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5.
Geschichtliche Notiz über Burg Ranis

und die
Gefangenschaft des Fürsten Albrecht von Meklenburg.

Vgl. Jahrb. XV, S. 48 und 173.

Kaiser Günther von Schwarzburg hatte von 1323 bis 1349 die Herrschaft Ranis im Besitz. Einen Beleg hierzu liefert folgende merkwürdige Thatsache.

Im Jahre 1342 sandte der König Magnus von Schweden seinen Schwager Albrecht, Herrn (nachherigen Herzog) von Meklenburg, zu dem Kaiser Ludwig dem Baier. Günther (damals noch Graf) hatte von seinem Vater einen Anspruch an das meklenburgische Haus ererbt, der vermuthlich die Wiedererstattung eines Darlehns betraf, und lange schon hatte er auf Gelegenheit gewartet, um die Erfüllung dieser von Albrechts Vater übernommenen Verbindlichkeit, zu welcher auch der Sohn sich nicht

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verstehen wollte, ernstlich fordern zu können. Ganz in dem Geiste der damaligen fehdelustigen Zeit, wo jeder das Recht des Stärkern geltend zu machen suchte, benutzte jetzt Günther Albrechts Reise, um zu seinem Zwecke zu gelangen. Während der Letztere, ohne Gefahr zu ahnen, ruhig seines Weges zog, überfiel ihn Günther bei dem Schlosse Blankenburg, 4 Stunden von Ranis, nahm ihn gefangen und brachte ihn auf seine Burg Ranis 1 ) in strenge Haft. Der Kaiser, der bald von Albrechts Gefangennehmung Nachricht erhielt, konnte dies Verfahren gegen den königlichen Abgesandten selbst an seinem Freunde, wie Günther es war, nicht billigen. Lange aber weigerte sich der Letztere, den Vorstellungen Ludwigs, Albrecht zu entlassen Gehör zu geben, und mehrere Monate mußte dieser in seiner Haft auf der Burg Ranis aushalten. Ob ihn Graf Günther endlich gutwillig auf freien Fuß gestellt habe, oder durch Gewalt dazu genöthigt worden sei, läßt sich nicht gewiß bestimmen. Wahrscheinlicher ist das letztere, und vermuthlich erhielt der Gefangene in Folge des thüringischen Grafenkrieges seine Freiheit wieder, der noch in demselben Jahre ausbrach, und in welchem unter andern auch der Graf Günther von dem Landgrafen von Thüringen besiegt wurde.


Vorstehende Nachricht ist wörtlich aus dem Wochenblatte des Ziegenrücker Kreises, Jahrgang 1822, entnommen. Sie wurde damals mitgetheitt durch den Amtsverweser L. Greischen, welcher die Archive von Ranis und der Umgegend genau durchsucht hatte. Gleichwohl ist der Nachricht kein historischer Beleg beigefügt, und alle Urkunden sind aus den Archiven verschwunden. Unter dem Volke hat sich aus früher Zeit die Erzählung dieses interessanten Vorfalles erhalten. Noch jetzt zeigt man auf der alten Burg Ranis das ritterliche Gefängniß, worin der Herzog in Haft gehalten worden sei. Es besteht aus einem ziemlich engen Gemach, worein das Tageslicht durch ein einziges, hoch angebrachtes Fenster fällt. Eine steinerne Treppe führt aus dem zweiten Geschoß in dasselbe hinab. Von einer zweiten Treppe, die vom innern Hofe aus zum Aufwärtssteigen dorthin diente, sind nur noch einige Spuren vorhanden.

Burg Ranis selbst ist wahrscheinlich zum Schutze des Christenthums, so wie zur Verdrängung der heidnischen Götter=


1) Studemund behandelt in seinen Mecklenburg. Volkssagen I, 1820, S. 74, diese Begebenheit als Volkssage.     D. Red.
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verehrung, schon im 10. Jahrh. erbaut worden. Früher war die Stätte ein großartiges Heiligthum unserer nichtchristlichen Altvordern germanischen Stammes. Zeugniß dafür ergiebt vornämlich die westliche Seite des Schloßberges, die mit großartigen Felsenmassen überdeckt ist. Die Einhegung des alten Heiligthums ist in geringer Entfernung durch Felsblöcke bezeichnet. Ein ganz durch Felsen gehauenes Thor scheint in das Innere dieser germanischen Verehrungsstätte eingeführt zu haben, worin am Abhange des Berges mehrere alte Steinmonumente von verschiedener Construction in die Augen fallen. Schon im 12. Jahrh. kommt Ranis als reichsunmittelbare Burg vor. Im J. 1199 wurde sie von dem deutschen König Philipp dem Landgrafen Hermann von Thüringen als Belohnung dafür verliehen, daß derselbe die Partei dieses Königs ergriffen, und die seines Gegners, Otto IV., verlassen hatte. Bei dieser Gelegenheit wird Ranis schon Castrum genannt. Der Landgraf blieb jedoch nur kurze Zeit in diesem Besitze, denn als er bald darauf auf die Seite des Königs Otto übertrat, nahm Philipp ihm Ranis in einem Feldzuge wieder ab. Nach dem Tode Philipps, im J. 1209, verpfändete Otto IV. die Burg Ranis zugleich mit der Stadt Saalfeld für 1000 Mark Silbers an die Grafen Günther und Heinrich von Schwarzburg. Beide wurden im J. 1212 vom Kaiser Friedrich II. förmlich damit beliehen. Schon im 11. Jahrh. wurde Ranis in kirchlicher Hinsicht zu dem Sprengel des damaligen erfurter Diaconats Pößneck gezählt. Im J. 1424 verkauften diese Burg die Grafen von Schwarzburg an das sächsische Haus. Sie fiel in der Theilung zwischen den Söhnen des Churfürsten Friedrich des Streitbaren dem Herzoge Sigismund zu. Als aber 1437 dieser auf seinen Landestheil verzichtete, wurde Herzog Wilhelm Besitzer von Ranis. Er behielt es bis zum Jahre 1448. Oftmals verweilte der Herzog auf dieser Burg. Hier lebte er der Liebe zu der schönen Katharina von Brandenstein, deren väterliche Burg Brandenstein Ranis gegenüber lag. Als der Herzog nach dem Absterben seiner ersten Gemahlin sich mit derselben 1463 vermählte, schenkte er Ranis mit Zubehör seinem Schwiegervater Eberhardt von Brandenstein und dessen Sohn Heinrich erb= und eigenthümlich. 1571 kam Ranis durch Kauf von dem Hause Brandenstein an die Familie von Breitenbauch. Der gegenwärtige Besitzer desselben, Hr. Kammerherr und Landrath v. Breitenbauch baute sich 1840, nachdem er seine Grundstücke arrondirt hatte, in einiger Entfernung an, und die ehrwürdige Burg steht seitdem verlassen.

Noch prangt die Burg Ranis in voller Größe und dient der weiten Umgegend zum schönsten Schmuck. Der Bau selbst ist aus den verschiedensten Zeiten, vom 12. Jahrh. bis zum Ende

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des 16. zusammengesetzt. Eine Münzstätte, die unter den Grafen von Schwarzburg in Thätigkeit gewesen ist, findet sich noch ziemlich gut erhalten vor.

Ranis, Kreis Ziegenr?ck, Regierungsbezirk Erfurt,
               am 6. September 1850.

W. Börner, Dioaconus.