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XLII. 2.
des
Schwerin, im Januar 1877.
I. Wissenschaftliche Tätigkeit.
Im Laufe des verflossenen Quartals ist den Mitgliedern des Vereins der 41ste Jahrgang unserer Jahrbücher nebst dem Quartalbericht über das Vierteljahr vom Juli bis Michaelis 1876 zugesandt worden. Für den 42sten Jahrgang sind bereits zwei Abhandlungen eingereicht, nämlich:
1) "Die Frau Fineke (zu Greese)", vom Herrn Dr. med. Crull zu Wismar, und
2) "Schwerin bis zum Uebergang der Grafschaft Schwerin an das Haus Meklenburg", vom Herrn Ministerial=Registrator F. W. Lisch in Schwerin.
Der Druck des X. Bandes unsers Meklenburgischen Urkundenbuches nahet sich mit starken Schritten seiner Vollendung. Er ist bis zum 77. Bogen vorgerückt; es fehlen nur noch wenige Bogen, namentlich eine übersichtliche Zusammenstellung der mehr als 200 Holzschnitte von meklenburgischen Siegeln aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, welche in Band V-X eingedruckt sind. Diese in sphragistischer Hinsicht ohne Zweifel höchst interessante Uebersicht schließt sich unmittelbar als Fortsetzung an die Zusammenstellung der meklenburgischen Siegel aus dem 12. und dem 13. Jahrhundert an, welche dem vierten Bande des Urkundenbuches beigefügt ward, und wird wie diese auch in einem Separatabdruck, als zweites Heft der "Meklenburgischen
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Siegel", ausgegeben werden. Es erschien zweckmäßig, diese 36 Siegeltafeln noch dem zehnten Bande beizugeben, damit Bd. XI. ganz dem Herrn Dr. Crull für das Ortsregister und dem Herrn Rector Römer für das Personenregister und das Sachregister, welche sehr umfänglich zu werden versprechen, zur Verfügung bleibe. Da schon von mehreren Seiten fast ungeduldige Anfragen wegen der Register zu Bd. V-X an die Redaction ergangen sind, so wird die Nachricht willkommen sein, daß unsere beiden genannten Herren Mitarbeiter bei ihrer höchst mühsamen Arbeit unter großer Aufopferung für das Urkundenbuch gleichen Schritt mit dem Druck der sechs Bände gehalten haben, so daß die Register im Wesentlichen als vollendet anzusehen sind und ihre Drucklegung in den nächsten Monaten beginnen kann. Selbstverständlich wird aber wegen der unendlichen Menge von Zahlen der Druck nicht ganz schnell fortschreiten, so daß die Ausgabe des Registerbandes erst im Laufe des nächsten Jahres zu erwarten sein wird.
II. Die Sammlungen des Vereins.
A. Die Alterthümersammlung.
Das abgelaufene Quartal hat keine bedeutende Funde
aufzuweisen; doch ist das Antiquarium durch eine
sehr ansehnliche Sammlung heidnischer Alterthümer
bereichert worden, und zwar die Großherzogliche
Sammlung. Dieser schenkte nämlich Herr Pastor
Schmidt zu Lübsee mehr als 40 Stücke, welche er aus
dem Nachlasse des am 15. Mai 1876 im Alter von 76
Jahren zu Lübsee verstorbenen Küsters Splitter
erworben hatte. Splitter hatte diese Sammlung,
welche fast durchgehend Alterthümer der Steinzeit,
aus Feuerstein, Diorit u. s. w. gearbeitete, zum
Theil sehr schöne Streitäxte, Keile, Dolche, Lanzen,
Messer, Kornquetschen, Spindelsteine
. enthält, während seiner langen
Dienstzeit in der Gegend von Lübsee und Rehna mit
nachahmungswürdigem Eifer und großer Mühe
zusammengebracht und den nun erfüllten Wunsch
gehegt, daß sie dem Vaterlande erhalten bleiben möchte.
Ganz leer ist aber auch die Alterthümersammlung unsers Vereins nicht ausgegangen.
Herr Stud. med. Beyer aus Schwerin schenkte nämlich dem Verein
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1 keilartig geformtes Instrument aus schwarzer Hornblende, gefunden beim Schanzengraben an der Wohlenberger Wiek, und
1 kleine Kugel von Thon, gefunden im Acker bei Proseken unweit Wismar.
Auch hat Herr Lehrer Struck in Waren, unser thätiges Mitglied, die im Jahrbuch XLI, S. 161 flgd. beschriebene Steingeräth=Werkstätte bei Eldenburg (unweit Waren) noch einmal, und nicht ohne Erfolg, besucht. Zu den a. a. O. und im vorigen Quartalbericht verzeichneten Alterthümern hat er dort noch folgende aufgefunden und zur Vereinssammlung geschenkt:
7 kleine Feuersteinsplitter wie Pfeilspitzen, meistentheils mit Schlagmarken;
1 kleinen Keil von Feuerstein, 8 Centimeter lang, an der Schneide schön geschliffen;
1 großen Keil aus Diorit, 14 Centimeter lang, überall geschliffen und gut erhalten;
2 Topfscherben, mit vertieften Parallellinien um den Bauch verziert.
Genauere Nachrichten werden hierüber im nächsten Jahrbuche erfolgen.
Dem Mittelalter gehören vielleicht schon 2 Spindelsteine aus getrocknetem Thon, an, der eine weiß, der andere braun, welche bei Granzin (unweit Boizenburg) auf dem sogenannten Töpferkamp gefunden und dem Verein vom Herrn Pastor Reisner zu Granzin geschenkt sind.
Endlich schenkte Herr Dr. Crull zu Wismar unserer Sammlung einen Gypsabguß aus einer Kachelform, die dadurch sehr interessant ist, daß sie ein Reliefbild von der (1591 verstorbenen) Herzogin Anna Sophie, Gemahlin Herzog Johann Albrecht's I. von Meklenburg, zeigt. Die Kachelform ist in einem Keller zu Wismar aufgefunden und wird jetzt im städtischen Museum daselbst aufbewahrt.
Sehr erfreulich ist es, daß die im Großherzoglichen Antiquarium vereinigten Sammlungen nicht nur vielfach von einheimischen Liebhabern von Alterthümern besucht werden, sondern auch trotz aller neuen Theorien noch immer die alte Anziehungskraft auf gründliche Forscher des Auslandes ausüben. Auf seiner Rückkehr vom Besuche des internationalen Archäologen=Congresses, der im Sommer 1876 zu Pesth gehalten ward, studirte Herr Professor Waldemar Schmidt aus Kopenhagen wiederum längere Zeit die ihm schon von früher her wohlbekannten Alterthümer des Schwerinschen
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Antiquariums. Und späterhin traf auch der durch seine Schrift über die nördlichsten aller bis jetzt entdeckten Römergräber (in Norwegen) unter den Archäologen bereits bekannte Herr Ingvald Undset, Attaché am Reichsarchiv und am archäologischen Museum zu Christiania, auf seiner Forschungsreise durch Dänemark, Deutschland und Oesterreich=Ungarn hier ein, um einige Tage auf unsere Alterthümer der Bronzezeit und der Eisenzeit zu verwenden.
B. Zur Münzsammlung
schenkte Herr Archivrath Dr. Beyer hieselbst
1 Medaille aus Britannia=Metall auf die Enthüllungsfeier des Moltke=Denkmals zu Parchim.
1 dänischen Sechsling (von 1660), gefunden zu Güstrow bei der Planirung des Walles, wandte Herr Senator Beyer zu Güstrow unserer Sammlung zu.
C. Die Büchersammlung
ward im abgelaufenen Quartal durch folgende Schriften bereichert:
I. Numismatik.
II. Heraldik.
III. Italien.
IV. Russische Ostseeprovinzen.
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V. Dänemark.
VI. Niederlande.
VII. Schweiz.
VIII. Österreichs=Ungarn.
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IX. Allgemeine deutsche Sprach=, Geschichts= und Alterthumskunde.
X. Bayern.
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XI. Würtemberg.
XII. Hessen.
XIII. Reuß.
XIV. Sachsen=Altenburg.
XV. Anhalt.
XVI. Preußen.
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XVII. Bremen.
XVIII. Oldenburg.
XIX. Meklenburg.
III. Die Matrikel.
Der Personalbestand unsers Vereins hat in dem abgelaufenen Quartal bedauerlichst eine empfindliche Verminderung erlitten. Beigetreten ist nur ein neues Mitglied, Se. Exc. der Herr Oberjägermeister v. Bülow auf Kühren zu Schwerin.
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Dagegen verlor der Verein von seinen ordentlichen Mitgliedern eins durch Austrittserklärung, nämlich Herrn Dr. Schnelle, vormals auf Buchholz, jetzt zu Rostock, und vier durch den Tod, nämlich zunächst Herrn Gutsbesitzer M. F. Maue auf Gr.=Siemen, der dem Verein seit 1851 angehörte. Ferner starb am 14. December Herr Hofbuchdrucker Dr. Sandmeyer zu Schwerin, der 1863 dem Verein beigetreten war und sich durch rege Mitwirkung bei der Herausgabe des "Archivs für Landeskunde" um die patriotische Litteratur verdient machte. Wenige Tage später, am 19. December, starb zu Schwerin Herr Regierungsrath Dr. Prosch, der sich schon bei der Gründung des Vereins eifrig betheiligte, bei der Redaction der Statuten thätig war, zu den ersten Repräsentanten (1835-1836) gehörte und 1864-69 wiederum das Amt eines Repräsentanten verwaltete, auch allzeit den Bestrebungen des Vereins mit großer Aufmerksamkeit folgte. Endlich traf kurz vor der Quartalversammlung hier noch die Nachricht ein, daß am 5. Januar 1877 der Herr Landrath v. Rieben Exc. auf Gahlenbeck bei Friedland sein thätiges Leben beschlossen hat. War die Wirksamkeit des Verewigten auch vornehmlich den ständischen Angelegenheiten zugewandt, denen er, zuletzt als dirigirender Landrath, seine volle Kraft mit seltener Hingebung und Pflichttreue widmete, so beschäftigte er sich doch auch gern mit der Landesgeschichte und war stets bereit, Forschungen in derselben zu fördern. Der Verein, der ihn seit 1846 zu seinen Mitgliedern zählte, hat ihm namentlich ein lebhaft bethätigtes Interesse für das Zustandekommen und Gedeihen des Meklenburgischen Urkundenbuches nachzurühmen.
Nachträglich bleibt hier zu erwähnen, was im letzten Jahresbericht übersehen ist, daß der am 29. April 1876 verstorbene Senator Viereck zu Güstrow gleichfalls unser langjähriges Mitglied war.
Auch aus der Reihe unserer correspondirenden Mitglieder hat der Tod einen unserer ältesten Gönner hinwegnommen. Am 7. October 1876 starb nämlich zu München in seinem 82. Lebensjahre der als Herausgeber der Monumenta Germaniae historica und als Biograph des Reichsfreiherrn v. Stein und des Feldmarschalls Gr. Neithardt v. Gneisenau berühmte Historiker, langjährige Vorsteher der Königl. Bibliothek in Berlin, Geh. Regierungsrath Dr. G. H. Pertz. Seine großen Verdienste um die deutsche Geschichte und um die Ausbildung junger Historiker gebührend zu würdigen, ist hier nicht der Ort. Es sei hier nur bemerkt,
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daß er einer der ersten 40 correspondirenden Mitglieder war, welche unser Verein am 5. October 1835 ernannte, und daß er in dem langen Zeitraume von 41 Jahren unsern Bestrebungen stets mit sichtlichem Beifall folgte, sie auch wiederholt gern mit Litteratur unterstützte.
Nach der Aufzählung aller dieser herben Verluste gedenken wir des erfreulichen Ereignisses, daß eins der ältesten Mitglieder, seit 1860 Ehrenmitglied des Vereins und einer unserer eifrigsten Mitarbeiter, Herr Senior Archivrath Dr. Masch, Pastor zu Demern, nach gesegneter 50jähriger Amtsführung am 12. October 1876 sein Jubiläum feierte. Der Vorstand beglückwünschte den Jubilar im Namen des Vereins mit einer von dem Unterzeichneten verfaßten "Festgabe": "Ueber die Abstammung der Gräfin Adelheid von Ratzeburg". -
Zum Schlusse verdient noch angeführt zu werden, daß mit dem zu Oldenburg 1875 gestifteten "Oldenburger Landesverein für Alterthumskunde" auf dessen Wunsch ein Schriften=Austausch eingeleitet ist und derselbe seinen ersten Jahresbericht (1876) hieher eingesandt hat.
Archivrath Dr.
F. Wigger,
zweiter Secretair des Vereins.