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3. Die Gründung der Stadt Malchin 534 ).

Ein Jahr später als die Gründung Malchows erfolgte die von Malchin. Sie steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Eroberung des Landes Malchin durch Nikolaus von Werle, der dies Gebiet im Frühjahr des Jahres 1236 den Pommernherzögen entriß 535 ). Denn bereits am 7. April 1236 wurde die Stadt von dem Fürsten von Werle durch Verleihung des Schweriner Stadtrechtes an die cives von Malchin gegründet 536 ). Er wollte mit dieser Stadtgründung das Land Malchin, das nach seiner eigenen Aussage einer Wüste glich 537 ), wirtschaftlich fördern und durch Verleihung des Schweriner Stadtrechtes an die Stadt Malchin, das er auch seinen übrigen


534) Vgl. Schlie a. a. O. Bd. 5, S. 84 ff.; Bachmann a. a. O. S. 423; H. Gotthardt, Sagen der Vorzeit Malchins und Denkwürdigkeiten der Stadt, 1862; F. Brockmann, Malchiner Chronik, 1902.
535) Vgl. Witte a. a. O. Bd. 1, S. 165.
536) M.U.B. I, 449.
537) M.U.B. I, 514: "Solitudinem satis spaciosam".
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Städten gegeben hatte (quod ceteris ciuitatibus nostris dedimus), diese und das neu gewonnene Gebiet an seine Herrschaft binden. Malchin liegt an der pommerschen Grenze. Es hat durch seine Lage an der Peene und am Kummerower See, der zur Hälfte zu Pommern gehört, auch geographische Verbindungen zu diesem Lande, eine Tatsache, die im Mittelalter in einer Zollbegünstigung der Malchiner Bürger in Pommern und der Zulassung der um Malchin liegenden pommerschen Dörfer zum Malchiner Markt auch wirtschaftlich ihren Ausdruck fand 538 ).

Vor der Stadtgründung hat anscheinend keine frühere Siedlung mit dem Namen Malchin bestanden, die von Menschen bewohnt war. Denn noch im Jahre 1240 beschreibt der Gründer der Stadt, Fürst Nikolaus, das Land Malchin, wie er es vorfand, als er es im Jahre 1236 von Pommern erwarb, als eine "Einöde, die hinreichend Raum hatte" 539 ).

So erklärt sich auch, daß der Stadt Malchin bei ihrer Gründung eine Feldmark zugewiesen wird, deren Begrenzung den Bürgern vom Landesherrn nicht vorgeschrieben, sondern diesen selbst überlassen bleibt 540 ). Land war also in Hülle und Fülle vorhanden, das von niemand bebaut und auf das von niemand Anspruch erhoben wurde. So mag es sich auch erklären, daß die Malchiner Pfarre im Jahre 1247 mit nicht weniger als 17 Hufen dotiert wurde 541 ). Es erscheint auch als ausgeschlossen, daß der noch heute "südöstlich von der Stadt vor dem Mühlentor in den weiten Wiesen an der Oberpeene" erhaltene "Burgwall" noch zur Zeit der Stadtgründung von einer Besatzung beschützt war, besonders weil uns urkundlich von der alten Slawenburg nichts überliefert ist und in späterer Zeit die landesherrliche Burg in der Stadt lag 542 ). Allerdings kommt der Name "Malekin" bereits in einer pommerschen Urkunde vor, die angeblich aus dem Jahre 1215 stammt 543 ). Anscheinend ist in der Urkunde mit Malchin ein slawisches Dorf gemeint, das wohl sicherlich, wie aus dem


538) M.U.B. II, 807; III, 1853.
539) M.U.B. 514.
540) Dedimus eciam eidem ciuitati agros adiacentes ... cum disterminacione, qua ipsa curauimus disterminare.
541) M.U.B. I, 589. Im Bistum Ratzeburg betrug die Dotation der Pfarren nur ca. 2 Hufen. Vgl. M..U.B. I, 375.
542) M.U.B. XVIII, 10334.
543) M.U.B. I, 219.
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slawischen Wort Malchin hervorgeht, einst existiert haben wird. Die Urkunde von 1215 ist uns in zwei inhaltlich verschiedenen Ausfertigungen erhalten, die beide für echt gehalten werden. Mir scheint die Erweiterung, die die längere Fassung (B.) gegenüber der kürzeren (A.) mit der Schenkung des halben Malchiner Sees an das Kloster Arendsee enthält, ein späterer Zusatz zugunsten des Klosters Arendsee zu sein. Denn es ist auffällig, daß gerade in diesem Teil das deutsche Wort "uosgrouen" vorkommt, das im Jahre 1215 als Flurbezeichnung für die Malchiner Gegend noch nicht vorhanden gewesen sein kann, da die deutsche Kolonisation im Lande Malchin erst durch Nikolaus von Werle wirklich in Angriff genommen wurde 544 ). Weil aber das Wort Malchin nur in dieser Erweiterung der Fassung B. vorkommt, so ergibt sich, daß wir kein sicheres urkundliches Zeugnis über das Vorhandensein einer Ortschaft Malchin vor dem Jahre der Stadtgründung besitzen.

Angesichts dieser Tatsachen erscheint die Behauptung von Schmaltz, daß das Malchiner Kirchspiel, weil es anscheinend ursprünglich das ganze Land Malchin umfaßte, "fraglos" älter als die Gründung der Stadt sei, als unwahrscheinlich 545 ). Wiederum dürfte also die Theorie von Schmaltz, daß ein Burgwardkirchspiel vor der Kolonisation gegründet sei, nicht anwendbar sein. Denn wie die Malchiner Kirche erst nach dem Jahre 1236 gebaut wurde 546 ), so erfolgte auch die Grenzbestimmung des Malchiner Kirchspiels und deren Tochterkirche Basedow erst im Jahre 1247 bei der Malchiner Kirchweihe 547 ). Nimmt man dazu, daß in der Zeit vor der Stadtgründung eine Siedlung Malchin, wo ein Priester sich aufhalten konnte, offenbar nicht existierte, so hat die Behauptung von Schmaltz keinerlei Berechtigung. Mit der Stadtgründung zugleich, die den Beginn einer tatkräftigen Neubesiedlung des Malchiner Landes bezeichnet, erfolgte auch erst die Organisation des Malchiner Kirchspiels, dessen erster Pfarrer als Zeuge bei der Gründung Malchins genannt wird 548 ).


544) Die Namen der Zeugen der Urkunde von 1215 sind sämtlich slawisch. Vgl. ferner M.U.B. I, 514. Außerdem ist zu beachten, daß das Dorf Rottmannshagen in der Nähe Malchins erst im Jahre 1261 kolonisiert wurde. Vorher hatte es den Namen Rathenowe (M.U.B. II, 945).
545) M.J.B. 72, S. 181 ff.
546) Vgl. Reifferscheid a. a. O. S. 130 ff.
547) M.U.B. I, 589.
548) Olricus parrochianus de Malchyn.
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Die Stadt Malchin selbst ist offenbar eine Gründung aus frischer Wurzel. Den Malchinern wird ebenso wie den Malchowern erst bei der Stadtgründung eine Feldmark zugewiesen. Man kann daraus schließen, daß die Malchiner Bürger vor der Stadtrechtsverleihung noch keine Feldmark in einem Dorf bebauten. Der Stadtplan bestätigt uns die urkundliche Überlieferung. Er ist bereits in dem grundlegenden Werk der Stadtplanforschung von Johann Fritz als typisches Beispiel der Anlage einer Kolonialstadt veröffentlicht worden 549 ). Die Stadt ist kreisförmig angelegt. Von dem quadratischen Marktplatz im Zentrum der Stadt gehen die Straßen rechtwinklig nach allen Seiten hin ab. Da Malchin eine Gründung aus frischer Wurzel war, ist es auch wahrscheinlich, daß bei der Anlage der Stadt Lokatoren mitwirkten. Man kann sich auch kaum denken, daß der Stadt als der Gesamtheit der Bürger das Recht verliehen worden sei, die Begrenzung ihrer Feldmark selbst vorzunehmen, wie dies in der Urkunde zum Ausdruck kommt. Wahrscheinlicher ist, daß dies vielmehr Unternehmern übertragen wurde, die im Namen des Landesherrn die Anlage der Stadt durchführten. Für ihre Tätigkeit erhielten die Unternehmer dann die Einnahmen, die im Schwerin-Güstrower Recht den Ratmännern als Lokatoren zufielen; sie wurden wahrscheinlich als Stadtrat eingesetzt. Vielleicht haben wir in den vier Bürgern von Malchin (Jugardus, Gernandus, Salemon, Lambertus), die uns in der Gründungsurkunde als Zeugen genannt wurden, die Unternehmer zu suchen. Anscheinend war die Stadt Güstrow auch an der Gründung Malchins beteiligt. Denn die Urkunde der Stadtrechtsverleihung ist in Güstrow ausgestellt und auch von zwei Güstrower Bürgern bezeugt worden. Dabei ist es auffällig, daß Dietrich von Sandow auch als Güstrower Zeuge schon bei der Gründung Malchows genannt wird. Vielleicht waren seine Beziehungen zum deutschen Mutterland weitreichend und sein Interesse an der deutschen Kolonisation besonders groß.


549) J. Fritz a. a. O. Tafel 2.