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VI.

Briefe Blüchers an den
Großherzog Friedrich Franz I.

mitgeteilt von

Werner Strecker.

Vignette
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Z wischen dem Großherzog Friedrich Franz I. und dem Feldmarschall v. Blücher bestand ein freundschaftliches Verhältnis, das nicht erst durch Blüchers Ruhm begründet wurde. Dies bezeugt der Briefwechsel zwischen beiden aus den Jahren 1787 - 1790. Das Schweriner Archiv bewahrt sieben Briefe Blüchers aus dieser Zeit an den damaligen Herzog Friedrich Franz. Aus späterer Zeit (1817) ist nur einer erhalten. Der früheste vorhandene Brief ist aus Berlin, vom 27, März 1787 datiert. Blücher hatte soeben (23. März) nach langem Harren die Erlaubnis erhalten, wieder ins preußische Heer einzutreten, als Major bei seiner alten Truppe, dem Schulenburgischen, vormals Bellingschen Husarenregiment. Hiervon machte er dem Herzoge, in dem er als geborener Mecklenburger immer noch seinen Landesherrn sah, alsbald Mitteilung und dankte zugleich für die seinem "guten, aber unglücklichen Bruder" 1 ) erwiesene Gnade. Im Jahre darauf (14. Juni 1788) meldete Blücher aus seinem hinterpommerschen Standort Rummelsburg seine Beförderung zum Obristleutnant. Auf beide Schreiben empfing er freundliche, glückwünschende Antworten. Sein nächster Brief an den Herzog ist ebenso wie die folgenden hauptsächlich im Interesse seines für den Militärdienst bestimmten Neffen geschrieben. Der Brief 2 ) lautet:

Allergnädigster Landes=Herr.

Ich war fest entschloßen, Euer Hochfürstlichen Durchlauchten meine tiefste Submission persöhnlich zu bezeugen. Ein Krank-Lager von 7 Wochen beraubte mich diese Glückseeligkeit und nun sind die Aussichten hier so, daß man sich vom grossen Haufen nicht entfernen darf. Ich nehme dieserhalb zu meinem innigst geliebten Landes-Herrn meine Zuflucht schriftlich, von einen Vertrauen beseelt, was Euer Durchlaucht durch Gnade und Herablaßung mir eingeflößt. Mein Bruder-Sohn 3 ) hat das Glück, Eure Durchlaucht als Page zu dienen. Als ein armer Edelmann ist für ihm


1) Gemeint ist Siegfried Ulrich v. B., Oberforstmeister in Testorf bei Zarrentin (Wigger, Gesch. d. Familie v. Blücher, II, 1, S. 158 ff.).
2) Wie alle hier erwähnten Briefe Blüchers aus der Zeit bis 1790 von fremder Hand geschrieben. Unterschrift eigenhändig.
3) Gustav v. Blücher, geb. 1770, gest. 1854 als preußischer Major, Sohn des Oberforstmeisters Siegfried Ulrich v. B., Wigger a. a. O. S. 161 ff.
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keine andere Bestimmung, als sich einen rühmlichen Todt oder ein mäßiges Auskommen im Militair-Dienst zu erwerben. Erlaubten es also Euer Durchlaucht, so würde ich diesen jungen Menschen in hiesige Dienste, und zwar bei dem Regiment, wobei ich stehe, anzubringen suchen, der Cheff ist mein Freundt und ich darf auf seinen Beistand zur Fortun meines Neffen rechnen, allein, Gnädigster Landes-Herr, sein Vater ist arm und kann ihm mit nichts unterstützen; für mich wäre dieses Pflicht, ich habe aber selbst starcke Familie und bin in Ansehung meiner Oeconomie mit Beschämung sen es gesagt, vielleicht mehr Kind als mein Bruder-Sohn. Allergnädigster Herr, geruhen Sie diesen jungen Menschen eine geringe Zulage monathlich, so lange er Juncker ist, zu accordiren, für diese allerhöchste Huld werde ich täglich zum heiligen Subiesky flehen, daß er durch hundert gutte Jahre den Appetit meines innig geliebten Landes-Herrn so erhalte wie beim Punsch unter den Krohn-Leuchter in der Stadt Paris 4 ).

Mit mich geht dieser mein Schutz-Patron tyranisch um, vor das zu viel genoßene Gute zu Berlin hat er mich die gantze Woche ordinairen Wein zu trincken verurtheilt, und nur am Sontage ist es mich erlaubt, beim Punsch für die Gesundheit meines liebeswürdigsten Landes-Herrn zu flehen, welches denn auch von ganzen Hertzen geschiehet.

Es hat allen Anschein, das wir aufs Früh-Jahr marschiren werden, ich gehe mit den Entschluß, mich so zu verhalten, daß Euer Hochfürstlichen Durchlaucht mit dem Betragen Ihres Vasallen zufrieden seyn. Im voraus bitte zu dieser Wallfahrt um den Seegen des besten Fürsten, für den ich mit die Gesinnungen der tiefsten Verehrung und Submission lebens-lang seyn werde

Euer Hochfürstlichen Durchlauchten
  alleruntertänigster und gewiß treuster Diener
            Blücher,

Rummelsburg in Pommern
   den 14t. Decbr. 1788.


4) Der heilige Sobiesky und der Kronleuchter in der Stadt Paris, offenbar einem Berliner Gasthof, spielen schon in der früheren Korrespondenz eine Rolle. Blücher bezeichnete sich als Mundschenk des Königs von Polen Johannes Sobiesky. Es muß sich dabei um irgend einen Ulk handeln.
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Auf der Rückseite dieses Briefes findet sich folgender Vermerk von der Hand des Herzogs:

Ich habe unter dem heutigen Dat. auf dem, was wegen des Supl. Neveu in diesem Briefe stehet, folgendes geantwortet. - -Was Sie mich wegen Ihren Neveu schreiben, will ich ihm, bis daß er Officir wird, mit einem Louisd'or monathl. gerne accordiren und Ihnen das Geld in Quartal-Ratis durch meinen Cab.-S. 5 ) Foeldtner richtig übermachen lassen, nur wan er Officir wird, muß ich zum voraus sagen, finde ich mich außer Stande, ihm weiter zu helfen, da ich zuviel junge Leute auf meine Tasche habe und ich ehe die Zahl zu vermindern als zu vermehren suche.

Llust 26. Dec. 88.                    F. F. H. z. M.

Am 20. Februar 1789 dankte Blücher für die dem Neffen gewährte Zulage. Als dann im nächsten Jahre Preußen gegen Österreich mobil machte, meldete er am 16. Mai aus Rummelsburg dem Herzoge, daß der Befehl zum Aufbruche gekommen sei, und bat, seinem Neffen, der als ältester Junker des Regiments die Garnison verlasse, zur Equipierung zu verhelfen, sobald er Offizier werde. Der Feldzug bestand in einem Aufmarsch an der schlesisch-böhmischen Grenze, verlief unblutig und wurde durch den Vertrag von Reichenbach beendet. Aus dem Aufmarschgebiet schrieb Blücher:

Durchlauchtigster Herzog,
Gnädigst und innigst geliebter Herr und Landes=Vatter.

Ew. Hochfürstlicht Durchlauchten melde allerunterthänigst, wie mein Bruder-Sohn durch die Allerhöchste Gnade des Königs zum Cornet avancirt. Da er aber vorjetzt noch über-completter Officier ist und kein Tractament genießt, so fält die gantze Last seiner Unterhaltung auf mich. Bey dem besten Willen und Überzeugung meiner Pflicht, ihm helfen zu müßen, herßt doch in meinen Finanz-Umständen für dieses Jahr gäntzlicher Mißwachß, so daß ich nicht absehe, wie ich und mein Cornet ohne Wunder durchkommen werde. Mich bleibt nichts übrig, als Ihnen, Allergnädigster Herr, bey dem heiligen Subiesky zu beschweren, Ihre wohlthuende Hand nicht von uns abzuziehen, denn voll Vertrauen zu der Gnade des besten innig geliebtesten Landes-Vater wage ich es, aller-


5) Cabinet-Secretair.
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unterthänigst zu bitten, den angehenden Krieger zu Anschaffung seiner Officier-Equipage ein Gnaden-Geschenk angedeyen zu laßen. Der junge Mensch hat durch Dienst-Fleiß und guter Aufführung die Liebe und Achtung aller Officier erworben, und ich darf zuversichtlich hofen, daß der Dienst des Königes einen rechtschaffenen Officier an ihm erhalten wird. Ich übergebe sein Schicksahl der Allerhöchsten Gnade Ew. Hochfürstl. Durchlaucht und dancke allerunterthänigst für die bishero mich und ihm erzeugte Gnade.

Wir stehen hier im Angesichte unserer Gegner, Feinde darf ich leider noch nicht sagen, weil die Krieges-Operationen noch nicht angefangen. Meine Feld-Wachten und die der Östreicher stehen so, daß sie mit einander sprechen können. Vor einigen Tagen genoß ich daß Glück, den Herrn Hertzog von Sachßen-Weimar bey mich zu sehen, wir hatten eine Unterredung mit den östreichischen Officiers und trancken nachhero die Gesundheit Sr. Durchlaucht des regierenden Herrn Hertzogs von Mecklenburg=Suerin, meines allergnädigsten Herrn. Sr. Durchlaucht der Herr Hertzog von Weimar trugen mich auf, Ew. Durchlaucht viele Empfehlung zu machen.

Da der General-Feld-Marschall Laudan 6 ) todt ist, so könte das General-Commando in Böhmen und Mähren wohl an den durchlauchtigsten Bruder meiner vortreflichsten Landes=Mutter, den Printzen von Coburg 7 ), gelangen, ich mache diesen Schluß, weil ich dencke, der König Leopold werde die preusche Armee die Ehre wiederfahren laßen, ihr den grösten und besten seiner Generale entgegen zu stellen.

Allergnädigster Herr, ich kann vor jetzt von kriegerischen Begebenheiten nichtes melden, wir sehen voll sehnlicher Erwartung Mord und Todtschlag entgegen, und ich hofe nicht, daß es ohne Meßung beider Armeen abgehen würde. Solten wir ohne Arbeit nach Hause gehen, so traure ich, wie man um den Verlust einer Braut trauret, mit Freuden will ich im Dienst meines nicht genug zu liebenden Königes mein


6) Frh. v. Laudon, gest. als österreichischer Oberbefehlshaber gegen Preußen am 14. Juli 1790.
7) Das hier angegebene Verwandtschaftsverhältnis stimmt nicht. Der österreichische Feldmarschall Josias von Sachsen-Koburg war ein entfernter Onkel der Gemahlin des Großherzogs Friedrich Franz, Luise von Sachsen-Gotha-Roda.
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Leben verbluten, wenn ich ihm nur dadurch überzeugen kann, daß ich seine mir bewiesene Gnade nicht gantz unwürdig war. Daß Regiment, wobey ich diene, hat einen sehr weiten Marsch anhero machen müßen, wir fühlen uns aber unbeschreiblich glücklich, gewählt zu seyn, unter die Augen unseres Königes zu fechten.

Die erste kriegerische Operation, so wir machen, und den Ausgang davon will ich, insofern es mir erlaubt ist, Ew. Durchlaucht allerunterthänigst und wahrheits-treu melden, wie ich denn eine jede Gelegenheit freudig ergreife, mich zu der Gnade meines innigst geliebtesten Landes-Herrn zu emp-fehlen, und so verharre ich lebenslang mit der treusten, tiefsten Verehrungen und Submission

Ew. Hochfürstlichen Durchlaucht,
    meines Allergnädigsten Landes-Herrn
   allerunterthänigster und treuster Diener
              Blücher.

Michelsdorff über Landshuth,
   den 28t. July 1790.

In seiner Antwort vom 24. August 1790 bedauerte der Herzog, die Bitte Blüchers um Unterstützung seines Neffen diesmal nicht erfüllen zu können. Zugleich wünschte er B. Glück zu seiner Ernennung zum Obristen, von der er schon gehört hatte, bevor Blücher sie ihm in einem kurzen Schreiben vom 15. August aus dem Kantonierungs-Quartier Gramschütz meldete.

Seinen letzten erhaltenen Brief an Friedrich Franz I. hat Blücher 1817, zwei Jahre vor seinem Tode, auf seiner schlesischen Besitzung Krieblowitz geschrieben. Der Brief 8 ) ist offenbar eine Antwort auf eine Einladung, den Besuch in Doberan zu wiederholen, den der Feldmarschall im Jahre vorher abgestattet hatte:

Aller-Gnedigster Herr.

Sie sind so unbegrentz gnädig, daß ich in dieser Stunde abreiste, um Ihnen den allergehorsamsten und inigsten Danck persöhlig dahrzubringen, wen nicht unzubeseittigende Hindernisse mich hir zurückhielten, ich habe Gütter gekauft und verkauft, welche gerade ietzst von mich übergeben und übernomen werden dazu habe ich ein großen Bau angefangen,


8) Ganz eigenhändiges Schreiben.
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der zur Erndte vollendet sein muß, kurtz, mein Geschick veruhrteillt mich, dieses Jahr ein Mist-Vinke zu sein. Mit meinem Denken bin ich vihl bey Ihnen in Doberan, und die libevolle Ahrt, womit Sie, gnedigster Herr, die hübschen jungen Dames zu gewinnen wissen, steht mich lebhaft vor Augen. Meine Frau und noch immer kranke Schwigertochter, die trostloß sind, daß auß unserer Reiße nach Doberan nichts werden kan, habe ich in Karlsbad gelassen, in diesem Bade bin ich 22 Tage gewesen und habe vihl Wasser verschluckt, aber sie krigen mich da nicht wider; nachdehm ich in Doberan Empenger so viller Gütte und Wolwollen des besten Fürsten geworden, sind mich alle Bähder zuwider. Nostitz 9 ), der treue Gefehrte meiner frohmen, auch woll liderligen Stunden, legt sich danckbahr zu Füssen vor daß gnedige Andenken. Mein 2t. Adjutant, Obristl. v. Strantz ist jetzst eben beschefftigt, eine sehr hübsche Frau zu nehmen, ich und Nostitz sehen seiner Ankunft mit Verlangen entgegen, und wihr sind entschlossen, ihm metodice zu kröhnen. Meine Tochter ist mit Medelgen (?) auf ihrem Landsitz, deß Herrn Gemahls 10 ) Condouite in Doberan hat ihr nicht behagt, sie glaubt, der Herr Vater habe eben keine Anweisung gegeben, die führ der Frau beruhigent wehre.

Mein jüngster Sohn, der ietzst in Pomern ist, wird wahrscheinlig der einzige von der Familie sein, der so glücklige Tage wider verleben wird und Ihnen, gnedigster Herr, die Huldiung der gantzen Bruht überbringen wird, Der verdamte Kerdell, der Borstell 11 ) hat in Karlsbad kaldtblüttig daß Geld gewonnen und wollte nicht einmahl eifersügtig werden. Nun, allergnedigster Herr, vergessen werden Sie mich nicht, daß ist wider Ihren Caracter. Könnte ich Sie und Ihre Gütte je vergessen, so mag mich Gott auch vergessen.

Grieblowitz b. Breslau,
   d.10t. July 1817.                G. Blücher.

Vignette

9) Graf v. Nostitz, seit 1813 Blüchers Adjutant.
10) Blüchers Tochter Friederike war seit 1814 in zweiter Ehe mit dem Grafen Karl Maximilian v. d. Asseburg vermählt, Wigger a. a. O. S. 584.
11) Wahrscheinlich der preußische General Karl v. Borstell.