![]() ![]() |
Seite 157 |
![]() ![]() ![]() ![]() |
![]() ![]() ![]() |
|
:
Von
Dr. G. C. F. Lisch.
Im Rathsarchive der Stadt Wismar ward nachfolgendes Schreiben der Meklenburgischen Herzoge vom 25. August 1484 gefunden und von dem Herrn Dr. Crull zu Wismar dem Vereine in Abschrift mitgetheilt. In diesem Schreiben ersuchen die Herzoge Magnus und Balthasar (1480-1503) den Rath der Stadt Wismar, den Vorstehern der Domkirche zu Schwerin den Ankauf einer Schiffsladung ungebrannten Kalkes zum Bau der Domkirche, "to hulpe der buwete der kerken", zu gestatten.
Es ist die Frage, was unter Bau (buwete) zu verstehen ist; da das Domkirchengebäude im Jahre 1375 vollendet ward. Das Wort "Bau" kann im Allgemeinen Bauverwaltung oder Bauamt bezeichnen, was in lateinischer Sprache durch "structura" ausgedrückt ward. Am 31. October 1307 bestimmten die Grafen Gunzelin und Heinrich von Schwerin ein Drittheil der Geldstrafen für Gewaltthätigkeiten und Verbrechen auf dem kirchlichen Gebiete Schwerins zum Bau ("structura") der Kirche. Vgl. Meklenb. Urkunden=Buch V, Nr. 3193. Die großen Kirchenverwaltungen hatten immer Baumaterialien in Vorrath. Noch in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts war in der Schweriner Domverwaltung ein "Structuarius", der sich freilich gerne nur damit beschäftigte, von Zeit zu Zeit, namentlich für "Festlichkeiten", die Sockel, Dienste und Gewölberippen der ausgeweißten Kirche mit Kienruß in Branntwein überstreichen zu lassen.
Das herzogliche Schreiben lautet folgendermaßen:
Die Herzoge Magnus und Balthasar von Meklenburg
ersuchen den Rath der Stadt Wismar, den
Vorstehern der Domkirche zu Schwerin den Ankauf
einer Schiffsladung ungebrannten Kalkes zum Bau
der Domkirche in der Stadt Wismar zu
gestatten.
D. d. Schwerin, 1484. Aug. 25.
![]() ![]() |
Seite 158 |
![]() ![]() ![]() ![]() |
Magnus vnde Balltzar, gebrudere, von gots gnaden hertogen to Mekelenborg, fursten to Wenden, grauen to Zwerin, Rosztock vnde Stargarde etc. der lande herenn.
Vnnszenn gunst vnde guden willen. Erszamenn vnde wiszen, huen getruwen. Alszo wy jw ermals gebeden hebben, to nottorft vnnszer domkerken to Zwerin mochten vorgunnen, binnen juwer stadt vngebrenden kalk to kopende, bogeren wy noch van jw, den vorstenderenn vnnszer domkerken to Zwerin willen gunnen to kopende eyn schipp vull kalkes to hullpe der buwete der kerken. Dar werden gy dat Ion von gade entfangen vnnde wy sindt des willig gunsthken to erkennende. Datum Zwerin, amme Middeweken na Bartolomei, vnnder vnnszeme ingesegel, anno etc. lxxxiiij to .
Denn erszamenn vnnszenn liuenn getruwen borgermeisteren vnnde radtmannen vnnszer stadt Wisszmer.
Auf Papier im Wismarschen Raths=Archive.
Dieses Schreiben kann aber auch vielleicht auf einen bestimmten Bautheil am Dome zielen. Das Kirchengebäude war zur Zeit des Schreibens schon hundert Jahre fertig.
Es kann also nur, wenn unter Bau ein Neubau verstanden wird, der Kreuzgang gemeint sein. Von dem Kreuzgange war aber nur der östliche Flügel, das Refectorium, jetzt Schulgebäude fertig, welches nach der Bau=Inschrift 1392 gebaut ist. Es könnte hier nur der lange, nördliche Flügel, durch welchen eine Straße geht, gemeint sein. Der Bau dieses Flügels ward im Jahre 1463 unter dem Bischofe Werner (1458-1475) angefangen und unter dem Bischofe Conrad Loste (1483-1504) vollendet, wie dessen an der Nordseite des Flügels eingemauertes, großes steinernes Wappen bezeugt. Vgl. Jahrb. XIII, S. 158. Das herzogliche Schreiben fällt also gerade in die Zeit der Erbauung des größten Theiles des Kreuzganges, welcher allerdings für eine so späte Zeit ein ungewöhnlich gutes Bauwerk des gothischen Baustyls ist.
Von großer Wichtigkeit für die Baukunde ist in dem herzoglichen Schreiben die Nachricht, daß ungebrannter Kalk eingeführt ward. Im Mittelalter wurden nur ungebrannte Kalksteine eingeführt und jeder große Bau hatte eine eigene
![]() ![]() |
Seite 159 |
![]() ![]() ![]() ![]() |
Kalkbrennerei. Vgl. Jahrb. XV, S. 327. Der Schweriner Dom hatte schon früh einen Kalkofen. Vgl. Jahrb. XVI, S. 182.
Aehnlichen Inhalt hat das im Folgenden mitgetheilte Schreiben, welches ich vor sieben Jahren im Schweriner Archive unter verworfenen Papieren im halb vermoderten Zustande durch Zufall gefunden habe. Am 20. Mai 1497 bittet Hans Bevernest, wahrscheinlich ein adeliger Hofdiener, den Herzog Magnus, die 30 Last ungebrannten Kalkes, welche für den Herzog in Wismar lagern und dort im Wege liegen, abholen zu lassen.
Hans Bevernest bittet den Herzog Magnus von Meklenburg, die 30 Last ungebrannten Kalkes, welche für den Herzog zu Wismar lagern, abholen zu lassen.
D. d. Wismar, 1497. Mai 20.
Irluchtige, hoegeborne furste. Myne vnderdanigenn, willigen, vorplichtigen dinsth sint Juwen furstliken gnaden nu vnnd to allen tiiden voran bereith. Gnedige leue here. Szodan beuele my Juwe furstlike gnade beuole to weruende an den [R]ath tor Wiszmer von behaluen desz kalkes, szo hefft Juwe gnade dar liggen XXX teste kalkes vngebrenth vnnd licht eme in dem wege. Szo moth Juwe furstlike gnade dar by schicken, wente szodan kalk moth man wegen. Izo moten fort von stunth szodan wagen sin vnnd laden den kalk von der wacht na der munth. Ock moth eyn by den wagen szyn, de dar to nyt, wente id is stein, de bure laten ene liggen, wenner er von dem wagen fallet. Got [welle Juwe] furstlike gnade fristen vnnd sparen sunnth vnnd gluckselig to langen [i]aren. Datum Wiszmar in Juwer furstliken. [gnaden] [houest]at, amme auende Trinitatis, Anno XCVII.
Hans Beuernesth.
Dem Irluchtigen Hoegebornnen fursten vnnd herenn heren Magnus hertogen to Megkelnborg, fursten to Wenden, greuen to Szwerin, Rostock vnnd Stargarde etc. der lande here, mynem gnedigen leuen heren dinstliken geschreuen.
Nach dem sehr stark Vermoderten und schwer zu lesenden Original im Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin. Das runde Siegel enthält einen Schild mit einem gestümmelten Baumast; umher liegt ein Band mit der Umschrift:
![]() ![]() |
Seite 160 |
![]() ![]() ![]() ![]() |
Hans Bevernest gehörte zu der Märkischen Adelsfamilie, welche seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auch in Meklenburg ansässig ward. Hans war "von seiner Jugend an" bei dem Herzoge Heinrich IV. († 1477) und darauf bei dessen Söhnen Magnus und Balthasar in "Dienst" gewesen. Am 11. November 1483 wohnte er zu Santow bei Grevesmühlen und besiegelte, "Hans Beuernest to Santkow", als Zeuge bei Mathias v. Schönfeld auf Schönfeld, welcher auch Santow besaß und dessen Geschlecht im Anfange des 16. Jahrhunderts ausstarb, eine Urkunde mit demselben Siegel, mit welchem der vorstehende Brief versiegelt ist. Er wird also wohl einen Dienst auf dem Amte Grevesmühlen oder auf dem Fürstenhofe zu Wismar gehabt haben. Am 27. September 1489 schenkten die Herzoge ihm zur Belohnung seiner Dienste die Eventual=Belehung mit den Gütern des Geschlechts Holtebütel, welches bald darnach ausstarb. Dadurch gelangte Hans Bevernest in den Besitz des Gutes Golm im Stargardischen Vgl. Jahrb. XXIII, S. 52 und 251. Hans Bevernest starb vor dem Jahre 1519.
Das Wort "munth" ist außerordentlich
undeutlich geschrieben. Ich kann jedoch, wie es
den Anschein hat, nicht
lesen, sondern nur "munth".
Das Wort "mund" bedeutet: "Mündung des Brennofens" und den "Brennofen" selbst. So z. B. führt Frisch in seinem Teutschen Wörterbuch auf: "Ofen=Munt: Mündung eines Backofens". Schon im 14. Jahrhundert kommen "munt kalk" zum Brennen vor, z. B. 1344, April 23, im Wismarschen Zeugebuche, wo in einer Eintragung von Holzlieferungen zum Ziegel= und Kalkbrennen die Rede ist: "ad quamlibet fornacem duo mund cimenti" und "pro quolibet mund"; vgl. Meklenb. Urk.=Buch IX, Nr. 6407, S. 552, Vgl. Nr. 6517, S. 651.
Möglich ist es, daß diese Kalksteine noch Ueberreste von der Schiffsladung waren, welche der Herzog 1484 in Wismar zum Schweriner Dombau ankaufen lassen wollte. Möglich ist es aber auch, daß sie zu den Schweriner Schloßbauten bestimmt waren, welche der Herzog Magnus (1477 † 1522) am Ende des 15. Jahrhunderts ausführen ließ. Vgl Jahrb. V, S. 23 und 41.