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B. Ueber das Land Turne,

auch

über das Land Lieze und die übrigen alten Gaue des
südöstlichen Meklenburgs.


D ie östlichen und südöstlichen Gegenden Meklenburgs sind nicht allein für die historische Entwickelung meklenburgischer Verhältnisse von Wichtigkeit, sondern haben auch immer die Aufmerksamkeit unserer Nachbaren, der Brandenburger und Pomeraner, ja selbst deutscher Forscher auf sich gezogen und um so mehr zur eifrigen Verfolgung der Wahrheit gereizt, als in diesen Gegenden Alles: Topographie, Besitz, Landeshoheit, Episcopalrechte u. s. w., in den altern Zeiten in Dunkel und Verwirrung zu liegen scheint. Um nun zur Aufklärung zu gelangen, wird es am gerathensten sein, von einem bestimmten Theile dieser Gegenden auszugehen, und, wenn möglich, dessen Grenzen und Eigenthumsverhältnisse zu bestimmen, um damit zugleich nach einer Seite hin Sicherheit für die übrigen Theile zu erhalten. Die ältere Geschichte der Johanniter=Comthurei Mirow giebt die nächste Veranlassung zur Erforschung der Ausdehnung des Landes Turne.

Die wahre Lage und die Herren des Landes Turne sind bis auf die neuesten Zeiten nicht ganz ermittelt. Abgesehen von der völligen Unbekanntschaft vieler älterer Historiker mit der Lage des Landes und von der Verwechslung desselben mit dem westlicher gelegenen Lande Ture 1 ) (dem Amte Lübz),


1) W. Hanka giebt uns über die Bedeutung von Turne und Ture folgende briefliche Aufklärung:
"Turne und Ture ist wohl slavisch von Tur: der Auerochs, vielleicht hängt damit das jetzige meklenburgische Wappen zusammen, welches bei den slavischen Dynasten häufig vorkommt. Auch im Böhmischen ist Ture pole, Turskow, Turnow, Turice, etc."
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haben selbst die gründlichsten Forscher in der alten Geographie dieser Landestheile, Rudloff 1 ) und Riedel 2 ), nicht ganz zum gewünschten Ziele gelangen können. Schwierig bleibt es immer, die Lage der alten "Länder" (terrae oder provinciae) zu begrenzen, da unsere älteren Urkunden aus einer Zeit stammen, in welcher die alten wendischen "Länder" in die Vogteien der neuen christlichen Herrscher umgewandelt wurden, und die alten Namen nur noch als Seltenheiten vorkommen. Jedoch ist es bei dem Lande Turne vielleicht noch möglich, die einzelnen Theile desselben in ihrem unmittelbaren Zusammenhange nachzuweisen. Es folgt hier zunächst eine Aufzählung der Theile des Landes Turne in ihrer Aufeinanderfolge von S. nach N. nach urkundlichen Beweisen.

Im J. 1237 hatte Nicolaus von Werle dem Kloster Doberan 50 Hufen im Lande Turne, beim Orte Zechlin um zwei Seen gelegen, mit diesen Seen und dem aus denselben fließenden Bache geschenkt, und der Bischof Brunward von Schwerin dem Kloster die Zehnten aus diesen Besitzungen verliehen 3 ); im J. 1244 stellte Nicolaus von Werle dem Kloster eine Schenkungs=Urkunde über diese Güter aus 4 ) und gestattete demselben zugleich, das Land durch eigne Leute oder Fremde anzubauen und Leute jeglichen Volks und jeglicher Kunst zu berufen. Nach einer Bestätigungs=Urkunde vom J. 1249 war schon der Ort Zechlin gebauet und der Grundbesitz


1) Rudloff Urk.=Lief. S. 43 hat jedoch die Lage des Landes Turne im Allgemeinen erkannt, wenn auch nicht begrenzt, indem es an Urkunden fehlte, er sagt nämlich:
"Turne hieß der Landstrich zwischen der Müritz, der Havel und der Dosse im weltlichen Gebiet der Herren von Werle und im geistlichen der Bischöfe zu Havelberg."
2) Riedel in seiner "Mark Brandenburg im Jahre 1250" hat dem Lande Turne Th. I, S. 414 flgd. einen eignen Abschnitt gewidmet, welcher die bisherigen Forschungen zusammenfaßt.
3) Brunwardus episc. Zwerinensis - - notum esse uolumus, quod nos - - Nycolai de Werle piam deuocionem collaudantes, et quinquaginta mansos, quos ipse in terra Turne in loco Szichalyn circa stagna duo sitos, simul cum ipsis stagnis et rivulo ex hiis decurreute ecclesie (in Duberan) contulit, in nostram protectionem recipientes, omnem decimam ex eisdem mansis prouenietem - - contulimus. D. MCCXXXVII in Warin, XVI kal. Marcii.
                          Dipl. Dober. in Westph. Mon. ined. III, 1481.
4) Nicolaus de Werle et Dom. in Guzstrowe - - Notum sit, quod ecclesie - in Duberan de patrimonio uostro contulimus quinquaginta mansos interra Turne in loco Szechlin -, circa duo stagna sitos, - - simul cum ipsis stagnis et rivulo ex hiis decurrente. D. in Guztrowe anno MCCXLIV, IV kal. Jan.
                         Dipl. Dober. in Westph. Mon. ined. III, 1486.
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des Klosters daselbst um 25 Hufen vermehrt 1 ); hiezu kamen noch 10 Hufen durch die Schenkung einiger Ritter, worauf Nicolaus dem Kloster in demselben Jahre den Besitz von 86 Hufen des Ortes Zechlin und der Gewässer confirmirte. 2 ) Diese Besitzungen tauschte jedoch der Fürst Heinrich II. von Meklenburg 1306 von dem Kloster ein, weil sie mit seinem neu erworbenen Lande Stargard grenzten und dem Kloster zu entfernt lagen. 3 )

Unmittelbar nördlich an Zechlin grenzten die Besitzungen des Klosters Dobbertin im Lande Turne, welche aus der jetzigen sogenannten hintern Sandprobstei bestehen. Im J. 1257 erließ der Bischof Heinrich von Havelberg diesem Kloster die Zehnten von dessen Besitzungen im Lande Turne, welche damals aus den Dörfern Laerz mit 40 Hufen, Verling mit 30 Hufen, Schwarz mit 30 Hufen und Zetin mit 20 Hufen bestanden 4 ), und welche jetzt die Feldmarken Laerz und Schwarz bilden; von Verling, welches schon im 13. Jahrhundert zu Laerz gelegt ward, zeugt nur noch der Verling=See nördlich und von Zetin der Zetner=See mit der "Dorfstelle" und "wüsten Feldmark Zeten" südlich an der Feldmark Schwarz. Das Kloster muß diese Besitzungen schon früh erhalten haben, da der Besitz von Laerz schon im Jahre 1249 zwischen den Klöstern Krevese und Dobbertin streitig war und von einem Schiedsgericht dem letzern zugesprochen


1) Nycholaus Dom. de Guzstrowe. - Notum esse uolumus, quod nos cenobio in Duberan - - villam szechelin cum LXXV mansis ac rivulum Wolevisz una cum stagno Lubetowe contulimus. D. Robele MCCXLIX, II kal. Nov.
                         Dipl. Dober. in Westph. Mon. ined. III, 1491.
2) Nycholaus Dom. de Guzstrowe. - Notum esse cupimus, quod nos - - cenobio de Duberan - villam szechelin cum LXXXVI mansis ac rivulum Wolevisz una cum stagno Lubetowe- -contulimus. Scire oportet, de predictis mansis Arnoldus miles de Nygenkerken, Fridericus miles de Ekstede, Thidericus miles de Ekstede decem mansos, libertate a nobis donata, ecclesie predicte contulerunt. D. Robele MCCXLIX, II kal. Nov.
                         Dipl. Dober. in Westph. Mon. ined. III, 1492.
3) Hinricus Dom. Magnop. et Stargard. - Tractatibus habitis super eo, quod possessiones, que abbas (Doberanensis) et conuentus habuerunt in parochia Zechghelyu, - minus utiles ipsis essent, - nobisque propter contiguitate in, quam habent cum terra nostra Stargardensi utilitate plurima convenirent, - - in permutationem convenimus. D. Wismarie MCCCVI in die Penthecostes.
                         Dipl. Dober. in Westph. Mon. ined. III, 1584.
4) Henricus Havelbergensis episcopus omnibus in perpetuum - - prepositiVolradi in Dobertin et sui conuentus precibus inclinati possessiones decimarum in terra Turne, in villa videlicet Loziz (Lärz) super XL mansis et in Verliuge super XXX et in Swerz super XXX et in Cetine super XX donamus. D. Havelberg MCCLVII, XV kal. Febr.
                         Rudloff Urkunden =Lieferung Nr. XIV.
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ward. 1 ) Solche Vorgänge mochten denn auch wohl die Ursache sein, daß die Fürsten Nicolaus, Heinrich und Johann von Werle bei Gelegenheit der Erneuerung der Privilegien des Klosters besonders die Grenzen seiner Besitzungen im Lande Turne festsetzten. 2 ) - Das südwestlich an Schwarz grenzende, jetzt wüst liegende Dorf Sagewitz erwarb das Kloster im J. 1280 3 ) und das südöstlich grenzende Dorf Dimitz im J. 1282. 4 )

Unmittelbar nördlich von den Gütern des Klosters Dobbertin lagen die Besitzungen des meklenburgischen Jungfrauen=Klosters Eldena. Der Fürst von Werle schenkte nämlich im J. 1241 diesem Kloster im Lande Turne 30 Hufen an den Seen Vieltz und Raetz, so wie zur Erbauung einer Mühle den Bach Driculne an den Grenzen dieser Hufen 5 ); diese Hufen und Gewässer bildeten bald die Feldmark und das Dorf Fleth (oder Vilet oder Viletz) mit der Flether Mühle am Flether Bach, welche Besitzungen das Kloster noch vor 1270 unter Genehmigung des Fürsten Nicolaus an die Johanniter zu Mirow verkaufte. 6 )


1) Vgl. Rudloff Urk.=Lief. Nr. XI.
2) Nicolaus et Hinricus et Johannes de Werle ad uniuersorum notitiam cupimus deuenire, quod dominus Volradus Dobertinensis ecclesie prepositus - nobis exhibuit presenciam deuote supplicando prefatam ecclesiam cum omnibus bonis innouare et per nouum priuilegium roborare. - - Sunt autem hec bona: - - In terra Turne villam Lozitce (Lärz) cum suis terminis, Swertitze (Schwarz) et Verlinge in vnam villam redactas cum suis terminis, villam Settin cum suis terminis, villam Clesten cum suis terminis. Sunt autem hic termini bonorum in terra Turne: a palude vbi fontes oriuntur inter villas Swertitce et Zagewitce (Dorfstelle Sagewitz südlich von Schwarz) sicut per colliculos distiuctum est, per directum usque ad disterminationem ville Zempowe, ab hiis quoque terminis sicut distinctum est usque ad terminos Dertcele a terminis Dertcele usque ad terminos Crummene (Krümmel), deinde usque ad terminos Starzowe et abinde sicut item per colliculos notatum est, usque in rivum, qui effluit de staguo Verlinge, dictum quoque rivum ex integro, quantum contingerit terminos Swertitce, ipsum quoque stagnum, quod Swertitce (Schwarz=See) dicitur, integraliter cum riuo effluente vsque in stagnum Cetin (Zetner=See). Idem quoque stagnum ex integro cum riuo, qui decurrit in stagnum Vilis (Vieitz=See), a stagno Vilis secus terminos Ville Dimitz usque in stagnum Womazowe (Gr. Wum=See). D. Guzstrowe MCCLXXIIII, XVIII kal. Jan.
Rudloff Urk.=Lief. Nr. XXX.
3) Vgl. Rudloff Urk.=Lief. Nr. XXXVII.
4) Vgl. Rudloff Urk.=Lief. Nr. XXXIX.
5) Nicholaus de Rostock. - Notum sit, quod ecclesie in Eldene - - contulimus triginta mansos in terra Turne interstagna Viltz et Radatze (Rätz). - - Dedimus insuper eidem ecclesie riuulum Driculne ad molendinum construendum, predictorum mansorum terminos alluentem. D. Guztrowe MCCXLI, XV kal. Febr.
6) Nicolaus de Rostock. - - - Item confirmamus et ratificamus emptionem uille Vilet cum suis pertineutiis, quam idem fratres (sacre domus (  ...  )
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Unmittelbar nördlich an diese Besitzung grenzten die ersten Erwerbungen des Johanniter=Ordens im Lande Turne, indem Heinrich Borwin II. von Rostock den Rittern, wahrscheinlich 1226, 60 Hufen im Lande Turne schenkte, welche Hufen mit dem Dorfe Mirow und den Seen Mirow und Dammene die Herren von Meklenburg im Jahre 1227 dem Orden bestätigten. 1 ) Nachdem Nicolaus von Werle im Jahre 1242 zu diesen Hufen noch einige Aecker hinzugefügt hatte 2 ), bestätigte er im J. 1270 den Rittern den Besitz der Feldmarken der Dörfer Mirow, Gramzow und Peetsch. 3 )

Dies sind sämmtliche, bisher bekannte Zeugnisse des 13. Jahrhunderts über die Ausdehnung des Landes Turne; gegen Ende des 13. Jahrhunderts verschwindet der Name des Landes und an der Stelle desselben werden nur das Kloster Dobbertin, die Comthurei Mirow u. s. w. genannt, während auch umher neue Namen statt der alten entstehen, wie z. B. die Herrschaft Stargard, die Vogtei Röbel u. s. w. Sicher umfaßte aber im 13. Jahrhundert das Land Turne, im engsten Zusammenhange folgende Ortschaften und Gewässer von S. nach N.:

Zechlin mit den Seen Wolewitz und Lubetow, Schwarz mit dem Schwarzer und Zethner See, die Seen Vieltz und Raetz mit dem Flether Bach und der Flether Mühle, das Dorf Fleth, die Dörfer Peetsch, Mirow und Gramzow mit den Seen Mirow und Damm, und das Dorf Lärz.

Wahrscheinlich ist, daß sich das Land Turne nach W., N. und O. hin noch weiter erstreckte; die Wahrscheinlichkeit kann aber beinahe zur Gewißheit erhoben werden, wenn es gelingt, den venachbarten Ländern ihre Grenzen gegen das Land Turne anzuweisen.


(  ...  ) hospitalis Jerosol.) emerunt legaliter contra prepositum et moniales ordinis S. Benedicti in Heldena, de qua uilla et suis pertineusiis renunciamus omni jure nostro. - - D. Robele MCCLXX, feria V post Math. ap.
1) Johannes, Nicolaus, Heinricus et Pribizlaus domini Magnopolenses - - volumus - ad uniuersorum - notitiam deuenire, quod pater noster Heinricus de Roztoch fratribus S. Joh. baptiste in Accon contulit in terraTurne LXta mansos; - - supradictis fratribus in terra Turne villam Mirowe cum LXta mansis et stagnum Mirowe et stagnum Dammene et rivum, qui fluit per stagnum Mirowe, assiguamus. Ex hiis mansis XXXta erunt in uno latere stagni et ex altero XXXta. D. in Guzstrowe MCCXXVII, III non Dec.
2) Vgl. S. 58.
3) Vgl. S. 60.
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Im Westen grenzten die Gewässer der Müritz. Die Müritz scheidet sich in zwei Theile: in den nördlichen, welcher das Wasserbecken der großen Müritz umfaßt, und in den südlichen, zu welchem die vielen schmalen Theile und kleinen Buchten und Seen gehören und welche noch im Anfange des 14. Jahrhunderts die Vipperowschen Wasser 1 ) genannt werden. Dieser Theil gehörte denn wohl zu dem alten Lande Vipperow, jener zu dem alten Lande Müritz. Diese Gewässer mögen denn auch wohl die Grenze der Länder Vipperow und Müritz gegen das Land Turne gebildet haben, es sei denn, daß die Güter Krümmel, Gaarz, Viezen, Retzow, Roggentin, Rechim, Leppin und Klopzow am östlichen Ufer der Vipperow schen Wasser noch zu dem Lande Vipperow gehörten, da wir über die Lage dieser Güter keine Nachrichten besitzen. 2 )

Im SW. ward Turne unmittelbar von dem kleinen Lande Lieze begrenzt. Dies Ländchen lag zwischen dem Lande Turne und der Dosse, d. h. der Prignitz. Der Name erscheint zuerst in einer Urkunde vom Jahre 1274, "nach welcher die "Dosse das Havelbergische Stiftsland vom Gebiete der Herren von Werle (terra Lieza) schied; nur die Dörfer Babitz und Groß=Haslau am linken Dosse=Ufer gehörten zu Wittstock und zur Prignitz". 3 ) Oefter werden in ungedruckten Archiv=Nachrichten vom 14. bis zum 16. Jahrhundert

"Swinrich, Berlin, Sewikau und Dransee, die vier Dörfer auf der Liezen"

genannt. Diese Güter besaß das Kloster Amelungsborn wohl schon vor 1256 4 ), bis es dieselben im Jahre 1430 an das Bisthum Havelberg verkaufte 5 ); es waren die

"gudere, de - (se) - hadden up der Lytze belegen twischen Wisteke und Myrow, -


1) Vgl. S. 75-78.
2) Die Länder Müritz und Vipperow lagen so, daß jenes nördlich von diesem lag. In der Confirmation des Bisthums Schwerin vom Jahre 1177 heißt es nämlich:
"provincia (Ducis Henrici) - - a Zwerin - - usque Vepro pergit, a Vepro vero tendit per Muritz et Tolenze perueniens usque Groswin et Penum fluuium."
3) Vgl. o. Raumer in v. Ledebur's Archiv VIII, 4, S. 316. - Die Behauptung v. Raumer's, daß der Name Lieze vom Dorfe Leizen, westlich von Röbel, komme, ist durch nichts begründet. Dies Dorf lag wahrscheinlich gar nicht einmal in der Lieze.
4) Vgl. v. Raumer a. a. O. S. 325.
5) Vgl. v. Raumer a. a. O. S. 331 und die vom Kloster darüber ausgestellte Urkunde von 1431 ebendaselbst, S. 348, flgd.
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"nomeliken de hoffstede to deme Drantze, dat dorp to deme Dranze und de nagescreven dorpere Swynreke Sevekow, beyde Bale, beyde Roderanke, Zempow, Uchtorpe, Luttiken Berlin unde de zee to groten Berlin, de kulemollen, den schild und schildermollen."

In dieser Urkunde wird klar angegeben, daß das Land Lieze grade zwischen dem Lande Turne und der Prignitz, d. h. nach der Urkunde zwischen der Comthurei Mirow und der Stadt Wittstock, lag. Und dies bestätigt auch die Geographie des Landes Turne, da die östlichsten Dörfer der Lieze, Zempow und Schweinrich, östlich und südöstlich an die dobbertinschen und zechlinschen Güter grenzen, welche schon im Lande Turne lagen. - Diese Güter des Klosters Amelungsborn wurden übrigens nach den Urkunden und einem Heberegister aus dem vierzehnten Jahrhundert 1 ) von dem Haupthofe Dransee verwaltet. 2 )

Die Lieze gehörte in der mittlern Zeit nicht den Herren von Werle, sondern den Herren von Meklenburg. Im J. 1353 verlieh nämlich, nach einer ungedruckten Urkunde 3 ), der Herzog Johann von Meklenburg=Stargard dem Henning Beer erblich das Obermarschallamt und legte dazu alle fürstlichen Gefälle von

"der gantzen Litze".

Mehr als wahrscheinlich war das Land also mit der Herrschaft Stargard an Meklenburg gekommen. Als im Jahre 1445 dem Capitel von Havelberg der Besitz der ehemaligen Amelungsborner Güter bestätigt ward, behielten sich die Herren von Meklenburg (zu dieser Zeit freilich schon nach dem Aussterben der werleschen Linie) bevor, was sie seit langer Zeit davon besessen:

"besittunge, den dinst, de bede, dat lantding, wes dar van vallen mag, vnde den tollen to dem Dranse".

Südlich gehörte zu dem Liezlande der Besitz des liefländischen Cisterzienserklosters Dünamünde bei Riga, welcher, seit


1) Vgl. v. Raumer a. a. O. S. 835 flgd.
2) Vgl. v. Raumer a. a. O. S. 326 flgd.
3) Vgl. Urkunden=Sammlung: Vermischte Urkunden.
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1232, aus den Gebieten von Netzeband und Rossow bestand 1 ); denn öfter wird in alten Archivnachrichten

"Rossow im Ober-Liezlendiken"

genannt.

Im Norden der Amelungsborner Güter hatte das rheinische Cisterzienserkloster Kampen Besitzungen, deren Haupthof das Gut Kotze (jetzt Mönchhof, südlich von Wredenhagen) 2 ) ward: im J. 1233 3 ) verlieh Nicolaus von Rostock, mit Einwilligung seiner Brüder Johann, Heinrich und Pribislav, dem Kloster 50 Hufen mit dem See Kotze (dem heutigen Mönchsee bei Wredenhagen). Hiernach scheint dieser Besitz uraltes meklenburgisches Eigenthum gewesen zu sein, da es von den Söhnen Heinrich Borwins weggeben wird, also nicht zum Lande Lieze, sondern zum Lande Vipperow gehört zu haben. Diese Besitzungen bestanden 4 ) übrigens aus dem Hofe Kotze (Mönchhof) mit dem See (Mönchsee) und den Dörfern Kiewe, Winterfeld, Wüsterade, Schönefeld, Großen Berlin und Glowen. 5 )

Gegen SO. und O. im S. grenzte an Turne ein Theil des später sogenannten Landes Stargard 6 ), welches seit der Mitte des 13. Jahrhunderts im Besitz der Markgrafen von Brandenburg war 7 ), und zwar derjenige Theil, welcher als ein eigner Landestheil durch das Gebiet des Ortes Wesenberg näher bezeichnet, und öfter in Verbindung mit dem Lande Lieze aufgeführt wird. Daß aber das Gebiet von Wesenberg nicht auf der Lieze lag, geht daraus hervor, daß beide durch das Land Turne von einander getrennt wurden. Im Jahre 1270 wird ausdrücklich gesagt, daß gegen Osten hin das Gebiet von Mirow, welches im Lande Turne lag, bis zu der Grenze


1) Vgl. v. Raumer a. a. O., S. 320, und Riedel Mark Brandenburg I, S. 376.
2) Hievon hatten die Kotzer Haide ihren Namen, welche später auch Möncher Haide und darauf Wittstocker Haide genannt ward; vgl. die Urkunde in Küster Opusc. II, St. 13, S. 93.
3) Oder vielmehr am 19. Dec. 1232 (1233, 19 kal. Jan.); vgl. die Urkunde in Küster Opusc. II, St. 13, S. 101.
4) Vgl. v. Raumer a. a. O., S. 323 flgd.
5) Ob auch das Dorf Kamptz dazu gehörte, wie v. Raumer, annimmt? Dieser leitet auch den Namen Kamps oder Kampitz von dem Namen des Klosters Kampen her.
6) Vgl. S. 89.
7) Vgl. Riedel a. a. O. I, S. 424 flgd.
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von Wesenberg gehen solle 1 ); im J. 1295 setzt (nach einer Ungedruckten Urkunde) der Jungher Otto von Brandenburg dem Grafen Helmold von Schwerin "Haus und Stadt Wesenberg, wie es die wendischen Herren seinem Vetter und Vater geliehen", zum Pfande; endlich verleihen die Markgrafen von Brandenburg den Fürsten von Meklenburg im J. 1329 außer dem Lande Stargard auch:

"Wesenberg, hus vnde stat, mit der Lice, welche Ausdrücke in der kaiserlichen Urkunde wörtlich wiederholt werden, durch welche Kaiser Karl IV. im J. 1348 die Fürsten von Meklenburg zu Herzogen erhob. Das Land Wesenberg scheint also mit der Lieze ursprünglich den meklenburgischen Fürsten gehört zu haben und erst später durch Verleihung an Brandenburg gekommen zu sein, von denen es wieder an Meklenburg kam.

Wie weit sich gegen O. und NO. das Land Turne erstreckt habe, ist freilich einstweilen nicht mit Sicherheit anzugeben. Es ist aber mehr als wahrscheinlich, daß noch die Feldmarken Loissow, Roggentin, Kakeldütten und Blankenförde, welche die Comthurei Mirow unmittelbar an ihren Ostgrenzen im Lande Turne erwarb, mit zu demselben gehörten, wenn es auch nicht ausdrücklich gesagt wird, und daß das Land Turne bis an die Havel und die zahlreichen Havelseen, namentlich bis an den Userinschen See reichte. Mit diesen Gewässern begann das Land der Redarier oder Raduir (das jetzige Amt Strelitz). Der urkundliche Beweis dieser Ansicht muß einer folgenden Untersuchung überlassen bleiben, da es gegenwärtig vorzüglich nur Zweck ist, die Ausdehnung des Landes Turne nachzuweisen, um eine Westgrenze des Landes der Redarier zu gewinnen.

Unsicher bleibt aber die Ausdehnung des Landes Turne gegen N. und NW. Außer dem, was nach dem hier Mitgetheilten von den Fürsten an geistliche Stiftungen verliehen war, wird nichts weiter als besonders zum Lande Turne gehörig genannt. Was nördlich und nordwestlich an die ersten Besitzungen der Comthurei Mirow grenzte, war schon früh an Ritter verliehen, von denen in dieser Gegend außer Andern vorzüglich die Retzow, Lehsten, Brusehaver, Buno u. A. vorkommen, welche die Comthurei Mirowo zum Theil auskaufte. Am bemerkenswerthesten aber ist in Beziehung auf das Land Turne das Geschlecht der Ritter von Havelberg,


1) Vgl. Mirowsche Urk. von 1270.
" - termini - - ad arborem signatam in terminis Mirowe et Wesenberge.
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deren Besitzungen Riedel mit Geschicklichkeit in die Beschreibung des Landes Turne verwebt 1 ). Der Ritter Johann von Havelberg besaß ein Gut an den Grenzen von Zechlin; im J. 1256 war nämlich durch eine Mühlenanlage des Klosters Doberan der See an der Grenze von Zechlin so hoch gestiegen, daß die benachbarten Ländereien des Johann von Havelberg überschwemmt wurden. Der Streit ward durch ein Schiedsgericht, bei welchem auch ein frater Conradus de Dunemunde gegenwärtig war, im genannten Jahre geschlichtet 2 ). Diese Besitzung lag offenbar an der Südgrenze des Landes Turne.

Außer dieser, dem Namen nach unbekannten Besitzung des Johannes von Havelberg besaß derselbe ein großes Gut in der Nordwestgrenze des Landes Turne oder der Comthurei Mirow, nämlich das Gut Bök. Daß Riedel dieses wichtigen Umstandes nicht erwähnt, hat theils darin seinen Grund, daß die Mirowschen Urkunden unbekannt waren, theils darin, daß er die Urkunde in Rudloff's Urk. Lief. Nr. XXVIII übersehen hatte, weil darin von den Besitzungen eines Berthold von Havelberg die Rede ist.

Da das Geschlecht der Ritter von Havelberg in der Geschichte der Müritz=Gewässer und des Landes Turne eine nicht unwichtige Rolle spielt, so wird es zur Aufklärung der Verhältnisse beitragen, wenn die Genealogie desselben klar ist. Ich theile hier mit, was ich in den Archiven zu Schwerin und Berlin und in gedruckten Urkunden habe auffinden können. Latomus führt in seiner Genealogie nur das Geschlecht auf, ohne einzelne Personen zu nennen und Riedel, welcher so manche Genealogie aufhellt, erwähnt nur des Johannes und seines Bruders.

Die Edlen von Havelberg hatten gewiß ihren Namen von der Stadt Havelberg (vgl. Riedel a. a. O. I., 285), müssen sich aber schon früh aus der Mark nach Meklenburg gewandt haben, indem sie, als Ritter oder Knappen (milites oder famuli), in der meklenburgischen Geschichte beständig im Gefolge der Fürsten von Werle (oder Rostock, Güstrow oder Röbel), am häufigsten zu Güstrow und Röbel, vorkommen, auch unter den Burgmännern (castellanis) von Röbel und unter den Räthen der Fürsten erscheinen und vor andern Lehnsleuten der Herren von Werle ihre Rechtsgeschäfte abmachen (vgl. Mirowsche Urk. von 1276); endlich lagen ihre Besitzun=


1) Riedel a. a. O. I., S. 419 flgd.
2) Vgl. Westph. a. a. O. III., 1498.
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gen in Werleschen Landestheilen. Zuerst kommen vor als Zeugen in einer Mirowschen Urk. v. 1227: Gotimerus (nicht Gotinus, wie Buchholtz und nach ihm Riedel I., 419 haben) et Johannen frater suus de Havelberch milites. Ihren Namen Havelberg mußten sie schon längere Zeit getragen haben, da sie zu derselben Zeit sich nach einem Gute nannten, und den Namen Havelberg als Beinamen zufügten: in einer ungedruckten transsumirten und übersetzten Urkunde des Klosters Broda kommen nämlich 1230 als Zeugen vor: Hans und Gereszlav broder, knapen, vann Wopen, heten Hauelberg; der Ort Wopen ist mir unbekannt. Nach einer Urkunde des Liudgeri=Klosters bei Helmstädt vom J. 1243 war ein Johannes von Havelberg ministerialis dieses Klosters und hatte in Wevensleve, Seilschen, Drugtesberge und Sierslove Besitzungen, von denen das Kloster einige ankaufte (vgl. Neue Mittheil. des thüringisches. Vereins II., 2 u. 3, 1836, S. 489); ob dieser Johannes von Havelberg mit unserm Ritter eine Person ist, vermag ich nicht zu bestimmen. Auch der Johannes de Havelberg, welcher im J. 1237 Zeuge einer Urkunde der Brüder Plothe zu Kyritz war, mag mit dem meklenburg. Ritter dieselbe Person sein; vgl. Gercken Fragm. March. II., S. 19.

Johannes von Havelberg war der Stammhalter des Geschlechts in Meklenburg, und war 1256 im Besitz eines Gutes an der Grenze von Zechlin (Westph. Mon. III., 1499) (vielleicht Repen statt Wopen?) und nach einer Mirowschen Urkunde von 1273 im Besitz von Bök an der Müritz, welches Gut im 13. und 14. Jahrh. das Hauptgut der Familie war. Johannes von Havelberg, miles, kommt als Zeuge von 1227 bis 1273 häufiger vor (vgl. Mirowsche Urk. von 1227, 1241, 1242 u. 1257; Beckmanns Beschr. der M. Br. V., II., S. 174; Westph. Mon. III., 1484, 1486, 1488, 1492, 1493; Schröder P. M. I., 620; Rudloff Urk. Lief. p. 37). Im J. 1273 war nach einer Mirowschen Urk. Johannes von Havelberg schon todt; in demselben Jahre tritt sein Sohn Bertoldus de Hauelberge miles als Zeuge und darauf als Contrahent wegen des Böker Mühlengrabens auf (nach Mirowschen Urkunden). Im J. 1274 ist ein Herrmannus de Hauelberge Zeuge in einer Urk. bei Rudl. Urk. Lief. Nr. XXVIII., in welcher auch des Bertoldus gedacht wird. Im J. 1276 verhandelt Bertoldus miles, filius domini Johannis de Hauelberg für sich und seine Brüder wegen Bök (in einer Mirowschen Urk.) und Zeugen sind: H.(enricus?) de Hauelbergh cum ipso actore fratre suo Ber.

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Dieser H. de Hauelbergh ist wohl Heyne de Hauelberghe miles, im J. 1277 Zeuge einer Urkunde in Rudl. Urk. Lief. S. 97. Darauf kommen 1285 zwei Brüder Johannes und Nicolaus vor (nach ungedruckten Urk. im Schweriner Archiv); Johannes, ritter, 1318, pinguis zubenannt (vgl. Cleemann's Parchimsche Chronik, S. 237), erscheint noch 1307, 1311, 1313 und 1328 als Zeuge (vgl. Schweriner Urk., Schröder P. M. I., 936, Westph. Mon. IV., 935 und ungedr. Urk.) und Nicolaus, ritter, noch 1318 (vgl. Schröder's Wism. Erstl. S. 374). In einer folgenden Generation wird Mathias von Havelberg famulus unter den consiliariis der Werleschen Fürsten genannt 1342, 1346 und 1354 (in 2 Mirowschen Urk., einer Stettiner und einer Schweriner Urk.). Zu gleicher Zeit erscheinen in Urk. des Schweriner Archivs 1356 Henneke Havelberg, und 1375 Kunecke Havelberg, und endlich 1431 Heinrich Havelberg, mit welchen das Geschlecht zu verschwinden scheint. Henneke und Kunecke von Havelberg waren im Besitze von Walow, welches von ihnen auf die von Flotow überging, und Heinrich von Havelberg (1431) besaß Striggow.

Hiernach gestaltet sich folgendermaßen der Stammbaum der

Stammbaum

Im J. 1273 hatte Nicolaus von Werle dem Johannes von Havelberg Geld dafür gegeben, daß er durch die Besitzungen desselben einen Kanal (magnum fossatum) graben durfte 1 ), durch welchen das Müritzwasser abgelassen werden konnte. Dieser Kanal berührte die Böker Mühle, welche damals schon


1) Vgl. S. 63.
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den Johannitern zu Mirow gehörte 1 ). Im Jahre 1276 bestätigten die Herren von Werle dem Orden den Besitz dieser Mühle und bewirkten, daß die Söhne des Johann von Havelberg, nämlich Berthold und Heinrich (oder Hermann) allen Ansprüchen entsagten, welche sie wegen des Laufes des Mühlwassers haben könnten 2 ). Dieser Böker Mühlengraben oder der Kanal ging durch die Südgrenze des, den Herren von Havelberg gehörigen Gutes Bök. - Nach einer andern Urkunde in Rudloff Urk. Lief. Nr. XXVIII verkaufte der Fürst Nicolaus von Werle am 25. Aug. 1274 der Stadt Röbel die silva tenebrosa (nach der Schmettauschen Charte: den Wahrenschen und Röbelschen Wohld zwischen dem Specker See und der Müritz) an dieser Seite der Müritz und bestimmte zugleich die Grenzen dieses Bruchwaldes, welche von Rudloff nicht ganz richtig andeutet sind (vgl. Rudl. Urk. Lief. a. a. O. und Meklenb. Geschichte I., S. 76, Not. n.). Diese Grenzen der silva tenebrosa sind: gegen NW. der Müritz=Busen Rederank in seinen, sich schlängelnden südöstlichen Ufern von der Müritz gegen Nordosten hin bis zu den Grenzen des Dorfes Jamen, wovon nur noch der Jambker=See seinen Namen trägt; gegen O., so weit der Bruch (palus der silva tenebrosa) den festen Boden der Aecker des Dorfes Palitz berührt (d. i. die westlichen Anhöhen der Pertinenzen des Gutes Federow: Schwarzenhof und Friedrichshof oder Lehmhorst, an welche noch eine "Dorfstelle" beim Hohlbaumsee grenzt), am Lubow=See vorbei, bis zu den Grenzen von Specke, und von dort nach den Grenzen Bertholds von Havelberg, nämlich nach dem Dorfe Seedorf und von da, so wie die Grenzen sich ziehen vom Dorfe Böken bis zur tenebrosa silva des Böker Wohlds und von hier zurück bis zum festen Lande an der Müritz. - Die silva tenebrosa, wohl eine appellative Benennung für: "Bruch" oder "Wohld", so weit sie der Röbelsche Wohld genannt wird, war also die Nordgrenze der Besitzungen der Herren von Havelberg. Da nun die Müritz westlich grenzen mußte und das Mirowsche Comthurei=Gut Schildersdorf die Ostgrenze bildete, so ist es klar, daß die heutige Feldmark des Gutes Bök die nördlichen Besitzungen der Herren von Havelberg bildete.

Da schon Besitzungen der Städte Röbel und Wahren bis an die Güter der Herren von Havelberg reichten, so scheint


1) Vgl. S. 62.
2) Vgl. S. 64.
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die Annahme nicht gewagt zu sein, daß die Besitzungen der letztern in der nordwestlichen Grenze des Landes Turne lagen.

Hiernach reichte das Land Turne von den Südgrenzen Zechlins gegen W. und NW. bis zur Müritz und gegen N. und NO. bis zu den Havel=Gewässern, und umfaßte ungefähr das jetzige Gebiet von Zechlin, der Dobbertinschen Kloster=Güter in der hintern Probstei und des jetzigen Amtes Mirow, der ehemaligen Comthurei Mirow.

Unsicherer als die Ausdehnung des Landes Turne ist die Oberherrlichkeit über dasselbe; um einigermaßen sicher zu gehen, wird es am gerathensten sein, die einzelnen Theile desselben einer Prüfung zu unterwerfen. Die der Comthurei Mirow gehörenden Güter im Lande Turne erscheinen ohne Ausnahme unter der Oberherrschaft der Herren von Werle; eine markgräfliche Bestätigungsurkunde über die erste Schenkung v. J. 1227 ist in ihrer Form zu unsicher, als daß man sie für ein öffentliches, allgemein gültiges Document sollte halten können 1 ). Außer dieser einzigen Urkunde ist von einem Einflusse der Markgrafen von Brandenburg auf die Comthurei Mirow keine Spur vorhanden, es sei denn, daß man die Abgaben an Zins und Münzpfennigen, welche Heinrich II. von Meklenburg aus den südlichen Comthureidörfern zu erheben hatte und im J. 1303 an die Comthurei überließ 2 ), für eine aus brandenburgischer Oberherrlichkeit herrührende Abgabe halten wollte, welche mit dem Lande Stargard an diesen Fürsten übergegangen war. Aber diese Hebungen konnten auch aus der ehemaligen ungetheilten Landesherrlichreit sämmtlicher meklenburgischer Fürsten nach dem Tode der Borwin herrühren 3 ), da Heinrich bekennt, daß er durchaus kein anderes Recht an diesen Gütern habe, vielmehr in der Urkunde von 1304 4 ) ausspricht, daß er eine Geldunterstützung von Seiten der Ritter für ein reines Geschenk ansehe.

Die Güter Zechlin wurden ebenfalls nur von den Herren von Werle verliehen, und als Heinrich II. von Meklenburg sie von dem Kloster Doberan erwarb, bedurfte dieser Tausch einer Bestätigung des Herrn Nicolaus von Werle 5 ).

Nur die Güter des Klosters Dobbertin, namentlich Sagewitz, Schwarz, Zettin und Dimitz, scheinen in einer ober=


1) Vgl. S. 54 flgd.
2) Vgl. S. 69.
3) Vgl. S. 53 u. 69.
4) Vgl. S. 69 u. 70.
5) Vgl. Westph. Mon. ined. III., 1585.
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lehnsherrlichen Abhängigkeit von Brandenburg gestanden zu haben; denn obgleich die Herren von Werle dem Kloster seine Güter im Lande Turne im J. 1274 bestätigten, holte das Kloster dennoch in den Jahren 1280, 1282 und 1285 markgräfliche Bestätigung ein 1 ).

Was die Episcopalherrschaft über das Land Turne betrifft, so stand dasselbe bis zum Jahre 1255 unter dem Bischofe von Schwerin, seit diesem Jahre unter dem Bischofe von Havelberg 2 ). Ueber die Zehnten aus Zechlin verfügt im J. 1237 noch der Bischof Brunward von Schwerin, am VII. Idus März 1255 schon der Bischof Heinrich von Havelberg, bei welchem Zechlin auch noch 1306 war 3 ). Die Zehnten aus den Dobbertinschen Klostergütern verleiht derselbe Bischof von Havelberg am 18. Jan. 1257 dem Kloster 4 ), und eben so verfügt er am 14. Octbr. 1256 über die Zehnten aus den nördlichsten Dörfern der Comthurei Mirow, welche früher dem Bischofe von Schwerin gehört hatten 5 ). Im J. 1341 bekennt der Comthur Rupert von Mansfeld, daß die Kirche zu Starsow dem Bischof von Havelberg unterworfen sei 6 ).

Die schwierigste Frage aber, welche hier endlich berührt werden möge, ist die: ob das Land Turne in den ältesten Zeiten der meklenburgischen Geschichte zu einem großem Landestheile gehört habe, und wenn dies der Fall ist, zu welchem. Vom 12. Jahrhundert bis zur urkundlichen Zeit unserer Geschichte werden alle umherliegenden "Länder" häufig genannt: die Länder Circipene, Tolenze, Raduir, Lieze, Vipperow, Müritz und andere kleinere Länder; nur des Landes Turne geschieht keiner andern Erwähnung, als in den aufgeführten Urkunden des 13. Jahrhunderts, welche in die Zeit der Colonisirung dieses Landes fallen. Gleich darauf verschwindet der slavische Name Turne auf immer.

In den neuesten Zeiten sind die südöstlichen Länder Meklenburgs Gegenstand gründlicher Forschungen v. Raumer's 7 ) und


1) Vgl. Rudloff Urk. Lief. Nr. XXXVII. und XXXIX., Rudloff M. Gesch. II., 60, Not. x. und Riedel a. a. O. I., S. 422.
2) Vgl. Rudloff M. Geschichte II., S. 114; vgl. Riedel a. a. O. II., 558.
3) Vgl. Westph. Mon. III. p. 1481 und 1498, und III., p. 1584.
4) Vgl. Rudloff Urk. Lief. Nr. XIV.
5) Vgl. S. 79.
6) Vgl. v. Raumer Cod. dipl. Brandenb. contin. I., S. 26.
7) In v. Raumer's meisterhafter Abhandlung über "Der Cisterzienserklöster Kampen und Amelungsborn Besitzungen in der Prignitz", in v. Ledebur's Allg. Archiv VIII., 4, S. 316 flgd.
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v. Ledebur's 1 ) gewesen. In der höchsten Anerkennung der großen Verdienste dieser Forscher um die historische Kritik und Geographie kann ich, ihnen nacheifernd, doch nicht umhin, mich grade in Beziehung auf die hier zur Frage stehenden Länder von ihnen beiden abzuwenden. Die Meinung v. Raumer's 2 ) ist: das Land Müritz sei das spätere Land Turne am östlichen Ufer des Müritzsees und das Land Vipperow, am andern Ufer des Sees, sei das Land, welches später die Lieze genannt sei. v. Ledebur 3 ) behauptet ebenfalls: der Gau Müritz habe "außer Zweifel" am östlichen und südlichen Ufer des Sees gelegen und Vipperow habe sich auch um die südlichen Ufer des Sees erstreckt. So sorgfältig beide Schriftsteller auch ihre Ansichten sonst durch Urkunden vertreten lassen, so haben sie doch für diese Behauptungen keine einzige beweisende oder auch nur hindeutende Stelle beigebracht, wie es auch wohl keinen directen Beweis dafür giebt.

Meine Ansicht geht nun dahin, daß beide Länder, Müritz und Vipperow, am westlichen Ufer des Sees gelegen haben, und zwar Müritz nördlich von Vipperow 4 ). Eine starre Hindeutung für diese Behauptung liegt schon darin, daß das nördliche, große Becken des Sees im ganzen Mittelalter allein die Müritz genannt wird, die südlichen schmalern Gewässer des Sees dagegen mit dem Namen der Vipperowschen Wasser belegt werden, - ferner daß die spätern Länder und Vogteien mit ihren fürstlichen Schlössern und ihren Landdingen: Waren (mit Malchow) und Röbel (mit Wredenhagen 5 ) oder Wenden 6 ) südlich, am westlichen Ufer des Sees gelegen haben, am östlichen Ufer nichts der=


1) In v. Ledebur's Abhandlung über den "Umfang, insbesondere die Nordwestgrenze des havelbergischen Sprengels", in dessen Allg. Archiv XI., 1, S. 27 flgd.
2) Allg. Archiv a. a. O. S. 317.
3) Allg. Archiv a. a. O. S. 30 u. 39 flgd.
4) Dieser Meinung ist auch Riedel Mark Branb. I., S. 277, welcher den Gau Murizi in die Gegend von Plau und Röbel legt.
5) Wredenhagen war nur eine Burg, keine Vogtei, wie v. Raumer a. a. O. anzunehmen scheint; die Burg Wredenhagen lag in der Vogtei Röbel. In einer ungedruckten Urkunde des Herzogs Albrecht II. von Meklenburg vom J. 1361 wird von dem gesprochen, was
"to borchdeneste lycht tu dem Wredenhagen in der voghedie tu Robbele,
und was
"de borchseten van dem Wredenhagen hebben in der voghedie to Robele".
Namentlich werden Vipperow, Priborn und Melz zur Vogtei Röbel gerechnet.
6) Vgl. v. Raumer a. a. O. S. 327.
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gleichen vorkommt. Einen Beweis für diese Ansicht geben die verschiedenen Fundations= und Confirmations=Urkunden des Bisthums Schwerin, mit welchen die klare Urkundenzeit Meklenburgs beginnt, und welche schon über geordnetere und bekanntere Gegenstände und Gegenden reden, als die havelbergischen. Nach Heinrich des Löwen Fundations=Urkunde vom J. 1170 sollten auch zwei, im Süden des schwerinschen Sprengels gelegene Länder, Warnow und Müritz, zu beiden Seiten der Elde, zum Bisthum Schwerin gehören 1 ). Hiernach ist es schon unwahrscheinlich, daß das Land Müritz am rechten Ufer des Sees gelegen habe, da sonst wohl das große Gewässer als Scheide genannt wäre. Das Land Warnow lag nach des Papstes Cölestin III. Confirmations=Urkunde von 1185 in dem Kniee der Elde südöstlich von den Städten Parchim, Neustadt und Grabow, wo noch, in einer an Alterthümern reichen Gegend, dicht an der meklenburgischen Grenze, südlich von Grabow, der brandenburgische Ort Warnow und nahe dabei in Meklenburg ein Ort Werle liegt : es ging westlich bis an die Burg Grabow 2 ). Einen schwer zu entkräftenden Beweis für die hier angenommene Lage der Länder Warnow und Müritz liefert die erste Confirmations=Urkunde des Kaisers Friederich vom J. 1170 3 ), in welcher statt Warnow und Müritz schon die congruirenden Länder Parchim, Kutin und Malchow aufgeführt werden; das Land Kutin reichte urkundlich von NW. her bis nach Goldberg und vielleicht bis gegen Lübz hinunter, lag also zwischen den Ländern Parchim und Malchow. Unmittelbar hinter Malchow folgt, wie in den übrigen Urkunden unmittelbar hinter Müritz, in dieser Urkunde das Land Tolenze.

Eine Hauptrücksicht ist hiebei auf die Folge der Länder zu nehmen, wie sie in den Schweriner Urkunden beobachtet wird: sie ist immer dieselbe, Land an Land in geographischem Zusammenhange schließend, und ist in umgekehrter Ordnung eben so genau, wenn etwa die Aufzählung von einer andern Welt=


1) Insuper duae provinciae versus austrum positae, Muriz et Warnowe cum omnibus terminis suis ex utraque parte fluvii, qui Eldena vocatur, ad episcopatum Suerinensum debent pertinere. Schröder's Wism. Erstlinge, S. 62.
2) Ad terram, quae Warnowe vocatur, cum omnibus terminis suis ex utraque parte fluminis, quod Eldene dicitur, usque ad castrum, quod Grabowe nuncupatur, ipsum flumen transiens. Schröder's Wism. Erstlinge S. 78.
3) Parchim quoque, Kutin et Malchow cum omnibus villis ex utra. que parte alvei, quae dicitur Elde. Franck's A. u. N. M. III., S. 118. - Ueber die Lage des Landes Kutin in einer spätem Abhandlung.
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gegend beginnt. Das Land Müritz stieß also östlich an das Land Warnow (Parchim) 1 ); beide bildeten also zusammen den südlichen Theil des Schweriner Sprengels zwischen der Elde bei Grabow und der Müritz und theilten sich vermuthlich ungefähr in den Raum; denn daß das weniger häufig vorkommende Land Warnow den ganzen südlichen Landstrich, der häufiger als Landestheil vorkommende Gau Müritz aber nur den kleinen Raum der Comthurei Mirow (des Landes Turne) sollte eingenommen haben, ist nicht wahrscheinlich.

Wenn der überall zur Anwendung gebrachte Satz, daß die bischöflichen Archidiakonate den Raum der alten Länder umfaßten, auch hier zur Anwendung gebracht werden soll, so kann noch der Hauptumstand hier zur Bestärkung dienen, daß in den Raum, welcher von mir den Ländern Warnow und Müritz zuertheilt ist, später die bischöflich schwerinschen Archidiakonate Parchim und Waren fallen.

Wichtiger noch ist die Aufzählung der Grenzländer in den Confirmations=Urkunden des Bisthums Schwerin. In der Urkunde von 1170 wird des Landes Vipperow nicht gedacht. In der Confirmations=Urkunde des Papstes Alexanders III. vom J. 1177 2 ) gehen die Grenzen des Sprengels

von Schwerin bis Vipperow, von Vipperow durch (über) Müritz und Tolenze bis Groswin und die Peene 3 ).

Grenzte nun das Land Müritz östlich an das Land Warnow, so konnte Vipperow nicht gut anders als südlich an Müritz grenzen. Hiemit stimmt denn auch die Confirmations=Urkunde des Papstes Urban III. vom J. 1185 4 ) überein, welche die Grenzländer des Bisthums in umgekehrter Ordnung, von Norden her, aufzählt; nach dieser ging die Südostgrenze des Sprengels von Tolenze bis zum Walde Bezunt (Wittstocker Haide) und umfaßte in dieser Linie von NO. gegen SW. die Länder Tolenze, Müritz und Vipperow; vom Walde Bezunt ging die Grenze in das Land Warnow bis Grabow. Der Wald Bezunt schied die Länder Havelliere (das


1) Die beiden Länder Warnow und Müritz werden öfter in den Urkunden allein zusammen und in Verbindung genannt, vgl. Schröder's Pap. Mekl. S. 60, 61, 62, 79, 86, 87.
2) Vgl. Schröder a. a. O. S. 73.
3) Auch die Urkunden des Bisthums Havelberg, zu dem vor der Gründung des Schweriner Bisthums diese Länder gehörten, nennen immer Morizi und Dolenz in der Folge hinter einander.
4) Vgl. Schröder's Wism. Erstl. S. 76.
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Havelland, die Prignitz) und Müritz; bei genauer Ansicht der Charte verhält es sich auch wirklich so, indem die Haiden am linken Ufer der Dosse 1 ) gegen NW. ziehen; dabei lassen sie das kleine Land Vipperow östlich und nordöstlich liegen. Auch die havelbergischen Confirmations=Urkunden von 1150 und 1179 liefern einen Beweis, indem in denselben bei Aufzählung der Länder von W. oder SW. gegen NO. das Land Müritz unmittelbar auf das Land Linagga (in welchem Putlitz lag) folgt.

Mit dieser Ansicht stimmen nun wieder die Archidiakonats=Verhältnisse, mögen auch in der Folge die politischen Verhältnisse geworden sein, welche sie wollen. Nach der Fundations=Urkunde Heinrich des Löwen vom J. 1170 2 ) sollte der schweriner Sprengel gegen Osten und Süden, - gegen Rügen, Pommern und Brandenburg, mit den Grenzen seines Herzogthums zusammenfallen; er rechnet dazu das Land Vipperow nicht. Das Land Vipperow bildete aber das havelbergische Archidiakonat Röbel, welches nördlich noch die Neustadt Röbel umfaßte, während die Altstadt Röbel noch zur Schweriner Diöcese gehörte. Das Land Vipperow gehörte jedoch 1177 schon wieder zum Schweriner Sprengel und war in der Folge wieder an die Herren von Werle gekommen, denen es auch wohl ursprünglich gehört hatte 3 ), während später, in Folge der Fundations=Urkunde von 1170, das Archidiakonat Röbel zu Havelberg gelegt ist.

Bei allen diesen Verhältnissen wird des Landes Turne mit keiner Sylbe gedacht; aber auch in den Beschreibungen des havelbergischen Sprengeis kommt es nicht vor. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, daß es einen untergeordneten Gau irgend eines größern Landes bildete, oder daß es auch, als in der Grenze der werleschen (wendischen) und redarischen Länder liegend, während der verheerenden Kriegszüge in seiner Abhängigkeit zweifelhaft geworden war. Da das Land Vipperow und das Land der Redarier im J. 1170 als nicht zur Herrschaft Heinrich des Löwen gehörend erscheinen, das Land Turne aber bis zum Jahre 1255 zur Diöcese des Bischofs von Schwerin gehörte, so möchte sich annehmen lassen, daß das Land Turne den südöstlichsten, über die Müritz hinausreichenden Theil des Landes Müritz bildete, um so mehr, da es der Herrschaft Werle unterworfen war. Daß das Land Turne


1) Die Dosse bildete die uralte Grenze zwischen der Prignitz und Werle; vgl. v. Raumer a. a. O. S. 316.
2) Vgl. Schröder's Wism. Erstl. S. 62; vgl. v. Ledebur a. a. O. S. 35.
3) Vgl. v. Raumer a. a. O. S. 316.
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aber noch in der Mitte des 13. Jahrhunderts an den havelberger Sprengel zurückfiel und die Markgrafen mit zweifelhaften Ansprüchen an das Land hin und wieder hervortraten, scheint darauf hinzudeuten, daß man von diesem Grenzlande keine sichere Bestimmung hatte.

Daß das Land Turne ganz an geistliche Corporationen verliehen ward, mag auch vielleicht darauf hindeuten, daß man in solchen Verleihungen Sicherung des zweifelhaften Eigenthums suchte.

Die Resultate dieser Untersuchung möchten nun folgende sein:

Das Land Vipperow lag westlich an den südlichen Theilen der Müritz, den Vipperowschen Wassern, um das jetzige Dorf Vipperow, und bildete kirchlich das Archidiakonat Röbel des havelbergischen Bisthums und politisch die später Vogtei Röbel mit Wredenhagen (Wenden) der werleschen Herrschaft 1 ).

Das Land Müritz lag westlich, nördlich und nordöstlich von dem großen nördlichen Becken des Müritzsees, vorzugsweise Müritz genannt, und bildete kirchlich das Archidiakonat Waren des schwerinschen Bisthums und politisch die spätern Vogteien Waren und Malchow der Herren von Werle.

Das Land Turne lag östlich von den Müritzgewässern, gehörte den Herren von Werle, obgleich auch die Markgrafen von Brandenburg Ansprüche daran machen mochten, bildete politisch in den Haupttheilen die spätere Johanniter=Comthurei Mirow und gehörte früher zum Sprengel des Bisthums Havelberg, dann bis 1255 zum schwerinschen, und darauf wieder zum havelbergischen Sprengel.

Vignette

1) Interessant für die Lage dieser Länder sind Ueberreste von Alrerthümern, namentlich der Fürstensitze. Röbel und Wredenhagen sind als solche bekannt, von Vipperow ist bisher noch nichts bekannt geworden. In Archiv=Acten über die Müritz aus dem Anfange des 18. Jahrhunderts findet sich folgende Stelle in der Beschreibung der Müritz=Ufer nördlich von Vipperow:
"So fand sich auch nahe an der Müritz der sogenannte alte Hoff, welcher sonsten für alters, wie der augenschein gab, mit hohen wällen und graben umbgeben gewesen. Dieser ohrt nebst dem darauf stehenden Häuschen und da herum liegenden Wiesen war umbher gantz untere waßer von der Müritz gesetzt".