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Gerd Dettmann, Johann Joachim Busch, der Baumeister von Ludwigslust. Mecklenburgische Monographien, Rostock [1929].

Gerd Dettmann hat durch diese Arbeit einem der größten Künstler Mecklenburgs das verdiente Denkmal gesetzt, das man längst in einer zusammenhängenden Schilderung der um das Ende des 18. Jahrhunderts einsetzenden Kunstentwicklung des Landes vermißt. Um so mehr, als Busch'ens künstlerische und berufliche Nachfolger Barka und Severin bereits ihre Würdigung gefunden haben 1 ), Diesen gegenüber muß Busch, schon wegen der Art und des Umfanges der ihm erteilten Aufträge, eine überragende Stellung zugewiesen werden. Über das persönliche Leben des Busch mußte sein Biograph, da sehr wenig davon bekannt ist, kurz hinweggehen, doch konnte die Begabung für die Kunst aus der Familientradition für ihn selbst und auch mit einiger Sicherheit für seine Gattin nachgewiesen werden. Um so gründlichere Behandlung haben seine Werke erfahren, als deren wichtigste die Kirche und das Schloß in Ludwigslust auch hier genannt seien. In diesen Werken sind alle Einzelheiten auf ihren Ursprung hin mit gründlichem Quellenstudium verfolgt und nachgewiesen. Weiter ist auch der Einfluß, den der Herzog Friedrich auf die unter seiner Regierung geschaffenen Kunstwerke gehabt hat, treffend gewürdigt. Dessen Regierung fällt in eine Zeit, die bei äußerer Dürftigkeit neuen, idealen Zielen zustrebte, die nur durch eine verständige Wirtschaft, wie sie der Herzog eben führte, erreicht werden konnten. Der die Künste und Wissenschaften mit Sachkenntnis fördernde Herzog, der selbst seine Kenntnis auf einem Studium aller wichtigen Literaturerscheinungen seiner Zeit gründete, hat auf die Werke Johann Joachim Buschs einen überall spürbaren Einfluß geübt. Busch hatte das Unglück, für seine künstlerischen Neigungen zu spät geboren zu sein. Er ragte mit seiner Kunst in zwei Epochen hinein, deren ältere mehr seinem eigenen Empfinden entsprach, während die neue von dem weiter blickenden und den Geist der Zeit besser abschätzenden Herzog gefördert wurde. Pastor D Dr. Schmaltz sagt gelegentlich der Besprechung der Ludwigsluster Kirche 2 ): "Zwei Seelen wohnen in diesem auf der Grenzlinie zweier Epochen stehenden Manne, auf der einen Seite die der barocken, in ihrer Leidenschaft die Schranken des Diesseits durchbrechenden Raumphantasie, auf der andern der Geist des kommenden Klassizismus mit seiner strengen Form und seinem in schöner, ausgeglichener Ruhe schwebenden Gleichmaß." So weist auch Dettmann in interessanter Weise nach, wie Busch immer wieder aus dem Barock, insbesondere aus dem Louis XVI., schöpft und sich seine Werke eine Wandlung zum Klassizismus gefallen lassen müssen. Wenn daher diese Werke in ihrer Hauptsache klassizistisch entworfen sind, so kommt doch in manchen Einzel-


1) Vgl. Dobert, J. P.: Bauten und Baumeister in Ludwigslust, Magdeburg 1920, und Thielke, Hans: Die Bauten des Seebades Doberan-Heiligendamm um 1800 und ihr Baumeister Severin, Doberan 1917.
2) Schmaltz, Karl: Die Kirchenbauten Mecklenburgs (S. 83), Schwerin 1927.
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heiten, so namentlich bei manchen kirchlichen Ausstattungsstücken, immer wieder ein romantischer Zug durch. Ich möchte noch weiter gehen als Dettmann und, was dieser nur andeutet, unterschreiben: Busch war wahrscheinlich im Grunde seines Herzens Romantiker, vielleicht unbewußt. Unter den Akten der Kirchenökonomie Waren fand ich um 1900 einen von Busch gezeichneten ersten Entwurf zu einem Orgelprospekt für die dortige Marienkirche, der in einem so glänzenden Rokoko gehalten war, wie es nur jemand entwerfen kann, der romantisch empfindet. Freilich hat es für die exakte Forschung Bedenken, einen Künstler nach seinen Entwürfen zu beurteilen,. und so ist das auch mit Recht von Dettmann vermieden. In der Kunstgeschichte können nur die ausgeführten Werke für die Stellung des Künstlers innerhalb der Kunst seiner Zeit maßgebend sein. Aber der Verfasser wolle es nicht mißverstehen, wenn ich die Bemerkung über eine Äußerung von mir 3 ) mit vorstehender Begründung zurückweise. Aus der ausgesprochenen Vermutung ist überdies eine Behauptung gemacht und nicht berücksichtigt, daß es sich nicht um einen Neubau handelt, sondern um eine "Schürze", die durch die alten Gebäude zu Kompromissen genötigt war, so daß ich nicht anerkennen kann, daß sich in der Güstrower Rathausfassade nichts dem Geiste Buschs Verwandtes finden lasse. Grade das ist, wie auch von Dettmann richtig erkannt, eine besondere Größe des Busch, daß er sich in die verschiedensten Stilrichtungen, häufig sich fremden Wünschen fügend, einzuarbeiten verstand, namentlich aber, daß er dem Wert jeder Aufgabe angemessen Rechnung trug. In seinen Friedhofsbauten wußte er die Stimmung der Zeit einem Friedhof gegenüber richtig wiederzugeben, den Bürgerhäusern verlieh er eine ihrer Bedeutung entsprechende Gestaltung und brachte sie in einen sehr glücklichen Gegensatz zu dem Schloß des Landesherrn. Welche Schwierigkeiten die kirchliche Kunst damals dem schaffenden Künstler bot, ist von Dettmann bei Schilderung der Ludwigsluster Kirche überzeugend dargelegt, so daß man erkennt, weshalb die Aufgabe letzten Endes ungelöst bleiben mußte. Auf die liturgische Bedeutung des dem Kirchenbaukongreß in Dresden 1906 um mehr als ein Jahrhundert vorauseilenden Baues einzugehen, würde wohl zu weit geführt haben. Berichtigend ist zu bemerken, daß der rosa Anstrich in der Vorhalle der Kirche erst aus dem Anfange dieses Jahrhunderts stammt. Ich kenne die Kirche noch mit völlig weißem Anstrich; wie dieser ursprünglich war, ist nicht bekannt. Daß Dettmann den jetzigen Anstrich für den ursrünglichen hält, ist ein Zeichen, daß der Ton stilgerecht getroffen ist. Die Dettmannsche Schrift gibt den Künstler Busch, wie er sich in seinen Werken darstellt, richtig und in ansprechender Form wieder, so daß ihm dafür der Dank der interessierten Kreise des Landes gebührt und gesagt sei.

Johann-Friedrich Pries.


3) S. 62 Fußnote.