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III.

Marie oder Marienne,

erste Gemahlin Barnim's II. 1 ) oder des Guten, Herzogs von Vorpommern, Mutter der Fürstin Anastasia, Gemahlin des Fürsten von Meklenburg, Heinrich des Pilgers,

keine Tochter Albrecht I. Herzogs von Sachsen, sondern wahrscheinlich eine Tochter des Pfalzgrafen Heinrich, Herzogs von Sachsen.

Von

A. E. E. L. v. Duve,

Doctor juris und Advocaten in Möllen.


H insichtlich dieser Fürstin sagt der ehemalige Lübecksche Stadt=Syndicus Hermann Georg Krohn in dem (bisjetzt ungedruckten) 2 )

"Versuche einer verbesserten Geschlechts=Historie der Herren Herzoge von Sachsen=Lauenburg aus dem ascanischen Hause":

"sie ward um's Jahr 1247 dem Fürsten Otto, einem Sohne Ottonis pueri, Herzoges zu Braunschweig, verlobt, wie selbiger aber verstarb, dem Kaiser Friedrich II. zugedacht, welches aber der Papst hintertrieb 3 ). Nach=


1) Nach Gebhardi's Zählungsweise, nach der gewöhnlichen aber I.
2) Erwähnt wird dieser für die Lauenburgische Geschichte höchst wichtigen Arbeit, ("quae adhuc inedita meretur, ut in lucem prodeat"), in: Fr. Ph. Strube (praes. Avero) Vindiciae juris Brunvicensis et Luneburgensis in ducatum Saxo-Lauenburgicum. Göttingae 1754. S. 49, not. a. Vgl. auch P. v. Kobbe Lauenb. Gesch. Th. I. Vorrede S. XI.
3) Alberti Stad. Cod. Msc. Helmstadensis ad ann. 1247. bei Hoyer in praef. Contin. Alberti Stad.:
""modicum ante filia ducis Saxonie, Friderico quondam imperatori missa fnerat desponsata. Hanc antea desponsaverat Otto, filius Ottonis ducis Brunsvicensis, modicum post mortuus""
"Innocentii Pontificis rescriptum ad legatum Petrum Capoccium Cardinalem circa ann. 1247. beim Raynaldo Ann. eccl. T. XIII. pag. 566, N. 8.": (  ...  )
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"her ist sie mit Herzog Barnim I. in Pommern vermählet" 1 ).

Kanzow's Pommerania (Greifswald, 1816) Th. I. erzählet:

S. 228:

"1225 hat Herzog Barnim genohmen ein Früwlein Marienna, Tochter Herzog Albrecht von Sachsen."

S. 244:

"Unter demselben anstande im J. 1246, am siebenten Januarii, ist Herzog Barnim's in Vorpommern gemahl Marienne gestorben und in das Jungfrowen=Kloster in Stettin begraben worden, da er nur einen Sohn Bugslaff und zwey Töchter mit gehabt, als Hedwig, die Markgraf Hansen krigte, und Anastasia, welche er dem Fürsten Heinrich von Meklenburg gab."

S. 484:

"1243 hat Herzog Barnim das jungfräuwleyn=Kloster von vor Stettin gestiftet; eodem anno ist bereit tott Marienne ducissa in Stettin; uff dem sigel sitzet ein frawenbilde, hat einen habicht auf der Hand; zur rechten hand richtet sich ein greift auf und zur linken ein löwe" 2 ).


(  ...  ) ""Friderico quoudam imperatori excommunicato et dei et ecclesie inimico prestant manifeste auxilium, consilium et favorem; per quod dictam ecclesiam ut hostes publici persequuntur, Magdeburgensi matrimonium inter ipsum Fridericum et filiam ducis Saxonie procurante. Accepimus siquidem, quod marchio Misnensis, Bavarie et Saxonie duces, et filia ipsius ducis Saxonie, nec non et nobiles de Austria et Stiria et H. de Ouuerstein, qui pro ipsorum nobilium capitaneo, nomine dicti Friderici, se gerit, viri nobiles genere, sed suis perversibus actibus ignobilitantes se ipsos, et in reprobum sensum dati, prefato Friderico contra deum et ipsam ecclesiam assistunt viriliter et potenter. Ideoque mandamus"" etc.
1) "Daß diese Marie oder Marienne mit dem Herzoge Barnim von Pommern vermählet gewesen, bezeugen alle pommersche Scriptores, obwohl sie im Jahre ihres Todes und ob es die erste, oder zweite Gemahlin des Herzoges Barnim gewesen, gar nicht mit einander übereinkommen.
"s. Micraelii Antiq. Pomeraniae lib. III. §. 13. p. 216: item in schemate genealogico;
Hering in den historischen Nachrichten von den Collegiat=Kirchen zu Alt=Stettin § 5."
2) Zu dieser Stelle bemerket der Herausgeber (Kosegarten):
Man vgl. hiemit S. 244 Z. 11, wo Kanzow Marienne's Tod in das Jahr 1246 setzet, und doch scheint er sich in den obigen Zeilen auf eine Urkunde zu berufen, da er die Beschreibung eines Siegels hinzufügt; vielleicht ist dies aber nur das Siegel des neugestifteten Klosters, welches er hier beschreiben will" - (?!)
Wie leicht kann MCCXLVI mit MCCXLIII verwechselt werden, wenn die VI oder III schlecht geschrieben, oder schlecht in Stein gehauen, oder der untere (  ...  )
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Was nun

1) zuvorderst die angebliche Verlobung der Marie oder Marienne mit dem Prinzen Otto und die nachher beabsichtigte Verheirathung mit dem Kaiser Friederich II. betrifft, so enthalten die von Krohn in Bezug genommenen Geschichtsquellen keine Sylbe davon, daß die Tochter des ungenannten Herzoges von Sachsen, dessen dort erwähnet wird, Marie geheißen habe und diese Tochter nachher mit dem Herzoge Barnim II (I). vermählet sei. Gruber Orig. Livoniae fol. 180. not. w., indem er, gleich den Orig. guelph. T. IV. fol. 82. §. 71. eben jene Stellen anführt, nennt die darin erwähnte Tochter eines nicht näher bezeichneten Herzoges von Sachsen: Mathilde 1 ), und bemerket er dabei, diese Mathilde für die dritte Tochter des Herzoges Albrecht I. ausgebend:

"nomen Mathildis est in Alberti (Stadensis) stemmate Billingano p. 277. Haec forte est, quae postea in thoro fuit Helmoldi, Comitis Suerinensis, quem Johannes filius, anno 1274 sororium suum appellat diplomate Msc."

Allein in der Anmerkung * ) zu dem Abdrucke des, beim Raynaldo ann. eccl. l. c. befindlichen päpstlichen Schreibens, welchen die sylva docuiuentorum hinter den Orig. Livoniae als N. XXV. foI. 225. enthält, berichtiget er selbst seine früher geäußerte Meinung, indem er tagt:

"Rynaldus Ottonem puerum intelligit" (nämlich unter der Bezeichnung eines ducis Saxoniae) "quia 1251, N. 8. Papa Saxoniae ducem sollicitavit, ut filiam electo regi Wilhelmo matrimonio conjnngeret, is autem cujus filiam Wilhelmus duxit, Otto puer fuerit".

Abgesehen hievon, so ergiebt sich aber auch aus der bestimmten Nachricht, welche Kanzow über das Jahr der Verheirathung


(  ...  ) Theil der Zahlen beschädiget ist ! - Herzog Barnim I. fundirte und dotirte V. Kal. Martii 1243 das Marienkloster bei Stettin; vgl. v. Dreger Cod. dipl. Pom. p. 234-239, schon VI. Kai. Febr. 1243 setzte Marianne ducissa in Stettin diesem Kloster das Dorf Grabow aus; vgl. v. Dreger I. c. p. 238. Am XV. Kal. Aug. 1242 war Marienna "uxor nostra" Zeugin. einer Urkunde Barnims; vgl. v. Dreger I. c. p. 229 (Anm. der Red.).
1) In der Urkunde vom Jahre 1261 (V. Kal. Maji) wegen der terra Boitin heißt es:
"Nos Helena, Ducissa Sax.,- Johannes et Albertus filii ejus- consentientibus nobis et item filiabus et sororibus nostris Elyzabeth, Helena et Mechtilde, - - -"
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und das Todesjahr der, mit Barnim vermählten Marie mittheilet, mag man in letzter Hinsicht 1243 oder 1246 annehmen, offenbar so viel, daß die ungenannte Tochter des ungenannten Herzoges von Sachsen, deren Albrecht von Stade a. a. O. und der Papst Innocenz a. a. O. erwähnen, nicht jene Gemahlin des Herzoges Barnim sein könne. Freilich verlegt Krohn das Jahr der Verheirathung der Herzogin Marie in eine spätere Zeit, nach dem Jahre 1247; allein

2) diesem stehen die Nachrichten entgegen, welche Kanzow uns in Betreff der zweiten Frau des Herzoges Barnim und deren Nachkommen aufbewahret hat. Nachdem er nämlich (S. 244) den Tod der Herzogin Marie erzählet, fährt er fort:

"So dauerte er (nämlich Barnim) eine kurze Zeit, und nachdem noch Fürst Witzlaff's von Rhügen gemahl Margarethe lebte, welche Herzog Otten von Braunschweig und Lüneburg Tochter was und noch nicht sehr alt was, welcher Schwester Wilhelm der römische König hatte, so dachte er große Verwandschaft der Fürsten damit zu erwerben, und hat er dieselbe wieder zue Ehe ghenomen."

S. 256, 257 aber berichtet er:

"Auf das andre Jar 1263 ist gestorben Herzogs Barnims gemahl Margarethe, damit er keine erben gehabt, allein eine Tochter Elisabeth 1 ), welche hernach herzog Johann von Niedersachsen zue Ehe ghenomen".

Hinsichtlich der frühern Familienverhältnisse dieser Margarethe hatte er bemerket:

S. 229 (beim Jahre 1226): "Witzlaff - der Fürst von

"Rhügen, wie er sahe, daß seine Macht itzund etwas geschwächet was und sorge hatte, er möchte mit der Zeit das andere auch nicht mit frieden erhalten, darum gedachte er, er wollte etwan statliche schwegerschaft erwerben, da=


1) Auf diese Elisabeth ist daher dasjenige zu beziehen, was die Reim=Chronik des Ernst von Kirchberg Cap. 134 und de Behr rer. Mecklenb. Col. 203 von der, bei ihnen nicht genannten Schwester der Fürstin Anastasia sagen, indem sie erzählen: Johann, Herr zu Gadebusch, habe die unmündigen Sohne seines Bruders, des Fürsten Heinrich des Pilgers aufheben wollen, wie Anastasia, die Gemahlin dieses Heinrich und Tochter Barnim's, Herzoges von Pommern, mit ihren Söhnen von Wismar nach Ratzeburg, zu ihrer Schwester fuhr.
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mit er an der trost und Zuflucht mochte haben, und hat darum herzog Otten von Braunschweig und Lüneburg Tochter Margarethen zur Ehe ghenomen; denn ihre schwestern waren stattlichen herrn vermählet, als eine: herzog Albrechten von Sachsen, die andere: einem Landgrafen von Doringen, die dritte: fürst Heinrichen von Anhalt, die vierte: dem römischen Könige".

S. 238:

"Hirnach im Jahr 1241 ist der fürst von Rhügen Witzlaus gestorben - und hat mit seinem gemahl, herzog Otten von Braunschweig Tochter, vier Söhne hinterlassen, als Joromar, Witzlaus den andern des Namens und Borislaus und Jaroslaus".

Freilich macht er sich bei diesen Erzählungen, in Betreff der Abkunft der Margarethe, der ärgsten Anachronismen schuldig 1 ), gleich wie er auch das Todesjahr des Fürsten Witzlaus unrichtig angiebt 2 ), allein kein Grund ist vorhanden, um die Wahrheit der Thatsache zu bezweifeln, daß Herzog Barnim nach dem Tode seiner ersten Frau (Marie), der Tochter eines Herzoges von Sachsen, die Wittwe des Fürsten Witzlaus von Rügen, Margarethe 3 ) mit Namen, geheirathet habe und nicht die Nachrichten, welche Kanzow über die Abkunft der Margarethe ertheilet, einer Verwechselung jenes Witzlaus mit seinem Großsohne zuzuschreiben 4 ), der wirklich mit einer Schwester der Gemahlinnen des deutschen Königes Wilhelm, des Herzoges Albrecht I. von Sachsen, des Landgrafen Heinrich von Hessen und Thüringen, so wie des Fürsten Heinrich von Anhalt vermählet war 5 ).


1) z. B. Otto puer, Herzog von Braunschweig, hatte im Jahre 1226 noch gar keine Tochter, denn er war damals noch nicht vermählet; der deutsche König Wilhelm war noch gar nicht geboren u. s. w.
Wäre Margarethe eine Tochter des Herzoges Otto gewesen, so würde zwischen Johann I., Herzoge von Sachsen, und der Herzogin Elisabeth von Pommern keine Ehe haben statthaben können, weil beide nach canonischer Rechnungsweise im zweiten Grade Blutsverwandte waren.
2) Denn Witzlaus lebte noch im Jahre 1242, s. Gebhardi's Geschichte von Rügen in der Forts. der allg. Welthist. Th. 52. S. 23, not. Z.
3) Witzlaus nennt sie selbst in der Urkunde vom Jahre 1225 bei Schröder pap. Meklenb. S. 2915, Kanzow irrt also auch hinsichtlich des Jahres der Verheirathung.
4) Vgl. J. G. Eccard in der "Widerlegung der gemeinen Meinung, daß "Friedrich, der letzte Herzog des alten österreichischen Hauses, eine Braunschweigische Prinzessin zur Gemahlin gehabt habe." (s. I. 1716 in 4to) S. 37. flgd. (auch abgedruckt in Eccard hist. gencal. priuc. Saxon. sup. pag. 661 sqq.) und Gebhardi a. a. O. S. 27 not. r.
5) Vgl. (Koch's) Versuch einer pragment. Gesch. des Hauses Braunschweig=Lüneburg. S. 93, 94.
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Keinesweges läßt sich ferner

3) bei genauerer Prüfung der Verhältnisse, die Behauptung vertheidigen, daß die, mit Herzog Barnim in dessen erster Ehe vermählet gewesene Marie oder Marienne eine Tochter des Herzoges von Sachsen Albrecht I. gewesen sei, denn

A. Herzog Albrecht hatte sich erst im Jahre 1222 mit seiner ersten Gemahlin, der. östereichischen Agnes, verheirathet 1 ); Marie würde also im Jahre 1225 höchstens zwei Jahre alt gewesen sein können, wenn sie eine Tochter des Herzoges Albrecht war. Auf der andern Seite ist es urkundlich bewiesen, daß Herzog Barnim damals ebenfalls noch ein Kind war; dem zufolge des dipl. vom Monate Februar 1220 in de Ludewig Script. Rer. Bamberg. T. I. p. 1139, auf welches Gebhardi a. a. O. S. 87. not. g aufmerksam macht, stand Barnim, gleich seinem Bruder Bugislav, im Jahre 1220 nicht allein noch unter Vormundschaft seiner Mutter Mireslawa, sondern er soll sich sogar damals noch mit seinem Bruder "an der Mutterbrust" befunden haben. Mag dieß immerhin vielleicht nicht so wörtlich zu verstehehen sein, da wir den Herzog Barnim bereits im Jahre 1230 als selbstständig regierend finden 2 ), so läßt sich doch gewiß daraus, daß er erst im J. 1278 starb, mit großer Wahrscheinlichkeit muthmaßen, daß er wenigstens im Jahre 1225 noch sehr jung gewesen sein müsse. Die zwischen Barnim und Marie geschlossene Ehe stellt sich daher lediglich als eine, zur Erreichung politischer Zwecke eingegangene Verbindung dar. Zu jener Zeit war die Macht des Her=


1) Sie muß übrigens schon im Jahre 1229 oder wohl gar früher gestorben sein, denn in den Orig. guelph. T. IV. fol. 29. §. 18. wird aus Rymer Act. Augl. T. I. pag. 308 ein Antwortsschreiben des Königes von England, Heinrich III., vom 6. März 1229 an den Herzog Otto von Braunschweig mitgetheilet, worin es heißt:
"De eo, quod nos rogatis, ut foedus conjugale non iniremus inter sororem nostram et Ducem de Anhalt, cujus consanguinei se vobis iu carcere vestro graves exhibuerunt inimicos et adversarios, vobis significamus, quod hoc, sine consilio vestro et voluntate, nullatenus facere curabimus".
Der damals lebende Heinrich, Fürst und Graf von Anhalt, ward nie mit dem Titel dux de Anhalt bezeichnet, wohl aber Herzog Albrecht I. letzterer verheirathete sich erst nach dem 3. Januar 1241, mit der Braunschweigischen Helena (s. v. Duve im neuen vaterl. Archive von Spangenberg 1832 Heft 4. S. 268). Sollte er, der 1229 noch ein junger Mann war, von 1229 bis 1240 wohl unvermählet geblieben sein? - und wenn diese Frage als der Wahrscheinlichkeit entgegen, zu verneinen, wer ist dann seine zweite Frau gewesen? -
2) S. Gebhardi a. a. O. S. 88 vers. not. o flgd.
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zoges Albrecht I. noch unbedeutend und für den Herzog Barnim wenig zu fürchten, während letzterer, oder seine für ihn als Vormünderin handelnde Mutter, darauf bedacht sein mußte, sich die Freundschaft des Königes von Dänemark, als Lehnsherren, und dessen getreuen Landesgenossen und Vasallen, des Fürsten von Rügen Witzlavs zu bewahren, welcher Kraft genug gehabt hatte, um sich wieder in den Besitz seines Fürstemhums zu setzen 1 ). Es läßt sich daher wohl voraussetzen, daß man pommerscher Seits damals gesucht haben werde, sich durch Heirath mit einer Tochter aus einem mit Dänemark befreundeten Regentenhause, z. B. dem Braunschweigischen, Stärke und Hülfe zu verschaffen, und wäre Marie eine Tochter des Herzoges Albrecht I. gewesen, bei dem ebenfalls nur politische Zwecke zu der Verehelichung jener Tochter mit dem Herzoge Barnim Anlaß gegeben haben können, so würde er, nachdem er zum Besitze des Lauenburgischen gelangt war und die Fürsten von Rügen, so wie die Grafen von Holstein, Schwerin und Dannenberg seiner Lehnshoheit unterworfen hatte, gewiß nicht gelitten haben, daß sein Schwiegersohn Barnim unter Brandenburgische Lehnshoheit gerieth, wie bekanntlich geschah.

B. Herzog Bugislav III. (IV.) war der Sohn des Herzoges Barnim aus der Ehe mit Marie 2 ), und Bugislav's Tochter Elisabeth verheirathete sichern Jahre 1316 mit Erich I. von Sachsen=Lauenburg 3 ), dem Großsohne des Herzoges Albrecht I. Wäre Marie eine Tochter des Herzoges Albrecht I. gewesen, so trat zwischen Marien's Tochter Elisabeth und Albrecht's Enkel Erich, nach canonischer Zählungsart, der zweite, mithin ein die Ehe hindernder Grad der Blutsverwandschaft ein und die Chronisten würden es gewiß nicht unterlassen haben, bei Erzählung der Vermählung des Herzoges Erich mit der Elisabeth, dieses Verhältnisses und der eingeholten oder vernachlässigten päpstlichen Dispensation als einer großen Merkwürdigkeit aus=


1) S. Gebhardi a. a. O. S. 23. not. y.
2) S. oben die aus Kanzow S. 244 angeführte Stelle.
3) S. Detmar's Chron. ad ann. 1316 in Grautof's Ausg. der "Lübeckschen Chroniken" Th. I. S. 206. Daß die Verheirathung nicht erst im Jahre 1328 geschah, wie Kanzow's Pomerania Thl. I. S. 336 angiebt, beweiset. die vom Herzoge Erich I. aufgestellte Urkunde von 1318 wegen der Lübeckschen Gerechtsame am Ratzeburger See; denn in dieser Urkunde erwähnet der Herzog seiner Frau Elisabeth.
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drücklich zu erwähnen, da sie Heirathen selbst im vierten Grade der Verwandschaft als etwas Besonderes anzeigen.

C. Der, wohl als vorzüglicher Beweis zu betrachtende Umstand, daß Kanzow das Siegel der Herzogin Marie beschreibt 1 ). Der Greif zur rechten Hand sollte, nach damaliger Darstellungsweise, das Wappen des Gemahles der Herzogin bezeichnen (bekanntlich ein Greif), der auf der linken Seite befindliche Löwe aber das Familien=Wappen der Herzogin. Weder Herzog Albrecht I., noch irgend einer seiner männlichen Nachkommen haben je einen Löwen im Siegel geführt! Dieser Löwe im Siegel der Herzogin Marie, verglichen mit den sonst vorhandenen Nachrichten, setzen uns dann in den Stand, die Abstammung der Herzogin Marie richtiger ausmitteln zu können, als wie bisher, nach den Angaben der bis jetzt bekannt gewordenen pommerschen Chronisten geschehen ist. Alle diese Chronisten lebten nämlich beträchtliche Zeit später, als die Herzogin Marie, und bei aufmerksamer Prüfung ihrer Erzählungen läßt es sich nicht verkennen, daß sie die, von ihnen benutzten, für uns verlornen alten Nachrichten mit ihren eigenen Meinungen vermischten, dadurch aber sehr oft jene richtigen Nachrichten entstellten. Namentlich ist dieß bei Kanzow der Fall. Wahrscheinlich fanden jene Chronisten in den Quellen, woraus sie schöpften, die Bemerkung, daß Herzog Barnim die Tochter des Herzoges von Sachsen im Jahre 1225 geheirathet habe. Ihnen waren als Herzog von Sachsen nach Heinrich des Löwen Achtserklärung nur die Nachkommen des Herzoges Bernhard I. aus dem Hause Anhalt bekannt, und so bezogen sie denn die Nachricht von der Abstammung der Herzogin Marie auf den im Jahre 1225 gelebt habenden Herzog Albrecht von Sachsen. Wir wissen aber aus den Urkunden und sonstigen Belegen, welche in den Orig. Guelph. bekannt gemacht sind, daß auch Heinrich des Löwen Sohn, der Pfalzgraf Heinrich, sich Herzog von Sachsen nannte und auch von Anderen als ein Herzog von Sachsen bezeichnet ward. Zu jener Zeit war die Macht der Söhne des Herzoges Heinrich des Löwen, der Verbündeten Waldemar's II., Königes von Dänemark, im nördlichen Deutschlande vorherrschend, eine Befreundung mit ihnen folglich für den minderjährigen pommer=


1) Denn Kosegarten's Muthmaßung, daß dieß Siegel dasjenige des Klosters sei, möchte wohl keiner Widerlegung bedürfen.
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schen Herzog, wie bereits oben erwähnt worden, aus politischen Gründen sehr wünschenswerth, und wenn es nicht unwahrscheinlich ist, daß Kanzow, bei Erzählung der, gegen das Jahr 1226 (oder 1225) bewerkstelligten Verheirathung der Margarethe (der nachherigen zweiten Frau von Barnim), den Fürsten Witzlaus mit dem Fürsten Barnim und die Margarethe mit der Marie verwechselte 1 ), überdieß aber die Erzählung augenscheinlich mit seinen eignen unrichtigen Ansichten vermehrt hat, so scheint es, als wenn die S. 229 und 244 bei ihm befindliche Nachricht über die Gründe der Heirath auf Barnim's Verehelichung mit der sächsischen Marie aus dem braunschweigischen Hause zu beziehen sind, das Uebrige aber ein Zusatz neuerer Zeit und vielleicht bloß von Kanzow herrührend sei. Pfalzgraf Heinrich, Herzog von Sachsen, führte einen Löwen im Siegel 2 ), gleich wie sich ein Löwe im Siegel der Herzogin Marie von Pommern, Tochter eines Herzoges von Sachsen, findet. Daß Pfalzgraf Heinrich, außer der mit Otto, Herzoge von Baiern, verehelichten Agnes und außer der mit dem Markgrafen Hermann IV. von Baden verheiratheten Irmengard, noch andere Töchter gehabt habe, ist eine bereits ausgemittelte Thatsache 3 ). Albrecht von Stade bezeugt beim Jahre 1202: "Rex Otto duci Danorum (Waldemaro) filiam fratris sui Heinrici in Hamburg desponsavit, et sororem ducis, Helenam, fratri suo Wilhelmo" 4 ); nur ist der Name dieser mit Waldemar II. verheirathet gewesenen, bereits im Jahre 1204 gestorbenen, sehr jungen Tochter des Pfalzgrafen Heinrich ungewiß, und, weil man gefunden hatte, daß eine seiner Töchter Marie geheißen, aber nicht wußte, wo diese Marie geblieben sei, so muthmaßte man, daß sie die Gemahlin Waldemar's II. gewesen, jedoch bald nach der Heirath durch den Tod hinweggerafft sei. Jene Namensungewißheit auf der einen Seite, die Gewißheit auf der andern Seite, daß Barnim die Tochter eines Herzoges von Sachsen im Jahre 1225 geheirathet habe, welche Marie


1) Solche Verwechselung der Personen finden sich mehrfach bei ihm, s. z. B. oben S. 42. Anm. 1.
2) S. Orig. Guelph. T. III. Tab. XVIII ad p. 231.
3) Ueber die im Jahre 1226 mit Friedrich, Herzoge von Oesterreich, vermählte Gertrud vgl. (Kochs) Versuch einer pragmatischen Geschichte des Hauses Braunschweig=Lüneburg S. 73, 78.
4) Vgl. damit: Orig. Guelph. T. III. S. 172 und Gebhardi's Geschichte von Dänemark (in der Forts. der allg. Welthist. Thl. 82.) S. 513 not. x.
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hieß, mit dem Pfalzgrafen Heinrich, Herzoge von Sachsen, einerlei Siegel führte, und die übrigen vorstehend entwickelten Gründe, scheinen dann zu dem Schlusse zu berechtigen, daß Heinrichs's Tochter Marie nicht mit Waldemar II. verehelicht gewesen und im Jahre 1204 gestorben. sondern daß sie die, im Jahre 1225 mit Barnim II., Herzoge von Vorpommern, vermählte Marie oder Marienne sei, Waldemars Gemahlinn aber einen ändern Namen gehabt habe.

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