Post zu versenden. Weitere Darlegungen berührten die Gehalts- und Dienstverhältnisse des Personals, die Beziehungen zum Publikum und dergl. rnehr. Bemerkenswerth ist endlich noch eine Anregung Mumme's, die mit den Anschauungen der Zeit kaum übereinstimmte, die aber auf seinen Charakter ein günstiges Licht wirft. Er hatte während seiner Amtsführung Arme oder unvermögende Personen in der Regel auf den Posten frei oder gegen ermäßigte Gebühren befördern lassen und sich dieser Personen wegen sogar mit den benachbarten Postverwaltungen in Verbindung gesetzt, welche sich bereit erklärt hatten, die mit Freifahrtscheinen reisenden armen Leute auf allen Kursen ihrer Verwaltung befördern zu lassen. Mumme legte der Regierung nahe, die von
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ihm abgeschlossenen Vereinbarungen aufrecht zu erhalten und eine ähnliche Verabredung jetzt auch noch mit der preußischen Postverwaltung zu treffen.
Im Besonderen empfahl Mumme schließlich der Regierung, die ohne Unterlaß andauernden Unterschleife und Nebenfuhren des Fuhrgewerbes durch Erlaß ausreichender Bestimmungen energisch zu unterdrücken.
Die Regierung unterzog das Memorial einer eingehenden Würdigung. Im Interesse einer gesunden Entwickelung der Landespost muß man aber bedauern, daß die Absichten Mumme's bei einzelnen einflußreichen Mitgliedern der Regierung völlig verkannt wurden. Besonders der Landrentmeister von Löw, welcher für das Wesen der Posten augenscheinlich gar kein Verständniß besaß, kritisirte seine sämmtlichen Vorschläge in absprechender Weise und zwang Mumme zu scharfer Erwiderung. Der Streit zog sich mehrere Monate lang hin. Mumme fühlte aber seinen Einfluß am Schweriner Hofe schwinden. Beim Herzog fand er kein rechtes Verständniß mehr für seine Pläne, und da seine Gegner im Postwesen überwiegenden Einfluß gewannen, so wurde er noch im Jahre 1709 seiner fruchtlosen Bemühungen müde.
Ob ihm das Votum in Postangelegenheiten daraufhin entzogen worden ist, geht aus den Akten nicht klar hervor. Er äußerte sich im Juni 1709 aber gelegentlich dem Hofpostmeister Hahn in Schwerin gegenüber, daß er nichts mehr mit Postsachen zu thun habe. Hahn erbat sich nunmehr direkt vom Herzoge Verhaltungsmaßregeln, worauf an die Kammer am 18. Juni die Verordnung erging: "Weilen der Geh. Kammerrath Mumme der Direction in den Postsachen freiwillig sich begeben, als wird der Kammer die Direction des Postwesens hinwieder gnädigst committiret und aufgetragen, jedoch daß, wenn was Haubtsächliches darinnen vorkömbt, mit der fürstlichen Regierung Rücksprache gehalten werde."
Es gewinnt den Anschein, als ob lediglich auf diesen Ausgang die Gegner Mumme's hingearbeitet hätten; seine Pläne traten doch noch ins Leben. Er hatte noch die Genugthuung, daß die wichtigsten seiner Vorschläge zur Ausführung gelangten. 1 )
Zunächst erging am 25. Juli 1710 das herzogliche Edict "wegen Abstellung der zum Schaden und Nachtheil des Postwesens
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eingeschlichenen Nebenfuhren." In demselben wurde betont, wie das Postwesen jetzt mit nicht geringen Kosten dergestalt verbessert worden sei, daß Reisende und Fremde dabei nicht nur ihre Rechnung fänden, sondern auch die auf den Posten versandten Pretiosen und Päckereien mit genügender Sicherheit, schleuniger und richtiger Beförderung an ihren Bestimmungsort geleitet würden. "Wiewohl nun bei solchen Umständen Wir uns die Hoffnung gemacht, es würden sowohl auswärtige Passagierer als Bürger und Krahmer solches zu ihrer Bequemlichkeit eingerichtete Werk und dessen Aufnahme noch mehr zu befördern suchen, so müssen Wir doch mit besonderem Mißvergnügen erfahren, wie im Gegentheil diesem so nützlichen Werk entgegengearbeitet und Alles, was zu dessen Nachtheil und Ruin gereichen kann, mit großem Fleiß manchesmal practisiret worden. Wie dann ein solches durch die häufig eingeschlichene Nebenabfuhren sowohl der Passagiere selbst als allerhand postmäßiger Waaren von den Orten, wo Unsere Postkontors befindlich, biß diese Stunde ohnerachtet aller vorhin diesfalls emanirter Edicte und hart verpönten Befehligen höchst strafbar ist continuiret und dadurch verursachet worden, daß Unsere von hier nach Hamburg, Lübeck, Wismar, Rostock, Güstrow, Parchim, Grabow abgehenden und anhero wieder zurückgehenden Posten ledig von Persohnen und von Packereyen unbeladen fahren müssen, dahingegen Krämer und Fuhrleute Personen und postmäßige Sachen, auch sogar Briefe gar häufig an sich gezogen und damit ungescheuet im Lande hin und her gefahren, als ob die Posten pro forma eingerichtet, und denselben Eingriffe und Abbruch zu thun, ein freies Handwerk wäre." Alle bisher zur Abstellung der Nebenfuhren erlassenen Verordnungen werden ausdrücklich erneuert. "Absonderlich befehlen Wir denen Krämern und Fuhrleuten . . ., daß wann in Unseren Landen sie ihrer Angelegenheiten halber oder mit frachtbaren und nicht postmäßigen Waaren hin- und herfahren und von solchen Ohrten, wo Unsere wohleingerichtete Postkontors vorhanden sind oder doch Unsere Posten wöchentlich zwei auch mehrmalen durchpassiren, abreisen, sie passagierer, es seien Frembde oder Einheimische, mitzunehmen und kleine Packereyen, so postmäßig sind, wie auch Briefe an sich zu ziehen und von den Posten abwendig zu machen, à dato publicationis dieser Unserer Verordnung an gäntzlich unterlassen sollen bey 10 Rthlr. toties, quoties sie hingegen gehandelt zu haben befunden werden, unablässig zu erlegender Geldbuße auch nach Befinden und da einer mehrmalen hierüber betroffen würde, bey härterer
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und willkürlicher Leibesstrafe." Demnächst wurde bestimmt, daß Reisende, welche nicht bis zum Posttag mit der Reise warten oder bei besetzter Post nicht reisen konnten, sich einer Nebenfuhre bedienen durften; um aber allen Unterschleifen, die durch diese Verfügung entstehen konnten, auch den scheinbaren Vorwand der Gesetzlichkeit zu nehmen, sollten die Fuhrleute eines Orts, welche an derartigen Nebenfuhren - d. h. Extrapostfahrten - theilhaben wollten, zu einer Vereinigung - der Fuhrrolle - verbunden werden mit der Wirkung, daß außer ihnen kein anderer Fuhrmann Extrapostfuhren auszuführen berechtigt sein sollte. Erst diese Verordnung normirte den Postzwang im Herzogthum Schwerin in ausreichender Weise; der Begriff "postmäßige Sachen" ließ zwar noch verschiedenartige Deutung zu, aber die Beförderung von Personen und Briefen war nunmehr ohne Einschränkung - nicht bloß wie bisher an Posttagen - Privileg der herzoglichen Posten. Alle Behörden, Postbedienten, Amtspersonen u. s. w. waren angewiesen, Unterschleifen streng nachzuforschen. Kontraventionen wurden zuerst mit 10 Thlr., im zweiten Falle mit 20 Thlr., weiterhin mit Konfiskation von Pferden und Wagen bestraft. Denunzianten, welche den Schuldigen seines "Verbrechens" überführten, erhielten als Belohnung den vierten Theil der Strafe.
Unter dem 1. August 1710 erschien dann als Erläuterung zu dieser Verordnung das "Fuhrreglement vor die in Sr. Hoch-Fürstl. Durchl. zu Meklenburg Landen angeordnete Extraposten, denen Passagierern und Commercia hin und wieder im Lande zu treiben Ab- und Zureisenden auch Courierern, Estaffetten zum besten." Fuhrämter sollten hiernach auf den wichtigeren Poststraßen eingerichtet werden, und zwar auf der Hamburger Straße zu Hagenow und Boizenburg, auf der Straße nach Lübeck zu Gadebusch, auf der Rostocker Straße zu Sternberg und Bützow, auf der Güstrower Straße zu Sternberg, auf der Berliner Straße zu Grabow und Dömitz u. s. f. Die Namen der zu diesem Postdienst bereiten Fuhrleute wurden in eine Rolle eingetragen, und die einzelnen Fuhrleute wurden der Reihe nach zur Beförderung der beim Postkontor sich meldenden Passagiere angesagt. Die Aufsicht über die Ordnung der neuen "Reisefuhrämter" führten die Postmeister. Jeder Fuhramtsgenosse sollte mindestens 4 gute Pferde, eine Postkalesche und einen größeren Wagen (für 5 Personen), sowie gutes Wagenzeug besitzen, damit die Passagiere nicht über schlechte Bedienung klagen konnten. Bei Extrapostfahrten sollte die Meile im Winter in 1 1/2, im Sommer in 1 1/4 Stunde
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Stunde zurückgelegt werden. Damit übrigens das Fuhrgewerbe nicht Anlaß haben sollte, über die Bestimmungen des Reglements zu klagen, wurde den Postmeistern untersagt, große Frachten und schwere Kaufmannswaaren durch die ordinären und Extraposten befördern zu lassen. Tagesfahrten, die von einem Orte ausgingen und dahin zurückführten, wurden von den Bestimmungen nicht berührt.
Uebrigens wurde auch durch diese Verordnung noch ausdrücklich bestimmt, daß die Fuhramtsgenossen, "umb allen Unterschleiff zu verhüten, sowohl als die Passagierer von diesem Ohrt alles Collectirens der Briefe und Ansichziehung dergleichen kleiner Packereien, so per naturam auf die Posten gehören, bey harter willkürlicher Strafe gänzlich enthalten."
Für eine Extrapost mit 2 Pferden waren 28 ßl. für 1 Meile, mit 3 Pferden 14 ßl. dazu, mit mehr Pferden 1 Rthlr., außerdem von jeder Person eine Gebühr von 4 ßl. (zur Pferdekasse) zu entrichten; der Wagenmeister erhielt für seine Bemühungen (Ansagen, Bestellung der Gespanne u. s. w.) von jedem Reisenden noch 2 ßl. Kurierpferde kosteten 1 Rthlr. für 1 Meile und mußten die Meile in einer Stunde zurücklegen.
Das erste Fuhramt im Lande entstand noch in demselben Jahre in Boizenburg, wo schon vor einigen Jahren vom Herzoge ein Fuhramt - allerdings auf anderer Grundlage - zur Beförderung der Nebenpostwagen eingerichtet worden war, das aber kaum länger als ein Jahr bestanden hatte. Die Errichtung von Fuhrämtern an anderen Orten des Landes ging langsamer vor sich.
Im Allgemeinen waren die Verordnungen von günstiger Wirkung, zumal in den nächsten Jahren seitens der herzoglichen Behörden über ihre strenge Befolgung mit anerkennenswerthem Eifer gewacht wurde. Nach Ausweis der Rentereirechnungen stieg der Ueberschuß der Postverwaltung von 2222 Rthlr. im Jahre 1710/11 auf 6514 Rthlr. (einschließlich der Freibeförderungen von fürstlichen Sachen) im Jahre 1711/12, immerhin ein recht günstiger Erfolg.
Auch den sonstigen Vorschlägen Mumme's schenkte die Regierung Beachtung. Im Rechnungsjahre 1711/12 hatten die Freibeförderungen für den Herzog und die Regierung noch 2121 Rthlr. Portokosten erfordert, ein Betrag, der zu den Gesammtausgaben von etwa 10000 Thlr. in keinem Verhältniß stand und vermuthen ließ, daß unter herzoglichen Sachen auch mißbräuchlich viele Privatsachen mit unterliefen. Trotz eindringlicher Vorstellungen einflußreicher Personen des Hofes,
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der Regierung und der Aemter im Lande erließ Herzog Friedrich Wilhelm am 4. Mai 1712 die Verordnung, daß künftig im Lande keine Briefe an die Regierung unfrankirt angenommen, den Akten keine Privatbriefe beigelegt und sonst alle Sachen an die Regierung unter der persönlichen Adresse des Herzogs mit dem Vermerk "in fürstlichen Regierungs-, Kammer- und Kanzleigeschäften" zur Absendung gelangen sollten; Zuwiderhandelnden wurde für jeden Brief eine Strafe von 2 Rthlr. angedroht.
Durch eine andere Verordnung wurden die Hauptpostämter in Schwerin, Rostock, Güstrow, welche über die kleineren Postanstalten in gewissem Umfange bezirksweise die Aufsicht zu führen hatten, angewiesen (2. Mai 1712), eingehend die Rechnungs- und Besoldungsverhältnisse ihrer Bezirke zu prüfen. Die Berichte sämmtlicher Postanstalten liegen noch vor. Sie enthalten aber nur Klagen über Klagen, welche an sich betrachtet das meklenburgische Postwesen in bedauerlichem Zustande erscheinen lassen. Das mag auf den ersten Blick befremdlich erscheinen, denn erst vier Jahre vorher hatte Mumme die Posten in bester Ordnung aus den Händen gegeben. Aber seit 1711 war Meklenburg wieder der Schauplatz kriegerischer Ereignisse, und die zahlreich aufbewahrten, beweglichen Berichte der Postanstalten an die Kammer gaben ein betrübendes Bild der inneren .Zustände des Landes.
Als nämlich König Karl XII. von Schweden in der Schlacht bei Pultawa (1709) geschlagen war und in der Türkei eine Zuflucht gefunden hatte, ergriffen Dänemark, Rußland, Preußen und Sachsen von den schwedischen Besitzungen an der Ostseeküste Besitz. Im Jahre 1711 standen die Truppen der vier Staaten in Meklenburg und schalteten und walteten hier wie in einer schwedischen Provinz; Ende des Jahres 1712 wurden die Verbündeten von den Schweden bei Gadebusch aufs Haupt geschlagen. Jetzt verließen die streitenden Parteien zwar Meklenburg, aber das Land hatte unter den kriegerischen Wirren schwer gelitten. Um das Elend voll zu machen, brach noch im Jahre 1712 eine verheerende Viehseuche im Lande aus, die den Wohlstand Meklenburgs außerordentlich schädigte.
Unter solchen Verhältnissen war es um die Posten schlecht bestellt gewesen. Davon giebt Kunde die Verordnung, welche Herzog Friedrich Wilhelm am 20. November 1711 "wider die Post-Sicherheitsstörer" an sämmtliche fürstliche Beamte, Städte und die Ritterschaft erließ. In derselben heißt es, "Wasgestalt bei Uns sehr beschwerliche Klagen eingelauffen, daß in Unseren
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Landen bei jetzigen sehr kümmerlichen und beschwerlichen Zeiten der freie Kurs Unserer Posten vielfältig behindert, dieselbe auch gar beraubet und sowohl den Postillonen als auch den Passagieren, Boten und anderen Reisenden das Ihrige gewaltsam abgenommen, dieselben spoliiret, auch sonst allerhand unleidliche Beschweren und Thätlichkeiten von einigen streitenden Parteien, auch wohl andern zusammen rottirten und der jetzigen Troubeln sich bedienenden bösen Gesindels, mit stehlen, rauben, parthieren, betrügen und dergl. ausgeübet werden. - Wir können aber solch unziemliches und wider die allgemeine Reichssatzungen, den Landfrieden und alle heilsame Rechte und Gesetze laufendes hochstrafbares Beginnen als eine von Gott verordnete, christliche Obrigkeit keineswegs, insonderheit zum merklichen Nachtheil Unsers hohen Postregals dulden;" deshalb wurde allen Unterthanen bei Leibes- und Lebensstrafe befohlen, auf die Sicherheit der Posten zu wachen; in Dörfern sollten bei Postberaubungen die Glocken geläutet und alle Leute zusammengerufen werden, um vereint die Räuber zu bewältigen. Wesentlichen Erfolg konnte sich Herzog Friedrich Wilhelm von dieser Verordnung kaum versprechen, denn er besaß nicht die Macht, den fremden Truppen wirksam gegenüber zu treten. Um aber die Posten und das Publikum nach Möglichkeit vor Verlusten zu sichern, verordnete er noch am Ende des Jahres 1711, daß auf den Posten keine Personen, Sachen und Briefe der kriegführenden Parteien befördert, und Pretiosen und Gelder nur auf Gefahr des Absenders angenommen werden sollten, ein Mittel, welches nur in Zeiten höchster Gefahr angewendet werden konnte, da es das Vertrauen zu den Posten untergraben mußte.
Nach längeren Verhandlungen erwirkte er auch noch von dem kommandirenden schwedischen General Grafen Steenbock im Jahre 1712 einen Schutzbrief, in welchem Offiziere und Mannschaften der schwedischen Armee bei Leibes- und selbst Lebensstrafe befehligt wurden, die meklenburgischen Posten ungehindert passiren zu lassen und vor Vergewaltigungen zu schützen.
Die Ordnung im Postwesen war aber und blieb gestört; die Ueberschüsse sanken schon im Jahre 1712/13 auf 2364 Rthlr. und 1713/14 weiter auf 1894 Rthlr. Von dem Postkontor zu Rostock gingen .in diesem Jahre des Krieges wegen überhaupt keine Gelder ein. Die Rostocker Gegend hatte nämlich unter den Kriegsdrangsalen besonders schwer zu leiden gehabt. Vieles trug zum Niedergang der Posten auch der 1712 erfolgende Ausbruch der Pest in Hamburg bei, weshalb im Jahre 1713 der sonst so
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rege Postverkehr zwischen Hamburg und Meklenburg nur durch vereinzelte Reitposten vermittelt werden konnte.
Die Verwaltung des Postwesens war unter solchen Umständen für die Kammer mit manchen Verdrießlichkeiten verbunden; zudem wollten die Verluste auf den Posten kein Ende nehmen, Stockungen im Betriebe unterbrachen in lästigster Weise den Verkehr nach auswärts, und wenn das Publikum einmal keine Klagen erhob, dann kamen diese sicher aus den Reihen der Posthalter und Postfahrer, die über Kürzung ihrer Einkünfte Beschwerde führten, da z. B. auf der Straße nach Hamburg wegen der unterbrochenen Posttransporte alle Fuhrkontrakte gelöst worden waren. Lange Zeit hatte sich die Kammer mit der Bearbeitung dieser Beschwerden zu befassen, da die Postfahrer sich allen Beschwichtigungsversuchen gegenüber um so unzugänglicher erzeigten, als die Posthalter auf den brandenburgischen Kursen nach Hamburg während der Epidemie zwar auch ihre Thätigkeit hatten einstellen müssen, trotzdem aber im unverkürzten Genuß ihre alten Löhne geblieben waren.
Erst mit dem Ende des Jahres 1714 kamen wieder bessere Zeiten, und die gestörten Kurse nach Hamburg nahmen den Betrieb wieder auf. Die Ueberschüsse der Posten stiegen im Jahre 1714/15 auf 5460 Thlr. und im Jahre 1715/16 sogar auf 9242 Thlr., aber diese ruhige Zeit erfreulichen Gedeihens bildete gleichsam die Stille vor dem Sturm, der noch im Jahre 1716 über Meklenburg ausbrach und das Land auf lange Jahre zum Schauplatz innerer Zwistigkeiten und kriegerischer Wirren machte.
Im Jahre 1713 war Herzog Friedrich Wilhelm gestorben und sein Bruder, Herzog Carl Leopold, hatte die Regierung übernommen. Es ist bekannt, wie Herzog Carl Leopold bald nach seinem Regierungsantritt seine absolutistischen Bestrebungen gegenüber der Ritterschaft des Landes und der Seestadt Rostock herauskehrte und mit den Ständen, auf deren Privilegien es abgesehen war, sofort in die heftigste Fehde gerieth.
Als naher Verwandter des Czaren fand er vorübergehend Unterstützung bei den Russen; zu ihm hielten auch die Landstädte und das niedere Volk unter der Führung der Geistlichkeit. Die Ritterschaft und die Stadt Rostock aber suchten und fanden Schutz beim Kaiser.
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Bei den inneren Unruhen und Zwistigkeiten begann die Ordnung und allgemeine Sicherheit im Lande rasch zu schwinden. Es kam noch hinzu, daß jetzt auch wieder feindliche Truppen - der große nordische Krieg näherte sich damals seinem Ende - auf meklenburgischem Gebiet ihre Kämpfe ausfochten und Schweden, Russen, Dänen - gleichgültig ob Freund oder Feind - in Meklenburg nach Belieben schalteten. Handel und Verkehr lagen fast gänzlich danieder, die Landesposten fristeten nur ein kümmerliches Dasein und hatten obendrein schwer unter der Konkurrenz der fremden Posten zu leiden, die unter dem Schutze ihrer Truppen mehr und mehr festen Fuß in Meklenburg faßten und den Landesposten auf den wichtigeren Routen sichtlich Terrain abgewannen.
In dieser schwierigen Lage hatte Herzog Carl Leopold seinem Hofintendanten von Walter 1 ) die Verwaltung des Postwesens übertragen. Walter bekleidete seit 1715 die Stelle eines Ober- Postdirectors, aber er war für dieses Amt in bewegter Zeit völlig ungeeignet, da er für die Geschäfte nur unzureichendes Verständniß besaß und in Hofintriguen seine Zeit und Kraft verschwendete. Von seiner Thätigkeit als Oberpostdirector sind nur bruchstückweise Nachrichten erhalten geblieben und diese melden außer von seiner treuen Anhänglichkeit an den Herzog nichts Rühmenwerthes. Ueberdies schränkte sich, glücklicherweise möchte man sagen, der Kreis seiner Thätigkeit in demselben Maße ein, je mehr der Einfluß des Herzogs im Lande schwand.
Auf kurze Zeit war Herzog Carl Leopold durch russische Hülfe unumschränkter Herr im Lande geworden, das änderte sich aber, als Peter der Große mit seinen Truppen abzog. Nun erhielt die Ritterschaft unter dem Schutze des Kaisers die Oberhand. Letzterer verfügte im Jahre 1718 die Reichsexekution gegen Herzog Carl Leopold, infolge dessen zu Anfang des Jahres 1719 Truppen aus Kurhannover und Braunschweig-Lüneburg ins Land rückten. Herzog Carl Leopold unterlag im Kampfe und nahm zunächst in Dömitz seinen Aufenthalt.
In Rostock trat im Jahre 1719 zur Schlichtung der Streitigkeiten eine kaiserliche Kommission zusammen, welche einseitig die
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Interessen der Ritterschaft begünstigte und bald auch in die Regierung des Landes eigenmächtig eingriff. Der Sitz der herzoglichen Regierung wurde darauf auch von Schwerin nach Dömitz verlegt.
Herzog Carl Leopold gab trotz seiner Niederlage die Regierung des Landes nicht aus den Händen. Er suchte vielmehr alle Verfügungen der Exekutionshöfe durch Gegenverordnungen unwirksam zu machen, und da die Landstädte und die Bevölkerung auf dem flachen Lande auch jetzt noch fest auf seiner Seite standen, da die Geistlichkeit in ihm ihren obersten Bischof sah, so gelang ihm dies in vielen Fällen. Aber die Unordnung im Lande stieg deshalb nur um so höher. Was Wunder, wenn unter solchen Verhältnissen die Wirthschaft des Landes schweren Schaden litt und bei ihrem Niedergange auch für die Landesposten Krisen schlimmster Art eintraten.
Eine verhängnißvollere Periode als die Zeit zwischen 1716 bis 1721 war den Posten noch nicht beschieden gewesen. Um das Uebel voll zu machen, war in Folge der Kriegswirren schon seit dem Jahre 1716 die Verbindung der Landesposten nach Hamburg unterbrochen. In diesem Jahre lagen nämlich dänische, russische und preußische Truppen vor dem schwedischen Wismar und eroberten es nach mehrmonatlicher Belagerung. Die Dänen gerirten sich schon ganz als Erben Schwedens, nabmen Wismar für sich in Anspruch und machten Miene, die schwedische Post von Stralsund nach Hamburg für dänische Rechnung einzurichten. Im Vertrauen auf den Beistand des damals noch in Meklenburg anwesenden Czaren hatte aber Herzog Carl Leopold Zeit und Gelegenheit für günstig gehalten, nach dem Falle Wismar's die schwedisch - dänische Post innerhalb meklenburgischen Gebiets zu beseitigen und auf ihrem alten Wege eine Landespost einzurichten. Als daher im Jahre 1716 in Rostock ein dänischer Postbeamter von Stralsund mit der ersten, jetzt für dänische Rechnung betriebenen Post eingetroffen war, um den vormals schwedischen Postkurs von Stralsund nach Hamburg auf dänischen Fuß einzurichten, nahm der herzogliche Postmeister Babst in Rostock die Post zwar ab, schickte aber den dänischen Postwagen auf Veranlassung des Herzogs wieder nach Stralsund zurück und ließ die Ladung und Passagiere mit der herzoglichen Post weiter befördern. Dänemark vergalt diesen Eingriff in seine angemaßten Rechte sofort mit Repressalien ähnlicher Art, indem es die meklenburgischen Fahrposten von Rostock, Güstrow und Schwerin nach Hamburg auf lauenburgischem Gebiet, das damals in dänischen Händen sich befand, anhalten
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und nach Meklenburg zurückschicken ließ. Damit war die Lebensader des meklenburgischen Postkursnetzes vollständig unterbunden.
Mehrere Jahre blieb der direkte Verkehr der meklenburgischen Posten nach Hamburg zum Nachtheil des Landes unterbrochen.
Es erscheint heute unverständlich, wie dieser unerquickliche Zustand, dessen Folgen für das ganze Land sich sofort durch schnelle Abnahme von Handel und Verkehr fühlbar machten, überhaupt längere Zeit hindurch hatte bestehen können, aber er war eine Folge der inneren Wirren im Lande, welche die politische Stellung Meklenburgs vollständig untergraben hatten. Zur Illustration, wie tief das Ansehen Meklenburgs in der Zeit zwischen 1716 und 1720 bei den Nachbarstaaten gesunken war, sei hier eines Vertrages gedacht, den Hamburg und Preußen im Jahre 1716 wegen der Postbeziehungen zwischen Hamburg und Pommern abschlossen, und der Leistungen der meklenburgischen Posten zu Gunsten der beiden vertragschließenden Staaten zur Voraussetzung nahm, ohne daß eine vorgängige Berathung über den Gegenstand mit der meklenburgischen Regierung stattgefunden hätte. Der Vertrag - der sog. Kombinationsreceß - bestimmte nämlich u. A., daß die Korrespondenz von Hamburg nach Pommern und zurück auf der Strecke zwischen Rostock und Demmin mit den meklenburgischen Posten befördert werden sollte. Auch eine Anzeige über den Vertragsschluß an die meklenburgische Regierung hielt man nicht für erforderlich, dieselbe wurde lediglich vorbehalten. Nur mit dem herzoglichen Postkontor in Rostock hatte anscheinend eine Verständigung stattgefunden.. Widerspruch gegen diese Abmachungen wurden sofort oder bald nach der Abschließung des Vertrages weder von der herzoglichen Regierung noch von der kaiserlichen Kommission erhoben, obgleich das politische und finanzielle Interesse Meklenburgs bei der Sache nicht unwesentlich berührt wurde. Die mißlichen Verhältnisse des Landes, vor Allem aber der bedauerliche Zwiespalt in der Regierung ließen den Dingen ruhig ihren Lauf, so daß Preußen und Hamburg ungestört im Genusse der freien Beförderung ihrer Korrespondenz auf den Landesposten blieben.
Als ein Lichtblick in trüber Zeit mußte es daher in der Bevölkerung anmuthen, daß die Verbindung mit Hamburg endlich nach dreijähriger Unterbrechung wieder hergestellt wurde, sodaß dem meklenburgischen Postnetz jetzt wieder das lang entbehrte Rückgrat eingefügt war. Ueber den Verhandlungen mit der dänischen Regierung wegen Freigebung des Weges nach Hamburg war längere Zeit verstrichen, und der Durchgang der Posten durch
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Lauenburg war von Dänemark erst zugelassen worden, nachdem Herzog Carl Leopold. die Erklärung abgegeben hatte, daß es mit der dänischen Post wie mit der vormaligen schwedischen Post gehalten werden sollte.
Im Jahre 1719 traten die meklenburgischen Postkurse auf Hamburg von Güstrow und Schwerin aus über Boizenburg und Ratzeburg in alter Weise wieder in Thätigkeit. Ihnen gesellte sich sogar im Jahre 1721 noch ein dritter Postkurs nach Hamburg von Rostock aus zu. Wie oben bereits angegeben ist, hatte Herzog Carl Leopold schon im Jahre 1717 die Absicht, auf der alten schwedischen Postroute nach Hamburg eine meklenburgische Post in Betrieb zu setzen; damals mißlang der Versuch. Bezeichnend für den Starrsinn des Herzogs bleibt aber die Thatsache, daß er das Project einer dritten Meklenburg - Hamburger Post nicht schwinden ließ, sondern sofort, als sich die Möglichkeit bot, mit der Einrichtung der Post vorging, trotzdem diese infolge der Konkurrenz der dänischen Post schwerlich gedeihen konnte. Bevor der Betrieb auf der neuen Route eröffnet wurde, hatte Herzog Carl Leopold sich mit dem Rath in Hamburg und der hannoverschen Regierung wegen Zulassung der Post auf Hamburger und lauenburger Gebiet in Benehmen gesetzt. Beide Staaten erhoben keinen Widerspruch, doch mußte der Herzog der Krone Hannover die Anlegung einer hannoverschen Post von Lüneburg über Wismar, Rostock auf Stralsund gestatten, der sog. Kommissionspost, welche angeblich nur zur Beförderung der Korrespondenz der subdelegirten Räthe in Rostock dienen sollte, aber ganz aus den Erträgen des Rostocker Postkontors unterhalten wurde.
Auch auf diese Bedingung ging Herzog Carl Leopold bereitwilligst ein, obgleich er sich damit Lasten aufbürdete, die durch nichts gerechtfertigt waren. Und die Erwartungen, die er an seine dritte Hamburger Post knüpfte, erfüllten sich überhaupt nicht, denn die Post fuhr meistens leer, und an Stelle der dänischen Post erschien nach Beendigung des nordischen Krieges sofort wieder die schwedische Post und nahm den Betrieb in alter Weise auf dem Kurse zwischen Stralsund und Hamburg über Rostock und Wismar wieder auf. Da sie auch jetzt in demselben Umfange wie früher auf ihrem ganzen Wege durch Meklenburg den Postverkehr an sich zog, so war das Schicksal der dritten meklenburgischen Post von Anfang an besiegelt.
Herzog Carl Leopold zeigte sich über das Fehlschlagen seiner Pläne höchlich entrüstet. Auf seine Anweisung mußte der Post=
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meister Babst in Rostock daher wieder zu dem gewohnten Mittel greifen - wenn dasselbe auch noch jedes Mal seinen Zweck verfehlt hatte - nämlich, die schwedische Post kurzer Hand zurückzuschicken. Nachdem Babst auch wirklich mehrere Male den schwedischen Postwagen wieder bis zur Grenze hatte bringen lassen, legte sich aber die schwedische Regierung ins Mittel und verbat sich energisch jede Einmischung in ihre wohlverbrieften Rechte. In dem wegen der Post an die Regierung in Dömitz gerichteten Schreiben äußerte sie sich dahin, daß bei der "Neueinrichtung des pommersch - Hamburger Postkurses schwedischerseits keine andere Intention vorgelegen habe, als selbigen wiederum nach voriger Zeiten Beliebung und Observanz einzurichten." Indessen sei von Seiten Meklenburgs bei dieser Gelegenheit außer den schon sonst nach Hamburg gehaltenen zwei Posten eine neue dritte Post angelegt worben, welche mit der schwedischen Post nicht nur am gleichen Tage und zu gleicher Stunde von Rostock abginge, sondern auch mit dieser gleiche Tour hielte, außer daß sie Wismar und Ratzeburg nicht berührte, sondern was Wismar beträfe, eine Meile davon, zu Neuburg, die Passagiere absetzte und sie durch Bauerwagen nach Wismar fahren ließe.
Aus diesem Grunde würde die schwedische Post im Rostocker Kontor leer und ohne Packete abgefertigt und Personen wie Päckereien auf die meklenburgische Post genommen. Dieses Vorgehen des Rostock'schen Kontors glaubte die schwedische Regierung um so weniger billigen zu können, als solches zu einer offenbaren Kränkung der königlich schwedischen Postfahrt gereiche, und auch die Beförderung der auf Wismar gehenden Passagiere merklich behindert werde. In dem Schreiben erging dann an die meklenburgische Regierung die Forderung, bei dem meklenburgischen Postkontor in Rostock Vorkehrung zu treffen, "daß das vorerwähnte neuerliche Unternehmen gänzlich abgestellt und die königliche Post in ihrem vormaligen Wesen sowohl der unbehinderten Fahrt als auch der mitzunehmenden Packete und Passagiere halber gelassen werden möge." Als das Schreiben in Dömitz einlief, waren die Wirren in Meklenburg auf dem Höhepunkt angelangt. Der Herzog hatte Dömitz verlassen und seinen Wohnsitz nach Danzig verlegt, von wo aus er die Regierung des Landes fortsetzte. In Meklenburg fand sich daher keine Stelle, welche den Forderungen Schwedens hätte entgegen treten können, denn die Räthe der Exekutionshöfe hielten sich wohlweislich bei der Angelegenheit im Hintergrund. Eine Aenderung des zeitigen Zustandes trat deshalb nur insofern ein, als die schwedische
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ebenso wie die dritte meklenburgische Post nach Hamburg einstweilen von Bestand blieben.
Unterdessen hatte die kaiserliche Kommission in Meklenburg unter Schwierigkeiten mancher Art ihres Amtes weiter gewaltet. Nach der Abreise des Herzogs glaubte sie zwar im Lande leichteres Spiel zu haben, aber Herzog Carl Leopold wußte auch von Danzig aus vielfach die Anordnungen der Kommission wirksam zu durchkreuzen. Viele Fäden stellten bald die Verbindung zwischen Danzig und Meklenburg her, sodaß der Herzog über alle Geschehnisse im Lande stets auf dem Laufenden gehalten wurde. Die Kommissionshöfe argwöhnten nicht mit Unrecht, daß der Verkehr des Herzogs mit seinen Anhängern im Lande hauptsächlich mittels der Posten unterhalten wurde. Es begann daher im Jahre 1722 eine geradezu ängstliche Ueberwachung der Posten seitens der Kommission. Ueberall witterten die subdelegirten Räthe Verrath. Heimliche Brieferöffnungen kamen hin und wieder vor und trugen nicht wenig dazu bei, das Vertrauen der Bevölkerung zur Pünktlichkeit und Sicherheit der Posten noch mehr zu erschüttern, als es die Wirren im Lande schon gethan hatten.
Um aus der steten Sorge herauszukommen, blieb für die Kommission nur ein Mittel übrig, und zu diesem nahm sie bald ihre Zuflucht. Auf die bloße Ueberwachung folgte die förmliche Uebernahme der Posten in Selbstverwaltung. Schon zu Ende des Jahres 1721 suchte die Kommission Einfluß auf die Verwaltung der Posten zu gewinnen, und von 1722 ab war die Leitung der Posten schon fast ausschließlich in ihrer Hand; nur einzelne unwichtige Kurse von Dömitz und Schwerin ab blieben auch fernerhin in herzoglicher Hand. Die unmittelbare Leitung der Posten wurde der kaiserlichen Exekutionskasse in Boizenburg übertragen, einer Behörde der Exekutionshöfe, welche die finanzielle Administration des Landes ausübte. Jetzt trat das meklenburgische Postwesen in ein neues Stadium. Die Exekutionskasse nahm die Verwaltung der Posten sofort energisch in die Hand, aber die Verwaltung hatte unendliche Mühe und Verdruß für die kaiserlichen Räthe im Gefolge. Die Postbeamten waren durchweg erklärte Anhänger des Herzogs, besonders die Beamten in Schwerin, wo der Oberpostdirektor von Walter im Interesse des Herzogs eine rührige Thätigkeit entfaltete, ferner auch das Postkontor in Rostock, bei welchem der Postmeister Babst offen für den Herzog wirkte, im Stillen aber bei der Noth der Zeit es meisterlich verstand, seine eigenen Taschen zu füllen. Mehrere Untersuchungen hatten überdies dargethan, daß die meisten Postmeister in den
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kleinen Städten Meklenburgs bei der heimlichen Beförderung der Korrespondenz an den Herzog ihre Hand im Spiele gehabt hatten.
Die Exekutionskasse ordnete nunmehr eine schärfere Ueberwachung der Posten an. Da die Kasse die Hauptkurse beherrschte, so sannen die Anhänger des Herzogs auf einen Ausweg, wie neue Verbindungen nach auswärts anzuknüpfen wären, um wieder höhere Erträge aus den Posten zu erzielen und eine ungestörte Verbindung mit Hamburg in der Hand zu haben. Auf Betreiben des Ober-Postdirektors von Walter wurde daher noch im Jahre 1723 eine Post von Dömitz über Lübtheen nach Hamburg angelegt, um die Korrespondenz nach Danzig über Hamburg zu leiten, von wo sie mit fremden Posten weitergehen konnte. Aber die Post wurde noch in demselben Jahre durch Lüneburger Dragoner ausgehoben. Ein ähnliches Schicksal hatten andere Postkurse, die Walter von Schwerin aus nach Wismar und Hamburg anlegen wollte. Als der Postmeister Hahn von Schwerin gelegentlich eine Reise nach Hamburg unternahm, argwöhnte die Exekutionskasse sofort, daß ein neues Projekt wegen Anlegung einer Post nach Hamburg im Werke sei und ersuchte den Rath zu Hamburg, Hahn überwachen zu lassen und vor allen Dingen dem Stadtpostmeister alle Kollusion mit Hahn und dem Postkontor in Schwerin, dessen Personal in besonderem Verdachte stand, zu untersagen. Der Hamburger Rath ließ nur kurz nach Boizenburg mittheilen, daß dem Stadtpostmeister allein die Annahme von Briefen nach Meklenburg zustände und daher von einer Kollusion desselben mit den Schweriner Postbeamten garnicht die Rede sein könnte.
In der Zwischenzeit hatten die Exekutionshöfe aber nachhaltigere Maßregeln vorbereitet. Es war offenkundige Thatsache, daß bei dem Postkontor in Schwerin trotz aller Ueberwachung der Posten eine rege Thätigkeit für den Herzog entfaltet wurde, und zwar mit um so größerem Erfolge, als in Schwerin eine große Zahl von Posten zusammenlief, sodaß die dortigen Postbeamten - ausschließlich Anhänger des Herzogs, nachdem der Postsekretär Ahrens daselbst, der im Verdacht stand, im Solde der Lüneburger zu stehen, wegen angeblich von ihm verübter Untreue seines Dienstes entlassen war - eine leichte Kontrole über die Korrespondenz im Lande ausüben und ihre so erworbenen Kenntnisse im Interesse des Herzogs verwerthen konnten.
Daß Walter auch vor heimlicher Eröffnung von Briefen nicht zurückschreckte, ergeben die Akten. Er mußte über alle Ereignisse im Lande berichten, über die "Lüneburger", das Ver=
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halten des Herzogs Christian Ludwig, des Bruders des Herzogs u. s. w. Im Jahre 1722 konnte Walter an Herzog Carl Leopold nach Danzig berichten, daß ihm vom Schweriner Postkontor ein Brief aus Grabow (dem Aufenthaltsorte des Herzogs Christian Ludwig) heimlich zugestellt worden sei, "da denn das Lack der einen Seite des Couverts nicht wol gehalten hat, und darin gefunden habe, daß die Grabow'sche Herrschaft noch vorm Fest nach Strelitz gehen wolle."
Die Executionshöfe verfielen daher, um sich gegen etwaige Brieferöffnungen bei dem Schweriner Postkontor zu sichern, auf den Ausweg, das Postkontor in Schwerin zu isoliren und alle Posten an Schwerin vorbei zu leiten.
Den nächsten Anlaß zu dieser Maßnahme bot die Versetzung des Postsekretärs Mester - eines Verwandten des Ober-Postdirektors Walter - von Rostock nach Schwerin. Die Exekutionskasse fürchtete nicht mit Unrecht, daß Walter und Mester zusammen nur noch eifriger für des Herzogs Interesse thätig sein würden. Sie berichtete daher über ihren Plan an die Exekutionshöfe und hob in ihren Darlegungen wegen des Postsekretärs Mester hervor, "daß er ein junger, unerfahrener Mensch sei, der von den bösen und schädlichen consiliis des Ober-Postdirektors dependire. Mester habe auch verlauten lassen, autorisirt zu sein, nach Befinden alle durch das Schweriner Postkontor gehenden Briefe zu öffnen. Da nun die aus jenseits von Schwerin belegenen Aemtern an die Exekutionskasse einzusendenden Ueberschüsse mit der Schwerin - Hamburger Post nach Boizenburg geschafft und die Löhnung der Güstrow'schen Garnison und was an jene Aemter zu zahlen sei, ebenfalls immer über Schwerin expedirt werden müßte, so stünde, wenn auch bisher derartiges nicht vorgekommen sei, doch zu besorgen, daß dort Briefe geöffnet würden, wie denn auch die Gelder einiger Gefahr exponirt sein dürften, und zwar um so mehr, als man sich des Postsekretärs Mester, der sich in Schwerin aufhielte, nicht versichern und an demselben auch keinen Regreß nehmen könnte."
Unter dem Gewicht dieser Gründe ordneten die Exekutionshöfe daher unter dem 10. März 1722 an, daß alle Schwerin berührenden Posten an dieser Stadt vorbei, über einen nahe bei Schwerin belegenen Ort abgeleitet werden sollten. Man wählte hierzu das etwa 4 km von Schwerin, an der Straße nach Wittenburg belegene Dorf Wittenförden, welches nach Ausführung geringfügiger Wegeänderungen von allen Posten bequem zu erreichen war, ohne daß diese das Weichbild der Stadt Schwerin
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zu berühren nöthig hatten. Nach Wittenförden wurde auch das in Schwerin befindliche Hauptpostkontor verlegt; die Verwaltung desselben wurde dem Hannoverschen Postmeister Busekist, welcher sich im Dienste der Lüneburger als besonders zuverlässig gezeigt hatte, übertragen. Er erhielt von der Exekutionskasse eine ausführliche Dienstinstruktion; da er auch sonst gute Kenntniß in Postsachen bewies, so wurde ihm noch die Rechnungslegung über die Einkünfte aus allen meklenburgischen Postkursen übertragen, eine Vertrauensstellung, welche das neue Hauptpostkontor in Wittenförden bald zur wichtigsten Postanstalt des Landes machte und dem Postmeister Busekist in gewissem Umfange ein Aufsichtsrecht über die anderen Postanstalten verlieh. Dem Namen nach bestand das herzogliche Postkontor in Schwerin unter dem Hofpostmeister Hahn allerdings auch fernerhin fort, aber da es nach außen hin vollständig abgeschnitten war, so konnte es eine eigentliche postdienstliche Thätigkeit nicht mehr ausüben. Es war ganz von Wittenförden abhängig. Gelegentliche Wagenfuhren, Boten und Reitposten zwischen Schwerin und Wittenförden vermittelten fortan den Verkehr der Residenz. Die Exekutionshöfe hatten mit dieser Maßregel mehr erreicht, als ursprünglich beabsichtigt war: sie hatten den Briefverkehr auf den Schweriner Postkursen der Kontrole des herzoglichen Postamts entzogen und übten von jetzt an auch noch die Kontrole der Korrespondenz von und nach Schwerin aus.
Wie zu erwarten stand, berichtete Walter über die Ereignisse in Schwerin sofort an den Herzog in Danzig und bat um Verhaltungsmaßregeln. Herzog Carl Leopold verfügte alsbald nach Schwerin, daß die Schweriner Postbeamten die mit dem Postwesen daselbst vorgenommene Veränderung bei der allerschwersten Verantwortung nicht allein in keiner Weise zu verstatten hätten, vielmehr "den von Uns angeordneten Postkurs nach wie vor unveränderlich zu continuiren, sondern auch den Postfahrern bei harter Gefängniß-, auch dem Befinden nach peinlicher Leibesstrafe in Unserem Namen zu gebieten, daß sie auf der Lüneburger Zumuthen sich mit ihnen wegen eines veränderten Postweges überall zu nichts einlassen, sondern bei entstehendem Zwang und gewaltsamem Verfahren mit Wagen und Sachen nach dortigem Postkontor sich zurückbegeben." Die Postbeamten sollten in vorkommenden Fällen weitere Befehle von dem Ober-Postdirektor Walter und dem Kommandanten von Wenckstern einholen. Irgend ein Erfolg war aber nach Lage der Verhältnisse auch von dieser Verordnung nicht zu erwarten.
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Die Exekutionskasse, welche nun das Heft einmal in Händen hatte, nutzte auch ihre Macht nach Kräften aus. Sie citirte bie Vorsteher der drei Hauptkontore in Schwerin, Rostock und Güstrow, sowie den Postmeister le Plat in Hamburg nach Boizenburg und schärfte ihnen strenge ein, daß fortan die Posten nicht mehr über Schwerin, sondern über Wittenförden zu expediren seien; bei der geringsten Weigerung würden sofort militärische Maßregeln ergriffen werden. Die Postmeister erhielten demnächst Weisung, mit dem Postkontor in Wittenförden über die Postgelder vierteljährlich abzunehmen.
Dem Oberpostdirektor von Walter und dem Schweriner Postpersonal war jetzt jede Möglichkeit genommen, für den Herzog in bisheriger Weise zu wirken. Walter gab sich zwar Mühe, auch jetzt noch den Pflichten seiner Stellung nachzukommen, aber alle seine Versuche, von Schwerin aus neue herzogliche Postkurse anzulegen, scheiterten an der Wachsamkeit der Lüneburger Truppen.
Der Name Walters kommt daher von jetzt an nur noch hin und wieder in den Postakten vor; von seiner Hand finden sich aus der Zeit zwischen 1723 bis 1729 allerdings noch Nachrichten, aber sie enhalten nur bewegliche Klagen an den Herzog über die Noth, welche infolge der politischen Veränderungen über ihn und seine Familie hereingebrochen war. Er starb im Jahre 1729.
Wie in Schwerin so ging die Exekutionskasse auch gegen das Rostocker Postkontor in energischer Weise vor. Hier hatte sich der Postmeister Babst wegen seiner Parteinahme für den Herzog bei der Kommission mißliebig gemacht. Er erhielt strenge Weisung, alle an den Herzog gerichteten Briefe an die subdelegirten Räthe in Rostock einzureichen. Aber er folgte diesem Befehle nicht, sondern konspirirte weiter. Zufällig griffen Lüneburger Reiter aber im Jahre 1722 einen Briefträger auf, welcher heimlich verdächtige Briefe und Packete zwischen Walter und Babst hin- und hertrug. Bei dem Postkontor in Rostock lief darauf eine Verfügung der Exekutionskasse vom 29. Dezember d. J. ein des Inhalts, daß auch Babst bei dieser heimlichen Korrespondenz interessirt und nächst dem Postsekretär Mester in Schwerin daran den höchsten Theil habe, zumal sich unter den aufgefangenen Briefen nicht allein zwei besondere Packete mit Briefen befunden, sondern auch Briefe an die dem Hauptkontor in Rostock unterstellten Postmeister zu Tessin, Sülze, Gnoien, Ribnitz und Marlow "unter dem praetext, ob selbe herrschaftliche Sachen beträfen, worin jedenfalls andere des Ohrts zu bestellende Sachen und Briefe begriffen, Sr. Durchl. Name mißgehandelt und die Post=
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intraden geschädigt würden." Babst sollte sich nun binnen 14 Tagen wegen seines Verhaltens rechtfertigen. Er theilte dem Herzog Carl Leopold sofort das Vorgefallene mit und verschwor sich hoch und theuer, daß er bisher immer alle herzoglichen Briefe sicher besorgt habe; nun sei er aber verrathen worden und habe ein gar hartes Schreiben aus Boizenburg erhalten mit der Aufforderung, alle Briefe nach und aus Danzig mit den ordinären posten zu versenden. Schon am 23. Januar 1723 hatte er den herzoglichen Befehl in Händen, daß er auch künftighin seinem Eide und seinen Pflichten nach dahin sehen möge, daß die fürstlichen Briefe unter der (Deck-)Adresse der herzoglichen Postmeister richtig zur Stelle kämen. Weiteres berichten die Akten über das Verhalten des Postmeisters Babst nicht; aus gelegentlichen Andeutungen der Akten aus dem folgenden Jahre kann man aber schließen, daß Babst nach wie vor für den Herzog Carl Leopold heimlich die Beförderung der Korrespondenzen nach und von Danzig, vielleicht mittels der schwedischen Post, besorgt hat.
Nachdem die Exekutionskasse jetzt alle Postkurse in Meklenburg in die Hände bekommen hatte, bemühte sie sich, so gut es ging, die lang entbehrte Orbnung im Postwesen wiederherzustellen. Aber dei diesen Anstrengungen mußte von vornherein jeder Fortschritt in Frage gestellt sein, weil die Exekutionshöfe die Verwaltungsthätigkeit nach einseitigen Gesichtspunkten aufnahmen und bei der Leitung des Postwesens zunächst die politische seite der Sache hervorkehrten, die Bedürfnißfrage in wirthschaftlicher Beziehung aber in der Hauptsache unberührt ließen. Unzählige Aktenstücke aus der Zeit von 1723 bis 1725 erwecken beshalb den Anschein, als habe die Exekutionskasse wirklich Orbnung geschaffen und die zahlreich im Postwesen vorhandenen Mißstände beseitigt, das war aber nur zum Theil der Fall. In Wirklichkeit wurden Aenderungen grundsätzlicher Art überhaupt nicht vorgenommen, nur die offen zu Tage liegenden Mißstände, besonders im Kurswesen, wurden nothdürftig abgestellt. Im Großen und Ganzen bewegte sich aber der Organismus der Post in den noch von dem Geh. Kammerrath Mumme vorgezeichneten Bahnen weiter.
Diese Entwicklung erscheint verständlich im Hinblick auf den Gang der politischen Ereignisse im Lande. Die Posten waren gewissermaßen im Zwang der Umstände von der kaiserlichen Kommission übernommen worden, indem die Kommission so ihr Uebergewicht im Lande befestigte und nebenbei die Aufkünfte aus den Posten als billige Entschädigung für die aufgewendeten Exekutionskosten in ihre Tasche fließen ließ. Da das Postwesen
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bisher allein dem Herzoge zuständig gewesen war, ohne daß eine Hinzuziehung der Stände bei dem Erlaß von postgesetzlichen Bestimmungen und Verwaltungsnormen stattgefunden hatte, so konnte die Exekutionskasse jetzt auf demselben Wege weiterschreiten, aber sie mußte davon absehen, grundlegliche Neuerungen einzuführen, weil hierzu die Mitwirkung der Stände erforderlich geworden wäre. Und hiervon sahen die Exekutionshöfe um so lieber ab, als die schwebenden politischen Fragen schon hinreichenden Anlaß zu unliebsamen Reibereien mit der Ritterschaft, ihrer einzigen festen Stütze im Lande, gegeben hatten. Die meklenburgische Postverwaltung unter der kaiserlichen Kommission glich daher um ein Haar einem schlecht bewirthschafteten, liegenden Besitzthum in der Hand eines Gläubigers, der es in Abwesentheit des Besitzers zwangsweise übernimmt und die Mißwirthschaft nur soweit abstellt, daß er nothdürftig seine Kosten deckt.
Diese Sachlage hinderte die Exekutionskasse aber nicht, eine Inspicirung des Postwesens von erfahrenen Personen vornehmen zu lassen, um wenigstens eine allgemeine Kenntniß von dem damaligen Zustande des meklenburgischen Postwesens zu erlangen. Sie wählte hierzu die Postmeister Busekist in Wittenförden und Zeller in Güstrow. Beide besaßen im Postwesen ausreichende Erfahrung; Busekist hatte während seiner früheren Wirksamkeit in Hamburg bei dem dortigen hannoverschen Postamte in einem größeren Betriebe gearbeitet, und Zeller war vor seiner Berufung nach Güstrow in Boizenburg vorgebildet worden, wo er den Dienst bei den meklenburgischen und preußischen Posten versehen hatte. Bei ihrer Untersuchung des meklenburgischen Postwesens fanden beide trotz der von der Exekutionskasse schon vorgenommenen Aenderungen noch Vieles zu tadeln; ausreichende Postordnungen und vor Allem gleichmäßige Taxen, eine Erinnerung an Mumme's Thätigkeit, waren seit Langem nicht mehr in Gebrauch; das Fuhrgewerbe hatte in altem Umfange die Konkurrenz mit den Posten wieder aufgenommen und beförderte sowohl Personen als Briefe und postmäßigeWaaren; ferner mangelte es an dem richtigen Ineinandergreifen ber einzelnen Kurse, am Stundenhalten der Postillone - kurz, überall waren die Anzeichen tiefsten Verfalles wahrnehmbar.
Dieses Ergebniß übertraf sogar noch die Befürchtungen der Exekutionshöfe. Sie verhielten sich aber zunächst noch abwartend; die Exekutionskasse verwies die Postanstalten lediglich auf die strikte Befolgung der bisher erlassenen herzoglichen Verordnungen und Taxen. Wegen der von den beiden Revisoren gemachten
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Vorschläge zur Abstellung der Unterschleife des Fuhrgewerbes suchte die Exekutionskasse zunächst die Ritterschaft auszuhorchen, um vor der Einleitung bestimmter Maßnahmen deren Ansicht kennen zu lernen; denn die Verordnungen des Herzogs Friedrich Wilhelm aus dem Jahre 1710, deren Erneuerung nur erforderlich geworden wäre, bestanden wohl noch unverändert zu Recht, aber bei ihrem Erlaß hatte die Ritterschaft nicht mitgewirkt, und bei einer Erneuerung dieser Verordnungen, welche, wie schon im Jahre 1710, so auch jetzt wieder laute Klagen des Fuhrgewerbes hervorrufen würde, waren unliebsame Erörterungen der Ritterschaft zu besorgen. Und in der That - auf eine direkte Anfrage der Exekutionskasse bei dem Engeren Ausschuß in Rostock verwahrte dieser auch jetzt noch sein Recht, bei der Publikation von Verordnungen, welche wie die genannten in einschneidender Weise öffentliche und privatrechtliche Interessen berührten, berathend mitzuwirken. Unter solchen Verhältnissen sahen die Exekutionshöfe von einer Renovirung der Verordnungen von 1710 überhaupt ab.
Bei der eigenartigen Gestaltung der inneren Verhältnisse Meklenburgs - der Einfluß des Herzogs Carl Leopold auf gewisse Bevölkerungskreise hatte noch nicht an Gewicht verloren - erwies sich das Postwesen im Besitz der Exekutionshöfe immer mehr als ein schwieriges, mühevolles Arbeitsfeld, auf dessen Boden unter den damaligen Verhältnissen keine Früchte reifen konnten. Die Postbeamten waren durchweg gut herzoglich gesinnt und zeigten den von Boizenburg herrührenden Anregungen gegenüber nicht gerade großes Entgegenkommen, und wie bei den Beamten, so fand die Exkekutionskasse auch sonst manche Ablehnung bei der Bevölkerung. Tief eingreifende Aenderungen vorzunehmen, wie Busekist und Zeller vorschlugen, hielt die Exekutionskasse daher nicht am Platze. Sie beschränkte sich bei Ausführung der Vorschläge vielmehr auf vereinzelte Anordnungen, deren Wahl allerdings keine glückliche war: am Ende des Jahres 1723 hob sie die dritte Hamburger Post wieder auf, so daß die schwedische Post konkurrenzlos ihren Betrieb jetzt nach Belieben einrichten konnte, und ermäßigte die den Posthaltern gezahlten Fuhrgelder mit Rücksicht auf die gute Ernte des Jahres 1723 ganz beträchtlich, um hierdurch die in Folge der andauernden Mißwirthschaft entstandenen Ausfälle der Einnahmen in gewissem Umfange auszugleichen. Die Folge war natürlich, daß das an sich schon mangelhafte Pferdematerial der Posten sich noch mehr verschlechterte und, hierdurch veranlaßt, der pünktliche Betrieb auf den Kursen fast ganz zur Unmöglichkeit wurde.
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Weitere Aenderungen aber wurden bis zum Eintritt besserer Zeiten verschoben. Vor der Hand blieben die sichtbaren Zeichen inneren Verfalls das hervortretende Gepräge des Postwesens unter der Verwaltung der Kommissionshöfe.
Es ist nicht ohne Interesse, hier die Worte eines einwandfreien Beobachters wiederzugeben, nämlich des Amtmanns und Postmeisters Haltfuß in Boizenburg, welcher mit eigenen Augen die Thätigkeit der Exekutionsregierung und das Thun und Treiben der Hannoverschen und Wolfenbütteler Beamten wahrzunehmen Gelegenheit hatte. Er schrieb in einem nach Danzig gerichteten Briefe: "Unser hiesiger Zustand steht noch so hin. Der hiesige Erste (d. h. Direktor der Exekutionskasse) hat als Tit. Geheimber Rath in Hannover 1200 Rthlr., der andere in Wolffenbüttel 3 - 400 Rthlr., wäre dieser nicht ein Vetter von Bernst. (d. h. Graf Bernstorff, hannöverscher Premierminister), er wurde gewiß nicht das Direktorat erhalten haben. Allein es war Noth und Schuldt woll die raison, daß er es sein mußte, um auch hiervon zu profitiren. Wie sie denn woll alle wünschen, daß es noch lange wehren möge. Die Postkarten können auch Zeugniß geben, wie den Beamten und Pensionarien gelernt wird, düchtig in bie Küche zu senden. Der Liebe Gott gebe, daß mein gn. Herzog bald in sein Land kommt, so werden viele den Trauermantel umnehmen, denn viele der Kerls haben schon Weiber darauff genommen und stellen sich an, als ob sie ewig so leben wollten. Sobald nur ein Dienst aufkommt, so sind von Hannoverscher Seite gleich zehn im Vorschlage, denn wie sie endlich den Küchenmeister in Güstrow hingeärgert hatten, da waren so viel, daß es nicht zu sagen. Wolfenbüttel aber recommendirt keinen einzigen, es hätte auch der Director wohl nicht sein dürfen, wenn er nicht bey Gumpel Moses und sonst nicht darein gesessen wäre."
Diese Beschreibung der damaligen Zustände im Lande klingt fast übertrieben, zumal sie aus dem Munde eines auf herzoglicher Seite stehenden Beamten stammt - aber die Geschichte erzählt noch trübere Bilder aus der Zeit der Exekution. Auch in der Postverwaltung wußte bald ein Stellenjäger zweifelhaften Schlages einen einträglichen, angesehenen Posten zu erringen. Im Jahre 1724 bewarb sich der württembergische Hofrath Hans Albrecht von Schütz, vermuthlich ein Verwandter des zweiten (Wolffenbüttelschen) Kassendirektors M. von Schütz in Boizenburg um Beschäftigung im Postdienste.
Von Schütz war entblößt von Allem und steckte tief in Schulden, wie man bei der Exekutionskasse in Boizenburg sich
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als offenes Geheimniß erzählte. Ob er für den Postdienst besondere Vorkenntnisse mitbrachte, wie man nach den Akten annehmen möchte, interessirt hier weniger zu wissen. Aber seine Persönlichkeit mußte doch empfehlend gewesen sein, ober er vermochte für sich das Gewicht warmer Fürsprache von dritter Seite geltend zu machen, denn die Kassendirektoren gingen auf sein Gesuch ein und beauftragten ihn, eine eingehende Inspektion des Postwesens vorzunehmen.
Schütz machte sich alsbald mit Eifer an die Arbeit. Gleich bei seiner ersten Inspektionsreise fand er aber noch mehr zu tadeln als zwei Jahre vor ihm die Postmeister Busekist und Zeller. Auf höhere Veranlassung hin begann er mit der Besichtigung des Postkontors in Rostock. Hier waltete seines Amts der schon mehrerwähnte Postmeister Babst, ein entschiedener Anhänger des Herzogs, gewaltthätig und brutal in seinem Auftreten gegen Beamte und Publikum, Vorgesetzte und Untergebene, dabei in jeder Weise auf seinen Vortheil bedacht. Er stand bei den subdelegirten Räthen in Rostock in besonders schlechtem Ansehen, denn er schaltete und waltete unter ihren Augen ungescheut nach eigenem Gutdünken, und die Räthe hatten ihn im Verdacht, daß er trotz aller Warnungen immer noch für den Herzog thätig war. Der hannoversche Subdelegirte, Ober-Appellationsrath von Alvensleben, schrieb wörtlich über ihn an die Exekutionskasse am 15. November 1723: " Il a obtenu ce poste pour avoir été un des 100 Männer, qui ont trahi cette ville; 1 ) c'est une créature dévouée entièrement á la cour, c'est aussi la raison pourquoi uous n'avons pas osé confier nos lettres à son bureau . . . "
Bei dem Rostocker Kontor stellte von Schütz eine Mißwirthschaft sonder Gleichen fest und faßte sein Endurtheil dahin zusammen, daß bei dem Kontor ein allgemein gültiges Postreglement überhaupt nicht vorhanden sei, die Taxen willkürlich erhoben würden, zeitweilig auch, wenn es vortheilhaft wäre, die Taxe von Güstrow in Anwendung käme. Im Kontor herrschte die größte Unordnung. Dem Postmeister stände als Kontroleur (zur besseren Ueberwachung richtiger Rechnungslegung über die Aufkünfte) sein Sohn zur Seite, und beide wirthschafteten fast nur für die eigene Kasse. Niemand wollte mit Babst zu thun haben, da er in rohester Weise sachliche Erörterungen mit Thätlichkeiten zu beenden pflegte, wie von Schütz selbst an sich
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hätte erfahren müssen. Verordnungen der Regierung fänden überhaupt keine Beachtung.
Dieser Befund bildet ein trübes Zeugniß für die früheren Verkehrsverhältnisse der wichtigsten Stadt des Landes, deren Erwerbsleben unter den mangelhaften Verkehrsanlagen empfindlich leiden mußte. so begreift es sich auch, daß der schwedischen Post, welche Babst allerdings auch besorgte, für die aber feste Normen erlassen waren, welche selbst Babst nicht zu verletzen wagte, fast der ganze Brief- und Personenverkehr der betriebsamen Stadt zufloß. Schütz fand denn auch zuletzt noch zu rügen, daß die schwedische Post den Postaufkünften schweren Schaden zufügte, und regte bei der Exekutionskasse an, die im Interesse der Postintraden nöthige Beschränkung der schwedischen Post herbeizuführen.
Nachdem von Schütz dann noch den Bezirk des Postkontors in Wittenförden inspicirt und hier die Geschäfte in Ordnung gefunden hatte, trat er mit Vorschlägen zur Besserung des Postwesens hervor. Wie Busekist und Zeller schon zwei Jahre früher hielt auch von Schütz den Erlaß eines Generalreglements und einer festen Taxe für das ganze Land für vornehmlich erforderlich, weiterhin noch die strengste Beaufsichtigung der Beamten, durchgreifende Wegebesserungen, weitere Ermäßigungen der Fuhrgelder und Anderes mehr. Auch über die finanzielle Seite der Sache ließ er sich- wenn auch nur vorsichtig und mit mehr allgemeinen als positiven Verheißungen - aus; für die Bezirke Rostock und Wittenförden glaubte er eine Nettoaufkunft von zusammen 1150 Thlr., für das ganze Land eine solche von annähernd 2000 Thlr. in Aussicht stellen zu können. Noch vor kaum 20 Jahren hatten die Posten schon 6000 Thlr. und darüber an Reineinnahmen aufgebracht! Auch das Verhältniß der schwedischen Post zur Landespost machte von Schütz zum Gegenstande längerer Auseinandersetzungen, die in lauten Klagen über die Uebergriffe der fremden Posten gipfelten.
Auch bei den kleineren Kontoren hatte von Schütz Revisionen abgehalten. Dabei kam dann allerdings Manches zu Tage, was auf die postalischen Zustände jener Zeit, und ebenso auch auf die Geduld und Bedürfnißlosigkeit unserer Voreltern ein seltsames Licht wirft. Der Postmeister in Wittenburg expedirte unordentlich, ließ seine Dienstgeschäfte bald von diesem, bald von jenem, nicht selten auch von Schulknaben verrichten. Er "übersetzte" das Porto, hielt schlechte Pferde und war brutal gegen das Publikum, wie er denn "das Dienstmädchen des Amtmanns daselbst, welches
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die für ihre Herrschaft eingelaufenen Briefe abzuholen pflegte, ohne Grund zu prügeln beliebte." In Malchin hielt der Postmeister ganz besonders schlechte Pferde, trotzdem er höhere Stationsgelder bezog als sonst ein Postmeister im Lande (für 8 Meilen von Güstrow bis Neubrandenburg 680 Thlr.); für seine Pferde bezahlte er beim Ankauf selten mehr als 4 Thlr., auch ließ er sie in der Regel ohne Zaum und Gebiß mit bloßem Reifhalter fahren. Die Pferde waren "sonst auch Hungers ganz entkräftet, dahero auf solche 8 Meilen fast allemahl 26 Stunden zugebracht werden."
Solcher Thatsachen führte von Schütz noch eine ganze Reihe auf - übergenug aber, um der Exekutionskasse endlich die Augen zu öffnen und sie zu größerer Energie anzuspornen. Aber sie that auch jetzt nur halbe Arbeit. Da von Schütz nach seinen bisherigen Leistungen die geeignetste Persönlichkeit zu sein schien, um Ordnung in die verfahrenen Verhältnisse der Postverwaltung zu bringen, so ernannten auf Vorschlag der Exekutionskasse die Exekutionshöfe den Hofrath von Schütz noch im Jahre 1724 in Anerkennung seiner bisher bewiesenen Thätigkeit zum Postdirektor dergestalt, daß er vom Tage seiner Ernennung ab die Specialleitung des gesammten Postwesens in Meklenburg=Schwerin auszuführen hatte. Die obere Leitung verblieb der Exekutionskasse in Boizenburg. Wichtigere Sachen waren der unmittelbaren Entscheidung der Höfe vorbehalten. Als Wohnsitz wurde dem neuen Postdirector Rostock angewiesen, wo die subdelegirten Räthe residirten; sein Gehalt betrug 500 Rthlr. jährlich, außerdem bezog er Futter für vier Pferde, deren er wegen seiner häufigen Inspektionsreisen im Lande bedurfte.
Trotzdem die Exekutionshöfe das Richtige in den Vorschlägen des Postdirektors von Schütz wohl erkannten, konnten sie sich doch nicht dazu aufraffen, postgesetzliche Bestimmungen zu erlassen, oder Neuerungen von einiger Wichtigkeit vorzunehmen, denn die Furcht, mit der Ritterschaft des Landes auch über postalische Fragen in Berathungen eintreten zu müssen, wobei dann sicher Differenzen entstehen würden, bildete auch jetzt noch das Hinderniß, an dem eine durchgreifende Reformthätigkeit erlahmen mußte. Alle Vorschläge des Postdirektors gingen daher ohne Weiteres als schätzenswerthes MateriaI zu den Akten.
Eine von dem Hofrath von Schütz im Entwurf vörgelegte Postordnung, enthaltend postgesetzliche Bestimmungen für den Verkehr zwischen Post und Publikum, war in ihrer Art recht brauchbar und übersichtlich und hätte bei Berücksichtigung der
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Zeitverhältnisse immerhin Anerkennung verdient; sie blieb aber nur Entwurf, weil Dinge postgesetzlicher Natur von den Berathungen mit der Ritterschaft grundsätzlich ausgeschlossen wurden.
Es erweckt nach den Akten fast den Anschein, als hätten die Exekutionshöfe bei ihrem passiven Verhalten den an sich richtigen Nebengedanken gehabt, daß der Postdirektor von Schütz - übereifrig und interessirt, wie er war - sich schon durch eigenes Streben und ohne den Erlaß eingehender Verordnungen seine Position schaffen und den meklenburgischen Postkursen zu besserer Entwicklung verhelfen würde, denn es gehörte zu seiner Dienstpflicht, möglichst oft durch persönliche Einwirkung bei den Postkontoren nach dem Rechten zu sehen und die Postkurse, sobald sich Zeit und Gelegenheit fand, zu bereisen und zu inspiciren.
Diesen Erwartungen entsprach von Schütz allerdings in mehr als wünschenswerthem Maße. Zunächst suchte er zu erreichen, daß die von ihm angeregten Verbesserungen thatsächlich eingeführt würden, aber ohne eigentlichen Erfolg. Das Einzige, was er zu erreichen vermochte, war, daß feine Anregungen wegen der Wegebesserungen wenigstens bis an den Landtag kamen. Aber das von ihm eingereichte Verzeichniß der besonders schlechten Wege war so umfangreich geworden, daß außerordentliche Mittel dazu gehört hätten, die Wege in einigermaßen erträglichen Stand zu bringen; die schlechte finanzielle Lage des Landes verbot derartige kostspielige Operationen. Die Sache blieb also, wie Sie war.
Innerhalb des engen Kreises der Postverwaltung machte sich der Einfluß des Postdirektors wn Schütz aber bald bemerkbar. Er war fast ununterbrochen auf Inspektionsreisen unterwegs und erschien unerwartet bei den Postkontoren, wo er in rücksichtslosester Weise durchgriff und aufgefundene Mißstände sofort abstellte oder zur höheren Kenntnißnahme nach Boizenburg berichtete. Die Postmeister, die bis dahin bei den fortdauernden Wirren im Lande ohne jede Aufsicht von oben nur immer in ihre Tasche gewirthschaftet hatten, geriethen jetzt in die größte Erregung und warfen allen Haß, den sie als Anhänger des Herzogs Carl Leopold gegen das "Lüneburger Regiment" im Lande offen zur Schau trugen, gegen den Schützling der Lüneburger, den Hofrath von Schütz. Zunächst beschwerten sie sich beim Herzoge über die jetzt im Postwesen vor sich gehenden ungesetzlichen Neuerungen, aber da von Danzig keine Abhülfe erfolgen konnte, so wandten sie sich in zahllosen Eingaben an die Exekutionskasse, ja selbstan die Exekutionshöfe mit der Bitte, sie vor den Gewaltthätigkeiten des Postdirektors in Schutz zu nehmen. Waren schon diese
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Bitten in wenig schmeichelhaften Ausdrücken abgefaßt, so führten die Berichte und Erwiderungen des Hofraths von Schütz meist eine noch schärfere Sprache und paßten wenig zu seiner Stellung und der Politik der Exekutionsregierung, die sich bemühte, nach Kräften zu laviren und jeden lauten Zwist zu vermeiden. Selbst den Kassendirektoren gegenüber war von Schütz durchaus nicht wählerisch in seinen Berichtsausführungen. Mancher herbe Tadel floß ihm daher von dieser Seite zu, ohne indessen auf das Verhalten des Postdirektors nachhaltig zu wirken. Den Kassendirektoren war der Hofrath von Schütz, der um jede Kleinigkeit jederzeit Aufhebens machte und sobald ihm nicht Jeder sofort zu Willen war, mit direkten Berichten an die Kommissionshöfe drohte, bald ein ebenso unwillkommener Gast wie den Postmeistern im Lande, zumal seine zahllosen Berichte, Vorstellungen, Klagen und Verbesserungsvorschläge der Kasse und den Kassendirektoren eine nicht unerhebliche Mehrarbeit verursachten. Schon nach einjähriger Wirksamkeit im Postwesen hatte von Schütz seine Stellung nach oben wie nach unten vollständig verdorben. Die Postkontore waren widerwilliger als je und setzten allen seinen Anordnungen passiven Widerstand entgegen, und bei der Exekutionskasse fand er wegen seines wenig taktvollen Verhaltens immer geringere Beachtung und Unterstützung.
Unter derartigen unerquicklichen Verhältnissen war die dringend wünschenswerthe Besserung der Posten beinahe völlig in Frage gestellt, nicht zuletzt auch aus dem Grunde, weil der Hofrath von Schütz mit seinem Uebereifer durchaus nicht selbstlose Absichten verband; denn für ihn war, wie Jebermann wußte, die Besserung seiner eigenen derangirten Verhältnisse das Ziel aller Arbeit. Das kam bald an's Licht. Gegen das Ende des Jahres 1725 legte er nämlich den Exekutionshöfen ein längeres Memorial vor, um zu beweisen, in welchem Maße das meklenburgische Postwesen während seiner bald zweijährigen Verwaltungsthätigkeit sich gehoben haben sollte. Er wies in der Denkschrift vor Allem auf die angeblichen Erfolge seiner eigenen Thätigkeit hin und ließ mehrfach einfließen, daß der jetzige günstige Zustand des meklenburgischen Postwesens lediglich das Verdienst seiner Arbeit sei. Wenn auch nicht in Abrede genommen werben soll, daß von Schütz sich manche Verbienste wirklich erworben hatte, so entsprach der Zustand des Postwesens doch bei Weitem nicht seiner Schilderung; denn wenn auch mehrfach offen zu Tage liegende Mißstände von ihm beseitigt worden waren, so nahm auch im Postwesen die innere Zersetzung ungestört ihren Fortgang.
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Darüber waren selbst die Kassendirektoren durchaus nicht im Zweifel. Von Schütz schloß sein Memorial mit dem Gesuch, ihm alle meklenburgischen Posten in Pacht zu geben und zwar unter folgenden Bedingungen: Die Pacht sollte 2800 Rthlr. jährlich betragen, die Dauer des Vertrages zunächst 12 Jahre umfassen, da in der ersten Zeit sicher eine Unterbilance zu erwarten sei. Die von ihm zu verhängenden Geldstrafen sollten zur Hälfte ihm, zur anderen Hälfte der Exekutionskasse zufließen; die Kautionen der Beamten wären ihm zu überweisen. Ueberdies forderte er energischen Schutz und Beistand für seine Verwaltung und hielt es für geboten, daß die Ersatzverbindlichkeit für casus fortuiti ("so weder von ihm noch von den Postmeistern, Wagenmeistern und Postillonen verschuldet") von der Exekutionskasse getragen werden müßte. Uebrigens würde er, wie er besonders glaubte hervorheben zu müssen, nach wie vor der Exekutionskasse in Eid und Pflicht zugethan bleiben.
In Boizenburg fühlte man sofort das Abenteuerliche in den Plänen des Postdirektors von Schütz heraus. Immerhin konnte das scheinbare nähere Eingehen auf seine Vorschläge dazu verhelfen, einen tieferen Blick in den wirklichen Zustand des Postwesens zu thun und vor Allem die finanzielle Seite kennen zu lernen. Die Kasse ließ daher in ihrer Erwiderung durchblicken, daß der angebotene Jahreskanon von 2800 Rthlr. viel zu gering bemessen sei, da die Posten des Bezirks Wittenförden allein schon einen rechnungsmäßigen Ueberschuß von 1700 Rthlr. gewährten. Der Form wegen ging auch, noch bevor von Schütz zurückberichten konnte, ein Bericht an die Exekutionshöfe ab; die Kasse verfehlte nicht, die sonderbare Verwaltungsthätigkeit des Postdirectors von Schütz ins rechte Licht zu setzen, und kam am Schluß ihrer Darlegung mit ihrer eigenen Ansicht über den eigenartigen Antrag heraus, indem sie sich dafür aussprach, daß die Posten überhaupt nicht verpachtet werden dürften, am Wenigsten an den Postdirektor von Schütz, dessen mißliche Lage und sein unschickliches Gebahren nur sehr geringe Garantie für die Aufrechterhaltung des Pachtvertrages bieten könnten. Von seiner Thätigkeit im Postdienste sei auch fernerhin nicht viel Ersprießliches zu erwarten, da er in seinem Auftreten auch der vorgesetzten Exekutionskasse gegenüber zu schroff und unlenksam sei und gegen zahlreiche Beamte gar unzeitige Animositäten gezeigt habe, sodaß man täglich mit Querelen behelligt werde, die um so unverständlicher wären, als die Hauptkontors in zuverlässigen Händen wären. Die Kassendirektoren glaubten überdies sicher versprechen zu können,
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daß der vom Postdirektor von Schütz angebotene Pachtbetrag - sobald nur Handel und Wandel sich wieder heben und die Kreditverhältnisse sich bessern würden - auch unter ihrer Verwaltung voraussichtlich bald erzielt werden würde.
Eine in der Zwischenzeit in Boizenburg eingelaufene neuerliche Eingabe des Hofraths von Schütz fand keine Beachtung mehr, nachdem die Exekutionshöfe, ohne weitere Erhebungen zur Sache vorzunehmen, das Anerbieten des Postdirektors rundweg abgelehnt hatten.
Dadurch ließ von Schütz sich jedoch nicht sehr beirren, sondern wirkte ruhig in der bisherigen Art weiter. Aber seine amtliche Stellung war jettzt wesentlich verschlechtert; denn bei den Kassendirektoren fand er nur noch selten den gewünschten Rückhalt, sodaß ihm sein Amt täglich mehr zur schweren Bürde wurde. Kam es doch vor, daß die Direktoren den Postkontoren direkt Befehle zufertigten, von denen er erst Kenntniß erhielt, wenn er bei den Kontoren dienstlich zu thun hatte. Dennoch ließ er es an dem gewohnten Eifer nicht fehlen, aber wirkliche Erfolge erzielte er auch später nicht, und dem meklenburgischen Postwesen vermochte er daher zu besserem Gedeihen nicht zu verhelfen.
Die Ursache seiner Mißerfolge war aber nur zum Theil ihm persönlich zur Last zu schreiben, in wesentlich höherem Grade den im Lande noch immer andauernden politischen Wirren, denn seit dem Jahre 1727 herrschte völlige Anarchie im Lande. Herzog Carl Leopold übte von Danzig aus seinen gewohnten, unheilvollen Einfluß aus, und die Exekutionshöfe konnten zwar das offene Feuer im Lande dämpfen, nicht aber die versteckte Glut löschen, die überall im Geheimen fortglimmte und die Wiederkehr der Ruhe erschwerte.
In dieser Noth schritt der Kaiser wieber ein. Er suspendirte im Jahre 1728 den Herzog Carl Leopold gänzlich von der Regierung und ernannte dessen Bruder, Herzog Christian Ludwig, zum Administrator des Landes. Dieser Gewaltakt machte das Uebel aber nur noch ärger; denn von keiner Seite wurde diese kaiserliche Verfügung anerkannt. Die anarchischen, regellosen Zustände dauerten bis zum Jahre 1730 fort; aber offener Aufruhr brach im ganzen Lande aus, als Herzog Carl Leopold in diesem Jahre wieder in Meklenburg erschien und die Regierung, soweit sein Einfluß reichte, wieder ausübte. Unerträgliche Zeiten kamen jetzt über Meklenburg. Ueberall streiften im Lande bewaffnete Banden umher und vernichteten die geringen Ueberbleibsel des Verkehrs vollständig. Für die Posten war jetzt eine neue Krise
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eingetreten; die Postkurse stockten vollständig, denn auf Befehl des Herzogs Carl Leopold mußten seine Reiter die Fahrposten, deren sie habhaft werden konnten, anhalten und mit der vorgefundenen Ladung nach Schwerin bringen, wo er sich aufhielt. Die Pferde wurden zur Verstärkung seiner Kavallerie verwendet. Unter solchen Verhältnissen getraute sich kein Posthalter mehr, Pferde zu den Posttransporten herzugeben. Die Postkontore mußten daher feiern, da Niemand mehr Sendungen einlieferte und von auswärts keine Posten mehr ankamen. Das Postkontor in Wittenförden stellte für geraume Zeit seinen Betrieb ganz ein. Da der Unwille des Herzogs Carl Leopold über diese Schöpfung der "Lüneburger" besonders groß war, so hatte der Postmeister vor der Annäherung des Herzogs rechtzeitig seine Haut in Sicherheit gebracht. Der bei dem Postkontor beschäftigt gewesene Postschreiber war von herzoglichen Reitern aufgegriffen und gefangen gesetzt worden.
Mehrere Jahre dauerten diese schlimmen Zustände in Meklenburg fort. Besserung trat erst ein, als Herzog Carl Leopold im Jahre 1735 von den Exekutionstruppen geschlagen war und darauf, aller Macht entblößt, in Wismar Zuflucht suchen mußte. Sein Bruder, Herzog Christian Ludwig, trat jetzt die kaiserliche Administration über Meklenburg in vollem Umfang an, ohne daß von dritter Seite Einspruch erhoben worden wäre. Jetzt konnte endlich das Land nach fast zwanzigjähriger Kriegsnoth wieder aufathmen. Die fremden Truppen wurden aus Meklenburg zurückgezogen, und die Exekutionshöfe England - Hannover und Preußen, auf welches seit 1728 das Konservatorium über Meklenburg mit ausgedehnt war, stellten ihre Thätigkeit ein, nicht ohne indeß ihre Exekutionskosten vorher liquidirt zu haben. Da das Land zur Bezahlung dieser Kosten bei seinen völlig zerrütteten Verhältnissen außer Stande war, so mußten an Kurhannover acht Aemter im westlichen, an Preußen vier Aemter im südlichen Meklenburg als Pfandobject überlassen werden. Die zwölf Aemter, die sog. Hypothekämter, machten ungefähr den vierten Theil des Landes aus.
Wesentlich durch die Verpfändung der Aemter in seiner Machtbefugniß beschränkt, trat Herzog Christian Ludwig nun die Administration des Landes an. Aber vom Tage der Uebernahme
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des Amts an entfaltete er eine Reformthätigkeit zur Hebung des Landes, wie sie unter ähnlich schwierigen Verhältnissen ihres Gleichen suchen könnte. Auch der Postverwaltung ließ er die gebührende Sorgfalt angedeihen. Das bisherige Postkontor in Wittenförden wurde noch im Jahre 1735 nach Schwerin zurück verlegt. Sämmtliche Postkurse traten allmählich wieder in Gang. Aber um die zahlreich eingeschlichenen Mißstände im Postwesen zu beseitigen, bedurfte es langer Zeit, und die Regierung verhehlte sich nicht, daß sie erst für ihre Bemühungen nach Verlauf mehrerer Jahre wirkliche Erfolge auf dem verwahrlosten Gebiete würde ernten können. Dennoch ging sie thätig ans Werk und besserte, wo sie mit ihren unzureichenden Mitteln helfen konnte.
Ernste Schwierigkeiten erwuchsen zunächst aus den im Besitz Hannovers befindlichen Hypothekämtern, durch welche die wichtigen Postkurse nach Hamburg liefen. Der Oberaufseher der Aemter, von Hauß in Boizenburg, forderte, daß alle Postgefälle, die innerhalb der Hypothek erhoben wurben, zur Hypothekkasse berechnet werden müßten. Dem widersprach die herzogliche Administrationsregierung auf Anrathen des Postdirektors von Schütz, der auch unter den neuen Verhältnissen sein Amt behalten hatte, energisch, aber da die ruhige, dachgemäße Behandlung des Falles dei der ablehnenden Haltung der Hannoverschen Regierung allein vor weiterem Schaden bewahren konnte, so berief Herzog Christian Ludwig den Postdirector von Schütz und die Postmeister in Schwerin, Rostock und Güstrow zu einer Berathung nach Schwerin. Bei der am 6. August hier stattfindenden Besprechung wies von Schütz darauf hin, daß nach der kaiserlichen Verordnung vom 18. November 1734, die das Rechtsverhältniß der Hypothekämter regelte, der Krone Hannover neben sonstigen Befugnissen auch der Bezug der Postgefälle bis zur Wiedereinlösung der Aemter durch Meklenburg verbleiben sollte.
Im Weiteren legte von Schütz auch die kaiserliche Verordnung vom 27. Juni 1735 vor, die bezüglich der Postgefälle verfügte: "Was die Postrevenüen in ben verhypothecirten Aemtern anlangt, so lassen es Kais. Maj. bei der am 18. November 1734 hierüber ergangenen Resolution nochmals allergnädigst bewenden; in Verfolg deren diejenige Postbediente, so mit Einnahme und Berechnung der Postrevenüen zu thun haben, für den König zu verpflichten und wo ein oder ander abgehet, die Bestellung solcher Postbedienten währender Hypothek demselben überlassen bleibe, 1 )
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hingegen sei dem Kommissario das ganze Reglement der Posten auch in diesen verhypothecirten Aemtern von Kais. Maj. alleinig commitirt. Nachdem das Postkontor zu Hamburg weder zur Specialhypothek mit verlanget, noch auch was außer den verhypothecirten Aemtern anderwärts an Revenüen sich befindet, pro hypotheca mit coustituiret worden, so ließen es Kais. Maj. hierinfalls dabei bewenden, daß das mektenburgische Postkontor zu Hamburg unter der constituirten Special-Hypothec nicht mitbegriffen sei."
Nach dieser Verordnung flossen allerdings die Revenüen aus den Posten innerhalb der Hypothekämter zur Hypothekkasse, aber der Zwang, alle Postgefälle ungeschmälert dahin abzuführen, war nicht in der Verordnung ausgesprochen, denn diese hatte augenscheinlich nur die Nettoaufkunft der Posten im Auge; wenn Hannover also an den Erträgen der Posten Theil haben wollte, so mußte es auch die Betriebskosten tragen helfen. In der That gab die hannoversche Regierung vor dem Gewicht dieser Argumente nach; die Differenz wurde im Jahre 1736 durch eine Konvention in der Art beigelegt, daß die auf den beiden meklenburgischen Postkursen nach Hamburg in Boizenburg, Wittenburg, Rehna und Gadebusch erzielten Einnahmen, welche auf rund 1700 Rthlr. geschätzt wurden, ganz der Hypothekkasse zufließen, hingegen die Ausgaben, welche die Hamburger Postkurse innerhalb des Gebiets der Hypothek verursachten, zum Betrage von rund 1300 Rthlr. von den vorbezeichneten Postkontoren als Unterhaltungsbeitrag für die Posten an die meklenburgische Postverwaltung vergütet werden sollten. Die Jahresaufkunft aus den Postgefällen in den Hypothelämtern belief sich demnach auf etwa 400 Rthlr., sie war aber später erheblich höher, da unter der Administration des Herzogs Christian Ludwig Handel und Verkehr wieder aufzublühen begannen.
Hinsichtlich der an Preußen verpfändeten Aemter kamen Differenzen auf postalischem Gebiete nicht vor, da auf dem Gebiet dieser Aemter wichtigere Postkurse nicht bestanden.
Nach Beilegung des Zwistes mit Hannover nahm Herzog Christian Ludwig die Reform im Postwesen wieder auf. Von Werth waren ihm dabei die Anregungen, welche der Postdirektor von Schütz 1735 in längerem Memorial eingereicht hatte. Dieser
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hatte den Zeitpunkt, der ihm eine neue vorgesetzte Behörde brachte, für günstig gehalten, in dem Bericht an erster Stelle die Erfolge seiner zehnjährigen Thätigkeit im Postwesen aufzuzählen und seine Verdienste in grellen Farben zu beleuchten. Von Schütz hatte allerdings in schwerer Zeit sich bemüht, die Ordnung im Postwesen aufrecht zu erhalten und in seinem Ressort bessere Zustände zu schaffen, aber seine Thätigkeit hatte sich seit 1730 eigentlich ganz auf minderwichtige Dinge des lokalen Postdienstes beschränkt, während Sachen von Bedeutung der unmittelbaren Behandlung und Erledigung der Regierung bezw. Administration unterlegen hatten. So hatte er zuletzt überhaupt keine Gelegenheit gehabt, wirkliche Verdienste sich zu erwerben.
Die Kammer, der sein Bericht zur Begutachtung zuging, führte seine angeblichen Verdienste denn auch auf ihr richtiges Maß zurück und fällte überdies noch über seine Person eine herbe, absprechende Kritik.
Außer seinen früheren Vorschlägen, die er auch jetzt wiederholte, hatte von Schütz der besonderen Fürsorge der Regierung empfohlen, die eingerissenen Portofreiheiten einzuschränken, den Wege- und Straßenbau zu betreiben, Wegweiser aufzustellen, das Verhalten der Postmeister mehr zu beaufsichtigen, Kontroleure zur Revision des Postbetriebes zu bestellen, u. dergl. mehr, endlich noch die viel angefochtene Autorität des Postdirektors gegen die unteren Postorgane zu befestigen.
Die Kammer berichtete, daß der Hofrath von Schütz die Postfreiheiten gerabe am Meisten benutzt und mißbraucht habe; die Wegebesserung sei schon in die Hand genommen, dieselbe könnte ihm aber nicht anvertraut werden, "da es in Betracht der Art, wie er seine affaires betreibt, ganz ohne nützlichen effect sein würde"; Wegweiser seien zwar sehr nützlich und anderswo viel in Gebrauch, aber ein Postillon müßte seinen Weg allein finden und kennen. Das schlechte Betragen der Postmeister sei schon denselben durch die Bestallung untersagt, der Vorschlag also unangemessen; Kontroleurs anzustellen, laufe nur auf eine Titeländerung hinaus und gäbe nur zu Gesuchen um Gehaltsverbesserungen Anlaß. Ueber Schütz selbst sagte der Kammerbericht, er habe durch sein Verhalten selbst verursacht, wenn seine Autorität geschwunden sei. Die früheren Kassendirektoren hätten ihn deshalb "wohlweißlich ratione seines Dienstes fast aus aller activität gesetzt und seiner auch an offentlicher Tafel mit solchen Worten erwähnt, die die Ursache seiner geschmälerten Autorität genugsam ans Licht bringen." Die Bemerkung des Hofraths
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von Schütz, daß während seiner elfjährigen Verwaltung die meklenburgischen Posten einen reinen Ueberschuß von 40000 Rthlr. gebracht hätten, wurde mit folgenden bezeichnenden Worten abgethan: "In der Zeit von 11 Jahren haben sämmtliche meklenburgischen Posten an Ueberschuß noch keine 30000 Rthlr. (wie en moment bewiesen werden kann) baar eingebracht. Kann ich nun davon die in solchen Jahren von dem Postdirektor gezogene und über 7000 Rthlr. steigende Besoldung und Fouragegelder subtrahiren, so wird kaum ein Ueberschuß von 20000 Rthlr., folglich ein offenbar unerweisliches Vorhaben bleiben, baß der Postdirektor dem aerario auch nur einen Pfennig acquerirt habe, hingegen mehr als zu klar in die Augen fallen, daß dem aerario durch ihn wenigstens soviel als er jährlich pro salario bezogen, an Schaden verursacht worden; endlich auch daraus sich zu Tage legen, mit was Recht er seine Besoldung, die er vornehmlich aus der durch seinen Fleiß zu verschaffen versprochene Verbesserung der Postrevenues haben sollen, die Zeit her gehoben."
Diese Kritik nahm dem Postdirektor von Schütz den letzten Rest seines Einflusses. Er behielt bis zu seinem Tode (1739) zwar sein Amt und Einkommen bei, bemerkenswerthe Nachrichten sind aber über seine Thätigkeit in den Akten nicht mehr enthalten.
Immerhin waren seine Vorschläge und Anregungen zur Reorganisirung des Postwesens doch nicht auf unfruchtbaren Boden gefallen, denn Herzog Christian Ludwig ließ sie sich bei seiner Reformthätigkeit als Muster dienen. Die älteren Postverordnungen wurden sämmtlich erneuert und den Postkontoren zur strengsten Beobachtung eingeschärft. Das Fuhrgewerbe, das seit längerer Zeit wieder den Wettbewerb mit den Posten in außerordentlich schädigender Weise aufgenommen hatte, wurde scharf kontrolirt; Uebertretungen fanden sofortige harte Ahndung. Auch in den arg gestörten Postenlauf kam allmählich wieder Pünktlichkeit und Sicherheit; die einzelnen Kurse griffen immer besser in einander ein.
Um den Passagieren den Aufenthalt auf den Postwagen, welche infolge ihrer ungefügen Ladung mehr Frachtwagen glichen und deshalb keine Stunden halten konnten, angenehmer zu machen, erging aus Neustadt, den 7. Mai 1735, die herzogliche Verordnung, daß bei 10 Thlr. Strafe keine Päckereien über Centnerschwere angenommen werden sollten. Da diese Verordnung nicht sofort wirkte, sodaß noch in demselben Jahre einmal der Postwagen von Hamburg nach Güstrow unter der Last der Ladung zusammenbrach, auch erhebliche Verspätungen der auswärtigen
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Anschlußkurse 1 ) vorkamen, so wurde d. d. Neustadt, 16. Dec. 1735, die Verordnung nochmals allen Beamten eingeschärft.
Im Jahre 1736 wurde demnächst das Höchstgewicht einer Postladung auf den Hamburger Kursen auf 2000 beschränkt. Um auch in der Kammer den Postenlauf kontroliren zu können, mußten fortan sämmtliche Stundenzettel von den Postämtern eingereicht werden. Da auch viele Ersatzforderungen vorgekommen waren, durch Verlust von Postsendungen auf den unebenen Straßen, Diebstahl in der Nacht u. s. w., so wurde bestimmt, daß werthvollere Sachen nicht in den an allen Wagen angebrachten Schoßkellen, sondern in der Postlade verwahrt werden sollten. Von den sonstigen Vorschlägen des Postdirektors von Schütz wurden dann noch Verfügungen gegen das Ueberhandnehmen der Freibeförderung von Sendungen erlassen.
Die Bemühungen des Herzogs-Administrators Christian Ludwig um die Hebung des Postwesens waren nicht vergeblich. Im Jahre 1740 lieferten die Posten bereits einen baaren Ueberschuß von 4800 Thlr., trotzdem aus dem vierten Theil des Landes die Ueberschüsse (etwa 1000 Rthlr. jährlich) der Kammer entgingen. Insgesammt brachten die meklenburgischen Posten daher im Jahre 1740 eine Nettoaufkunft von etwa 6000 Thlr. ein.
Wesentlich mit verdankte Herzog Christian Ludwig diese erfreulichen Erfolge seinem Streben, alle der gedeihlichen Entwicklung der Posten schädlichen Schwierigkeiten durch Besonnenheit und Nachgiebigkeit fern zu halten.
Die Akten berichten mehr als einen Fall,. wo dieses Streben zu Tage tritt. Durch den Diensteifer des Hofpostmeisters Jahnke in Schwerin waren mit dem Oberaufseher der Hypothekenämter in Boizenburg über die Auslegung der Konvention von 1736 Differenzen entstanden. Die Postämter in der Hypothek suchten die Postgefälle nach Möglichkeit zu erhöhen, indem Sie sämmtliche Postsendungen auf möglichst weitem Wege durch das Gebiet der Aemter leiteten. Von Gadebusch ging z. B. die Korrespondenz nach Berlin und weiter, welche früher über Schwerin und Güstrow geleitet war, nach Boizenburg, wo sie dann sofort auf die Berliner
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Post überging. In Schwerin machte sich naturgemäß bald ein Ausfall am Transitporto fühlbar, und der Rent- und Postmeister Jahnke in Schwerin forderte das Postamt in Gadebusch auf, den früheren Speditionsweg weiterzubenutzen, widrigenfalls nach den Karten der Ausfall berechnet und reklamirt werden müßte. Nachdem in der Sache das Gutachten des Reichs-Postmeisters in Hamburg eingeholt war, welches erklärte, daß jedem Aufgeber die Wahl eines Beförderungsweges für seine Sachen freistünde, wurde die Angelegenheit gütlich dahin beigelegt, daß das Kontor in Gadebusch Auftrag erhielt, die Bestimmungen der Konvention von 1736 genau zu befolgen und Sendungen, auf denen der Absender den Leitweg über Boizenburg nicht besonders vorgeschrieben hatte, wie früher über Schwerin zu leiten.
Ernster waren die Differenzen, welche mit der Krone Hannover noch zu Anfang der vierziger Jahre wegen des Durchgangs der meklenburgischen Posten durch Lauenburg entstanden. Bis zum Jahre 1740 waren wegen des Bestehens meklenburgischer Postkurse auf lauenburger Gebiet irgend welche Verhandlungen zwischen den betheiligten Regierungen nicht gepflogen worden. Aber während der Exekution hatte die hannoversche Regierung die Bedeutung und den Werth der Hamburger Posten für Meklenburg kennen gelernt und bemühte sich nun, an den Aufkünften der Postkurse, wenigstens von Lauenburg ab, Antheil zu haben. Ein Vorwand, die Frage anzuregen, war bald gefunden. Das hannoversche Regierungskollegium in Ratzeburg hatte um Bewilligung umfänglicher Portofreiheiten auf den Meklenburg - Hamburger Postkursen nachgesucht, war aber abschlägig beschieden worden. Darauf lief aus Hannover die Erwiderung ein, daß den meklenburgischen Posten, weil kein Vertrag über den Transit bestehe, die Durchfahrt durch das Lauenburger Gebiet nicht gestattet werden könnte. Der meklenburgischen Regierung wurde aber freigestellt, die Posten bis Ratzeburg und Lauenburg zu führen, von wo ab Hannover für eigene Rechnung die Postkurse bis Hamburg unterhalten würde. Herzog Christian Ludwig bemühte sich natürlich sofort mit dem Hinweis auf den fünfzigjährigen Bestand der Posten diese harten Maßregeln abzuwenden, aber in dem Antwortschreiben des Königs Georg von England - Hannover (d. d. Kensington 15./26. October 1742) hieß es: "Denn was die jura territorialia in Absicht der Posten mitbringen, und welchergestalt kein deutscher Reichsstand fremde Posten in seinem Lande zuzulassen ober zu dulden ohne hinzukommende concessiones, pacta oder besonders von dem anderen Theil er=
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worbene Gerechtsame schuldig sei, das ist Euer Liebden ohne mein Anführen bekannt. Dergleichen Concessiones sind aber über besagte Post von mir und meinen Vorfahren an der Regierung niemals ertheilt worden. Und wie aus der seitherigen Tolerantz als einer bloßen willkürlichen Sache so wenig eine beständige in perpetuum sich erstreckende Bewilligung gefolgert werden, als durch selbige mir die Befugniß benommen sein kann, meine lauenburgischen Posten auf eine erlaubte Art zu verbessern, da dieses wiederum auf eine rem merae facultatis hiuausläuft, also würde auch, wenn es gleich mit der angezogenen fünfzigjährigen possession seine Richtigkeit hatte und man die Sache auf den Fuß ansehen wollte und könnte, als ob es dabei auf die Erwerbung eines juris singularis ankäme, dennoch die Zeit solcher possession noch lange nicht an die Anzahl Jahre reichen, welche zu einem unvordenklichen Besitz und einer darauf zu bauenden praescription nöthig ist, so daß an allen Seiten sich unzweifelhaft zu Tage leget, wasmaßen ich die mehrgedachten meklenburgischen Posten in meinem lauenburgischen Territorio nicht zu dulden befugt, hingegen aber die Anbindung derselben mit meinen lauenburgischen Posten dasjenige einzige Mittel sei, welches bewandten Umständen nach ohne meine Benachtheiligung und mit Beobachtung der Bequemlichkeit des Publici und Ew. Lbd. eigener Convenienz eintreten könne.
Meines Bedünkens ist die von Ew. Ld. geäußerte Bedenklichkeit, wasmaßen dieselben Sich als kaiserlicher Kommissarius nicht befugt hielten, dergleichen transactiones einzugehen, dadurch erlediget worden, daß der von meinem ministerio geschehene Antrag auf etwas temporaires gerichtet ist.
Auf allen Fall wird es mir aber nicht verdacht werden können, daß ich mich meines habenden Rechts bediene, alß wodurch nach der gemeinen Rechtsregul Niemandem Unrecht geschehen wird."
Die nun in der Angelegenheit abgehaltenen Konferenzen verliefen ohne ein für Meklenburg günstigeres Resultat. Andere Schritte, die Christian Ludwig unternahm, um aus der Verlegenheit herauszukommen - Einforderung rechtlicher Gutachten von mehreren Universitaten u. s. w. - führten auch zu keinem Ziel, denn die Universität in Halle bat, ihr die Beantwortung der gestellten Fragen zu erlassen, "dieweilen sie aus erheblichen Ursachen die Ertheilung dieses responsi bedenklich halte;" die sonst um ihre Ansicht angegangenen Fakultäten wichen in ihren Aussprüchen bedenklich von einander ab. Selbst an den Reichshofrath und
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an den Hof in Berlin wandte sich Herzog Christian Ludwig mit der Bitte um Vermittlung, aber gleichfalls ohne Erfofg, denn der Reichshofrath nahm die Partei Hannovers. Ein Antwortschreiben aus Berlin oder ein Vermerk, daß der Berliner Hof die Vermittlerrolle übernommen hätte, findet sich nicht in den Akten. In dieser Noth suchte Christian Ludwig nochmals bei Hannover selbstgünstigere Bedingungen zu erzielen, indem er in eindringlichen Worten das Recht Meklenburgs an dem Durchgange der Posten durch Lauenburg klar zu beweisen suchte; er erzielte damit aber nichts, sondern rief obendrein noch die bündige Erklärung Hannovers hervor, daß die bisherige Durchfahrt und Ablager der meklenburgischen Posten im Lauenburgischen nicht weiter gestattet werden könnten. Doch zeigte sich die englische Regierung zu weiteren kommissarischen Unterhandlungen bereit. (Schreiben aus St. James 4/15. März 1743). Um etwaigen Gewaltmaßregeln der hannoverschen Regierung nach Möglichkeit vorzubeugen, entschloß sich Herzog Christian Ludwig in die von Hannover vorgeschlagene kommissarische Verhandlung der Angelegenheit einzutreten. Als herzoglicher Abgeordneter ging der Zahlkommissair Balck nach Hannover. Er hatte infolge seines gewandten Auftretens auch den Erfolg, daß am 21. September 1743 eine Konvention zustande kam, nach welcher den meklenburgischen Posten gegen eine jährliche Rekognition von 300 Rthlr. nicht allein der Transit, sondern auch die Kollektur und die Distribution von Postsendungen auf lauenburger Gebiet in bisherigem Umfange zugestanden wurde. Die Konvention sollte vorerst auf die Dauer von 8 Jahren von Bestand sein.
Dieses für Meklenburg günstige Resultat läßt sich nur durch die Absicht der hannoverschen Regierung erklären, künftig zwischen Hamburg und den lauenburgischen Städten eigene Posten anzulegen; vielleicht war man in Hannover auch der Ansicht, daß die Kommunionposten Lauenburg - Hamburg keine höheren Erträge als 300 Rthlr. abwerfen würden. Wie dem auch sei, die Konvention wurde von beiden Regierungen bestätigt. Zu größerer Sicherheit wurde in der Postkonvention das Postregal der Krone Hannover in Lauenburg außer Zweifel gesetzt. Die meklenburgische Regierung sagte zu, daß die Korrespondenz aus Meklenburg nach Hannover, die bis dahin vielfach den Weg über Hamburg genommen hatte, über Lüneburg geleitet, wogegen ihr für den Portoausfall eine angemessene Vergütung gewährt werden solle; schließlich war noch wegen einiger Postfreiheiten für einzelne hannoversche Beamte das Erforderliche vereinbart worden.
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Trotz der scheinbar unüberwindlichen Schwierigkeiten wegen des Durchgangs der Posten hatte Meklenburg durch die Konvention einen überraschend günstigen Erfolg erzielt, denn die geringe Jahresabgabe von 300 Rthlr. konnte bei den stetig wachsenden Aufkünften der Landesposten nicht wesentlich in Frage kommen, zumal jetzt der Besitzstand der wichtigen meklenburgischen Posten nach Hamburg auf lauenburgischem Gebiet vertragsmäßig sichergestellt und anerkannt war. -
Im Jahre 1747 starb Herzog Carl Leopold, ohne Leibeserben zu hinterlassen. Die Regierung fiel nun an seinen Bruder, Herzog Christian Ludwig, sodaß dessen kaiserliches Kommissorium nunmehr erlosch. Um die Regierung hatte sich Herzog Carl Leopold in den letzten Jahren nicht mehr bekümmert; das hatte ihn aber nicht abgehalten, unter dem 3. December 1740 den Sohn seines 1729 verstorbenen Ober-Postdirektors von Walter, JuIius von Walter, bisher Offizier in fremden Diensten, wieder zum Ober-Postdirektor zu bestellen. Der jüngere Walter führte zwar den verliehenen Titel, übte aber die Funktionen eines Ober-Postdirektors nie aus.
Mit dem Regierungsantritt des Herzogs Christian Ludwig II. wurde der Kammer auch wieder die Verwaltung des Postwesens übertragen. Die specielle Bearbeitung der Ppostsachen ruhte zunächst aber nicht, wie es zu Anfang des Jahrhunderts zum Vortheil der Posten der Fall gewesen war, in der Hand eines Kammermitgliedes, sondern unterstand der Kollegialbehandlung der Kammer; für wichtigere Gegenstände war auch jetzt die Regierung bz. der Herzog ausschließlich zuständig. Die Kammer erhielt noch im Jahre 1747 Gelegenheit, sich eingehender mit dem Postwesen befassen zu müssen. In diesem Jahre hatten sich nämlich Differenzen mit der hannvoerschen Regierung wegen der Auslegung der Konvention von 1743 ergeben. Bis dahin hatte in Ratzeburg ein eigenes meklenburgisches Postamt unter dem herzoglichen Postmeister Bergmann bestanden; im Jahre 1743 war daselbst auch ein hannöversches Postamt unter dem lauenburgischen Regierungssekretär Steding eingerichtet worden. Dieser forderte - jedenfalls von der Regierung in Hannover veranlaßt - nach dem Tode Bergmanns im Jahre 1747 die Uebertragung des Amts als meklenburgischer Postmeister. Als die herzoglichen Posten trotzdem nach wie vor bei dem Bergmannschen Hause
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vorfuhren, überwies er die eingesammelten, für die meklenburgischen Posten bestimmten Korrespondenzen nicht der meklenburgischen, sondern der schwedischen Post, welche auch über Ratzeburg kursirte. Die Beschwerden der herzoglichen Kammer fruchteten nichts, da in Hannover augenscheinlich von Neuem der Gedanke aufgetaucht war, den meklenburgischen Posten nach Hamburg Schwierigkeiten in den Weg zu legen und möglichst das meklenburgische Postkontor aus Ratzeburg zu verdrängen. Das sah man in Schwerin sehr wohl ein, und da langwierige Verhandlungen keinen Erfolg verhießen, so wurde dem hannoverschen Postmeister Steding in Ratzeburg die Abfertigung der meklenburgischen Posten mit übertragen. Er vollzog einen Revers des Inhalts, daß er genau nach der Konvention von 1743 verfahren und unter "Verpfändung seiner Habe und Güter dafür sorgen wolle, daß der Konvention in keinem Stücke zuwider gehandelt werde." Dieses Versprechen hatte aber gar keine Bedeutung mehr, denn von Lauenburg und Ratzeburg nach Hamburg waren in der Zwischenzeit hannoversche Postkurse eingerichtet worden, welche den meklenburgischen Posten großen Schaden zufügten, da sie die gesammte Korrespondenz Lauenburgs, welche bisher allein die meklenburgischen Posten befördert hatten, an sich zogen.
Wie fühlbar die Konkurrenz dieser hannoverschen Posten hervortrat, zeigt ein Schreiben des meklenburgischen Postmeisters Kroon in Hamburg aus dem Jahre 1748. Nach demselben that die Post "den meklenburgischen Postintraden besonderen Schaden, weil
1. Alle, die in Lauenburg und Ratzeburg gesessen, bei ihrer Hin- und Rückreise nach Hamburg sich solcher bedienten;
2. weilen die Sonntagspost mit den von hier nach Meklenburg reisenden Juden immer besetzt ist, die sie des Sabbats wegen der meklenburgischen Post vorziehen und den Umweg nicht achten;
3. weil das Porto sehr gering gestellet ist, so werden auch mit derselben viele Sachen versandt; was aber noch am nachtheiligsten ist, so werden
4. alle diejenigen Güter, so aus dem Reiche als von Leipzig, Braunschweig, Kassel u. s. w. mit der kombinirten Post hieselbst eintreffen, und vordem, wie sichs gebühret, von derselben in hiesiges meklenburgisches Postamt zur weiteren Beförderung eingeliefert zu werden pflegten, jetzo aus dem hannöverschen Postkontor mit ihrer neuen Post auf Ratzeburg fortgeschaffet und von dort ab erstlich nach Meklenburg an die destinirten Oerter befördert, wodurch dann der meklenburgischen Post der Nachtheil
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zuwächst, daß sie nicht nur das porto von Hamburg nach Ratzeburg von solchen Sachen verliert, sondern es wird ihr noch überdem eben das verlohrene porto zu Ratzeburg als Auslage an schwerem Gelde angerechnet, woraus dann entstehet, daß quartaliter dahin soviel schwer Geld zu vergüten ist. Es wäre also bey solchen Umständen wohl kein Wunder, wenn die meklenburgischen Postgefälle sich verringerten."
Kroon glaubte, wenn den Juden der Reisezwang auferlegt würde, daß dann den meklenburgischen Posten erhebliche Mehraufkünfte zufließen würden. Zur Begründung dieser Behauptung verstieg er sich zu folgendem Vorschlage: "Den in Meklenburg gesessenen Juden wäre anzubefehlen, sich nicht von Meklenburg nach Hamburg zu begeben, ohne sich wenigstens von Ratzeburg oder Boizenburg ab der meklenburgischen Post zu bedienen und ebenfalls von Hamburg ab nach Boizenburg oder Ratzeburg; im Widrigen aber, und falls sie sich einer anderen Post bedienten, bei ihrer Retour in Meklenburg in 2 Rthlr. Strafe verfallen seyn sollten, sofern sie nicht aus hiesigem hochfürstl. Postamt einen Schein vorzuzeigen vermöchten, daß sie von Boizenburg oder Ratzeburg mit der hochfürstl. meklenburgischen Post anhero gekommen und auch rnit derselben wieder von hier zurückgekehrt seien; imgleichen müßte dem Schwerinschen Hofjuden Hinrichsen ebenmäßig untersagt werden, keinem von Hamburg oder Altona eintreffenden Juden die Handlung in Meklenburg zu vergönnen ohne Vorzeigung eines Postscheines, daß er von Hamburg mit der meklenburgischen Post abgereiset sei, wodurch denn dieses gravamen, so auf das wenigste 100 Rthlr. des Jahres einbringen müßte, ganz leichte und ohne einer fremden Post Eintrag zu thun, gehoben werden könnte."
Der Vorschlag Kroons fand indessen keine Berücksichtigung, da die Regierung sich mit dem durch den Postmeister ausgestellten Revers, der Konvention nicht zuwider zu handeln, begnügen zu müssen glaubte.
Die 1743 auf 8 Jahre abgeschlossene Konvention mit Hannover wurde daher im Jahre 1751 auf weitere 16 Jahre erneuert.
Die Nachgiebigkeit, welche der meklenburgische Hof bei dieser Angelegenheit und ebenso vier Jahre früher bei einem ähnlichen Anlaß wegen des Durchgangs der meklenburgischen Posten durch Lauenburg bethätigt hatte, entsprang in erster Linie der eigenen persönlichen Willensmeinung des Herzogs Christian Ludwig, der bei den im Großen und Ganzen noch wenig befriedigenden inneren Verhältnissen des Landes möglichst jeden Zwistt nach außen zu
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vermeiden und alle Kräfte für die Besserung der inneren Lage des Landes zu sammeln suchte. Damit hatte es vor der Hand aber noch gute Weile. Die Kriegswirren hatten zwar schon vor zwölf Jahren aufgehört, und die äußeren Spuren des früheren Niedergangs waren während mehrjähriger, nach schwerer Kriegsnoth doppelt erfreulicher Zeit der Ruhe mehr und mehr verwischt worden, Ordnung und Zuverlässigkeit waren in ernster, eifriger Friedensarbeit zurückgekehrt, aber trotzdem harrte eine Reihe schwieriger Aufgaben noch immer der Erledigung. Das Verhältniß zwischen Regierung und Ritterschaft hatte noch nichts an Schärfe eingebüßt Vor Allem hemmte eine drückende Schuldenlast die Regierung an freier Bewegung, und die Wiedereinlösung der verpfändeten zwölf Aemter bildete ein Problem, welches allerdings schon oft erwogen worden war, aber eben so oft wieder hatte bei Seite gestellt werden müssen, weil es bei dem herrschenden Geldmangel der Geldkraft des Landes unmögliche Opfer zugemuthet haben würde. Die herzoglichen Einkünfte waren auch zu Ende der vierziger Jahre noch verhältnißmäßig sehr gering, und bis zum Jahre 1747 hatten aus ihnen noch die Kosten zweier Hofhaltungen - für Herzog Carl Leopold in Wismar und für Herzog Christian Ludwig in Schwerin - bestritten werden müssen, sodaß der Rest der Einkünfte nur knapp hinreichte, die laufenden Bedürfnisse für Verwaltung und Regierung zu befriedigen. So war die Regierung wider Willen gezwungen, kostspielige Neuerungen und Verbesserungen auf günstigere Zeit zu verschieben. Die Quellen, aus denen die Regierung schöpfen konnte, waren sämmtlich voll in Anspruch genommen, ohne daß sich die Möglichkeit geboten hätte, den Lauf der Quelle bei Zeiten zu stärken und ihr neuen Zufluß zuzuführen.
Unter solchen Verhättnissen konnte es nicht ausbleiben, daß die Erträge, welche die Regierung im Lande haben konnte, nicht von Jahr zu Jahr sich vermehrten, sondern sich von 1740 bis zum Jahre 1750 fast ständig auf gleicher Höhe hielten. Diese Erscheinung trat auch im Postwesen deutlich zu Tage. Wie ein Blick auf die Finanzergebnisse der Posten in der Periode zwischen 1740 und 1750 erkennen läßt, haben sich die Einkünfte in dieser Zeit fast jedes Jahr gleichbleibend auf etwa 6000 Rthlr. belaufen. In dem einen Jahre wurde dieser Betrag um ein Geringes überstiegen, im anderen Jahre blieb der Ertrag wieder unter dem Durchschnitt. Demgegenüber war die wirthschaftliche Entwicklung des Landes langsam aber stetig fortgeschritten, ohne daß schwerere Krisen - abgesehen von der in den Jahren 1744 und
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1745 herrschenden, allerdings verheerenden Viehseuche - sich fühlbar gemacht hätten. Der wirthschaftliche Fortschritt hätte sich demnach folgerichtig in einer entsprechenden Steigerung des Postverkehrs und der Posteinnahmen bemerkbar machen müssen. Das war aber, wie wir gesehen haben, nicht der Fall; ein Beweis, daß dem Organismus des Postwesens schwer wiegende Mängel anhaften mußten. Diese waren allerdings auch zahlreich vorhanden.
Die Akten aus jener Zeit lassen durchaus nicht die Annahme zu, als hätte die Regierung in diesem Decennium den Posten nicht die erforderliche Sorgfalt zugewendet. Sie berichten vielmehr von mannigfachen Verhandlungen, die im Schooße der Regierung stattfanden, um den Schäden auf den Grund zu kommen - aber um wirklich Tüchtiges zu erreichen, war eine umfängliche Reformarbeit vorzunehmen, und hierzu fehlten eben die Mittel gänzlich. Uebrigens funktionirte die Maschinerie des Postwesens in leidlich guter Weise, die schweren Gebrechen, die vorhanden waren, traten für unkundige Augen nicht leicht bemerkbar zu Tage. Im Großen und Ganzen waren auch jetzt noch in der Postverwaltung deutlich die Spuren der Thätigkeit des Geh. Kammerraths Mumme zu erkennen. Trotzdem seit dessen Ausscheiden bereits mehr als 40 Jahre, reich an politischen und wirthschaftlichen Wechselfällen, verstrichen waren, wurden alle von Mumme für wesentlich andere Verhältnisse zugeschnittenen Dienst- und Verwaltungsgrundsätze in unveränderter Weise beibehalten und ausgeübt. Alle für die Beziehungen zwischen Post und Publikum erlassenen Vorschriften, die jeder Schwankung und Aenderung der Wirthschaftslage eigentlich hätten angepaßt werden müssen, waren noch aus der Zeit des Herzogs Friedrich Wilhelm in Geltung, und ebenso waren auch die Taxvorschriften, die noch aus der Verwaltung Mumme's herrührten, unverändert geblieben, obgleich die finanzielle Lage des Landes sich in den vierziger Jahren gegenüber den ersten Jahren des Jahrhunderts wesentlich verschlechtert hatte. Allerdings waren im Laufe der Zeit, veranlaßt durch örtliche Verhältnisse, durch die Konkurrenz der fremden Posten, vielleicht auch in diesem ober jenem Falle durch die Habsucht einzelner Postmeister, mehrfache Abänderungen der Taxvorschriften vorgenommen worden, aber diese waren ohne Rücksicht auf das Publikum von den Postmeistern eigenmächtig - lediglich im Interesse der Postkontore - eingeführt worden und hatten bewirkt, daß im Lande selbst sinnwidrige Verhältnisse hinsichtlich der Taxirungsvorschriften Platz gegriffen hatten. Die Postkurse hatten eine Aenderung nicht erfahren; sie nahmen unbeirrt ihren
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alten Weg, ohne daß umfänglichere Kursregulirungen - Einrichtung neuer Wege, Aufhebung entbehrlicher Kurse, Vermehrung einträglicher Linien - eingetreten wären.
Herzog Christian Ludwig hatte den Zustand des Postwesens schon seit geraumer Zeit aufmerksam im Auge behalten. Um den Posten eine eingehendere Beaufsichtigung zuzuwenden, ernannte er im Jahre 1749 den Geh. Kammerrath von Smith zum Ober-Postdirektor. Aber dieser war nicht die geeignete Persönlichkeit, um auf einem lange vernachlässigten Gebiete wohlthätige Reformen durchzuführen. Er schied auch noch in demselben Jahre oder doch im Jahre 1750 aus dem Dienste, nachdem er wegen Veruntreuung herrschaftlicher Gelder in Untersuchung gekommen war. Die Akten berichten von seiner Thätigkeit in Postsachen nur ganz vereinzelt; vielleicht kann man daraus schließen, daß er im Kammer-Kollegium lediglich in Postangelegenheiten referirte und das Kollegium nach wie vor die Leitung des Postwesens ausübte.
Aber die Regierung wendete den Posten jetzt doch größere Aufmerksamkeit zu und suchte die besonders hervortretenden Mißstände abzustellen. Vor allem mußten die Unterschleife der Postbeamten, die an manchen Orten geradezu im Großen betrieben wurden, möglichst verhütet werden, wenn die Postintraden eine Steigerung erfahren sollten. Doch fehlte es an Erfahrung, an welcher Stelle man hierfür mit Reformen zu beginnen hätte. Ob deshalb die Verordnung Herzog Christian Ludwigs vom 6. Mai 1749 wegen der beim Postwesen und der Accise von Beamten und dem Publikum begangenen Unterschleife schon gleich von durchschlagendem Erfolg war, muß dahingestellt bleiben, denn am 24. Januar 1750 sah sich der Herzog genöthigt, die bisher für Korrespondenzen der Behörden mit dem Herzoge und untereinander bestehenden Portofreiheiten - ein großes Hülfsmittel für allerlei Betrügereien - gänzlich aufzuheben und dafür volle Portozahlung einzuführen. Augenscheinlich war mit dieser Verordnung der rechte Weg eingeschlagen, denn die Erträge der Posten stiegen im Jahre 1749/50 zum ersten Mal seit dem Bestehen der Posten auf über 7000 Rthlr., nämlich auf 7110 Rthlr. Ein Erfolg war demnach schon zu verzeichnen, wenn auch im Hinblick auf die ruhigen Zeitverhältnisse ein wesentlich höherer Ueberschuß hätte erwartet werden dürfen.
Auch bei der Regierung machte sich dieser Gedanke rege, aber man war sich über die einzuschlagenden Mittel, bessere Erfolge zu erzielen, nicht recht klar. Kostspielige Versuche konnten wegen der finanziellen Lage des Landes nicht angestellt werden;
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auf der anderen Seite erinnerten die nicht unbeträchtlichen Zahlen in den Jahresabschlüssen der PostverwlItung - im Jahre 1751/52 betrugen die Roheinnahmen 25211 Rthlr., die Ausgaben 17350 Rthlr., die Ueberschüsse 7861 Rthlr. - in unbequemer Weise daran, daß bei sachgemäßer Leitung wesentlich höhere Erträge aus den Posten zu erzielen gewesen wären. Zu verwundern ist es nicht, daß bei dieser Sachlage auch von den unteren Organen der Postverwaltung zahlreiche Vorschläge einliefen, das Problem billig und einfach zu lösen. Der Hofpostmeister Roland in Schwerin, früher herzoglicher Kabinetssekretär, war besonders eifrig bedacht, Verbesserungsvorschläge abzugeben. Von seiner Hand finden sich zahlreiche Anträge, Vorschläge, Gutachten, Promemorien u. s. w., die allerdings vermeintliche Verbesserungen im Postwesen zum Vorsatz hatten, aber nicht immer als solche gelten konnten, da Roland offenbar technisch nicht genügend vorgebildet war. Seine Vorschläge liefen in letzter Linie auch immer wieder auf Beseitigung der Mißstände hinaus, welche die ständigen Begleiter der Landespost seit ihrer Einrichtung in Meklenburg gewesen waren. Besserung der Straßen, Regelung des Ladungsgewichts der Posten, des Stundenhaltens der Postillone und der Konkurrenz des Fuhrgewerbes.
Unmittelbaren Erfolg hatte Roland mit seinen Anträgen zwar nicht, aber sie waren doch der Grund, daß das Interesse der Regierung und Kammer an den Posten nicht erkaltete. In der Kammer war besonders der Geheime Rath Brunsich Edler von Brun, der anscheinend größere Erfahrung auf weiten Reisen gesammelt hatte, bestrebt, an der Reform der Posten mitzuwirken.
Unter dem 14. October 1753 wurde ihm das Amt eines Ober-Postdirektors übertragen, so daß er jetzt ein unmittelbares Interesse hatte, seine Bestrebungen zu bethätigen.
Der Hauptschwerpunkt von Brunsichs Thätigkeit fällt aber schon in die Regierung des Herzogs Friedrich, der 1756 seinem Vater, Herzog Christian Ludwig II., gefolgt war.
Aeußerlich konnte oder wollte auch Brunsich die Posten keiner Veränderung unterwerfen: der Postkurs, die Route mit den Stationen, blieb, wie sie schon seit Anlegung der Kurse gewesen war; alle Hauptkurse verkehrten zweimal wöchentlich, die Neben- und Seitenkurse abhängig davon auch zwei- oder einmal wöchentlich. Aber Brunsich faßte das Wesen der Posten mit tieferem
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Verständniß auf. Er sah ein, daß Pünktlichkeit in der Beförderung die Vortheile einer schnellen Beförderung auf Kosten der Regelmaßigkeit des Ganges bedeutend überwog. Bisher hatten zwar auch Vorschriften über das Stundenhalten der Posten bestanden, d. h. wie lange die Postillone auf eine Meile fahren und wie lange sie an den Stationsorten verweilen konnten; die Bestimmungen kamen aber immer bald außer Gebrauch. Die Hindernisse, welche den Gang der Posten verzögert und das Stundenhalten unmöglich gemacht hatten, - schlechte Wege, saumselige Postillone bei mangelnder Aufsicht, übemaßige Ladung und schlechte Gespanne - suchte Brunsich von Grund aus zu beseitigen. Die Wegebesserung war auf sein Betreiben im Gange. Demnächst erging die Kammerverordnung vom 28. Januar 1756, welche das Ladungsgewicht der Postwagen auf 4 - 5 Ctr. pro Pferd beschränkte, und befahl, daß je nach Lage der Verhältnisse entweder einzelne Ladungsstücke zurückgelassen oder, wenn die Kosten aufkommen würden, Beiwagen zur Beförderung von Personen oder Sachen genommen werden konnten. Dann erneuerte Brunsich die wegen der Stunden- und Frachtzettel früher erlassenen Vorschriften, sodaß nun gegen die lässigen Postillone, die unterwegs nach Gutdünken die Post verzögerten, auf Grund dieser Verordnungen eingeschritten werden konnte. Daß nur äußerste Strenge die seit langer Zeit eingerissenen Mißstände abstellen konnte, zeigte das durchaus nicht ungewöhnliche Beispiel des Postillons auf der Station Schwerin - Demen (- Güstrow); derselbe fuhr die Strecke immer sehr schlecht und langsam. "Seine pferde wären, so war die allgemeine Klage, schlecht und ermüdet, sodaß sie zuweilen stille standen und der Knecht dabei liegen gegangen, weshalb die Passagiere abgestiegen und über eine Meile bis Demen zu Fuß marschieret wären; auf die drei Meilen bis Demen hätte der Knecht 9 1/2 Stunden zugebracht. Die Pferde seien daher so schlecht, weil der Postillon (Posthalter) seine Pferde solchergestalt strapazierte, daß er beständig Extrapostfuhren thäte, und wenn von einer Extrafuhr die Pferde ungefähr eine Stunde zu Hause wären, so müßten sie sofort wieder vor die Post legen."
In den Stundenzetteln wurde nun die Entfernung der einzelnen Stationen und die Fahrzeit vermerkt - ein bedeutender Fortschritt gegen früher, da mancher Postfahrer bis dahin selbst nicht gewußt hatte, wie groß der von ihm zurückzulegende Weg und binnen welcher Frist derselbe zurückzulegen war. Im Allgemeinen war es Brauch, den Postillonen für jede Meile im
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Sommer 1 1/4, im Winter 1 1/2 Stunde Fahrzeit zu gewähren. Diese Fristen wurden jetzt auf Brunsichs Betreiben allgemein eingeführt, sodaß nun die Posten regelmäßiger kursirten als früher, die Posten der Nebenkurse rechtzeitig eintrafen und besonders der Anschluß an fremde Kurse bei den Grenzpostämtern jederzeit sicher gestellt war. Nun konnte oder sollte es doch wenigstens sich nicht mehr ereignen, daß z. B. in Boizenburg, wo Posten nach Berlin, Halle, Hamburg, Ratzeburg und Lüneburg abgingen, der Anschluß der meklenburgischen Posten, wie sonst so häufig, verfehlt wurde, sodaß die Passagiere tagelang in Boizenburg verweilen mußten.
Auch der Ober-Aufseher in Boizenburg kam der meklenburgischen Regierung bei diesen Verbesserungen nach Möglichkeit entgegen. Der Postmeister Manecke daselbst erhielt Weisung, auf die Posthalter und Postillone der Strecke Boizenburg - Hamburg - vornehmlich an dem großen Knotenpunkt Escheburg - scharfe Obacht zu haben. Manecke berichtete auch, wie saumselig bisher die Posten auf meklenburgischem Gebiet gegangen und wie häufig der Anschluß in Boizenburg an die preußischen Posten versäumt sei; die Ursache läge auch nicht, wie der Postdirektor Roland in einem Promemoria angegeben hätte, an den Postfahrern zwischen Boizenburg und Hamburg, sondern an den Stationen auf herzoglichem Gebiet. "Solcherwegen habe er nicht allein privatim bei den herzoglich meklenburgischen Postämtern sondern auch durch publique avertissements auf dem Kurs von Boizenburg bis Güstrow verschiedene und öftere Anregung gemacht und nicht unterlassen, den Schaden, so dem Postwesen daraus zuwüchse, deutlich zu machen, jedoch den gewünschten Zweck nicht erreichen mögen."
Der Bericht Maneckes, der mit offenbarer Sachkenntnis geschrieben war und in Schwerin überzeugen mußte, war der Regierung trotzdem um so unliebsamer, als er aus dem Hypothekamte, gleichsam einem fremden Gebiete kam. In der Kammer wurde er noch mit der bissigen Bemerkung versehen: "Je offenbarer der Grund zu diesem Promemoria ist, desto schlechtere Ehre machet er unseren Postkontors zu Schwerin und Güstrow, am besten wäre es, dasselbe dem Roland mitzutheilen, mit den Worten: Si tacuisses etc ." Auf Brunsichs Betreiben war die Kammer auch einsichtig genug, den drei Hauptpostämtern in Schwerin, Rostock und Güstrow nunmehr aufzugeben, dem Postkurswesen ihre ganze Aufmerksamkeit zuzuwenden und unnachsichtlich jede Versäumniß oder Nachlässigkeit zu bestrafen.
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Roland fühlte sich empfindlich gekränkt. Er gestand zu, daß allerdings die Schwerin - Boizenburg - Hamburger Post außerordentlich langsam fahre und häufig sich verspäte, "wovon Niemand mehr Beschwerde hat als das Schweriner Kontor, indem Licht und Lampen ganze Nächte mit meinem Schaden brennen und der Expediteur als der Kontorschreiber und Litzenbruder bis an den hellen Morgen aufpassen und in den Kleidern bleiben müssen," die Post sei aber dem Postkontor in Güstrow unterstellt, halte in Schwerin nur 2 Stunden zur Expedition und zum Pferdewechsel, und müsse die Kammer dem Güstrow'schen Kontor die erforderliche Weisung zukommen lassen.
Da auch der langsame Gang des ihm unterstellten Kurses Schwerin - Ratzeburg - Hamburg gerügt war, so rechtfertigte sich Roland gegen diesen Vorwurf mit den Worten: "Ich habe mir alle menschenmöglichste Mühe gegeben, die Fahrt der Schwerin - Hamburger Post, welche über Ratzeburg geht und nur allein unter meiner Inspektion steht, zu befördern, und wie ich an Warnen, Schreiben, Drohen und Strafen nichts erwinden ließ, so ist auch bekannt, daß gedachte Post nach jetziger Jahreszeit (Dezember 1757) und Beschaffenheit der Wege und Witterung eine Zeit lang ziemlich früh und Abends um 9 Uhr hier eingetroffen, außer 2 Mal, da einmal der Postwagen im Trittower Holze stecken geblieben und erst wieder herausgezogen werden müssen und ein ander Mal ein Pferd krank geworden und dernnächst umgefallen."
"Und wie die Post auf dieser Fahrtt fünf diverse, worunter vier fremde territoria passiren muß, so ist der herzoglichen Regierung selbst bekannt, wie oft ich designationes von nöthigen Wegereparaturen eingegeben; da aber solches nichts gefruchtet, vielmehr die Wege bisher geblieben, wie sie immer gewesen, ja noch von Tag zu Tage mehr ausgefahren und schlechter werden, so ist es eine wahre Unmöglichkeit, daß dieser Postkurs, zumal bei Winterszeit accurat und ordentlich beschafft werden kann."
Auch Kütemeyer war angewiesen worden, seinem Kurse die gebührende Sorgfalt zuzuwenden und die Wagenmeister und Postillone besser zu überwachen, die gegen alle Ordnung besonders durch den vielstündigen Aufenthalt in jedem Kruge, wo sie von den Passagieren traktirt wurden, die Verzögerung der Posten zum großen Theil verursachten. Er schob die getadelten Mißstände ebenfalls auf die Wegeverhältnisse und berichtete "Ich will diese Leute (die Postfahrer und Postillone) keineswegs entschuldigen, allein ihre Vorträge erwecken fast Mitleiden; durch den bisherigen
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weichen Herbst und Winter sind die meisten Pferde kraftlos geworden und zum Theil gestorben, die Bedienten erkrankt, die Wagens zerbrechen öfters, und wenn keine Passagiers auf dem Wagen sind, bleibet die Post ganze halbe Nächte beliegen, weil kein Postillon befugt ist, sich davon zu entfernen, um Hülfe herbeizuholen. Nebendem ist mir bie Pfundenzahl zu 2500 Ladung vorgeschrieben, welche wohl bei gutem oder Frostwetter die schnelle Fahrt zuläßt, bei der jetzigen anhaltenden Tiefe und langen dunklen Nächten aber nicht erlaubet anders als schrittweise zu fahren, zu geschweigen der vielen her- und hingehenden Gelder von Hamburg, welche Vorkommenheit diesen Herbst posttäglich gewesen zu 20 - 40000 Rthlr., die vice versa nach Neubrandenburg und Strelitz gegangen, welche Lasten wie Steine die Wagen und Pferde gedrücket und obgleich die nöthigen Beiwagen besonders bei zustoßenden Landtagspackereien nicht geschonet worden, so haben dennoch bei den tiefen und dunklen Nächten die Pferde fast nur kriechen können."
Von der Regierung ergingen nun auf Brunsichs Betreiben erneut Verordnungen zur Beschleunigung des Postenlaufs und zur Wegebesserung, und zum Beweise, daß es ihr Ernst war mit ihren Weisungen, erhielt Oberjägermeister von Pentz Auftrag, zwei Forst- und Jagdbediente ("verschwiegene zuverlässige Leute") mit der Post nach Gadebusch hin- und zurückfahren zu lassen, welche sich Ankunft, Abgang und Stilllager der Posten unterwegs merken, ferner die Wege beobachten und über sonstige Vorkommnisse der Reise berichten sollten. Sie berichteten denn auch, daß die Verzögerung hauptsächlich darin läge, weil die Postwagen entsetzlich und wie ein Frachtwagen beladen gewesen wären, sonst aber an der Fahrt nichts auszusetzen gewesen sei. Neue Verordnungen waren die Folge dieses eigenartigen Versuchs, aber wie war es möglich, das tief eingewurzelte Uebel von Grund aus auszumerzen, da der starke Frachtverkehr besonders auf der geringen Zahl von Hauptstraßen diese in kurzer Zeit wieder in den alten Zustand bringen mußte!
Wie es auf den Wegen wirklich aussah, lehren zwei Klagen aus unbefangenem Munde, deren eine (des Grafen Plessen) bemängelt, daß der Kurs Güstrow - Neubrandenburg zwischen Stavenhagen und Güstrow oft 36 Stunden sich verzögere und zur Empfangnahme von Briefen häufig sogar Extraposten abgesandt werden müßten. Die andere - des Bürgermeisters und Posthalters Köhler in Penzlin - ließ verlauten, daß er den Postwagen zwischen Güstrow und Neubrandenburg kontraktlich vierspännig
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befördern solle, ihn aber wegen der erstaunlichen Ueberlastung häufig auch mit 7 Pferden nicht aus der Stelle bringen könne.
Erschienen diesen Zuständen gegenüber Brunsich's Reformbestrebungen auch wohl für ihn selbst zum Theil hoffnungslos, so hatte er gleichwohl noch sonstige Verbesserungen projektirt, von denen er eine Hebung des Postwesens erhoffen durfte. Vor Allem fehlte es, wie er schon bald nach dem Regierungsantritt an den Herzog berichtete, an einer gültigen Vorschrift, nach der sich jeder Postbeamte zu richten habe. Bisher sei deshalb vielfach willkürlich verfahren und von den Nebenkontors meist für die eigene Tasche gewirthschaftet worden. Er hatte deshalb den Entwurf zu einem Generalpostreglement ausgearbeitet, in welchem die dienstlichen Verhältnisse der Postoffizianten, die Beziehungen des Publikums zur Post und alle Dienstvorschriften festgelegt waren. Der Entwurf setzte den von dem Postdirektor von Schütz im Jahre 1725 vorgelegten Entwurf zu einem Reglement in vervollkommneter Weise fort. Auch eine vollständige Taxe hatte Brunsich ausgearbeitet; die Abfassung derselben sei allerdings schwierig und zeitraubend gewesen, weil bei keiner Postanstalt ein sicheres Fundament der jetzt gültigen Taxe vorhanden sei, außer daß man sich auf die von 1704 berufen habe, von der man aber doch, ohne die Ursache zu kennen, abgewichen sei.
Brunsich legte nunmehr diese Instruktion und Taxe im Entwurf mittels eindringlichen Berichts der Regierung vor und wies darauf hin, daß erst durch das Reglement endgültig geordnete Verhältnisse im Postwesen Platz greifen würden.
Leider hatten sich aber die Zeitverhältnisse inzwischen wieder derartig verschlechtert, daß die Regierung ihre Aufmerksamkeit wichtigeren Dingen zuwenden mußte. Sie beschränkte sich daher darauf, beide Entwürfe der Kammer zum Erachten zuzufertigen. Damit war die Sache vor der Hand erledigt, denn wenn auch Herzog Friedrich die Kammer aufgefordert hatte, ihr Gutachten über die Brunsich'chen Entwürfe unverzögert zu erstatten, so gerieth die Angelegenheit unter der wieder über Meklenburg hereinbrechenden Kriegsnoth gänzlich in Vergessenheit.
Es ist bekannt, daß Herzog Friedrich in dem 1756 aufs Neue ausgebrochenen Kriege auf Seiten der Gegner Friedrichs des Großen stand. In Folge dessen spielten die Kriegsereignisse bald auf meklenburgisches Gebiet über, das nun lange Zeit hindurch unter den Bedrückungen von Freund und Feind außerordentlich zu leiden hatte. Herzog Friedrich mußte mehrfach nach Lübeck, später nach Altona flüchten, Handel und Verkehr stockten
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vollständig; die öffentlichen Kassen wurden beschlagnahmt, und die preußischen Truppen schalteten ganz wie Herren im Lande.
Der Postverkehr, der gerade angefangen hatte, sich zu heben, nahm unter den Kriegsleiden schnell an Umfang ab; denn die Postkurse waren oft monatelang unterbrochen, und ihre Sicherheit und Pünktlichkeit fanden ein schnelles Ende. Am besten kann die Noth der Zeit, unter der die Posten ihren Dienst thun mußten, an den Posterträgen bemessen werden. Die Ueberschüsse der Posten beliefen sich
1755/56 | auf | 10126 | Rthlr. | 40 | ßl. |
56/57 | " | 7460 | " | 22 | " |
57/58 | " | 9251 | " | 45 | " |
58/59 | " | 9666 | " | 29 | " |
59/60 | " | 14995 | " | 10 | " |
60/61 | " | 14435 | " | 16 | " |
61/62 | " | 5703 | " | 3 | " |
Es möchte auffallen, daß trotz der Kriegsjahre von 1757 bis 1761 erhöhte Ueberschüsse erzielt wurden, man darf aber nicht übersehen, daß in dieser Zeit eine Münzverschlechterung unglaublicher Art stattgefunden hatte und daß jene Ueberschußbeträge in Wirklichkeit nur den vierten Theil an gutem Gelde darstellten.
Obendrein hatten die Posten für die preußischen Truppen auch noch schwere Leistungen mancher Art unentgeltlich auszuführen, z. B. Transportirung von Waffen, Munition, Nahrungsmitteln u. s. w.; das Postkontor Schwerin mußte u. A. während des Krieges für einige Hundert Staffetten 1657 Rthlr. Reitgelder aufwenden. Aktennachrichten zufolge betrug der den meklenburgischen Posten durch die Freibeförderungen von Postsendungen in dieser Zeit zugefügte mittelbare Schaden insgesammt 37609 Rthlr., wovon auf den Bezirk des Hauptkontors in Güstrow für das Jahr 1762, in welchem die Russen und Preußen vereint als Feinde im Lande standen, allein 18000 Rthl. (allerdings des schlechtesten Geldes) entfielen. Diese Beträge konnen zwar im Vergleich zu dem nach vielen Millionen zählenden Schaden, den das unglückliche Land durch den Krieg erdulden mußte, nicht in Betracht kommen, aber im Hinblick auf das nur kleine meklenburgische Postnetz reden jene Zahlen doch eine deutliche Sprache und bestätigen vollinhaltlich die trüben Schilderungen, die über die Noth und die Leiden des Landes im siebenjährigen Kriege aufbewahrt worden sind.
Keine Stelle im Lande besaß Einfluß und Macht genug, den Ruin aufzuhalten, in den das aufs Neue in den Zustand äußerster Verwilderung zurückgeworfene Postwesen zu stürzen
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drohte, keine Stelle besaß aber auch das Interesse, nachdem der Geh. Rath von Brunsich, der einzige, der hätte retten können, noch im Jahre 1756 aus den herzoglichen Diensten entlassen worden war. Befremdlich mag es unter den geschilderten Umständen erscheinen, daß dennoch 1758 der Plan erwogen wurde, zwischen Meklenburg und Hamburg eine dritte fahrende Post anzulegen. Durch die Verschlechterung des Münzwesens, die damit verbundenen Versuche der Einschleppung minderwerthiger Münze und die Ein- und Ausfuhr besserer Münze zum Behufe der Agiotirung, waren zwischen Hamburg und Meklenburg ständig schwere Silber- und Kupfersendungen unterwegs, häufig zum Werthe von 60 - 70000 Rthlr. im Gewicht 20 - 30 Ctr. auf einem Wagen, deren Beförderung, wie schon früher geklagt war, Wagen und Gespanne ruinirte und den Postenlauf vollständig in Unordnung brachte. Unter diesen Umständen schlug Roland vor, noch eine dritte fahrende Post zweimal wöchentlich nach Hamburg abzufertigen. Der Plan wurde reiflich erwogen, Kostenanschläge waren aufgestellt und alle Vorbereitungen zur Inbetriebsetzung der neuen Post getroffen, aber der Krieg und die Weigerung Kurhannovers, noch weitere meklenburgische Posten durch Lauenburg passiren zu lassen, ließen das Projekt nicht zur Ausführung kommen. Die Regierung half sich einstweilen durch Einstellung von Beiwagen zu den beiden schon bestehenden Posten. Da dieses Verfahren aber den Abmachungen der Konvention von 1744 wegen des Durchgangs der meklenburgischen Posten durch Sachsen - Lauenburg zuwiderlief, so protestirte der hannoversche Postmeister Steding in Ratzeburg gegen diese Verletzung des Vertrages und erhob bei der Regierung in Schwerin Beschwerde. Der Versuch, ihn durch ein Gnadengeschenk von 50 Dukaten anderen Sinnes zu machen, mißlang, da Steding das Geld mit höflichen aber bestimmten Worten unter Hinweis auf seinen Eid zurücksandte. Er suchte auch fortgesetzt den meklenburgischen Posten, die meist in der Nacht in Ratzeburg eintrafen, den Durchgang zu erschweren, sah aber schließlich, ohne an kompetenter Stelle Schritte zu beantragen, dem ferneren Durchgang von Haupt- und Beiwagen durch Ratzeburg unthätig zu. Vom Jahre 1763 ab hörten endlich die von Ratzeburg aus erhobenen Querelen ganz auf, da nun ein anderer Postmeister daselbst fungirte.
Als der Krieg im Jahre 1763 beendet war, waren die Finanzen des Landes, der Wohlstand der Bevölkerung ruinirt, Handel und Verkehr auf das schwerste geschädigt, weil der Krieg alle Beziehungen im Lande und nach auswärts unterbrochen hatte.
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Des Herzogs Friedrich harrte unter so trüben Verhältnissen eine lange Reihe ernster Aufgaben. Aber er nahm sofort nach Abschluß des Friedens die Arbeit energisch auf. Um den Wohlstand, Handel und Verkehr frisch zu beleben und damit die Finanzkraft des Staates zu kräftigen, dazu waren nicht zuletzt auch die Posten berufen. Sie hatten schon vor dem Kriege im Verkehrsleben des Landes eine achtungswerthe Stellung eingenommen und in den fünf Jahren von 1751 bis 1756 insgesammt Ueberschüsse zum Gesammtbetrage von 42000 Thlr. aufgebracht, ein Ergebniß, das erreicht worden war, ohne daß die Regierung den Posten außerordentliche Fürsorge hatte zuwenden können. Jedenfalls ergab sich hieraus, daß die Posten bei sachgemäßer Bewirthschaftung zu einer ergiebigen Einnahmequelle umgeschaffen werden konnten. Dieser Erwägung verschloß sich die Regierung auch nicht, aber bis zu dem Zeitpunkte, wo die Posten wieder Ueberschüsse von annehmbarer Höhe aufbringen konnten, bedurfte es noch jahrelanger Anstrengungen und ununterbrochener Fürsorge, denn das Kurssystem war im Kriege fast ganz zerstört worden, und auf den Postrouten, die während des Krieges nothdürftig den Betrieb hatten aufrecht erhalten können, waren die Einnahmen durch die in unglaublicher Weise betriebenen Unterschleife der Wagenmeister und Postillone sowie durch den in alter Weise blühenden Wettbewerb der Fuhrleute auf ein Mindestmaß gesunken.
Um der Arbeitslast, die die Verwaltung der Posten in den nächsten Jahren mit sich bringen mußte, zu entgehen und dennoch sofort aus den Posten eine sichere Rente zu beziehen, forderte Herzog Friedrich am 9. November 1763 daher die Kammer zu einem Gutachten darüber auf, ob nicht die zeitweilige Verpachtung der Posten an die Vorsteher der drei Hauptkontore oder an eine geeignete Privatperson zu dem beabsichtigten Ziel führen würde.
Im Kammer-Kollegium erhoben sich gegen diese Anregung der Regierung gewichtige Bedenken. Die Kammer verhehlte sich zwar nicht, daß die Posten eigene herzogliche Verkehrseinrichtungen seien, aber doch entsprechend ihrer bisherigen Entwicklung in erster Linie berufen wären, dem allgemeinen Besten nutzbar zu sein. Ob Sie diesen Zweck auch nach der Verpachtung noch erfüllen würden, mußte mit Recht zweifelhaft bleiben, da der Pächter in erster Linie an sein Interesse denken mußte. Um indeß dem herzoglichen Befehl Genüge zu leisten, erörterte man alle Gründe für und wider den Plan und forderte schließlich den Kammersekretär Livonius auf, sein Gutachten zur Sache abzugeben. Der
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von Livonius unter dem 29. November 1763 abgestattete Bericht verwarf gleichfalls den Plan einer Verpachtung der Posten; er schrieb u. A.: "Meklenburg ist bekanntermaßen so situirt, daß bei den vorhergehenden unruhigen Zeiten und durch die wenige Aufmerksamkeit, so man vorhin auf das Postwesen gehabt, demselben eine solche Benachtheiligung zugewachsen, daß auswärtige benachbarte Mächte in Ansehung der Posten beinahe ebensoviel zu sprechen haben als der Landesherr selbst."
"Schweden, Preußen und Kurhannover haben in Meklenburg Posten und exerciren die Kollektur. Die in Güstrow und Schwerin abgehenden Postwagen nach Hamburg und Lübeck dürfen, wenn auch völlige Fracht vorhanden ist, doch nicht ganz beladen werden, sondern es muß allemal für die in den Hypothek-Kontors Gadebusch, Wittenburg, Boizenburg und Rehna dazu kommende Personen und Päckereien Platz gelassen werden. Geschieht dies nicht, so werfen gedachte Postkontors entweder so viele Stücke herunter, als nöthig ist, ihre Päckereien fortzubringen, oder sind gar viele Postgüter vorhanden, so nehmen sie Beiwagen, und diese muß das hiesige Postärarium bezahlen. Ein solches ist für den Pächter eine große Beschwerde, er bleibt bei Abgang der Post allemal ungewiß, ob die aufgeladenen Sachen entweder nicht unterwegs liegen bleiben und er solcherhalb mit den Korrespondenten in Kontestation gerathe, oder ob nicht gar Beiwagen genommen werden, die den gehofften Ertrag wieder absorbiren."
"Die Post von Schwerin über Ratzeburg nach Hamburg unterhält die Posten des Schwerinschen Distrikts, sowie die Post von Güstrow über Boizenburg nach Hamburg und die Rostocker und Neubrandenburger Posten den Güstrowschen Distrikt unterhalten. Der liber transitus für die von Güstrow und Schwerin nach Hamburg durch das Lauenburgische gehenden Posten stützet sich nur auf eine convention gegen 300 Rthlr. jährliche Rekognition. Kann man dem Pächter die Versicherung geben, daß diese auf Johannis 1768 zu Ende gehende Konvention werde prolongirt werden? Ich bezweifle diese Prolongation aus vielen Gründen und glaube vielmehr muthmaßlich, daß von Kurhannover nach geendigter Konvention auf eine Kombination werde angetragen werden. Geschieht dies, so kann der Pächter nicht Kontrakt halten oder subsistiren."
"Preußen hat zwar eigentlich keine Kollektur und keine Postmeister außer zu Parchim, Neustadt, Grabow und Lübtheen, wird die heimliche und öffentliche Kollektur aber nachbleiben an allen
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Orten, wo ihre Posten passiren, wenn sie erfahren, daß die Posten verpachtet sind?"
"Im Rostocker Distrikt findet sich eine große Schwierigkeit wegen der Verpachtung. Die Benachtheiligung, welche daselbst durch die fahrende und reitende auswärtigen Posten vorgeht, ist bekannt genug. Hat der Pächter Kenntniß von Postsachen, so wird er verlangen, daß jene soll abgestellt werden, oder wenn dieses nicht geschehen kann, so wird er die Kosten für den ohnentgeltlichen Transport der verschlossenen Valise sowohl als den Schaden, der ihm dadurch erwächst, hoch genug anschlagen. Kennt er das Innere des Postwesens im Rostocker Distrikt nicht, sondern pachtet auf ein Gerathewohl, so wird er, wenn ihm die Augen aufgehen, um Remission anhalten und des Querulirens wird kein Ende sein."
"Der ohnendlichen Verdrießlichkeiten mit den Postfahrern, wann sich der Taxpreis ändert und der unausbleiblichen Beschwerden und Klagelieder über die grundlosen Wege, welchen sich der Pächter exponirt, will ich nur obenhin gedenken. Noch eines Umstandes muß ich Erwähnung thun, warum ich die Verpachtung der Posten für impracticable halte. Die Karten der Postdistrikte sind so durch einander verwickelt, daß man nicht akkurat bestimmen kann, welcher Ertrag eigentlich zum Schwerin'schen oder Güstrow'schen Distrikt gehört. Ich will dieses durch ein paar Exempel aus vielen deutlich machen."
"Auf der Tour von Schwerin über Ratzeburg nach Hamburg et v. v. sollen keine Beiwagen statuirt werden. Kommen nun entweder von Schwerin oder auch in Hamburg so viele Päckereien zur Post, daß Sie nicht alle fortgeschafft werden können, so bleiben sie auf den folgenden Tag, da die Post von Schwerin über Boizenburg nach Hamburg oder von Hamburg über Boizenburg nach Schwerin geht, beliegen. In der Karte von Schwerin über Ratzeburg nach Hamburg et v. v. werden sie notirt mit der Beischrift: "Folgen morgen", und in der von Hamburg über Boizenburg nach Schwerin wird beigeschrieben "Zur gestrigen Post". Der Rächter des Schwerin'schen Distrikts wird sich die Aufkünfte zueignen wollen, weil sie zu seiner Karte gehören, und der Pächter des Güstrow'schen Distrikts wird den Ertrag nicht fahren lassen wollen, weil sie mit der von ihm gepachteten Post fortgebracht sind."
"Mit der Post von Schwerin über Bützow nach Rostock und über Güstrow nach Rostock geht es ebenso. sind mehrere Päckereien vorhanden, als bei Abgang der Post über Bützow
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fortgebracht werden können, so werden sie zwar zur Karte geschrieben, aber den folgenden Tag erst über Güstrow nachgesandt."
"Der Lübeck'sche Postmeister bekommt nach der Konvention octavam partem der ganzen Kollektur in Lübeck, deswegen auch in der Karte von Lübeck auf Schwerin das volle Franko und Portogeld eingeschrieben wird. In den von Schwerin mit diesen Päckereien und Briefen abgehenden Karten wird, wenn sie franko gewesen sind, nur beigeschrieben: "de Lübeck", und wenn Sie nicht frankirt werden, die Auslagen ante lineam notirt, mit der Beischrift "de Lübeck". Aus den aus Lübeck auf Schwerin abgehenden Karten ist ersichtlich, wieviel selbige getragen hat und hiernach wird die octava von dem Schwerin'schen Kontor bezahlt. Wird der Pächter, welcher die Lübecker Briefe und Packereien weiter transportirt, selbige ohne Entgelt fortschaffen? Kann er nicht vielmehr de jure verlangen, Antheil an dem Franko und Portogelde zu haben?"
"Gesetzt, die herzogliche Kammer, deren Kognition und Erkenntniß die Pächter unterworfen bleiben sollen, wollte im Voraus festsetzen, daß derjenige, welcher die Briefe und Päckereien gefahren, auch das porto oder frankogeld haben sollte, so würden nothwendig das Schwerin'sche Kontor, welches die Post nach dem ohngefähren Anschlage, was selbige bisher getragen hat, gepachtet, offenbar Schaden leiden und der Güstrow'sche Postpächter lucriren. Des ewigen Streitens gegen einander nicht zu gedenken, ob der Ertrag der Posten durch die Verpachtung werde vergroßert werden können? Dieses ist eine Frage, welche die Zukunft beantworten muß. Der Ertrag derselben ist seit zehn Jahren so geringfügig nicht gewesen. Die in der Kammerregistratur vorhandenen Abmachungen erweisen, daß die Posten in den nächst verflossenen zehn Jahren wenigstens noch mal so viel getragen haben als in den vorhergehenden zehn Jahren. Ich glaube auch gewiß, daß bei nunmehr Gottlob! ruhigen Zeiten der Ertrag sich noch verbessern werde, wenn nur die gehörigen Mittel angewandt werden und ein Jeder seiner Schuldigkeit Genüge leistet. Daß aber durch die Verpachtung der Ertrag schlechterdings werde vergrößert werden, solches bezweifle ich gar sehr. Ein Pächter, welcher das Innere des Postwesens kennt, wird sich schon vorsehen, daß er nicht zu hoch hineingehet. Ein gewisser Anschlag läßt sich nicht machen, und über die Aufkünfte läßt sich keine eviction prästiren, sowie man selbiges bei Verpachtung der Güter über die Quadratruthenzahl thun kann. Wer aber ohne Kenntniß auf ein Gerathewohl pachtet, der wird nach Verlauf von ein
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paar Jahren entweder bettelarm werden oder auch um Remission schreien."
"Mein stärkster Grund aber, warum ich die Verpachtung der Posten nicht für vortheilhaft halte, ist der: das preußische Postwesen ist zu der Höhe gestiegen, dahin wir es so leicht nicht bringen werden. Soviel mir aber bekannt, sind bei ihnen die Posten nicht verpachtet, sondern sie werden alle berechnet."
"Ich glaube noch eher, daß die Postaufkünfte dadurch verbessert werden könnten, wenn man den Postmeistern certam partem von den Einkünften accordirte, als wenn nmn sie verpachtet. Sie werden alsdann allen Fleiß und alle Mühe verwenden, selbige ergiebiger zu machen, auch besser auf die defraudationes und Unterschläge der Wagenmeister und Postillons vigiliren."
Da dieses Gutachten mit den eigenen Ansichten der Kammer zusammentraf, so wurde an die Regierung ein fast gleichlautender Bericht eingereicht; zur Erhöhung der Postaufkünste regte die Kammer aber noch an, künftighin mit der Ausgabe der bedenklich vermehrten Postfreipässe an Offiziere, Bediente u. s. w. sparsamer umzugehen und zur Ueberwachung der Posten unterwegs berittene Visitatoren anzustellen.
Trotz der mannigfachen Gegengründe des Kammerberichts glaubte die Regierung, daß aus der Verpachtung der Posten höhere Aufkünfte erzielt werden könnten. Die Kammer beharrte wieder ihrerseits bei ihrer Ansicht, ordnete sich schließlich aber, wenn auch mit Widerstreben, der höheren Beurtheilung willig unter, sodaß sie im März 1764 bereits melden konnte, daß vor Ablauf des Kammerrechnungsjahres (Ende Juni) der Verpachtung der Posten nichts mehr im Wege stehe.
Bei der Regierung war man aber inzwischen doch anderen Sinnes geworden. Sie verfügte am 17. April 1764 an die Kammer, daß ihre Willensmeinung nicht durchaus auf eine Verpachtung der Posten gerichtet sei, sondern daß sie nur beabsichtige, den Ertrag der Posten so hoch zu treiben, als es ohne Bedrückung des Publikums möglich sei; sobald nur dieses Ziel erreicht wäre, sei es gleichgültig, ob die Verpachtung oder Berechnung der Posten zum Ziele gefuhrt hätte. Die Kammer sollte jetzt aber unverzüglich zweckdienliche, vor allen Dingen nicht mit neuen Ausgaben verbundene Vorschläge zur Hebung der Postaufkünfte abgeben.
Um der Regierung jeden Gedanken an die Nützlichkeit der Verpachtung zu benehmen, kam die Kammer im April 1764 nochmals mit überzeugenden Gründen auf ihre Ansicht zurück: ein Pächter werde die Posten nur auf Lebenszeit pachten wollen,
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wodurch der Regierung behufs Rücknahme der Posten in Selbstverwaltung beim Eintritt günstiger Jahre die Hände gebunden seien; der Pächter werde schon in seinem Interesse bestrebt sein, die zum Theil kostbaren Postoffizianten durch billigere Arbeitskräfte nicht zum Vortheil des Publikums zu ersetzen, und werde auch Portofreiheiten für herzogliche Sachen nicht gestatten. Schließlich kam sie mit ihren Vorschlägen zur Verbesserung des Postwesens hervor. In erster Linie seien "muntere und zuverlässige Subjekte" zur Beaufsichtigung der Posten zu bestellen; im Weiteren sei das Post-Rechnungswesen besser zu organisiren und schließlich die Postfreiheit gänzlich abzustellen, da mit derselben mancherlei Unfug und Mißbrauch geschehe. Die Verordnung vom Jahre 1750, welche die Postfreiheit aufhob, war nämlich in der Zwischenzeit durch die politischen Verhältnisse vollständig in Vergessenheit gerathen. Außerdem hielt die Kammer die Einrichtung einer ihr unmittelbar untergeordneten Behörde, welche die nächste Aufsicht über das Postwesen zu üben hatte, für ersprießlich genug, um wesentliche Vortheile von ihrem Wirken in sichere Aussicht stellen zu können.
Die Regierung war nunmehr überzeugt und ordnete die sofortige Ausführung der Kammervorschläge an. Durch Reskript vom 30. April 1764 wurde die Haupt-Postkommission eingerichtet und in dieselbe der Kammersekretär Livonius und der Postsekretär Hennemann berufen. Beide waren für ihr neues Amt in jeder Beziehung geeignet; jener hatte, wie schon sein oben mitgetheiltes Gutachten erkennen läßt, für Fragen wirthschaftlicher Art einen klaren, ungetrübten Blick, Hennemann dagegen, dem schon die Anwartschaft auf den Vorsteherposten des Schweriner Hauptkontors ertheilt war, besaß ausreichende Erfahrung in Dingen posttechnischer Natur. Ihr Hauptaugenmerk sollte die neue Behörde, wie ihr von der Regierung besonders eindringlich empfohlen war, dahin richten, daß das Einkommen einer ganzen Reihe von Postbeamten wegen ihrer inzwischen gesteigerten Nebenbezüge beträchtlich ermäßigt werden könnte. Die Vorschläge der Kammer wegen Aufhebung der Portofreiheit fanden allerhöchste Billigung, doch bedang sich der Herzog für das Aufgeben derselben die Zahlung einer jährlichen Pauschalsumme an die fürstliche Chatulle aus.
Die Hauptpostkommission trat sofort in Wirksamkeit. Als Ziel war ihr vom Herzoge gesteckt worden, in möglichst kurzer Zeit die Postüberschüsse auf 16000 Rthlr. zu treiben. Die Herabsetzung der Gehälter wurde jedenfalls nur gesprächsweise
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berührt, denn Hennemann war mit Rücksicht auf seine künftige Stellung als Postdirektor für die Sache nicht zu haben.
Die Aufhebung der Postfreiheiten erfolgte durch Verordnung vom 23. Juni 1764, derzufolge alle zur Post und mit der Post kommenden Sachen von Jedermann, er sei wer er wolle, baar bezahlt werden sollten. Die an die herzogliche Chatulle aus der Postkasse zu zahlende Abfindung wurde auf 200 Rthlr. jährlich festgestellt.
Livonius und Hennemann entfalteten, obgleich sie die Geschäfte als Mitglieder der Postkommission im Nebenamt gegen eine Vergütung von je 100 Rthlr. verwalteten, großen Eifer und Geschick zur gründlichen Verbesserung des Postwesens. Von ihnen gingen zahlreiche Vorschläge aus, die meist unverändert die Genehmigung des Herzogs fanden. Durch Revision der Postkarten, Ueberwachung der Aemter und Postkurse, Abschließung günstigerer Fuhrkontrakte hatten sie die Genugthuung, daß die Einkünfte aus den Posten sich von Jahr zu Jahr hoben.
Nachdem in den Jahren 1766 - 1768 dem Herzoge die Wiedereinlösung der bis dahin an Hannover verpfändeten Hypothekämter im westlichen Meklenburg gelungen war, standen die Meklenburg - Hamburgischen Postkurse wieder ganz im ungetheilten herzoglichen Besitz, sodaß die bis dahin in der Hypothek für Kurhannover gehobenen Postgefälle ganz zur Postkasse vereinnahmt werden konnten.
Auch die Verlängerung der Konvention mit Hannover wegen des Durchgangs der meklenburgischen Posten durch Lauenburg, die im Jahre 1744 geschlossen und 1752 auf vorläufig 16 Jahre erneuert worden war, wurde, um bei einer Ablehnung seitens Hannovers zu anderweitigen Vorkehrungen hinlänglich Zeit zu haben, schon 1766 angeregt und von Hannover (St. James, 21. August 1767) auf 24 weitere Jahre zugestanden, allerdings mit der Bedingung, daß den meklenburgischen Posten nicht mehr als 1 - 2 Beiwagen beigegeben werden dürften.
Als die Postkommission durch ihre rege Thätigkeit in das Postwesen größere Ordnung gebracht hatte, trat sie zur ständigen Erhaltung derselben an die Aufgabe, ausreichende gesetziche Bestimmungen zu erlassen, welche alle Theile des Dienstes umfassen und sowohl den Beamten als dem Publikum zur bindenden Richtschnur dienen sollten. Bis dahin hatten einzelne herzogliche Verordnungen aus dem 17. Jahrhundert, welche fast sämmtlich als Postordnungen bezeichnet waren, sowie aus späterer Zeit Erlasse und Reskripte über diesen und jenen Gegenstand, endlich
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auch eine ganze Reihe von Taxordnungen als nothdürftiges Hülfsmittel gedient. Die Verordnungen waren zwar nach ihrem Erscheinen allen Postkontors zugefertigt worden, aber trotzdem eine große zahl von ihnen mehrfach erneuert worden war, fielen sie doch bei den vorherrschenden schlechten Verhältnissen im Lande immer bald wieder der Vergessenheit anheim. Der in den letzten Jahren kräftig aufgeblühte Postverkehr bedurfte aber schon eingehenderer Bestimmungen, welche vor allen Dingen die vielfachen Beziehungen zwischen Post und Publikum einheitlich zu regeln vermochten. Das Bedürfniß nach einer solchen Postordnung hatte schon vor Jahren der Postdirektor von Schütz mehrmals nachgewiesen. Nach ihm war auch einer Aktennachricht zufolge Ober-Postdirektor von Smith trotz der kurzen Dauer seiner Amtsführung mit der Abfassung einer allgemeinen Postordnung beschäftigt gewesen. Später gab der Ober-Postdirektor Brunsich Edler von Brun sich Mühe, bei der Regierung den Erlaß einer solchen zu erreichen, aber auch seine Bemühungen blieben erfolglos. Die Postkommission, deren Mitglieder noch unter Brunsich dienstlich thätig gewesen waren, suchten den von ihm entworfenen, aber in den Kammerakten vergrabenen Entwurf der Postordnung wieder hervor und benutzten ihn als willkommenes Vorbild für ihre Arbeit.
Bereits im Jahre 1765 legten beide den Entwurf der neuen Postordnung der Kammer vor. Sowohl im Aufbau als auch in der ganzen Bearbeitung des Stoffes trägt er unverkennbare Anlehnung an Brunsichs frühere Vorschläge.
In der Kammer erfuhr der Entwurf eine gründliche Umarbeitung; das Kammerkollegium wollte vor allen Dingen eine logische Behandlung des Stoffes beobachtet wissen; sie empfahl deshalb den Verfassern den Stoff in der Weise anzuordnen, daß der erste Theil von der Einrichtung der Posten, Bestellung der Postoffizianten u. s. w. handeln solle; der zweite Theil hatte zu umfassen "das, was Recht sei" bei der Einlieferung, der dritte bei der Beförderung unterwegs, der vierte endlich bei der Ankunft am Bestimmungsorte der Postsendungen. Die Postkommission arbeitete nach diesen Fingerzeigen den Entwurf um, der demnächst an den Herzog zur Bestätigung eingereicht wurde.
"Er ist" - schrieb die Kammer - "die Frucht einer vieljährigen Praxis, denn schon im Jahre 1748, wo der Ober - Postdirektor von Smith bereits vergeblich sich gemüht hatte, eine ausreichende Postordnung zusammenzustellen, hat man bei der großen Ungewißheit in Anordnung und Entscheidung des Post=
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wesens und so vielfältiger dabei aufstoßenden Vorkommenheiten immer die Absicht gehegt, nach dem Exempel benachbarter Staaten ein höchst unentbehrliches Werk hervorzubringen, wodurch sich alles, was sich in Postangelegenheiten bald auf diese bald auf eine veränderte Art begiebt, in der Natur, den Gebräuchen und der Verfassung des Landes bestmöglichst angemessener Art kurz und ohne prozessualische Umschweife so decidiren lasse, daß dabei soviel sichs thun läßt, das Publikum vieler unangenehmer Begebenheiten, Euer hochf. Durchl. manchen beträchtlichen Schadens und das dirigirende Kammer - Kollegium täglicher nicht geringer Belästigungen überhoben sein könnte." Ueber der Prüfung der Postordnung bei der Regierung vergingen aber noch einige Jahre, da über zahlreiche Punkte noch Aufklärungen und Begutachtungen von der Kammer, der Postkommission und den Vorstehern der Hauptkontors eingefordert wurden; vor allen Dingen waren dem Herzoge die Bestimmungen über die Postfreiheiten, den Gerichtsstand der Postoffizianten, endlich auch die Frage der Schadloshaltung des Publikums in Verlustfällen nicht erschöpfend genug behandelt; in letzterer Beziehung legte der Herzog das Hauptgewicht auf die schnelle, ungesäumte Erledigung des einzelnen Falles durch unmittelbare Entscheidung der Kammer, ohne die weitläufigen Geschäftsformalien, deren Anwendung bis dahin die Entscheidung in Garantiesachen oft jahrelang verzögert und dem Fiskus wie dem Kläger haufig schweren Verlust an Zeit und Geld zugefügt hatten.
Nachdem alle Bedenken der Regierung beseitigt waren, erfolgte endlich die Veröffentlichung der . Postordnung am 1. Januar 1770 als:
Die Postordnung besteht äußerlich aus drei Theilen, nämlich der eigentlichen Postordnung, einer Reihe älterer Verordnungen, die nur erneuert wurden, endlich einer Taxe. Die Postordnung enthielt auf 36 Seiten Text in 70 paragraphen alle Bestimmungen, welche der oben bezeichnete Aufbau nöthig machte. Den einzelnen Paragraphen waren ältere Verordnungen als Anlagen und zu näherer Erklärung beigefügt, wodurch dieselben wieder voll in Kraft traten; es waren:
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Die Taxe enthielt Taxvorschriften für die Beförderung von Personen, Briefen, Geldern, Handpacketen bis zu 16 Gewicht und Frachtsachen im Lande und im Verkehr mit Hamburg, ferner Ausführungsbestimmungen und Erläuterungen zur Taxe, endlich eine Taxe für einfache Briefe nach Orten außerhalb Meklenburgs.
Der Erlaß der Postordnung bildet in der Entwicklunggeschichte des heimischen Postwesens einen Denkstein von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Sie machte den zahlreichen Unzuträglichkeiten, welche sich bei dem Mangel ausreichender Vorschriften aus allen Gebieten des Postwesens seit Jahren eingeschlichen hatten, mit einem Schlage ein Ende und ließ an Stelle der Unsicherheit, welche sowohl Beamte als vor allen Dingen das Publikum bei Benutzung der Posteinrichtungen befangen gehalten hatte, ein Gefühl des Vertrauens und der Sicherheit entstehen, das dem weiteren Gedeihen des Postwesens nur förderlich sein konnte. Als Beweis dafür, daß die Postordnung wirklich brauchbar war, ihren Zweck durchaus erfüllte und den Gegenstand erschöpfend behandelte, mag der Hinweis dienen, daß sie ein ganzes Jahrhundert hindurch bis zum Uebergang des meklenburgischen Landespostwesens auf den norddeutschen Bund im Jahre 1868 in Geltung geblieben ist, ohne daß sie Abänderungen grundsätzlicher Bedeutung in größerer Zahl erfahren hätte.
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Einen wesentlichen Zweig ihrer Thätigkeit erblickte die Postkommission auch in der Regelung der Verhältnisse des Postwesens zum Fuhrgewerbe. Auf diesem Gebiete waren allerdings bisher zahlreiche Verordnungen und Verfügungen getroffen worden, die endliche Regelung der Beziehungen zum Fuhrgewerbe glückte aber erst der Kommission, auf deren Anrathen Herzog Friedrich die Verhältnisse zwischen Post und Fuhrleuten gesetzlich ordnete. Hiervon wird weiter unten die Rede sein.
An dem Bestande der Posten, den Wechselstationen, dem Kurse u. s. w. nahm die Postkommission wesentliche Aenderungen nicht vor. Umfängliche Neueinrichtungen von Posten unterließ sie, weil die Zeitverhältnisse nicht gestatteten, zu ungewissen Operationen erhebliche Mittel aufzuwenden.
Die Hauptkurse bildeten wie bisher die Verbindungen zwischen
In dem Bestande der Seitenkurse waren aber in der Zwischenzeit Verbesserungen rnancherlei Art vorgenommen worden; jeder größere Ort des Landes war an das Postnetz angeschlossen durch Fahr- oder Botenposten, die im Zusammenhang mit den großen Hauptposten kursirten. Allerdings ließ sich die Regierung noch nicht von dem Grundsatze leiten, Postanlagen im Interesse von Handel und Verkehr zum allgemeinen Besten anzulegen. Das widersprach der Anschauung der Zeit, welche das Postwesen als Finanzinstitut betrachtete, das in erster Linie Ueberschüsse an die herzogliche Kasse abliefern sollte und in weiterer Linie erst den Forderungen des Verkehrs billige Zugeständnisse machen konnte.
Ein Beispiel dafür bildete die Stadt Brüel, die im Jahre 1772 weder ein Postamt noch eine regelmäßige Postverbindung zum Anschluß an das allgemeine Postnetz des Landes besaß. Ein Antrag der Stadt, von Brüel nach dem 1 Meile entfernten Orte Sternberg (Station bes Kurses Güstrow - Schwerin - Hamburg) eine Postverbindung anzulegen, wurde auf Betreiben der Haupt- Postkommission abgelehnt, "maßen der kleine Ort die auf dergleichen Einrichtung erforderlichen Kosten besorglich nicht abwerfen dürfte." Der Postverkehr von Brüel wurde daher wie vorher so auch noch geraume Zeit später durch einen geschworenen Gerichtsboten unterhalten, der die gerichtliche Korrespondenz beförderte
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und nebenher auf seinen Gängen den Privat-Briefverkehr vermittelte. 1 )
Im Jahre 1770 waren 39 Postämter in Meklenburg in Thatigkeit, die in Rechnungssachen den drei Hauptpostämtern Schwerin, Güstrow und Rostock unterstellt waren; außerdem bestand in Hamburg ein herzogliches Postamt. Herzogliche Postmeister fungirten überdies in Lauenburg, Ratzeburg, Lübeck und Demmin, die im Hauptamte Postbediente ihrer Staaten waren, gleichzeitig aber gegen Bezahlung die meklenburgischen Posten mitbesorgten.
Trotz angestrengtester Thätigkeit der Hauptpostkommission und obgleich das Land von neuer Kriegsnoth und wirthschaftlichen Krisen zwischen 1765 und 1785 verschont blieb - nur in den Jahren 1774/75 trat wieder eine verheerende Viehseuche im Lande auf - wurde das Ziel, das Herzog Friedrich der Postkommission vorgezeichnet hatte, zu seinen Lebzeiten nicht mehr erreicht. Erst in seinem Todesjahre (1785) stiegen die Postüberschüsse zum ersten Mal auf 16136 Rthlr.; in der Zeit von 1765 bis 1785 hatten sie durchschnittlich 14000 Rthlr. betragen, sodaß sie hinter dem von der Regierung geforderten Mindestbetrage um 2000 Rthlr. zurückblieben.
Im Jahre 1779 starb der Kammersekretär Livonius, und der inzwischen zum Postdirektor aufgerückte Hennemann trat in
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die erste Stelle der Hauptpostkommission ein. Die Ernennung eines neuen Mitgliedes für die zweite Stelle der Kommission unterblieb, weil das Kammer-Kollegium sich dafür aussprach, daß man von einem zweiten Mitgliede "nichts Ersprießliches verabsehen könne, da alles auf Hennemanns Kenntnisse und Erfahrung ankommen werde."
Die Hauptpostkommission überhaupt aufzuheben, hielt die Regierung aus praktischen Gründen noch nicht für rathsam. Sie übertrug dem Postdirektor Hennemann daher das Votum in Postsachen innerhalb der Kammer, wogegen sie dem Kammersekretär Wachenhusen, den die Kammer als besonders geeignet empfohlen hatte, die Revision und Expedition der minderwichtigen Postsachen anvertraute. Nachdem auch Hennemann im Jahre 1780 gestorben war, gelangte die Postkommission definitiv zur Aufhebung. Wachenhusen wurde zum Postdirektor und Vorsteher des Hauptpostkontors in Schwerin befördert. Er votirte innerhalb der Kammer bis zum Jahre 1789 in Postsachen, behielt aber den übrigen Kammersekretären gegenüber seinen bisherigen Rang als Kammersekretär bei, wie ausdrücklich in der ihm ertheilten Bestallung bestimmt war.
Herzog Friedrich starb im April 1785. Er hatte in seiner fast dreißigjährigen Regierung schwere Zeiten für Meklenburg und auch für dessen Postwesen gesehen, hatte aber auch, und zwar nicht zum mindesten durch eigene Tüchtigkeit, den Aufschwung seines Landes und das Wiederaufblühen von Handel und Verkehr und damit des Postwesens miterleben dürfen, einen Aufschwung, der für die Zeiten seines Nachfolgers große Erfolge in Aussicht zu stellen geeignet war.
Die preußischen Posten auf dem Kurse von Berlin nach Hamburg hatten innerhalb meklenburgischen Gebiets bisher nur eine Poststation in Boizenburg gehabt, wo der herzogliche Postmeister gleichzeitig die Geschäfte für die preußischen Posten mit versah. Die Postroute führte seit den neunziger Jahren nicht mehr über Dömitz, sondern des besseren Weges halber von Lenzen über Findshier, Woosmer Mühle, Lübtheen und Quassel nach Boizenburg. In Quassel war eine Umspannstation eingerichtet. Die Entlegenheit dieses Ortes von Lenzen (5 Meilen) ließ es für
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die preußische Regierung vermuthlich wünschenswerth erscheinen, die Umspannstation in einem näher bei Lenzen belegenen Orte unterzubringen. Man hielt den Flecken Lübtheen, der Lenzen etwa 3/4 Meile näher, also ungefähr in der Mitte zwischen Lenzen und Boizenburg belegen war, hierfür geeignet.
Auf eine vom preußischen Generalpostamt nach Schwerin gerichtete Anfrage erwiderte Herzog Friedrich Wilhelm (Rostock, 16. März 1703) in zuvorkommender Weise, daß die Anlegung der Station in Lübtheen genehmigt werde, jedoch "mit dieser expressen Bedingung, daß, solange Wir obgedachte Poststation vergönnen, an gedachtem Orte kein Postkontor angeleget, weniger davon andere Nebenposten abgehen und daß zur Erhaltung der Brücken und Dämme (statt der bisherigen Abgabe von 40 Rthtr.) 50 Rthlr. jährlich an Unsere Kammer entrichtet wird." Die preußische Regierung stimmte (Cölln a. Spree, 30. März 1703) den vorstehenden Bedingungen zu, und die preußischen Posten wechselten fortan in Lübtheen.
Während der nächsten Jahre konnte die preußische Post in Ruhe ihrem friedlichen Berufe nachgehen; aber schon vom Jahre 1712 ab, als der nordische Krieg im Lande tobte und die politischen Verwicklungen in Meklenburg allmählich ernstere Gestalt annahmen, begannen sich die bisherigen guten Beziehungen zwischen Preußen und Meklenburg hinsichtlich der gegenseitigen Postverhältnisse bedenklich zu trüben. Im Verkehr der beiderseitigen Postorgane bildete sich ein gereizter Ton heraus, der sich auch auf die unteren Glieder übertrug und sich in ununterbrochenen Chikanen und Reibereien der beiderseitigen Beamten und Postillone Luft machte. Die preußischen Posten hatten auf ihrem Wege durch Meklenburg einen schweren Stand, mehrfach wurden offene Gewaltthätigkeiten an ihnen verübt, die Postwagen angehalten, Passagiere und Ladungsgegenstände weggenommen und diese den herzoglichen Posten zugeführt. Die preußischen Postillone vergalten in gleicher Weise.
Diesen Anfechtungen gegenüber und zugleich zum Schutze gegen die in Meklenburg befindlichen fremden Kriegsvölker sah sich die preußische Regierung genöthigt, den in Meklenburg kursirenden Posten sowie den Postanstalten in Güstrow, Plau und Boizenburg besondere Sauvegardebriefe zu ertheilen und an den Postgebäuden in jenen Orten das königliche Wappen anbringen zu lassen.
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Der für die Postanstalt in Güstrow ausgestellte Sauvegardebrief bezeichnete das Postamt daselbst als ein königlich preußisches, obgleich in Güstrow nur ein herzogliches, nicht aber königliches Postamt bestand, und beginnt mit den Worten: ". . . Nachdem die Kriegsunruhe in den meklenburgischen Landen leider je länger je mehr zunehmen wtll, so haben Wir für nöthig befunden, Unsere der Orthen habende Posten und derselben Bediente in Sicherheit zu setzen, zu welchem Ende Wir dann aller auswärtigen Potentaten bestallte hohe und niedere .Kriegs- und andere Bediente hiermit gebührend ersuchen, daß sie Unser Postamt in Güstrow nebst denen daselbst wohnenden Bedienten und Postillonen wie auch den ihnen angehörige Viehe, Pferde, Mobilien und andere Zubehörungen, nichts davon ausgeschlossen, unbeunruhigt lassen . . . (Cölln a. Spree, 19. November 1712)."
Dieser Sauvegardebrief war mit anderen Briefen nach Rostock gerathen, hier erbrochen und dem Herzoge Friedrich Wilhelm zugestellt worden. Der Herzog befahl, den Brief unberücksichtigt zu lassen und einstweilen aufzubewahren. Ebenso wurden auf herzoglichen Befehl auch die nach Meklenburg gesandten königlichen Wappenschilder nicht ausgehängt. Ein nach Lübtheen gesandtes königliches Wappen wurde auf Befehl des Herzogs Friedrich Wilhelm Ede des Jahres 1712 zurückgesandt mit dem Anfügen, "wie Wir dergl. Unserem hohen Postregale in Unseren Landen verfängliche Facta nicht verstatten können."
Während der Regierung des Herzogs Carl Leopold wurde das Verhältniß zur preußischen Post nicht verbessert, sondern eher verschlechtert. Herzog Carl Leopold zeigte sich über den zwischen Hamburg und Preußen abgeschlossenen Kombinationsrezeß von 1716 in hohem Grade entrüstet, da derselbe das Hoheitsrecht des Herzogs antastete. Der Herzog verschmähte, weil ihm die Macht zu energischen Maßnahmen fehlte, auch kleinliche Mittel nicht, um seinem Unmuthe Luft zu machen, wie folgender Vorfall zeigt.
In Stettin war seit kurzer Zeit an Stelle des bisherigen schwedischen ein königlich preußisches Postamt eingerichtet worden, das naturgemäß für die Abrechnungen aus dem Postverkehr mit den Postanstalten benachbarter Staaten, z. B. mit dem herzoglichen Postkontor zu Rostock, nicht mehr die bisherigen schwedischen, sondern die preußischen Bestimmungen zu Grunde legte. Das Postamt in Stettin hotte nun von Rostock aus der Portoabrechnung angeblich noch etwa 90 Rthlr. zu fordern. Da das meklenburgische Kontor trotz mehrfacher Aufforderungen nicht
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zahlte, wurde über den Fall schließlich zwischen den beiderseitigen Höfen unmittetbar verhandelt. Herzog Carl Leopold forderte im März 1717 das Postkontor zu Rostock zu einer Aeußerung auf; letzteres berichtete, daß bisher im Verkehr mit Pommern das meklenburgische Postamt, ebenso wie auch das frühere schwedische Postamt, immer das ganze Porto behalten hatten, welches bei ihnen vereinnahmt worden war; das sei alte Gewohnheit gewesen und schon deswegen gerechtfertigt, weil die pommersche Korrespondenz besonders von Hamburg auf den meklenburgischen Postkursen 15 Meilen weit ohne besondere Vergütung befördert worden sei, während auf pommerschen Kursen bis Stettin nur 10 Meilen zurückzulegen seien. Eine Antwort dieses Inhalts ging nach Berlin ab. Trotz aller Gegenbemerkungen des preußischen Hofes war der Betrag auch 1720 noch nicht gezahlt. Nun wurde der Postmeister in Lenzen beordert, nach Dömitz zu reisen, wo der meklenburgische Hof damals residirte, bei dem Ober-Postdirektor Walter die Zahlung des Betrages zu reklamiren und nach Erfordern dabei vorzustellen, daß im Nichtzahlungsfalle die Schuld durch den Magistrat in Rostock exekutorisch von dem Postkontor daselbst beigetrieben werden würde.
Diese Drohung verstimmte in Dömitz sehr. In dem Antwortschreiben der Regierung zu Dömitz vom 27. März 1720 wurde zwar eine Prüfung der Angelegenheit verheißen, man versagte sich aber nicht, dabei Folgendes einfließen zu lassen: "Inzwischen muß es billig zu diesseitigem sonderem Befremden gereichen, daß aus obgemelter Verordnung des königlichen General-Finanzdirektorii die wohl ganz unerwartete clausul zu üernehmen, man würde bey nicht sogleich erfolgender Befriedigung sich sogleich nach Rostock wenden und bei dem dortigen Magistrat die execution wider den Postmeister Babsten ratione debiti et impensarum suchen. Es kann nicht unbekannt sein, daß gedachte Stadt und Magistrat Sr. hochf. Durchl. ohnstreitige Erbunterthanen seyn, und da mehrbesagter Postmeister auch derselben würklicher Bedienter ist, so kann nicht anders denn äußerst empfindlich seyn, daß man dortiger Seiten intendire, einen fürstlichen Bedienten, der, wenn er gleich von Ihro hochfürstl. Durchl. in die Suspension 1 ) gesetzt wäre, dennoch dieser in das Postregale schlagenden Sache
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halber vor niemanden alß vor Seiner hochfürstl. Durchlaucht zu belangen wäre, dero eigener Unterthanen Jurisdiction zu unterwerfen und ihn durch dieselbe exequiren zu lassen; solcher aperten inconvenience halber könne Ihre hochf. Durchl. ohnmöglich davor halten, daß auf hohem Befehl Ihr. Königl. Maj. eine solche Anstellung werde seyn veranlaßt worden, dahero Sie sich umb so viel mehr gemüßiget sehen werden, darüber ohnmittelbar bey Ihr. Königl. Maj. ihre so billige Beschwerde zu führen."
Der Postmeister Hasper aus Lenzen wurbe übrigens nicht in die Stadt Dömitz eingelassen, sondern mußte mehrere Tage vor der Stadt liegen bleiben. Das vorstehende Antwortschreiben wurde ihm aus der Festung herausgeschickt. Im Jahre 1721 wurde von dem Postkontor zu Rostock endlich der Streitbetrag gezahlt, und der ganze Streit endete damit, daß das Postamt in Stettin angewiesen wurde, "dem Postkontor zu Rostock das Briefporto zwischen Demmin und Rostock fernerhin nicht zu disputiren."
Das gespannte Verhältniß zwischen ben beiderseitigen Postverwaltungen blieb jedoch auch fernerhin bestehen und äußerte sich in endlosen Reibereien der Postorgane, die über die geringfügigsten Fragen des wechselseitigen Verkehrs langathmige Erorterungen anstellten und sich obendrein in spitzen, harten Worten nie genug zu thun wußten.
Auch bei der meklenburgischen Regierung griff bald infolge des Verlaufs der politischen Ereignisse ein lebhaftes Gefühl der Mißstimmung gegen Preußen Platz, das seinen Höhepunkt erreichte, als König Friedrich Wilhelm I. im Jahre 1734 als Ersatz für seine Mitwirkung bei Regelung der Landeswirren in Meklenburg die vier Aemter Eldena, Marnitz, Plau und Wredenhagen pfandweise mit Beschlag belegt hatte. Die Aemter traten zum übrigen Meklenburg in ein ähnliches Verhältniß wie die acht hannoverschen Hypothekämter im Westen des Landes, aber während in diesen die meklenburgische Regierung in gewissem Umfange wenigstens noch landesherrliche Hoheitsrechte ausüben konnte, verlor sie in den preußischen Pfandämtern fast jeden Einfluß, da hier die Verwaltung sofort nach der Besitznahme auf preußischem Fuß eingerichtet wurde.
Trotz aller von der Schweriner Regierung getroffenen Maßregeln traten die Postanstalten in Plau und Parchim fast ganz aus ihrem Abhängigkeitsverhältniß zur herzoglichen Postverwaltung heraus. Beschleunigt wurde diese allmählich eintretende Entfremdung durch einen neuen Postkurs, den die preußische Postverwaltung noch in den dreißiger Jahren von Lenzen über Grabow
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nach Parchim anlegte, von wo derselbe nach Plau zum Anschluß an den Berlin - Plau - Güstrower Kurs ausgedehnt wurde.
Herzog Christian Ludwig machte aus seinem Mißbehagen über diese neue preußische Post im Lande durchaus kein Hehl. Zunächst versuchte er, auf Umwegen den Lauf der Post zu stören, indem er die Postmeister in den vorbezeichneten Städten anwies, sich der Expedition der Post zu enthalten und "extrema" abzuwarten; als das aber erklärlicher Weise bei der straffen Disciplin der preußischen Regierung, der sich die Postämter nicht zu entziehen wagten, vergeblich war, brachte er die Angelegenheit sogar zur Entscheidung des Reichshofraths, der die Aufhebung der Post befahl. Aber die preußische Regierung dachte nicht daran, die neue Post aufzuheben, denn sie hatte nach Einrichtung der Post mitten durch das von ihr besetzte meklenburgische Gebiet eine bequeme Verbindung zwischen den beiden wichtigen Postkursen von Berlin nach Hamburg und von Berlin nach Güstrow, wodurch die Verbindung mit den meklenburgischen Pfandämtern und den in ihnen garnisonirenden preußischen Truppentheilen unterhalten wurde.
Der Herzog gab trotz dieses Mißerfolges seine Bemühungen, sowohl die neue preußische wie überhaupt alle fremden Posten aus meklenburgischem Gebiet ganz zu verdrängen, nicht auf. Seine Einsicht und Erfahrung ließen ihn zwar die wirthschaftlichen Vortheile, welche die zahlreichen fremden Postkurse auf den Hauptverkehrsstraßen im Lande für Meklenburg im Gefolge hatten, nicht verkennen, aber ihn leitete der gewiß nicht unberechtigte Wunsch, seine Landesposten von der Konkurrenz der fremden Posten frei zu machen, um für die im Innern des Landes dringend nothwendigen Reformen freie Hand zu haben und aus den Posten eine ergiebige Einnahmequelle für die erschöpften Kassen des Landes zu schaffen. Aber der traurige Zustand und die politische Lage Meklenburgs gestatteten ihm nur halbe Maßnahmen, die keine wirklich dauernden Erfolge erwarten ließen. Um beispielsweise die Post von Lenzen nach Plau möglichst von dem meklenburgischen Lokalverkehr auszuschließen, verfügte er, daß die Korrespondenz aus Güstrow und dem nördlichen und östlichen Meklenburg nach den preußischen Pfandämtern und Grabow nicht direkt von Güstrow aus über Plau oder Parchim, sondern auf dem Umwege über Schwerin befördert werden sollten. Und da auch jetzt noch von preußischen Behörden das Postkontor zu Güstrow stets als königliches Postamt bezeichnet wurde, wies Herzog Christian Ludwig den Postmeister Kütemeyer daselbst an,
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sofort in Berlin vorstellig zu werden und nach Schwerin zu berichten, wenn im wechselseitigen Verkehr das herzogliche Postkontor als königliches Postamt bezeichnet werden sollte; später erhielt Kütemeyer sogar bei 30 Rthtr. Geldstrafe die Anweisung, derartig adressirte Briefe unerbrochen zurückzuschicken.
In den vierziger Jahren ließ Herzog Christian Ludwig Nachforschungen über den rechtlichen Bestand der preußischen Post von Berlin nach Hamburg auf meklenburgischem Gebiet anstellen; denn er hatte damals schon die Wiedereinlösung der westlichen Hypothekämter von der Krone Hannover im Auge und wollte für den Fall des Gelingens dieses Projekts anscheinend rechtzeitig umfassende Maßregeln gegen die preußische Post vorbereiten. Aber die archivalischen Quellen über den Ursprung der Post flossen sowohl in Schwerin als auch in Berlin, wie aus einem noch vorhandenen Entwurf zu einem Schreiben nach Berlin zu folgern ist, sehr spärlich, sodaß Herzog Christian Ludwig davon absehen mußte, ein klares Urtheil über die geschichtliche Entwicklung der preußischen Postgerechtsame auf meklenburgischem Gebiet zu gewinnen.
Dafür nahm er aber bald darauf an anderer Stelle die Gelegenheit wahr, der preußischen Post entgegenzutreten.
In dem Städtchen Lübtheen, wo nach dem Uebereinkommen zwischen Meklenburg und Preußen vom Jahre 1703 von den preußischen Posten eine Umspannstation gehalten werden konnte, war im Jahre 1748 der Posthalter gestorben, welchem bisher die Abwartung der preußischen Durchgangspost im Orte obgelegen hatte. Nach dem klaren Wortlaut der Konvention war die Station nur für den Pferdewechsel bestimmt, aber während der unglücklichen Zeitverhältnisse unter Herzog Carl Leopold hatten die preußischen Posthalter in Lübtheen - wie sich mit Rücksicht auf die Natur des Postdienstes fast von selbst ergab - begonnen, für die preußische Durchgangspost Personen und Postsachen anzunehmen und zu befördern. Eigene herzogliche Posten berührten den Ort dauernd nicht; ein Nachtheil erwuchs daher der herzoglichen Landespost aus dem Verfahren des Postamts in Lübtheen nicht, eher war noch das Vorgehen desselben im öffentlichen Interesse lobend anzuerkennen - aber dem herzoglichen Postregal war doch dadurch zuwidergehandelt worden, und das glaubte Herzog Christian Ludwig nicht dulden zu sollen.
Die Nachricht von dem Hinscheiden des Posthalters in Lübtheen war daher kaum nach Schwerin gedrungen, als auch schon vom Herzoge ein Nachfolger in der Person des Postmeisters
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Dietrichs bestellt wurde, der sofort in Lübtheen die Geschäfte übernahm. Der zu dem gleichen Zweck von dem preußischen Postamte in Lenzen nach Lübtheen beorderte Postsekretär Hasper kam zu spät und mußte unverrichteter Sache wieder nach Lenzen zurückkehren.
In Berlin nahm man diesen Verlauf der Angelegenheit anscheinend sehr übel auf. Man berief sich auf die Konvention von 1703, die der preußischen Postverwaltung die Haltung einer Poststation in Lübtheen zugestand, und stellte die bestimmte Forderung, die wohlerworbenen preußischen Gerechtsame nicht zu stören. Darauf richtete die Schweriner Regierung ein maßvoll gehaltenes Schreiben nach Berlin, welches die landesherrlichen Hoheitsrechte in Grundlage der Konvention von 1703 in vollem Umfange reservirte. Wie zu erwarten stand, wollte die preußische Regierung ihre erweiterten Postbefugnisse, die sie in Lübtheen thatsächlich längere Zeit hindurch ausgeübt hatte, nicht ohne Weiteres fahren lassen, denn sie kam mehrmals auf den Fall zurück, jedoch ohne daß die meklenburgische Regierung an Entgegenkommen dachte. Bald aber trat die Sache in ein anderes Stadium, als die herzogliche Kammer die weitere Behandlung des Gegenstandes übernahm. Im Gegensatz zur Regierung trug sie ein sichtlich unentschlossenes, schwankendes Verhalten zur Schau, dessen Urheber der damalige herzogliche Ober-Postdirektor von Smith war, welchem die Bearbeitung der Postsachen im Kammer-Kollegium oblag. Er mochte von einem entschiedenen Auftreten gegenüber der bekannten Energie der preußischen Regierung nichts Gutes besorgen, denn er instruirte den Postmeister Dietrichs, den preußischen Beamten gegenüber "von einer hiesigen Bestallung nichts zu erwähnen, sondern nur quasi auf eigenen Einfall anzuziehen, daß er nach Ihrer Fürstl. Durchl. hoher Intention nach Lübtheen translociret werden solle und er so im Stande wäre, die königlich preußischen Posten zu besorgen."
Die preußische Regierung hatte von dieser Instruktion jedenfalls Kenntniß erhalten, aber sie that zunächst keine weiteren Schritte, sondern ließ einige Zeit hindurch die Posten von Berlin nach Hamburg in Lübtheen überhaupt nicht mehr halten, sondern durch den Ort ohne Pferdewechsel durchgehen. Die Nachricht von dieser unerwarteten Maßregel rief in der herzoglichen Kammer ein drückendes Gefühl des Unbehagens hervor. Der Ober-Postdirektor von Smith glaubte endlich nichts besseres thun zu können, als nach Berlin die Mittheilung gelangen zu lassen, daß man in Schwerin nichts Anderes beabsichtige, als mit Beibehaltung des
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guten Einvernehmens mit dem königl. General-Postamte die in diesem Falle ganz unstreitigen herzoglichen Hoheitsrechte in den meklenburgischen Landen zu behaupten. Zum Schluß sprach sich die Kammer aber doch dahin aus, daß man "die preußischen Intentionen - wenn es nur ohne Nachtheil der diesseitigen hohen Gerechtsame irgend passiren könnte - quasi nesciendo passiren lassen wolle, um dadurch eine fernere hiernächst vielleicht noch nachtheiliger ausfallende contestation zu vermeiden."
Von Berlin lief hierauf überhaupt keine Gegenäußerung ein. Aber Dietrichs erhielt aus Lenzen einen Eidesrevers zur Vollziehung zugesandt, durch welchen er sich verpflichten sollte, den König von Preußen als seinen Herrn zu betrachten und das königliche Postregale strenge zu beobachten. Dietrichs bat ben Ober-Postdirektor von Smith um Verhaltungsmaßregeln. So unwillkommen diesem auch die Angelegenheit war, so konnte er eine Antwort nicht umgehen. Er ging aber nicht geradeaus auf das Ziel los, sondern strich in dem Revers die beiden vorgenannten Punkte und sandte denselben so abgeändert an Dietrichs mit dem Bemerken zurück, daß man gern sähe, wenn die Eidesformel in der abgeänderten Weise abgefaßt würde. "Wie ihm hier aber schon mündlich bedeutet worden, daß er in keine Wege sich merken lassen solle, ob hätte er von hiesigem Hofe einige Instruktion erhalten, so hat es dabei sein unveränderliches Bewenden. Und muß er ebenmäßig, als wenn er es nur vor sich thäte, die Erinnerung thun, daß der kürzeste Weg sein möchte, wenn ihm eine schriftliche Anweisung an die Postillone mitgegeben würde, daferne anders, so viel ich mich erinnere, Herr Postmeister Hasper (in Lenzen) es schon abgeschlagen, ihn zu Lenzen den Postillons vorzustellen. Meinet er damit nicht durchzukommen, so finde er sich auf Empfang dieses gleich wieder hier an. Will er aber einen Versuch machen und es gehet sodann nicht nach Willen, so bitte er sich lieber Bedenkzeit aus und komme sodann unverweilet hier an." Preußischerseits wollte man sich auf eine Abänderung der Eidesformel nicht einlassen, aber die Regierung in Schwerin bestimmte, Dietrichs sollte den Eid entweder in der neuen Fassung leisten oder die Eidesleistung überhaupt ablehnen. Hierzu kam es indeß nicht. Die preußische Regierung hielt jedenfalls den Gegenstand einer weiteren Verhandlung nicht für werth, denn die Akten berichten von einer neuerlichen Intervention preußischer Behörden nicht; dagegen läßt sich aus vereinzelten Aktennotizen schließen, daß endlich doch eine Einigung über den Streitpunkt zwischen den beiden Regierungen erzielt wurde.
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Dietrichs wurde in Lenzen am. 20. November 1748 für Preußen verpflichtet, und ein inzwischen in Lübtheen für die preußische Post thätig gewesener preußischer Postschreiber ging nach Lenzen zurück.
Der Ober-Postdirektor von Smith sprach demnächst Dietrichs seine Befriedigung über den Verlauf der Angelegenheit aus und ersuchte ihn, nach Schwerin zu kommen, da er mit ihm wegen Anlegung einer meklenburgischen wirklichen Poststation in Lübtheen Rücksprache halten wolle. Aber Dietrichs starb noch im Jahre 1749, und nun besorgte von Smith neue Verwicklungen mit Preußen. Dieselben blieben auch nicht aus. Der von der meklenburgischen Regierung eingesetzte neue Posthalter 1 ) wurde zwar vom General - Postamte anerkannt, aber dieses behielt sich vor, ihn in sein Amt einzuführen. Herzog Christian Ludwig verfügte am 20. October 1753, daß der Posthalter durch einen meklenburgischen Beamten einzuführen sei. Auf eine Gegenvorstellung der Kammer erging zwei Tage darauf eine herzogliche Verordnung, daß es bei dem Befohlenen sein Bewenden behalten müsse, "um so mehr, als die königlich preußische Post zu Lübtheen von Uns in einer anderen Gestalt als einer bloßen Neben- oder Beistation bisher nicht erkannt ist, noch erkannt werden kann. Und ob Wir gleich an dem Postwesen zu Lübtheen nicht principaliter participiren, so lässet sich doch nach der Natur des Uns in Unserem Territorio allein zustehenden Postregals bei der preußischer Seiten intendirten solennen Anweisung in Lübtheen nicht anders als mit Zuordnung eines Unserer Seits dabei dirigirenden Commissarii verfahren. Und wenn dieser auch allenfalls nichts mehr thut, als daß er dem preußischen Postmeister in Unserem Posthause ad protocollum andeutet, daß er mit Vorbehalt diesseitigen Postregals den actum der Anweisung seinerseits zu verrichten habe, so ist damit Unserem juri allenthalben prospiciret und der Begriff einer precarischen Beipost, gegen welche man vorhin von Berlin aus selbst nichts anhero erwidert, ipso facto bestätiget. Wir glauben auch nicht, daß man preußischerseits gegen diesen modum procedendi etwas einwenden werde; dahingegen ist selbst aus dem Briefe des Postmeisters Hasper in Lenzen ersichtlich, daß man auf eine Lokalanweisung, die außer diesem von Uns vorgeschriebenen Expedienti Unserem
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Regali und Territorial Juri verfänglich sein würde, fest bestehen zu wollen scheine."
Jetzt fam man aber zu spät, denn während noch der Postdirektor Roland in Schwerin beauftragt wurde, den Posthalter in Lübtheen einzuführen, hatte Hasper in Lenzen bereits die Einführung besorgt, sodaß Roland unverrichteter Sache wieder abziehen mußte. Aber die ganze Angelegenheit hatte für die meklenburgische Regierung keine nachtheiligen Folgen, denn als bald nach diesem Vorfall in Lübtheen ein eigenes meklenburgisches Postkontor eingerichtet wurde, übernahm der jedesmalige herzogliche Postmeister die Mitbesorgung der preußischen Posten, sodaß hier ein ähnliches Verhältniß wie in Boizenburg Platz griff. Bei der Besetzung der Postmeisterstelle in Lübtheen fand späterhin eine Konkurrenz seitens des General-Postamts nicht mehr statt.
Auch unter dem Nachfolger des Herzogs christian Ludwig II., dem Herzoge Friedrich, blieb das bisherige kühle Verhältniß gegenüber der preußischen Post am Schweriner Hofe bestehen. Herzog Friedrich verfolgte mit fast noch größerer Energie als irgend einer seiner Vorgänger das Ziel, das Postregal als ein ihm allein im Lande zustehendes Hoheitsrecht auszubilden und alle fremden Postanlagen im Lande aufzuheben, um an ihrer Stelle Landesposten einzurichten. Den preußischen Posten trat er sofort nach dem Antritt der Regierung schroff entgegen, denn für ihn kam noch der Umstand hinzu, daß er beim Ausbruch des siebenjährigen Krieges auf Seiten der Gegner Preußens stand. Mehrfach kamen infolgedessen Störungen im Kurse der preußischen Posten vor, aber im Allgemeinen war es um seine Pläne den preußischen Posten gegenüber schlecht bestellt, denn die Waffenerfolge Friedrichs des Großen und die Gegenwart preußischer Truppen in Meklenburg ließen es Herzog Friedrich doch gerathen erscheinen, von Gewaltmaßregeln Abstand zu nehmen. Dagegen versuchte er, auf indirektem Wege zum Ziel zu gelangen. Im Jahre 1757 ließ er eigene Postkurse im südwestlichen Meklenburg von Grabow über Lübtheen nach Boizenburg und von Dömitz nach Boizenburg anlegen mit der offenbaren Absicht, durch diese Konkurrenzkurse den Postverkehr jener Gegend von den preußischen Posten abzulenken und den eigenen Posten zuzuziehen. Der Oberaufseher der hannoverschen Hypothekämter in Boizenburg, deren Gebiet von den neuen Postkursen berührt wurde, widersprach dem Durchgange der neuen Posten nicht. Aber sie konnten infolge der kriegerischen Ereignisse nicht emporkommen. Trotz aller
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herzoglichen Verordnungen, welche auf die neuen Posten hinwiesen und die Bevölkerung jener Gegend zur Benutzung derselben ermahnten, waren die Aufkünfte dieser Posten von vornherein so gering, daß kaum die Betriebskosten aufkamen. Sie stellten daher im Verlaufe des Krieges von selbst den Verkehr ein. Uebrigens hatte die herzogliche Regierung Mühe, den Kurs der alten herzoglichen Posten von Schwerin und Güstrow nach Hamburg aufrecht zu erhalten, da mehrfach der Betrieb infolge der Gegenwart preußischer T