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Zur Geschichte
der Johanniter=Ordens=Comthurei
von
G. C. F. Lisch.
A. Aeltere Geschichte der Comthurei Mirow 1 ).
D as historische Verhältniß der Comthurei Mirow, so wie das geographische derselben gehörte bisher zu den interessantesten der ältern meklenburgischen Geschichte und Geographie, aber auch zu den schwierigsten: es fehlte an Urkunden. In unsern Archiven war nicht viel zu finden, weil die Behörde, welche die Urkunden in Empfang genommen und bewahrt hatte, die Johanniter=Ritter, nicht mehr als geistliche Ordensbehörde existirt und in ihrer Hauptverwaltung keine meklenburgische war. Der Untergang der Urkunden war bei der Sorglichkeit der geistlichen Corporationen auch nicht anzunehmen; endlich fanden sie sich bei einigen Nachforschungen bald in dem Geheimen=Staats=Archive in Berlin, wo mir, im Sommer 1834, die freundlichste Theilnahme an wissenschaftlichen Forschungen 2 ) die
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Abschrift derselben gestattete. Nach oder noch vor der Auflösung der Comthureien Mirow oder Nemerow durch den Westphälischen Frieden gingen nämlich die Urkunden derselben an das Heermeisterthum Sonnenburg, dessen Archiv, und mit demselben die Urkunden der früher säcularisirten Commenden, nach der Einverleibung des Stifts mit Preußen an die Krone Preußen fiel. Während der Organisation der neuen preußischen Landestheile ward auch das Sonnenburger Archiv in das Königl. Geh. Staatsarchiv zu Berlin versetzt, wo es sich noch in seiner alten Ordnung mit seinen alten Repertorien befindet. Nach den Urkunden dieses Archivs werde ich nun versuchen, die Gründung und Ausdehnung der Commende Mirow darzustellen; diese Darstellung wird dann die Grundlage mancher anderer wichtigen historischen Forschungen werden können.
So große Freude die schöne Erhaltung der großen Masse von Urkunden im Geh Staats=Archive zu Berlin erregt, eben so betrübend ist der Anblick vieler Urkunden, namentlich der meklenburgischen, aus dem ehemaligen Sonnenburger Archive, wahrscheinlich weil sie, sauber eingepackt, vom Westphälischen Frieden an in der feuchten Odergegend unbenutzt geruhet haben, bis eine Preuß. Archiv=Commission sie revidirte und ihnen wieder Licht gönnte. Nun aber sind, wohl durch Nachlässigkeit der jüngern Ritter, die Siegel verwittert, die Schrift ist verblichen, das Pergament ist durch Nässe, Moder und sogenannte Eisenmale durchsichtig und morsch geworden und zerfällt an vielen Stellen bei der geringsten Berührung. Ich habe, die Erlaubniß zur Benutzung dieser Urkunden dankbar ergreifend, alles aufgeboten, sie zu enträthseln, und, oft durch Hülfe kleiner abgefallenen Stücke Pergament, welche gewöhnlich nur einzelne Buchstaben enthielten, herzustellen, wobei mir die Hülfe und Mitarbeit des Hrn. Geh. Archiv=Raths Höfer nicht wenig förderlich gewesen ist, da derselbe alle Urkunden mit mir collationirt hat. Später wird ihre Entzifferung kaum oder doch nicht mehr so gut möglich sein, als bei der ersten sorgsamen Entfaltung derselben durch mich nach langer Zeit; und so hat die Reihe der Urkunden, welche zu dieser Abhandlung mitgetheilt werden, in der Zukunft vielleicht größern Werth, als die Originale. Einige von ihnen sind freilich gedruckt, z. B. in Buchholtz Brandenb. Geschichte, aber nach schlechten z. B. Gundlingschen Abschriften, und so ungenau, daß sie in dieser Gestalt nicht brauchbar und glaubwürdig sind.
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Schon Heinrich Borwin II., Herr zu Rostock, schenkte den Brüdern des Johannis=Hospitals zu Accon, zu ihrer bessern Unterhaltung, sechszig Hufen im Lande Turne. Diese Schenkung wird nur durch spätere Bestätigungen 1 ) zur Gewißheit, da die Schenkungsurkunde noch nicht aufgefunden ist. Aus demselben Grunde ist auch die Zeit der Verleihung nicht mehr auszumitteln; jedoch wird diese vor der Mitte des Jahres 1226 geschehen sein müssen, und fällt vielleicht mit der Fundation anderer Stiftungen, wie z. B. des Doms zu Güstrow, in gleiche Zeit. Eines Dorfes oder Hofes wird in dieser Schenkung noch nicht erwähnt. Aus der Urkunde des Fürsten Nicolaus II. von Werle vom Jahre 1301 2 ) sieht man jedoch, daß die Ritter für die zu verschiedenen Zeiten empfangenen ersten Schenkungen die Summe von hundert Mark reinen Silbers bezahlten.
Nachdem durch den Tod Heinrich Borwins II. (1226) und seines Vaters Heinrich Borwins I. (1227) die vier Söhne des erstem: Johann, Nicolaus, Heinrich und Pribislav "als Herren von Meklenburg" (domini Magnopolenses), das "ganze Erbe ihrer Väter" zur ungetheilten Herrschaft angetreten hatten, bestätigten dieselben am 3. Dec. 1227 zu Güstrow zusammen die Schenkung der sechszig Hufen an die Johanniter=Ritter, und zwar mit dem seit der Erwerbung durch die Ritter wahrscheinlich erst aufgebauten Dorfe Mirow, mit dem Mirowschen See, dem Dam=See und dem Bache, welcher durch den See Mirow fließt; von den sechzig Hufen lagen an jeder Seite der genannten Seen dreißig. Diese sechszig Hufen, welche die Herren von Meklenburg den Rittern "anwiesen", sind nach der ganzen Urkunde keine andern, als die von Borwin geschenkten sechszig 3 ).
Diese Bestätigungsurkunde ist in vieler Hinsicht interessant und wichtig, so daß sie eine genauere Betrachtung verdient. - Mirow lag mit seinen sechszig Hufen im Lande Turne; nicht nur die Lage, sondern auch die Herren dieses Landes sind bisher zweifelhaft gewesen: man schwankte, ob Turne den Herren von Werle als eigne Herrschaft mit Landeshoheit, oder als Lehn von Brandenburg gehöre, oder ob der Besitz des Landes überhaupt streitig gewesen sei. Von der letztern Ansicht ausgehend, hat in neuern Zeiten auch unser Riedel bei seinen
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Untersuchungen über die Länder der Mark Brandenburg das Land Turne in den Kreis seiner Forschungen gezogen und ist 1 ) zu dem Resultate gelangt, daß der Besitz desselben an den brandenburgischen und den meklenburgischen Höfen zweifelhaft gewesen sei, daß die Markgrafen anhaltinischen Stammes ihre Lehnsherrlichkeit geltend zu machen gesucht hätten, es aber unentschieden bleibe, ob und wie sie von den meklenburgischen Fürsten anerkannt worden. - Einstweilen von der Ausdehnung des Landes Turne und davon absehend, ob nicht vielleicht ein Theil desselben zu einer Zeit an Brandenburg gehört habe, ist es am gerathensten, nur die Comthurei Mirow im Auge zu behalten und zu untersuchen, welche Bewandniß es mit der brandenburgischen Lehnsherrlichkeit über diesen Theil des Landes Turne habe. Bisher war über Mirow außer der ersten Bestätigungsurkunde von 1227 nur noch eine Erweiterungsurkunde von 1242 2 ) bekannt. In beiden Urkunden ist keine Spur von Lehnsabhängigkeit meklenburgischer Fürsten zu finden, vielmehr sind sie so abgefaßt, daß sie über ein unbeschränktes Eigenthum verfügen. Betrachtet man nun noch die ganze Reihe der mirowschen Urkunden, so ist in allen diesen keine Spur von einem werleschen Lehnsverhältnisse zu Brandenburg zu erkennen, vielmehr sprechen viele Urkunden die Landesherrlichkeit der werleschen Herren über Mirow aus, welche auch in der Folgezeit nicht angefochten ist 3 ). Das Einzige, was darauf hindeuten könnte, ist eine lehnsherrliche Bestätigungsurkunde der Markgrafen Johann und Otto vom Jahre 1227, durch welche "die Schenkung des Dorfes Mirow und der Seen von Seiten der Söhne Borwins an die Johanniter=Ritter bekräftigt wird " 4 ). Riedel hat mit Recht Anstoß an dem Datum der beiden Urkunden von 1227 genommen 5 ). Die meklenburgische Schenkungsurkunde ist: Actum in Guztrowe anno gratie MCCXXVII°, III° nonas Decembris, indictione prima; datum per manum Conradi scriptoris; - die markgräfliche Bestätigungsurkunde ist: Actum apud oppidum
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nostrum Werben anno gratie MCCXXVII°, nonas Augusti indictione secunda. Riedel meint nun: "es gehe aus dem datum, besonders aus der Indiction hervor, daß die Jahrszahl der meklenburgischen Schenkungsurkunde eine falsche sei; vermuthlich sei die Urk. am 3. Dec. 1226 ausgefertigt". Dies ist offenbar ein Irrthum. Die meklenburgische Schenkungsurkunde kann nicht gut am 3. Dec. 1226 abgefaßt sein, denn Heinrich Borwin II. starb am 4. Jun. 1226 und Heinrich Borwin I. am 28. Jan. 1227 (vgl. Jahrb. I., S. 134); in der Urkunde nennen sich die vier Söhne Heinrich Borwins II. schon Domini Magnopolenses und sagen, ihr Vater Heinrich sei gestorben (bone memoriae pater noster Heinricus) und aus den Worten: "Quia tota jurisdictio ac hereditas progenitorum nostrorum ad nos deuenit, quicquid domino Jhesu Christo a patribus nostris - est impensum", scheint unbestreitbar hervorzugehen, daß auch der alte H. Borwin I. gestorben sei, als die Urkunde ausgestellt ward. Dazu ist die Indiction völlig richtig. Das Jahr 1227 hat die 15. Indiction, d. h. für das ganze Jahr nach jetziger Zeitrechnung, wenn die römische Indiction (vom 1. Januar anfangend) angenommen wird. In Deutschland ward aber im 13. Jahrh. vorherrschend die kaiserliche Indiction, vom 24. Septbr. anfangend, gebraucht 1 ); da nun unsere Urkunde vom 3. Decbr. 1227 datirt ist, so fällt sie natürlich schon in die 1. Indiction 2 ). Das datum der meklenburgischen Schenkungsurkunde hat also aus innern und äußern Gründen seine völlige Richtigkeit. - Nicht so verhält es sich mit der brandenburgischen Bestätigungsurkunde, deren datum vielmehr in allen Theilen offenbar falsch ist. Ist sie im August 1227 ausgestellt, so müßte die Indiction 15 sein, und die Bestätigung wäre dazu früher geschehen, als die Schenkung;- ist die 2. Indiction richtig, dann ist wieder die Jahrszahl falsch und müßte 1229 sein.
Ich halte nun nicht allein das Datum, sondern auch die ganze Bestätigungsurkunde, wenn nicht gerade für falsch, doch für nicht ausgefertigt. Falsche Indiction soll zwar kein Beweis für die Unächtheit einer Urkunde sein 3 ), da sie zu häufig vor=
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kommt; aber neben mehreren Gründen ist sie allerdings ein nicht ganz verwerflicher Beweis. Ueberdies ist, wie gezeigt, nicht sowohl die Indiction, als vielmehr das ganze Datum falsch. Auch manches andere in der Form der Urkunde erregt Verdacht; sie ist nicht besiegelt, hat auch in zwei scharf geschnittenen Löchern keine Siegelbänder, welche doch am häufigsten noch vorhanden sind, wenn auch die Siegel nicht mehr existiren. Ferner sind beide Urkunden von 1227 von derselben Hand geschrieben 1 ), obgleich die brandenburgische, später ausgefertigt, den Schreiber nicht nennt und zu Werben ausgestellt ist; auch scheint die Schrift der brandenburgischen etwas gezwungener. Der Hauptgrund bleibt aber immer der, daß von einer Lehnsherrlichkeit der Markgrafen über das Land Mirow sonst durchaus nicht die Rede ist, obgleich später der Orden viele neue Schenkungen erhält und darüber mancherlei Irrungen, z. B. über die Verjährung, entstehen, wobei eine oberlehnsherrliche Entscheidung oder eine Berufung auf sie von Wichtigkeit gewesen wäre; daß, wie Riedel meint, in dieser ersten Bestätigung gewissermaßen die Bestätigung späterer Schenkungen lag, ist nicht gut anzunehmen, da sogar öftere Wiederholungen der Bestätigung sich fast in allen Lehnsfällen finden. Die Stiftungsurkunden der Comthurei Nemerow, welche wirklich brandenburgisches Lehn war, lauten ganz anders! In der Fassung der Urkunde von 1227 ist es auffallend, daß alle vier meklenburgischen Brüder von den Markgrafen "fideles nostri" genannt werden, wiewohl die Brandenburger wohl nur nach der Lehnsherrlichkeit über Werle strebten; - ferner daß nicht die Schenkung der Ackerhufen, sondern nur des Dorfes Mirow und der Seen bestätigt wird; endlich daß die Urkunde nur ein Actum, aber kein Datum hat; das Datum spricht, wenn auch nicht immer, vorzüglich für die Ausfertigung.
Doch wir kehren wieder zur Geschichte der Comthurei Mirow zurück. Die Schenkung von Mirow hatte wohl ihren Grund in dem Geiste der damaligen Zeit und in dem frommen Sinne der beiden Borwine. Jedoch ist es nicht unwahrscheinlich, daß die Dänenkriege mit der Schlacht von Bornhövd (1227), in welchen auch geistliche Ritter sich Ansprüche auf Dankbarkeit erwarben, Veranlassung der reichern Gunst der
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meklenburgischen Herren gegen die Ritter wurden, wie denn auch die Grafen von Schwerin im Jahr 1227 die Besitzungen des Ordens in ihrer Herrschaft vergrößerten 1 ).
Durch die Theilung der meklenburgischen Lande unter die Söhne Heinrich Borwins II. kam das Land Turne an das Haus Werle, bei dem es auch ferner verblieb. Die meisten Urkunden über Schenkungen an die Johanniter sind von jetzt an zu Güstrow oder Röbel ausgestellt und unter den Zeugen finden sich oft Burgmänner von Güstrow oder Röbel. Nicolaus I. von Werle nennt sich 1241 und 1242 noch Herr zu Rostock, 1270 Herr zu Röbel und seit 1273 nennen sich seine Nachfolger Herren zu Werle.
Die südöstlichen Gegenden Meklenburgs hatten durch die verheerende Eroberung unter Heinrich dem Löwen und durch die anhaltenden Grenzstreitigkeiten sehr gelitten. In der Stiftungsurkunde des Klosters Broda wird von einer ganzen Gegend, welche wahrscheinlich die des jetzigen Amtes Strelitz ist, gesagt, daß die Dörfer verlassen (villae desertae) seien; häufig kommen im 13. Jahrhundert noch Einöden vor; in den Schenkungsurkunden wird es frei gegeben, die Gegenden mit Deutschen oder Slaven, und in Zechlin mit Handwerkern aller Art und jeden Volkes zum Anbau des Bodens 2 ) zu bevölkern; deutsche Cultur war später noch lange nicht durchgeführt, da noch 1256 von lauten Klagen der slavischen Bewohner bei Zechlin die Rede ist 3 ): erst nach den Verleihungen der Ländereien entsteht ein Dorf nach dem andern. Bei solchen Verhältnissen und bei den anhaltenden Irrungen über den Besitz der Länder mußten die meklenburgischen Fürsten vor allen Dingen darauf bedacht sein, hier einen dauernden Zustand zu begründen; und dies konnte nicht besser geschehen, als durch geistliche Stiftungen, die Quellen der Cultur damaliger Zeit, und gewiß vorzüglich durch Heranziehung der geistlichen Ritterorden an gefährliche Stellen. Daher geschah es auch, daß nach und nach die ganze Gegend von Neubrandenburg bis Zechlin und von Strelitz bis an die Müritz der Geistlichkeit zur Cultur hingegeben ward, ein Plan, welchen man als höchst preiswürdig erkennen muß. Hier lagen die Güter der Klöster Broda und Wanzka, der Commenden Nemerow und Mirow, der Klöster Doberan, Dobbertin und Eldena, aber mitten darin die Comthurei Mirow, östlich von der Müritz und an der
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Tollense dicht an einander, wie ein klösterlicher Gürtel zum Schutz und Schirm des Ganzen.
Im Jahre 1241 schenkte Nicolaus I. von Werle dem Jungfrauenkloster Benedictiner=Ordens zu Eldena in Meklenburg dreißig Hufen im Lande Turne zwischen den Seen Viltz und Radatze, so wie den Bach Driculne an den Grenzen dieser Hufen zur Erbauung einer Mühle 1 ). Diese Seen heißen noch jetzt Vieltz= und Raetz=See, an der Südgrenze des Amtes Mirow. Auf den geschenkten Hufen, welche nördlich von diesen Seen lagen, erbaute wohl das Kloster Eldena das Dorf Fleth (Vilet) und an dem Bache Driculne, jetzt Flether=Bach zwischen den beiden Seen, die Flether Mühle. Wie es öfter in dieser Zeit zu geschehen pflegte, verkaufte wegen zu großer Entfernung das Kloster diese Besitzungen noch vor dem 25. Septbr. 1270 an die Comthurei Mirow 2 ), welcher mit der Erwerbung sehr gedient sein mußte.
Wahrscheinlich lagen östlich von Zotzen=See, zwischen den Aeckern der Stifter Mirow und Eldena noch Hufen mit verlassenen Höfen; vielleicht um die Besitzungen beider Stifter in Zusammenhang zu bringen, schenkte Nicolaus I. von Werle 1242 den Johannitern einige Aecker, welche süd=östlich an Mirow grenzten, und bestimmte die Grenzen derselben, nämlich: von Stytna bis nach Wargalitz, von da bis an Zmolnitz und wiederum bis zu den Grenzen von Mirow 3 ). Diese Namen sind geographisch dunkel. Stytna und Wargalitz kommen zuletzt noch in der Urkunde von 1270 4 ) unter den Namen Stitnitz und Worlitz als Südgrenzen von Peetsch vor; Stytna lag wohl im Gebiete des Zotzen=Sees; Wargalitz kommt sonst nicht weiter vor und ist wohl in dem Dorfe Peetsch, welches 1270 zuerst genannt wird, oder auf dessen Feldmark untergegangen. Von Zmolnitz existirt noch der Schmolnitz=See. Diese Schenkung geschieht schon an eine curia fratrum in Mirowe, während früher nur von Hufen, Aeckern und einem Dorfe die Rede ist und die. Schenkungsurkunde noch an die Ritter zu Accon ausgestellt wird. Es ist also wahrscheinlich, daß schon 1242 ein Comthur in Mirow wohnte 5 ).
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Die den Rittern geschenkten Aecker lagen nach allen Anzeichen zum großen Theil wüste und die Dorfstellen waren verödet; die Hufen, welche von den Fürsten verschenkt wurden, waren in den Urkunden wohl der Zahl nach bestimmt, aber keinesweges nach ihrer Lage und ihren Grenzen. Ein Hauptgeschäft bei der Cultivirung und Bevölkerung öder Gegenden war ihre Begrenzung und Vermessung, wie denn auch häufig Handdienste beim Feldmessen als Servitute vorkommen (jura s. servitia mensurationum, agrorum mensura, funiculi mensurationes, dimensio vel funiculi tractio). Nicht allein die Corporationen waren genöthigt, bei Vertheilung der ihnen verliehenen Aecker und bei Anlegung von Hofstellen das Land zu vermessen; auch den Fürsten mußte es nahe liegen, bei der wachsenden Anzahl der Anbauer und Colonisten, welche bei sichererm Rechtsstande herbeikamen und untergebracht sein wollten, die Vermessungen beaufsichtigen zu lassen. Die brandenburgischen Fürsten nahmen, ihrer Geldnoth zu steuern, im 13. Jahrhundert ihre Zuflucht selbst dazu, durch ihre Vögte die Feldmarken durchmessen zu lassen; die über die verliehene Zahl der Hufen gefundenen Aecker wurden dann abgetrennt, und mußten von den bisherigen Besitzern angekauft werden oder wurden auch an Andere verliehen 1 ). War dies freilich auch nicht überall zu besorgen, so war bei der Ordnung der Staaten eine Vermessung doch nothwendig, theils zur Sicherstellung des Besitzes, theils zur Beurtheilung der Größe der Abgaben, welche vom Landbesitz nach Hufen erhoben wurden 2 ).
Die Ritter fürchteten, es möchte ihnen, wenn auch nicht durch Nicolaus von Werle, doch in der Zukunft durch die "um sich greifende Verschlechterung der Menschen" eine gleiche Behandlung widerfahren, oder sie könnten zu größern Abgaben genöthigt werden. Es waren auch wirklich die Ländereien der Comthurei vermessen und mehr Hufen im Besitz der Ritter gefunden, als ihnen geschenkt waren, nach der Urkunde von 1301 Ueberschlag: overslach genannt 3 ). Diese hatte
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der Vogt Heinrich Thakelange (von Röbel?) für seinen Fürsten reclamirt 1 ); die Ritter hatten ihm die Verjährung des Besitzes entgegengestellt. So war eine Rechtsfrage über den Besitz entstanden und noch nicht erledigt, und die Grenzen der Comthurei waren noch immer nicht bestimmt. Deshalb baten die Ritter den Fürsten inständigst, dieser Unsicherheit ein Ende zu machen und ihnen Beruhigung zu geben. Auf diese Bitten bestätigte Nicolaus I. von Werle 1270 den Johannitern die Güter, welche ihnen von seinem Vater, von seinen Brüdern und von ihm zu verschiedenen Zeiten geschenkt waren und auf denen jetzt die Dörfer Mirow, Gramtzow und Peetsch standen. Der Rechtsstreit über die bei der Vermessung zu viel gefundenen Hufen ward dadurch beendigt, daß der Fürst, in Anerkennung des Rechtsgrundsatzes der Verjährung, die Ritter im Besitze ließ, die Ritter ihm dagegen für das Eigenthum hundert Mark Silbers zahlten. Und um aller Besitzstörung für die Zukunft ein Ende zu machen, wurden die Grenzen der Commende neu und fest bestimmt. Mirow, Peetsch und Gramtzow kommen von jetzt als die Dörfer der Commende vor und die alten Namen verschwinden. Zuerst wurden die Grenzen des Dorfes Peetsch noch einmal und zuletzt bestimmt durch Stitnitz, Worlitz und Schmolitz 2 ). Dann sollten die Grenzen der Commende gehen von Schmollnitz nach Lemcule (dem jetzigen Acker Lehm=Kuhle am Raetz=See?), von da bis zu einem Baume an der Grenze zwischen Mirow und Wesenberg, und weiter bis nach Coboloe und zum Witsol (beide Oerter sind jetzt wohl unbekannt); vom Witsol bis zum Wege zwischen Qualsow und Mirow, von diesem Wege grade nach Scirin (wovon jetzt noch der Zerrin=See seinen Namen trägt) und von Scirin nach der alten Brücke (dem Alten=Wall?) auf der Grenze zwischen Gramtzow und Schilderstorp; dann
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ging die Grenze grade mitten durch den (Cotzer) See; gegen Westen sollte Mirow begrenzt sein von Cusowe (Cotzow), Losetz (Laerz) und Starsow. - Endlich bestätigte Nicolaus den Brüdern von Mirow den Besitz des Dorfes Fleth 1 ), welches sie vom Kloster Eldena gekauft hatten. So ward die Comthurei abgerundeter in ihren Grenzen, welche an manchen Stellen noch die des jetzigen Amtes Mirow sind. Zugleich belehnte der Fürst die Ritter mit allen möglichen Herrlichkeiten, Freiheiten und Gerechtigkeiten, auch mit Jagden, Patronatrechten und allen Gerichten, und befreiete sie ohne Beschränkung von allen Diensten und Leistungen. Dem Kloster Eldena war es 1241 so gut nicht geworden, da die Hufen des Klosters nur von den landüblichen Diensten des Städte= und Brückenbaues und vom Zoll befreiet waren, und die Bewohner derselben in Criminalfällen unter dem fürstlichen Vogte standen, welcher auch 2/3 der Bußen bezog. - Solche Gnadenbezeugungen waren der Grund, daß späterhin die Comthurei so mächtig ward und die Ritter vor allen andern Landeseinwohnern bevorzugt waren (speciali prerogatiua gaudent libertatis: Urk. d. d. Malchow 1309).
Im J. 1273 verliehen Nicolaus I. und seine Söhne Heinrich, Johann und Bernhard, Herren von Werle, der Comthurei Mirow das Dorf Zirtow, wie die damaligen Besitzer es inne hatten, und legten dazu 36 Hufen; eben so übertrugen sie auf die Ritter das Dorf Liniz oder Lenst in seinen damaligen Grenzen mit 12 Hufen 2 ). Die Ritter hatten diese Dörfer, wenigstens Zirtow, wahrscheinlich käuflich erworben, weil dieselben durch die Fürsten von den damaligen Besitzern auf die Comthurei übertragen wurden. Auch diese Hufen waren ohne Kenntniß ihrer wirklichen Anzahl verliehen; die Vermessung ward angeordnet und dabei bestimmt, daß die Ritter drei der vermessenen Hufen von den Fürsten zum Geschenk erhalten, die übrigen aber von denselben kaufen sollten; dies ist wohl von den "ouerslachtigen" Hufen zu verstehen, da die Ritter die 36 und 12 Hufen schon erworben und bestätigt erhalten hatten. Das Dorf Zirtow existirt noch; durch die Erwerbung desselben ward die Grenze der Comthurei gegen Wesenberg bestimmt. Aus dieser Erwerbung geht auch hervor, daß die in der vorigen Urkunde erwähnte Lemcule die gemuthmaßte am Raetz=See sei, da Zirtow östlich von derselben liegt. Das
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Dorf Lenst ist unbekannt, wenn es nicht, außerhalb der Commende liegend, die Försterei Lenz, Amts Goldberg bei Malchow am Plauer See ist. - Außerdem schenkten die Fürsten den Rittern gegen Norden hin 2 Hufen in Loyssow und 1 Hufe in Ankershagen; letztere war bis jetzt die nördlichste Besitzung der Ritter. Die Schenkung der Hufe in Ankershagen erhält dadurch Bedeutung, daß sie eine Vermittelung des Landes Turne mit dem Fürstenthum Werle giebt. Freilich ist noch zu untersuchen, wie weit Werle sich gegen SO. erstreckte; aber Ankershagen scheint nicht mehr zum Lande Turne gehört zu haben, und doch werden die Güter in Turne eben so als reines werlesches Eigenthum verliehen, wie die in Ankershagen.
Schon frühe hatten die Ritter einzelne isolirte Besitzungen gegen NW. nach der Müritz hin. - Auch die Ländereien am östlichen Ufer der Müritz gehörten den Herren von Werle; dieselben besaßen hier auch eine Mühle, gewöhnlich Boche oder Boke (die Böker Mühle) genannt. Schon die Vorfahren des Fürsten Nicolaus von Werle hatten diese ihre Mühle 1 ), auf ihrem Gute (wahrscheinlich der Klopzower Feldmark) gelegen, und zwar vermuthlich mit der Gerichtsbarkeit über den Mühlenbezirk und das Mühlenwerk, den Rittern geschenkt, und es war bis 1273 keine Klage über die Verwaltung der Mühle von den Besitzern derselben und gegen sie vorgekommen. Nun hatte aber Nicolaus von Werle
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durch die Besitzungen der Ritter von Havelberg, d. h. durch den südlichen Theil der Feldmark Bök, von der Großen Müritz einen Graben ziehen lassen, welcher auch die genannte Mühle berührte und welcher wahrscheinlich die Müritz mit dem Caap=See in Verbindung brachte; zu welchem Zwecke: ob zur Trockenlegung der Müritz=Ufer, oder zur größern Füllung des Caap=Sees und anderer damit verbundener Gewässer, ob zur Bewässerung angrenzender Aecker, zur Schifffahrt oder zur Beförderung des Mühlenbaues, - ist unbekannt; jedoch kann es bei Kenntniß des dortigen Terrains von Interesse sein, wenn man die alten Spuren zur Cultivirung der Müritz=Ufer einmal wieder genau überlegt. Nicolaus von Werle hatte Befugniß zum Graben und Grund und Boden zu diesem Kanal (magnum fossatum) 1 ) von dem verstorbenen Ritter Johann von Havelberg erkauft, und dieser hatte ihm zugleich die Gerichtsbarkeit über den Kanal und über die, durch Ablassung des Müritz=Wassers in denselben etwa entstehenden Schäden abgetreten. Die Johanniter hatten bis dahin ihren Mühlendamm nicht erhöht, fürchteten aber jetzt, wenn der Fürst das Müritz=Wasser in den Kanal ablasse, so könne durch das Anwachsen des Wassers ihre Besitzung gestört werden. Deshalb versicherte ihnen Nicolaus I. von Werle im J. 1273, daß sie durch das Steigen des Wassers an ihrer Mühle von keiner Seite Schaden leiden sollten 2 ).
Die Herrn von Havelberg scheinen in dieser Gegend der Geistlichkeit den Besitz ihrer Mühlen auf alle Weise gestört zu haben. Schon 1256 hatte sich das Kloster Doberan mit Johann von Havelberg wegen einer Mühle an der Zechlinschen Grenze entzweiet; der Zwist ward durch Schiedsrichter geschlichtet 3 ). - Auch die Mirowschen Ritter waren durch die Entscheidung Nicolaus I. von Werle von 1273 wegen der Böker=Mühle noch nicht zur Sicherheit gelangt. Johannis von Havelberg Erben, Ritter Berthold von Havelberg und seine Brüder, hatten fortwährend Klagen über Beschädigung ihrer Ländereien durch die Mühlenanlage zu Bök und auf Entschädigung erhoben. Zwei Mal waren die Johanniter durch ein Rechtsurtheil des Fürsten Nicolaus freigesprochen; da die Sache aber schwierig war, so untersuchten die Fürsten Heinrich I. und Johann I. von Werle sie umständlich in Gegenwart vieler
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Zeugen 1276 zum dritten Male, was den Erfolg hatte, daß die Herrn von Havelberg ihren Klagen auf immer entsagten. Darauf bestätigten die genannten Herren von Werle im J. 1276 nicht allein die frühere Bestimmung ihres Vaters von 1273, sondern verfügten auch Einrichtungen zum fernem Schutz der Ritter, befreieten diese in Beziehung auf die Mühle von der weltlichen Gerichtsbarkeit und übernahmen die Vertretung der Ritter für jede etwa vorkommende Klage und Rechtskränkung. Die hierüber ausgestellte Urkunde 1 ), welche von der großen Sorgfalt bei der Betreibung der Rechtsgeschäfte im Mittelalter einen lebendigen Beweis giebt, nennt die in Frage stehende Mühle freilich die Mühle in Mirow. Diese kann aber nach dem Gesagten und nach dem Transsumt der Urkunde von 1273 wohl keine andere sein, als die Böker=Mühle.
Auch die Herren von Stargard bedachten die Mirowschen Ritter: Markgraf Albrecht III., der letzte brandenburgische Fürst von Stargard, beschenkte am 13. März 1285 die Comthurei mit dem befreieten Eigenthum des Dorfes Gnewitz (Gnewetitz) 2 ) und am 17. December 1286 mit dem Eigenthumsrecht der Dörfer Dobelow und Kl. Karztauel 3 ), welches bis dahin die Gebrüder Chotemar und Otto in Besitz gehabt hatten, mit allen Freiheiten und Gerechtigkeiten, jedoch unter der Bedingung, daß die Ritter den jedesmaligen Herren von Stargard jährlich zu Martini von jedem Talente 2 Schillinge brandenb. Pf. als Zins geben sollten. 4 )
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Im Jahre 1337, als der Fürst Albrecht II. von Meklenburg die Ritter von dieser Abgabe befreiete, besaßen letztere in der Gegend zwischen Alt=Strelitz und Lychen, wo jetzt noch der Ort Comthurei liegt, die drei Hauptgüter: Wokuhl, Gnewitz und Dabelow.
Bis hierher sehen wir die Comthurei entstehen und sich bilden, durch Schenkungen wachsen und für die Cultur des Landes kämpfen. Mit dem Ende des 13. Jahrhunderts aber wächst das moralische Ansehen der Ritter bedeutend. Von 1296 an wird in den Urkunden das ehelose Leben und der Reichthum der guten Werke der Ritter und die Heiligkeit des Ordens gerühmt, und der Wunsch und die Hoffnung ausgesprochen, daß diese Verdienste auch die Seligkeit der Beschützer des Ordens fördern mögen. Ihr Einfluß auf Sittlichkeit und Religiösität geht unverkennbar aus solchen Zeichen hervor, ein Einfluß, der bei einer Wirksamkeit von etwas mehr als einem halben Jahrhundert in einem wüsten Lande sehr hoch zu schätzen ist. Bei einem solchen Streben mehrt sich denn auch nicht minder der Wohlstand der Brüder. Mit dem Ende dieses Jahrhunderts ist die Comthurei schon so weit gediehen, daß sie schnell hintereinander bedeutende Besitzungen durch Kauf erwerben kann.
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Im Jahre 1296 kaufen die Mirowschen Brüder von Brusekin von Lehsten und dessen Bruder Gerhard für 400 Mark flämischer Münze das nördlich an ihre Besitzungen grenzende Dorf Qualsow mit dem halben See Kenhorst und dem ganzen See Gusteke. Der See Kenhorst ist wohl der Qualsower Schulzen=See, dessen nördliches Moorufer noch Kihnhorst heißt; und der See Gusteke ist vielleicht der Jäthen=See aus dem Grunde, weil er später von den hinzukommenden Besitzungen des Ordens mehr und mehr umschlossen und noch immer als ein nennenswerthes Gewässer aufgeführt wird. - Zugleich kaufen die Ritter zwei Hufen in Loißow. -Nicolaus II. von Werle, seine Mutter Sophia und seine Brüder bestätigen nicht allein den Rittern diese Erwerbungen mit allen Eigenthumsrechten und Freiheiten 1 ), sondern versichern ihnen in einer eignen Urkunde das volle, freie Eigenthumsrecht über die Güter, welche von Brusekin von Lehsten zu Lehnrecht besessen waren, indem sie dieselben feierlichst mit dem höchsten Gerichte und der Freiheit von allen Abgaben beschenken, und sie zu Herren und Patronen mit vollem Recht und allen Freiheiten einsetzen 2 ); die beiden Hufen in Loissow wurden nur von Lasten und Diensten befreiet.
Mit denselben Rechten und Freiheiten werden darauf von Nicolaus II., als er 1298 in Mirow das Fest der Himmelfahrt Mariä feierte, die Brüder mit dem Dorfe Gaarz an der Müritz beschenkt, welches sie von den werleschen Vasallen Otto und Gothmar von Retzow für 400 Mark gekauft hatten; ferner mit zehn Hufen in dem, an Gaarz grenzenden Dorfe Viezen, von denen vier durch Kauf von dem Ritter Conrad Buno für 80 Mark und sechs vielleicht durch Schenkung der Fürsten in ihren Besitz kamen. 3 ) Diese immer sich wiederholenden Erneuerungen der Schenkung des vollen Eigenthumsrechts ist sicher als eine hohe Gunst zu betrachten, indem in andern Fällen sich die Fürsten das Eigenthumsrecht theuer genug bezahlen ließen, wenn sie es überall veräußerten.
Die Regierung der Herren von Werle=Parchim und Röbel war für die Ritter eine höchst günstige gewesen; die Bemühungen der Brüder waren durch glänzenden Erfolg gekrönt. Da traten am Ende des 13. Jahrhunderts für das Haus Werle betrübende Umstände ein. Der werle=güstrowsche Vatermord und die Schwäche des sinkenden Hauses Rostock
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wurden die Veranlassung zu langen Irrungen und verwüstenden Kriegen. Unser Nicolaus II. ging nicht allein siegreich aus ihnen hervor, sondern benutzte auch mit Kraft und Umsicht die Jahre des Friedens, die Spuren der Verheerungen wieder zu verwischen; besonders bedachte er wieder die geistlichen Stiftungen, um die Kräfte der Einzelnen wieder für den Segen des Landes zu stärken. Auch die Brüder von Mirow mochten wohl durch die Fehden gelitten haben, da die Kriegsfackel oft in den südöstlichen Gegenden Meklenburgs wüthete, und besorgt sein, daß die großen Veränderungen in den meklenburgischen Fürstenhäusern auch ihre Freiheiten gefährden könnten. Das Haus Werle=Güstrow war verschwunden, Rostock war kaum mehr vorhanden und das benachbarte Stargard war schon für das Haus Meklenburg dem unruhigen Heinrich bestimmt; Ländertheilungen und Reclamationen waren also leicht möglich, und damit war auch für die Ritter in Mirow die betrübende Aussicht vorhanden, daß sie von ihren bisherigen Schützern und Freunden getrennt werden und das von denselben erworbene Eigenthumsrecht verlieren könnten. Diese waren wiederum den Rittern Dank schuldig, weil sie gewiß immer nicht allem treue und muthige Vertheidigung und Hülfe, sondern auch Rath und Vertrauen bei ihnen gefunden hatten. So geschah es denn, daß Nicolaus II. im Anfange des Jahres 1301 die Brüder in Mirow besuchte und ihnen zur Beruhigung und zur Vermeidung aller Störungen alle ihre Besitzungen in Gramzow, Mirow, Petsch, Lenst und Vleeth, mit allen Rechten und Freiheiten, so wie sie den Rittern von den frühern Herren von Werle verliehen waren, nicht nur bestätigte und die Schenkungen erneuerte, sondern dieselben auch wiederholt von allen Lasten und Diensten befreiete, indem er den Rittern ihre bisherigen Besitzungen mit allen Eigenthumsrechten verlieh, wie er es in den letzten Jahren mit Qualsow und Gaarz gethan hatte. Außerdem bestätigte er ihnen das Eigenthum von Qualsow, dem halben See Kenhorst und dem ganzen See Gusteke, von Gaarz und den zehn Hufen in Viezen, und fügte zu dieser Bestätigung eine Schenkung von dreißig Hufen in Roggentin mit drei Hufen Ueberschlag, dem See Bulgelow (Bullow) (den er den Rittern, nach einem Urkunden=Verzeichnisse, schon am Tage Bartholomäi 1300 in Brandenburg verliehen hatte,) und zwei und dreißig und ein halb Hufen in Loissow mit vollen Rechten und Freiheiten, mit Kirchenlehen und dem höchsten Gericht. Diese bedeutende Schenkung erhielten die Ritter für ihre vielfachen, den Fürsten geleisteten Dienste und für eine Geldsumme von
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nur zweihundert Mark. 1 ) Bedeutungsvoll fügt Nicolaus hinzu, daß alle diese Bestätigungen und Schenkungen nicht allein für ihn und seine Erben rechtskräftig sein sollen, sondern auch für alle, welche ihm an Erben Stelle in der Regierung nachfolgen dürften.
Und um die Ritter bei dem Herrenwechsel in Stargard ganz zu sichern und ihr Gebiet abzurunden, verschrieben und bestätigten Nicolaus und Günther von Werle ihnen zu Güstrow am Georgen=Tage 1304 8 Hufen in Schilderstorff, 9 Hufen zu Roggentin mit Bede und Zins, 22 Hufen zu Quechow, 46 Hufen zu Granzow, 32 Hufen zu Qualtzow, 33 1/2 Hufen zu Loissow mit dem Kirchenlehn daselbst; dazu verlieh ihnen Nicolaus von Werle noch zu Malchin am Tage Simonis und Judä 1306 12 Hufen zu Roggentin, 12 Hufen zu Tziransche (?) und 2 Hufen zu Schilderstorff. Diese Erwerbungen, welche das Eigenthum der Ritter gegen Norden hin ganz abrundeten, ergeben sich aus einem Urkunden=Protocolle im Großherzogl. Geheimen= und Haup=Archive zu. Schwerin.
Die wichtigste Begebenheit für die Ritter in dieser Gegend war demnächst die Erwerbung des Landes Stargard durch Heinrich II. von Meklenburg den Löwen. Die Ritter hatten von Nicolaus II. von Werle nach und nach Befreiung von allen Diensten und Lasten erworben, welche ihnen die Abhängigkeit von einem Oberherrn hatten fühlbar machen können; sie besaßen ihre Güter fast als freies Eigenthum. Sie waren aber noch an Heinrich von Meklenburg verpflichtet, indem sie an denselben jährlich von den Gütern Mirow, Zirtow, Peetsch, Lenst, Fleeth und Repent Münzpfennige 2 ) und von vier
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Hufen in Starsow sowohl Münzpfennige, als auch 28 brandenburgische Schillinge Zins 1 ) zu zahlen hatten. Sei es nun, daß Heinrich selbst bei dem Antritt seiner Regierung sich die Ritter verpflichten wollte und ihnen mit der Ablösung dieser Abgabe entgegen kam, sei es daß die Ritter, aus Furcht vor Ansprüchen von seiner Seite, auf die Ablösung angetragen hatten: im Jahre 1303 überließ er ihnen die Erhebung dieser Abgaben. 2 ) Vielleicht hatte er als Herr von Meklenburg die Münzpfennige als alte, "nach Gewohnheit jährlich zu zahlende" Abgabe von den ursprünglichen Gütern der Comthurei zu fordern gehabt, da 1227 die Ritter ihre Besitzungen von allen Herren von Meklenburg erworben, in der Folge das freie Eigenthum derselben aber nur von den Herren von Werle bestätigt erhalten hatten. Auf ein Lehnsverhältniß zu Brandenburg kann sich diese Abgabe wohl nicht gründen, da Heinrich selbst bekennt, daß er kein anderes Recht, und keine Forderung an Diensten, weder geringern, noch höhern (Lehndiensten?) von jenen Gütern habe. Hatte Heinrich nur irgend Ansprüche gehabt, so hatte er sie bei der Besitzergreifung von Stargard nach dem Tode seines Schwiegervaters, des Markgrafen Albrecht III., gewiß geltend gemacht; aber in der ganzen Urkunde ist keine Spur von einer Lehnsherrlichkeit. - In derselben Urkunde überläßt er den Rittern das Eigenthumsrecht von 4 Hufen in Starsow, zugleich mit Münzpfennigen und Zins; es hatten nämlich die Ritter von einem Fürsten von Meklenburg einen Hof in Starsow mit 4 Hufen erhalten 3 ); die Ritter traten dem Fürsten dagegen das Eigenthum über 6 Hufen in Sozen ab, welche bis dahin in ihrem Besitz
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gewesen waren. Dies Setzen ist wahrscheinlich das Dorf in der Mark westlich an Zechlin grenzend. Heinrich machte diesen Tausch wohl zur Abrundung seines neuen Landes; denn bald darauf (1306) erwarb er vom Kloster Doberan auch Zechlin, "weil es mit seinem Lande Stargard grenze". - Aus derselben Urkunde wird es auch klar, daß die Ritter 1303 auch das Dorf Repent, östlich an Zechlin grenzend, besaßen.
Obgleich Heinrich die Ritter von allen Verbindlichkeiten gegen ihn befreit hatte, so nahm er sie dennoch in Anspruch, als er, nach dem Wittmannsdorfer Vertrage vom 15. Januar 1304, den Markgrafen von Brandenburg für das Land Stargard 5000 Mark Silbers zu zahlen übernommen hatte. In seiner Geldnoth (cum in magna necessitate debitorum ex parte illustris principis Marchionis Hermanni essemus positi) nahm er seine Zuflucht wahrscheinlich zu einer außerordentlichen Bede in seinen Besitzungen 1 ); da er diese aber von unsern Rittern nicht fordern konnte, so vermochte er sie zu einem Geschenke von 30 Mark Silbers zur Beihülfe (in subsidium) und zur Steuer seiner Noth. In der darüber ausgestellten Urkunde 2 ) bekennt er, daß die Ritter die Dörfer Zirtow, Peetsch, Lenst, Fleeth, Repent und Mirow bis dahin mit allem Recht und Eigenthum und ohne Verpflichtung zur Bedezahlung besessen hätten; deshalb nehme er das Geld als ein reines Geschenk, als einen Beweis der Freundschaft und des Wohlwollens an, und werde die Erhebung desselben nie als ein Recht von seiner Seite betrachten. Dazu mußte er den Rittern noch einmal versichern, daß sie die genannten Güter auf ewige Zeiten von allen Münzpfennigen und von aller Bede frei besitzen sollten, wie es bis dahin der Fall gewesen sei. - Auch die kleinere Comthurei Nemerow mußte sich zu einer Subsidienzahlung von 40 Mark verstehen; diese gab ihm freilich die Summe auch als ein Geschenk, aber von ihren Gütern (de bonis eorum), welche in des Fürsten Herrschaft (in dominio nostro) lagen.
Mit dem Hause Werle blieben die Ritter fortwährend in dem bisherigen freundlichen Verkehr: noch in demselben Jahre 1304 kauften sie von den Fürsten Nicolaus II., Günther und Johann von Werle für 350 Mark 3 ) das Dorf Schilder=
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storf mit dem Eigenthum, mit allen Einkünsten, Diensten und Rechten, auch mit dem Patronat über die Kirche daselbst. durch diese Erwerbung rundete die Comthurei ihre Besitzungen nach NW. ab; fast rund umher war schon alles verliehen, meistens an geistliche Stiftungen; nur gegen NO. und SW. blieb ihnen noch Aussicht auf unmittelbare Erwerbungen. Durch den Kauf von Schillersdorff konnten sie sich nun auch über den Wotersitz=See und die Böker Mühle mit der Müritz in Verbindung setzen. Diese Urkunde ist dadurch interessant, daß die drei Werleschen Brüder einmal zusammen auftreten, jedoch nur als Eigenthümer des verkauften Gutes. Nicolaus allein nennt sich Herr von Werle; Günther und Johann werden als "domicelli Slauiae" bezeichnet.
Bis die Ritter andere Erwerbungen an der Grenze ihres Gebietes bewerkstelligen konnten, kauften sie sich auch in Gegenden an, welche nicht mit ihren Gütern grenzten. Im Jahre 1305 brachten sie durch Kauf acht Hufen in Dambeck an sich 1 ), welche nur durch die Besitzungen des Klosters Dargun von der Comthurei getrennt waren und welche sich vermittelst des Besitzes in Ankershagen vielleicht an die Güter des Klosters Broda, und zwar zunächst an Vielen lehnten. Diese acht Hufen hatten den "Herren von Schwerin", wahrscheinlich den Rittern von Schwerin, welche schon seit 1273 in Röbelschen Urkunden als Zeugen vorkommen, gehört. Nicolaus II. bestätigte den Johannitern das Eigenthum dieser Hufen, behielt sich hier aber den Genuß der Geldbede und des Roßdienstes von den Bebauern der Hufen vor, bis die Ritter dieselben selbst bewirthschaften würden; dann sollten sie von allen Lasten befreiet sein.
Die Brüder des Fürsten Nicolaus II. von Werle werden zwar nirgends als Mitregenten aufgeführt; aber sie waren doch Fürsten des Hauses Werle und hatten, als solche, Rechte am Lande. Daher ließen sich die Ritter im Jahre 1309 von dem Fürsten Günther, Canonicus in Magdeburg, und dem Prinzen Johann, wenn auch nicht als Herren von Werle, doch als Gliedern des Werleschen Fürstenhauses, alle Besitzungen bestätigen, welche sie von den Herren von Werle geliehen erhalten hatten. 2 )
Durch alle diese Gerechtsame und Freiheiten, welche die Ritter nach und nach erhalten hatten, waren sie so unabhängig
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geworden, daß sie fast als Landesherren erscheinen. Ihre Freiheiten übten sie nicht allein in ihrem Gebiete, sondern sie suchten sie auch außerhalb desselben in dem Lande der Herren von Werle geltend zu machen, wo es ihr Vortheil etwa erheischen konnte. So hatte die Stadt Malchow von den Rittern Brücken= und Wegegeld erhoben und wiederholt gefordert; diese weigerten sich wahrscheinlich, an die Stadtgemeinde Zoll zu zahlen; ja es hatte selbst der Heermeister sich der Sache angenommen und Klage erhoben. Diese ward dann durch einen Vergleich beigelegt 1 ), indem im Jahre 1309 in Malchow die Rathmänner dieser Stadt und der Comthur von Mirow, damals Heinrich von Wesenberg, unter Vermittelung des Fürsten Bernhard von Werle, Bruders des Dominikaner=Ordens, und des Präpositus Gerhard des Jungfrauen=Klosters in Malchow zusammentraten. Die Stadt Malchow befreiete darauf in Folge der Verhandlungen auf immer alle Ritter des Ordens vom Brücken=, Wege= und Durchgangs=Zoll und von jeder andern Art von Abgaben auf dem Stadtgebiete. Diese Urkunde gönnt uns wieder einen Blick in die äußern Verhältnisse des Ordens, indem die Malchower bekennen, da die Brüder überall sich besonderer Vorrechte und Freiheiten erfreuten, so wollten auch sie die Ritter, welche nur Vasallen ihrer Herren von Werle seien, in ihren, vom apostolischen Stuhle ihnen bestätigten Rechten schützen und ehren. - Warum die Ritter darnach trachteten, grade in der Stadt Malchow frei von Abgaben zu sein, ist durchaus dunkel. Vielleicht geschah es deshalb, weil das im Jahre 1273 erworbene Dorf Lenst wirklich das dicht hinter Malchow an der Wasserfahrt liegende Lenz ist.
Im SW. Theile des jetzigen Großherzogthums Strelitz war am wenigsten Zusammenhang und Einheit in den Landestheilen: die Güter des Klosters Dobbertin lagen hier zerrissen; die Comthurei Mirow entbehrte einiger angrenzender Güter, welche ihnen nach dem Zusammenhange des Landes und der Gewässer sehr nützlich sein konnten; dazwischen lagen einige fürstliche Lehngüter, und die Prignitz erstreckte ihre Grenzen fast in das Land hinein. Mitten im Werleschen Gebiete besaß auch Heinrich II. von Meklenburg und Stargard noch das Gut Starsow, von welchem die Ritter schon 1303 vier Hufen eingetauscht hatten, den Mirowschen Holm und den Zotzen=See, welche Besitzungen er zu Lehn ausgegeben
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hatte. Als nun die Brüder durch die Handlungen eines meklenburgischen Ritters, Ebeling von Clepizk, wir wissen nicht wie, Schaden gelitten hatten, schenkte ihnen Heinrich der Löwe, zum Ersatz des schadens, das Eigenthum der genannten . Güter mit unbeschränkten Rechten und Freiheiten 1 ), jedoch sollten die Besitzer der Lehngüter zu ihren neuen Herren in ihren alten Rechten und Gewohnheiten bleiben.
Im Süden war nun gegen die Besitzungen des Klosters Dobbertin hin die Comthurei abgerundet. Nur im Norden fehlte den Rittern noch das Dorf Kakeldütten, um hier Grenznachbaren des Klosters Dargun zu werden. Dieses erreichten sie im Jahre 1342 von den Fürsten Nicolaus III. und Bernhard von Werle=Güstrow, welche ihnen für 45 Mark lübischer Pfennige das Eigenthum des genannten Dorfes mit der ganzen Feldmark desselben und mit unbeschränkten Freiheiten abtraten. 2 )
Vorher, im Jahre 1337, befreiete der Fürst Albrecht II. von Meklenburg noch die Comthureigüter Wokuhl, Gnewitz und Dabelow, zwischen Alt=Strelitz und Lychen im Fürstenthume Stargard liegend, welche seit 1285 und 1286 im Besitz der Ritter gewesen waren, von dem beschwerlichen jährlichen Zins an die Fürsten, der von jeder Hufe einen brandenburgischen Schilling betrug 3 ), und schenkte ihnen das freie Eigenthum der Güter, indem er alle Rechte an denselben aufgab und sie ebenfalls von allen Lasten befreiete. Jedoch ward der Zins von dem Dorfe Dabelow in eine Abgabe an die Pfarre zu Lychen verwandelt. 4 ) In Lychen war im J. 1316: Nycolaus presbyter, rector ecclesie in Lychen ordinis hospitalis sancti Johannis Jherosolimitani.
Schon 1298 hatte Nicolaus II. von Werle die Ritter mit Zehn Hufen in Viezen beschenkt. Im Jahre 1351 erwarben diese daselbst noch sieben Hufen und zwar auf folgende Weise. Die Ritter kauften von den Herren von Werle dem Rechtsgeschäfte nach das Eigenthum, mit Dienst und Gericht über diese Hufen; die Stadt Röbel zahlte den Kaufpreis, und hatte dazu die Geld= und Kornbede, welche die Fürsten bis dahin von den Hufen bezogen hattet, käuflich an sich gebracht. Die Ländereien hatten früher die Brusehaver, und zur
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Zeit des Verkaufes Conrad Freiberg, vermuthlich zu Lehn, besessen und auf zwei Höfen selbst bewohnt; letzterer bezog bis zum Verrauf von denselben Hufen theils Gefälle von den Untersassen, theils Pacht. Da nun die Ritter die Hufen zu reinem Eigenthum und Besitz erwerben wollten, so kauften sie von Conrad Freiberg alle Aufkünfte, die er als Lehnträger von dem Gute noch zu beziehen hatte. 1 ) Die Stadt Röbel aber übertrug ihre Ansprüche an die Hufen auf die Ritter unter der Bedingung, daß damit eine geistliche Stiftung dotirt werde. Die Stadt hatte nämlich in der Kirche zu Mirow zwei Altäre gebauet: einen zu Ehren der Jungfrau Maria und einen zu Ehren des heiligen Kreuzes. Bei dem letztern Altar ward eine Weltpriesterstelle gegründet, welche von der Stadt Röbel besetzt werden sollte und zwar einmal nach Präsentation eines Candidaten von Seiten der Comthurei, und das andere Mal nach dem Willen der Rathmänner, und so abwechselnd immer fort bei Erledigung der Stelle. Dieser Priester nun sollte die Einkünfte von den sieben Hufen genießen, welche jedoch alle in Geldabgaben umgewandelt wurden; ein Theil der Einkünfte ward für die Bedürfnisse beider Altäre verwandt. Viele besondere Umstände des Kaufes und der Dotation werden die Urkunde auch für andere Verhältnisse interessant machen.
Angedeutet wird in dieser Urkunde noch, daß auch der zweite Altar der Jungfrau Maria eben so dotirt, und darüber auch eine Urkunde ausgestellt war. Bestätigung erhält diese Vermuthung durch eine Urkunde vom J. 1352 2 ), in welcher Bernhard von Werle die Ritter mit vierzehn Hufen in dem Dorfe Viezen belehnt, deren neun, mit dem halben Sumpf=See, früher die Brusehaver und damals Conrad Freiburg zu Lehn besessen hatte, die fünf übrigen aber zu dem Hofe gehört hatten, auf welchem ein gewisser Wisseke ebenfalls zu Lehn wohnte. Für diese vierzehn Hufen und dem dazu gehörenden halben Sumpf=See waren den Fürsten, wahrscheinlich von der Stadt Röbel, (gratanter) hundert Mark slavischer Münze ausgezahlt, wofür sie die Ritter mit dem vollen, freien Eigenthum der Güter bewidmeten, jedoch unter der Bedingung, daß sieben von diesen Hufen an den Altar der heiligen Maria und sieben an den Altar des heiligen Kreuzes in der Kirche zu Mirow besonders gehören sollten.
Ferner erwarb durch Kauf, nach einem Urkunden=Ver=
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Zeichnisse, der Comthur Achim Wagenschütte Mittwoch nach Lätare 1470 für den Orden noch 5 Hufen in Viezen.
Endlich versetzte 1387 Wedeghe von Plote der Comthurei zu Händen des Comthurs Dethloff von Walmede für 450 Mark Vinkenaugen das halbe Dorf Loyssow, wiederlöslich nach 3 Jahren. 1 ) Wahrscheinlich blieb dies halbe Dorf, in welchem die Ritter schon 35 1/2 Hufen besaßen und welches also von bedeutendem Umfange war, bei der Comthurei; wenigstens ist von seiner Einlösung keine Spur vorhanden. Im Jahre 1370 hatten die Familien Retzow und Kerkberg (Kirchberg) Besitzungen in Loissow.
Es bleibt für die Geschichte des Besitzes der Comthurei noch zu betrachten übrig: der Antheil an der Müritz und der Erwerb Dargunscher Klostergüter.
Von der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts an brachten die Ritter von Mirow auch den Theil der Müritz an sich, welchen die Urkunden mit dem Namen der Vipperowschen Wasser bezeichnen. Diese Gewässer umfassen im Allgemeinen den Theil des Sees, welcher die Comthureigüter Gaarz und Viezen, Vipperow gegenüber, berührt, und wahrscheinlich auch einige kleinere nahe liegende Seen, da nach einer Urkunde vom 23. April 1361 diese Gewässer "de Vipperoweschen water und de anderen see" genannt werden. Dies läßt sich jedoch wohl nur nach Untersuchungen an Ort und Stelle darthun. Die sogenannten Vipperowschen Wasser waren wohl die Gewässer des ehemaligen Landes Vipporow, welches zur Zeit des Kaufes durch die Ritter aber schon in der Vogtei oder dem Lande Röbel untergegangen war, da die frühern Namen der kleinen "Länder" in dieser Gegend schon im vorigen Jahrhundert theilweise verschwinden.
Das Eigenthum der Müritz gehörte ursprünglich den Herren von Werle, welche aber den nördlichen Theil derselben, die große Müritz, den Städten Röbel und Waren 2 ) und einzelne kleinere Theile und Buchten angrenzenden Vasallen, auch den NW. Theil, an Sietow grenzend, dem Kloster Dobbertin (Schröder P. M. I, 1245 flgd.), unter verschiedenen Bedingungen
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verliehen hatten. Den südlichen, schmalern Theil der Müritz trugen die Herren von Crocher, als werlesche Vasallen, von den Fürsten zu Lehn. Hievon verkauften 1 ) am 20. December 1330 die Gebrüder Johannes und Jordanus von Crocher an den Heermeister Gebhard von Bortvelde und die Ritterconvente von Mirow und Nemerow für 315 Mark wend. Pf. den bezeichneten Theil der Müritz, die Vipperowschen Wasser genannt, in ihren alten Grenzen, mit allen Aufkünften, Freiheiten und Gerechtigkeiten, so wie mit der Gerichtsbarkeit, welche die werleschen Vasallen in ihren Gütern besaßen, und mit der Befreiung von Diensten. Da der Besitz der Müritz aber ein Lehn war, so gaben die von Crocher es in die Hände ihres Lehnherrn zurück, der die Johanniter unter der Bedingung wieder in dasselbe einwies, daß die Herren von Werle es für den Kaufpreis wieder einlösen könnten, wenn sie wollten.
Bald, im Jahre 1361, kauften auf dem Hofe Solzow die Ritter von Mirow diese Gewässer aber noch einmal 2 ), sei es, daß die Herren von Werle den vorbehaltenen Wiederkauf derselben vollzogen hatten, indem diese nach der Urkunde von Johann von Werle auf dessen Sohn Bernhard vererbt waren, - sei es, daß (da das Vererben wohl vom Eigenthumsrecht zu verstehen ist) die Ritter, mit dem bisherigen Lehnsbesitz und der Wiederablöslichkeit nicht zufrieden, ein freies Eigenthum erwerben wollten; auch mochte die Ausdehnung der Gewässer nicht mehr bestimmt und die Lage der alten Grenzen verwischt sein. Genug, die Ritter kauften am 23. April 1361 von dem Fürsten Bernhard von Werle für baare 700 Mark wend. Pf. oder Vinkenaugen die Vipperowschen Wasser, welche in ihren einzelnen Theilen folgende waren: die Vipperowsche Müritz, welche vom Troge (?) und von dem Rothen=Baume bis zu der Schilder Mühle reichte, die Lankow, die Nebel, die Torne, der Mewen=See und der Vipperowsche See, welcher bis nach Buchholz sich erstreckte. 3 ) Diese Gewässer erhielten die Ritter jetzt
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mit allem Rechte, mit der höhern und nieder Gerichtsbarkeit, mit dem Eigenthum und allen Aufkünften, wie die Herren von Werle sie bis dahin besessen hatten, auch mit Ueberlassung aller landesüblichen Abgaben. Ferner erhielten die Ritter oder diejnigen, welche von ihnen die Gewässer in Benutzung haben würden, die Freiheit, die Fische ohne Hinderniß zu verkaufen und sie verfahren zu lassen, wo und wohin sie wollten; der Wademeister sollte (als Bevorzugung oder Beschränkung ?) die Fische nach Röbel zu Markt auf einem Wagen bringen; von Martini bis Petri=Tag in der Fasten (vom 11. November bis 22. Februar) sollten sie aber gesalzene Hechte ausführen können, wohin sie wollten. Ferner wurden alle bisherigen Pächte und Fischereien auf den Gewässern aufgehoben und abgelöset, nur sollten die Herren von Morin aus den verkauften Gewässern eine jährliche Rente von 10 Mark wend. Pf. und einem Drömt Salz und der Hof Solzow die Fischerei mit 24 Wurfnetzen und einem Stocknetze in dem Wasser, der Kessel genannt, an den Grenzen des Hofes behalten. Uebrigens ward es den Fürsten freigestellt, die Gewässer binnen sechs Jahren von den Rittern für den Kaufpreis wiederzukaufen; nach Ablauf dieser sechs Jahre sollte aber der Wiederkauf nicht mehr gestattet sein. sondern das Eigenthum der Gewässer den Rittern auf ewigem Zeiten gehören. Diese Befugniß des Wiederkaufes räumte der Comthur Otto von Stendal den Herren von Werle mittelst einer besondern Urkunde feierlich ein 1 ); jedoch ist es zu einer Einlösung durch die Fürsten nie gekommen, vielmehr ging die Vipperowsche Müritz nach der Aufhebung der Comthurei wieder an die Herzoge von Meklenburg über.
Die genannten Vipperowschen Wasser machten aber nicht den ganzen südlichen Theil der Müritz aus. Dies geht aus einer Urkunde 2 ) hervor, durch welche die Herren Lorenz und Johann von Werle im Jahre 1375 den Gebrüdern Andreas und Heinrich Regedantze die Gewässer verliehen, welche bis dahin die Familie der von Crocheren zu Warne besessen hatte, nämlich die Theile der Müritz vom Böker Mühlengraben am östlichen und von der Kriweser Burg (oder Berg?) am westlichen Ufer bis an das Hofwasser von Solzow und das Dorf Buchholz in den Theilen, welche genannt wurden: der Bodden, die Düpe,
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die Kule, die Verchene mit einem Werder vor Garz, die Klyzige und das Buchholzer Ende. 1 ) Dazu sollten die Regedanze die Freiheit haben, alle Woche zweimal, am Mittwoch und Freitage, Fische auf dem Markt zu Röbel feil zu bieten. Als Recognition für diese Belehnung sollten die Regedanze jährlich 20 Mk. lüb. zahlen und drei Pfund Pfeffer 2 ) am Martinstage auf den Hof Wredenhagen liefern.
Im 16. Jahrhundert entstanden über die Fischerei in der südlichen Müritz große Streitigkeiten und Rechtshändel zwischen den Rittern und den Fürsten (in Beziehung auf das Amt Wredenhagen). Aber schon vorher war manches streitig geworden. Die Urkunde von 1361 3 ) hatte eine Abgabe von 10 Mark wend. Pf. und einem Drömt Salz an die Herren von Morin auf den Besitz der Müritz=Gewässer gelegt. Eine Urkunde von 1482 4 ) sagt, daß die Gebrüder Heinrich (in den rechten doctor), Henneke und Lorenz Morin schon lange mit dem Comthur Achim Wagenschütte von Mirow dieser Abgabe wegen in Streit gelegen hätten, vorzüglich weil dem Comthur die darauf lautende Urkunde abhanden gekommen sei, obgleich nach der Agnitions=Urkunde von 1361 von den Herren von Werle sogar "zwei Briefe" den Rittern ausgestellt waren; das zweite Exemplar, welches hier in Nr. XXVI mitgetheilt ist, mochte wohl im Archive des Heermeisters zu Sonnenburg liegen. Diesen Streit der beiden Partheien schlichteten die Herzoge Magnus und Balthasar in einem Schiedsgerichte dahin, daß die Comthure von Mirow von dem Besitze der Müritz den Morinen jährlich am Martinstage 5 lüb. Mark 5 ) und ein Drömt Salz fernerhin geben sollten, wie diese die Abgabe früher als jährliche Pacht nach urkundlicher Bestimmung genossen hätten; alle Ansprüche aus der ersten Urkunde sollten fortan ruhen.
Einen bedeutenden Zuwachs erhielt im Laufe der Zeiten die Comthurei Mirow durch den Erwerb der Dargunschen
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Klostergüter, welche ihren Hauptbestandtheilen nach gewöhnlich die Heidedörfer genannt werden. Die Güter der Comthurei erstreckten sich gegen Norden nach und nach bis an die Havel bei Kakeldütten und bis an die Seen, welche dieser Fluß durchströmt; unmittelbar daran stießen Besitzungen des Klosters Dargun, und jenseits derselben hatte der Johanniter=Orden noch Eigenthum in Ankershagen und Dambeck. Von der einen Seite mußte es den Rittern wünschenswerth sein, ihre Besitzungen unter einander und mit den Gütern des Stargardschen Klosters Broda in Verbindung zu bringen, und dadurch auch in den Besitz der Straße zu kommen, welche vom Stargardschen in die Herrschaft Werle (über Krazeburg) führt; andererseits konnte auch dem Kloster Dargun eine annehmliche Veräußerung des von ihren Besitzungen abgerissenen Stücks der Haidedörfer, willkommen sein.
Im Jahre 1256 schenkte Nicolaus I. von Werle dem Kloster Dargun das Gut Dalmestorp und den halben See Cobolc (Käbelick); dazu erwarb das Kloster für 500 Mark von dem Fürsten und dessen Vasallen die Dörfer Werder, Techentin, Blankenförde und Granzin mit allem Rechte, wie es die Vasallen Ludewin und Granzov früher von den Herren von Werle besessen hatten. Diese Uebertragung geschah von Seiten der Fürsten einstweilen vielleicht mündlich. Am 14. October 1256 schenkte der Bischof Heinrich von Havelberg dem Kloster den Zehnten aus diesen fünf Gütern 1 ), welche damals zu seinem Sprengel gehörten, in den Verhältnissen, in welchen sie früher zu dem Bischofe von Schwerin gestanden hatten 2 ); sollten die Klosterbrüder die Güter an jemand auf dessen Lebenszeit zum Nießbrauch überlassen, so sollte dieser auch den Zehnten von jenen erwerben können; würde das Kloster aber die Güter auf immer veräußern, so solle der Erwerber den Zehnten wieder vom Bischofe zu Lehn nehmen. Auffallend ist es, daß das Dorf Dalmerstorp in dieser Urkunde Arnoldsdorf genannt wird. - Der Fürst Nicolaus von Werle hatte noch keine Urkunde über die Verleihung ausgestellt; nach den Worten der Schenkungsurkunde hatte er, auf Anmahnung und dringendes Bitten des Abtes, noch am Allerheiligentage (1. Novbr. 1256) die Verleihung in Gegenwart mehrerer werlescher Vasallen am Hauptaltare feierlich bekräftigt, und erst am 6. Januar 1257
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stellte er zu Güstrow die Schenkungsurkunde 1 ) aus, welche aber nur noch in einem Transsumte von 1359 vorhanden ist. In dieser interessanten Urkunde werden die Grenzen dieser Besitzungen genau beschrieben und die Güter von der weltlichen Vogtei und den gewöhnlichen Diensten befreit, überhaupt dem Kloster für diese Güter die Freiheiten ihrer übrigen Besitzungen verliehen. - Die Fürsten Nicolaus II. und Johann II. und der Junker Johann III. von Werle bestätigten am 25. Junius 1314 aus Erkenntlichkeit gegen das Kloster und - für 300 Mark dem Abte Johannes alle Besitzungen 2 ), Rechte und Freiheiten, welche das Kloster von ihrem Großvater Nicolaus und ihren übrigen Vorfahren erworben hatte, namentlich an den Gütern Werder, welches auch Crazeborg genannt werde, Dalmersdorp, Techentin, Blankenvörde und Granzin, und verliehen ihnen dauerndes Eigenthum, höchstes Gericht, Beden und Steuern; namentlich leisteten sie dem Kloster für das Gut Krazeburg auf Jahr und Monat Gewähr, wenn Jemand an dasselbe Anspruch machen sollte. Die 300 Mark Gebühren waren wohl Kaufgelder für Eigenthumsrecht, Abgaben und Dienste, welche das Kloster jetzt erwarb, während es früher die Güter nur zu Vasallenrecht besessen hatte; bloße Consensgebühren, wie Rudloff II. S. 404 will, waren diese Gelder wohl nicht. Nach einem Mirowschen Urkunden=Verzeichnisse hatten die Fürsten Nicolaus und Johann von Werle schon am 23. Junius 1314 zu Gransee den Verkauf dieser Güter im Allgemeinen bewilligt.
Nachdem nun der Heermeister Hermann von Warberg und Otto von Stendal, Comthur von Mirow, für die Comthurei diese Güter von dem Abte Dietrich von Dargun für den Kaufpreis von 3070 Mark wend. Pf. gekauft hatten, bestätigte der Fürst Bernhard von Werle am 19. Jul. 1359, unter Transsumirung der beiden Schenkungs= und Bestätigungs=Urkunden, diesen Kauf 3 ) und übertrug den Rittern, gegen Erlegung von 350 Mark wend. Pf., welche bei der Uebertragung auf andere Besitzer wohl nicht allein Consensgebühren, sondern wohl mehr Entschädigung für dauernde Abgaben= und Dienstfreiheit waren, die fünf Güter auf der Haide mit allen Rechten und Freiheiten, welche dem Kloster in frühern Briefen zugesichert waren. An demselben Tage stellten Comthur und
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Convent von Mirow eine Urkunde 1 ) aus, in welcher sie dem Herrn Bernhard von Werle den Wiederkauf der Güter innerhalb zweier Jahre, vom nächsten Martins=Tage an gerechnet, für den Kaufpreis gestatteten; nach Verlauf dieser Frist sollte dieses Wiederkaufsrecht erloschen sein. - Ueber diese Güter finden sich von jetzt an weiter keine urkundliche Nachrichten, als daß, nach einem Urkunden=Inventarium, die Herzoge Magnus und Balthasar am Jacobi=Tage 1472 zu Mirow dem Orden die Dörfer Granzin und Crazeburg mit der Mühle und Mühlenstätte zu Granzin verschrieben und, d. d. Wesenberg am Sonntage nach Vis. Mariae 1491, eine Confirmation über die neue Mühlenstätte zu Granzin ausstellten.
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Ueber die Comthure von Mirow.
D a über die Comthure von Mirow fast nichts bekannt ist, so möchte es hier am Orte sein, die Namen derselben, so viel als möglich, übersichtlich zusammenzustellen.
Im Jahre 1227 wurden 60 Hufen an den Seen Mirow und Dam den Johannis=Hospital=Rittern in Accon geschenkt (qui jugiter ibidem prelia domini preliantur). 1242 kommt zuerst eine curia Myrowe vor. 1249 ist frater Ecbertus de Mirowe Schiedsrichter über Lärz; vgl. Rudloffs Urk.=Lief. XI., S. 35, und Westph. Mon. III., 1492 und 1493; dieser Ecbert ist vielleicht einer der ersten Comthure. Im Jahre 1250 ist auf einem Capitel zu Cölln ein frater H. de Mirowe anwesend; vgl. Schröders P. M. I, 647, wo der Name H(enricus) ausgelassen ist, der in der "Remonstration" (vgl. Jahrb. I. S. 3 u. 9) steht. Derselbe Ordensbruder kommt XVI. kal. Nov. 1251 in einer, zu Werben datirten Urkunde, und zwar als der erste, als Comthur unter den Zeugen vor: frater Heinricus commendator in Mirowe; vgl. v. Ledebur Allgem. Archiv II. 1, S. 80. Der ermähnte frater Ecbertus de Myrowe ist 1256 Zeuge einer Urkunde in Westph. Mon. III, 1499, und in einer Dargunschen Urkunde von demselben Jahre tritt ein magister Ecbertus auf; (vgl. Jahrb. I. S. 9, flgd.). Hiernach scheint es, als wenn der Bruder Ecbert nach dem Bruder Heinrich Comthur geworden ist. Im Jahre 1270 kommt als Zeuge auch schon vor frater Petrus plebanus in Mirowe; zu dieser Zeit bestand also schon eine Kirche in Mirow; überhaupt standen damals wohl schon die nöthigen Ordensgebäude in Mirow, da in demselben
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Jahre 1270 magister et fratres sacre domus genannt werden und ein frater Ar(noldus) mit dem Titel commendator in Miroe als Zeuge auftritt; von hier an ist auch der Titel commendator durchgehends vorherrschend. Eben so werden 1273 magister et fratres sacre domus in Mirowe erwähnt tempere commendatoris fratris H(enrici) de Honschet in Mirowe existente; wahrscheinlich derselbe frater Heinricus commendator domus hospitalis de Mirowe ist Zeuge einer ungedruckten Urkunde (vom 1. Mai 1272) des Erzbischofs Conrad von Magdeburg, dessen Ministerialis er auch genannt wird. Im Jahre 1296 kommt die erste Nachricht von einem Kloster in Mirow unter dem Comthur Alexander; denn die Brüder handeln als commendator et conuentus fratrum cenobii in Mirowe; auch heißt 1296 die Stiftung domus hospitalis in Mirowe. In einer andern Urkunde von demselben Jahre heißt es zwar: es habe dies frater Alexander suis temporibus geordnet; aber 1298 wird seiner noch erwähnt, also ist der Ausdruck "suis temporibus" wohl von dem noch dauernden Regiment des Comthurs zu verstehen. Im Jahre 1309 ist Hinricus de Wesenberg commendator in Myrowe und in derselben Urkunde ist dominus Henricus prior in Mirowe. 1341 erscheint mit Prior und Convent Rupertus de Mansfeld als Comthur; vgl. v. Raumer Cod. Dipl. Brandenb. contin. I, 26. In den Jahren 1351, 1359 und 1361 ist Otto von Stendal cummendur des huses to Myrowe; jedoch schon im J. 1345 kommt er als solcher in einer Urkunde vor; vgl. v. Ledebur Allgem. Archiv I. 3, S. 243; in den Jahren 1304, 1306, 1307 und sonst kommt ein Otto von Stendal im Gefolge der Markgrafen von Brandenburg vor. Im Jahre 1387 ist Dethlof von Walmede Comthur. -So weit reichen die Nachrichten aus den bisher ungedruckten Urkunden der Comthurei. Aus andern gedruckten und ungedruckten Urkunden und Archivacten läßt sich die Reihe der Comthure bis zu Ende fortführen. - Im J. 1404 ist herr Eggert Freiberg Compter zu Mirow; vgl. Schröders P. M. II. 1724 und Westph. Spec. p. 189. Im Jahre 1447 ist her Hans von der Buke Cumptur to Mirow Richter in einem Streite des Klosters Wanzka. In den Jahren 1455-1468 kommt Berend von Plessen, welcher auch fürstlicher Rath war (vgl. Rudloff II, S. 929) öfter als Comthur vor; vgl. Küsters Opusc. XIII, 108, Schröders
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P. M. II, 2095 und 2208, u. a. O.; B. von Plessen † 1468 in Rostock. Dieses Comthurs unmittelbarer Nachfolger war Achim Wagenschütte, geistlicher Rath der Herzoge (vgl. Rudloff II, S. 933) und 1474 sogar Compter zu Mirow und zu Nemerow; er kommt noch am 3. März 1503 vor als Zeuge einer Urkunde des Grafen von Lindow in Gercken Cod. dipl. Br. I, S. 105. Die darauf folgenden Comthure sind: Melchior Barffus 1514-1527, Liborius von Bredow 1528-1541 und Sigmund von der Marwitz vom 19. bis zum 25. März 1541. Am 19. März 1541 besetzt Herzog Wilhelm von Braunschweig mit Willen der Herzoge die Comthurei und handelt als Comthur bis zum 23. December 1552, wo die Comthurei für den Herzog Christoph von Meklenburg eingenommen wird, welcher dem Herzoge Wilhelm von Braunschweig jedoch den fernern Genuß derselben gestattete. Im Jahre 1564 werden für den Herzog Johann von Meklenburg Unterhandlungen über die Einräumung der Comthurei angeknüpft; in demselben Jahre wird aber Herzog Carl († 1610) von Meklenburg zum Comthur ernannt. Dies sind die drei Herzoge von Meklenburg, welche gewöhnlich als Comthure betrachtet werden (vgl. Schröder P. M. I. 1099). Darauf ward die Comthurei für die Herzoge von Meklenburg verwaltet, bis sie dieselbe durch den westphälischen Frieden einzogen.
Es steht noch zur Frage, ob die Comthurei Mirow eine Ritter=Commende oder Priester=Commende gewesen sei (vgl. Jahrb. I. S. 178). Nach dem vorherrschenden Vorkommen eines Comthurs und dem, von den Rittern geleisteten Kriegsdienste (vgl. Jahrb. I, S. 31) ist die Comthurei wohl eine Ritter=Commende gewesen. Aber eben so wahrscheinlich ist es, daß auch eine Priester=Commende mit derselben verbunden war. Im J. 1309 ist nämlich neben dem Comthur auch ein Prior zu Mirow und im J. 1341 kommt vor: Rupertus de Mansfeld commendator domus Mirow, prior et totus conventus ibidem. Aehnlich scheint es zu Werben gewesen zu sein, wo in einer ungedruckten Urkunde vom Jahre 1238 vorkommen: testes: Reynfridus plebanus de Werbene, Alexander, Johannes, Ludolfus, Gregorius, sacerdotes, Dethmarus, miles sancti Johannis hospitalis in Werbene.
Hiernach gestaltet sich die, gewiß noch lückenhafte Reihe der Comthure folgendermaßen:
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Comthure von Mirow:
1227 | - | (fratres hosp. S. Joh. in Accon). | |
1242 | - | (curia Mirowe). | |
1250 | - | 1251 | frater Henricus commendator in Mirowe. |
1256 | - | frater Ecbertus de Mirowe (magister). | |
1270 | - | Arnoldus Commendator. | |
1272 | - | 1273 | Henricus de Honschet. |
1296 | - | 1298 | Alexander. |
1309 | - | Henricus de Wesenberg. | |
1341 | - | Rupertus de Mansfeld. | |
1345 | - | 1361 | Otto von Stendal. |
1387 | - | Dethlef von Walmede. | |
1404 | - | Eggert Freiberg. | |
1447 | - | Hans von der Buke. | |
1455 | - | 1468 | Berend von Plessen. |
1468 | - | 1503 | Achim Wagenschütte. |
1514 | - | 1527 | Melchior Barffus. |
1528 | - | 1541 | Liborius von Bredow. |
1541 | - | Sigmund von der Marwitz. | |
1541 | - | 1552 | Herzog Wilhelm von Braunschweig. |
1552 | - | 1564 | Herzog Christoph von Meklenburg. |
1564 | - | Herzog Johann von Meklenburg. | |
1564 | - | 1610 | Herzog Carl von Meklenburg. |
Antiquarisch=topographische
Nachrichten
von der Comthurei Mirow
sind nicht mehr zu finden. Der Herr Pastor Giesebrecht zu Mirow berichtet darüber Folgendes:
"Alle Bauten in Mirow sind aus neuerer Zeit. Die 1742 abgebrannte Kirche ist 1744 wieder eingeweihet worden; der älteste Sarg in der herzogl. Gruft ist von 1675 (Herzog Johann Georg). Vom ehemaligen Johanniterthum nirgends die leiseste Spur. Das Schloß ist etwas älter, als die Kirche, aber immer
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ein Gebäude aus neuer Zeit, wie schon der flüchtigste Anblick zeigt. Es ist mir auch schon früher auffallend gewesen, daß weder an dem beim Brande stehen gebliebenen und beim Neubau wieder benutzten Gemäuer, noch auf dem Fußboden der Kirche der allergeringste Fingerzeig auf die alte Zeit zu finden ist. Die frühesten Pfarrschriften gehen nicht weit über den Anfang des vorigen Jahrhunderts hinaus; auch in der Amts=Registratur ist nichts, so weit ich habe erforschen können. Ueber Mirow kann ich nur die Auskunft geben, daß nichts da ist."