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2. Die Gründung der Stadt Malchow 516 ).

Nikolaus I., auf dessen städtefördernde Politik bereits eingegangen wurde, beginnt die Reihe seiner Stadtgründungen


516) Schlie a. a. O. Bd. 5, S. 391 ff.; Bachmann a. a. O. S. 423; Lisch, Urgeschichte des Ortes Malchow, Schwerin 1867; Evers, Jahrbuch für Malchow und Umgegend, 1903.
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mit der Malchows am 14. März 1235 517 ). Malchow liegt auf einer Insel in der Elde an einer Stelle, wo dieser Fluß seine größte Breite erreicht. Diese Lage Malchows bringt es mit sich, daß es zu allen Zeiten ein wichtiger Übergangspunkt über die Elde gewesen ist.

Sie war jedoch nicht die früheste Siedlung, von deren Existenz an dieser Stelle uns die Quellen berichten. Schon der slawische Name Malchow läßt darauf schließen, daß zur Wendenzeit eine slawische Ansiedlung in dieser Gegend gestanden haben muß. Tatsächlich wird uns auch berichtet, daß es hier eine Burg und ein Heiligtum gegeben hat 518 ). Beide wurden zwar im Verlauf des Wendenkreuzzuges im Jahre 1147 zerstört, anscheinend aber bald darauf wieder hergestellt, da die Burg im Jahre 1160 nach dem Tode Niklots von Heinrich dem Löwen mit Ludolf von Peine als Burgvogt besetzt wird 519 ). In den Kämpfen um die endgültige Bezwingung der Wenden spielte die Burg, nunmehr im Besitz Heinrichs des Löwen, auch fernerhin eine Rolle. Nach der Schlacht bei Verchen (1164) verschwindet ihr Name aus der Geschichte. Ihre Lage vermutet Lisch "auf dem Südufer der Elde der Stadt schräge gegenüber auf einem niedrigen Vorsprung der jetzigen Laschendorfer Feldmark gegen den Fleesensee," wo ein wendischer Burgwall sich bis auf den heutigen Tag erhalten hat. Die Bedeutung dieser Burg in slawischer Zeit war sicher nicht gering, da uns noch im 13. Jahrhundert vom Lande (terra) Malchow berichtet wird und wir aus dieser Bezeichnung schließen können, daß Malchow Mittelpunkt eines ganzen Burgbezirks war, der nach ihr benannt wurde. Es ist anzunehmen, daß außer der Burg und dem Heiligtum hier auch noch ein wendisches Marktdorf Malchow existierte. Darauf deutet anscheinend noch der Name eines Gehöftes auf dem südlichen Ufer der Elde nahe bei der Burg hin, der "Wiksol" lautet und in seinem ersten Teil den Namen für wendische Marktsiedlungen enthält 520 ). Außerdem führt auch ein Mal-


517) M.U.B. I, 433.
518) Magdeburger Annalen zum Jahre 1147. Vgl. Wigger, Meckl. Annalen, S. 113a, 126a.
519) Helmold, Chronica slavorum M.G.SS. XXI, S. 81.
520) Lisch a. a. O. S. 7. Die Burgdörfer bei den Burgen Werle, Rostock und Marlow führten die Bezeichnung Wiek. Vgl. dazu M.J.B. 46, S. 158. "Vicus enim in slavonico proprie civitas, in qua forum exercetur. Nunquam aliqui dicunt: transeamus ad civitatem, sed: vadamus ad wyk (Bog. 1250)".
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chower Bürger im 13. Jahrhundert den Namen "de Wic", der auch auf eine Wiek bei Malchow hindeutet. Vielleicht ist uns dieses wendische Marktdorf noch in dem späteren Dorf Alt-Malchow erhalten, das der Stadtinsel an dem südlichen Eldeufer gerade gegenüber liegt und uns im Jahre 1285 als Dorf zuerst genannt wird 521 ). Zwar hat man bisher behauptet, daß Alt-Malchow ein deutsches Kolonistendorf gewesen sei, aber für diese Behauptung kann man bis heute keinerlei Beweise beibringen. Es spricht vielmehr dagegen, daß die Bezeichnung "Alt" bei Wismar und Güstrow für eine wendische Siedlung angewandt wird.

Schmaltz behauptet, daß in Alt-Malchow schon vor der Zeit der Kolonisation eine Kirche errichtet sei 522 ). Seine Vermutung vermag jedoch einer ernsthaften Kritik nicht standzuhalten. Denn Schmaltz folgert hier wieder aus der wahrscheinlichen Tatsache, daß Malchow ein Burgwardkirchspiel gewesen ist, daß damit die Alt-Malchower Kirche schon vor der Kolonisation bestanden haben muß, weil die Malchower Stadtkirche erst mit der Stadtgründung zugleich entstanden ist. Wie das Beispiel des Parchimer Kirchspiels und dessen Gründung gezeigt hat 523 ), entspricht diese Theorie von Schmaltz, daß ein Burgwardkirchspiel immer vor dem Beginn der Kolonisation gegründet wurde, nicht dem wirklichen Hergang. Abgesehen von dieser falschen Burgwardkirchspieltheorie kann Schmaltz seine Ansicht nur damit begründen, daß es ihm "undenkbar ist, daß nach der um 1235 mit der Stadt zugleich errichteten Kirche von Neu-Malchow unmittelbar vor dem Tore der Stadt noch eine zweite Pfarrkirche landesherrlichen Patronates (in Alt-Malchow) errichtet worden ist". Mir erscheint dies aber durchaus möglich, zumal wenn man annimmt, daß Alt-Malchow ein Wendendorf gewesen ist und im natürlichen Gegensatz zu der deutschen Stadt stand. Wie Alt-Malchow im Jahre 1285 zum Sitz des Landdings bestimmt wurde, das vorher in der Stadt lokalisiert war 524 ), so mag sich der Gegensatz zwischen Malchow und Alt-Malchow sehr wohl auch noch in der Errichtung einer eigenen Kirche durch den Landesherrn in Alt-Malchow ausgewirkt haben. Der Ansicht von Schrnaltz, daß


521) M.U.B. III, 1781.
522) M.J.B. 72, S. 186.
523) Vgl. S. 92 ff.
524) M.U.B. III, 1781.
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"die Kirche von Alt-Malchow älter sein und in die Zeit vor der Kolonisation zurückreichen muß" 525 ), widerspricht auch die urkundliche Überlieferung, denn während uns die Malchower Kirche zuerst im Jahre 1256 genannt wird 526 ), begegnet uns die von Alt-Malchow erst im Jahre 1298, also ungefähr 40 Jahre später 527 ). Es kommt hinzu, daß nach dem Baustil der Alt-Malchower Kirche deren Entstehung, wenn nicht in eine spätere, so doch zum mindesten in keine frühere Zeit verlegt wird 528 ). Danach ist in Malchow die Stadtkirche, die, wie ihre Baubeschreibung zeigt, erst mit der Stadtgründung zugleich entstanden ist 529 ), die älteste Kirche, und ihr Kirchspiel umfaßte vielleicht zunächst das ganze Land Malchow.

Die Gründung der Stadt im Jahre 1235 erfolgte in der Weise, daß der Fürst Nikolaus von Werle den "cives" von Malchow Schweriner Recht verlieh 530 ). Die Stadt ist eine Gründung aus frischer Wurzel. Man erkennt dies auch daraus, daß der Stadt in der Urkunde von 1235 vierzig Hufen als Feldmark zu allem Recht und Nutzen angewiesen werden, eine Tatsache, die auf die Neusiedlung einer Gemeinde schließen läßt. Durch den Stadtplan wird dieser urkundliche Hinweis bestätigt 531 ). Zwar schrieb die dreieckige Form der Stadtinsel schon gewissermaßen durch ihre Natur den Bebauungsplan vor, indem die Straßen den drei Seiten der Insel folgten, aber die quadratische Form des "alten Marktes" deutet doch auf die planmäßige Anlage der Stadt hin.

Diese Art der Entstehung der Stadt legt die Vermutung nahe, daß auch bei der Anlage von Malchow Lokatoren tätig gewesen sind. Es erscheint in diesem Fall sehr wohl möglich, daß auch in Malchow den consules ebenso wie in Güstrow das Recht auf den Friedensschilling und die Einsetzung eines magister civium auf Grund ihrer Mithilfe an der Anlage der Stadt zugebilligt worden ist. Jedenfalls muß ja der Stadtrat, dessen Aufgaben und Rechte in Malchow durch die Gründungsurkunde festgelegt wurden und mit denen der Güstrower consules übereinstimmten, vom Landesherrn bei der Gründung


525) M.J.B. 73, S. 186.
526) M.U.B. II, 763.
527) M.U.B. IV A, 2503.
528) Vgl. Reifferscheid a. a. O. S. 36/37.
529) Vgl. Reifferscheid a. a. O. S. 133 ff.
530) M.U.B. I, 433.
531) Vgl. den Plan von Malchow bei Evers a. a. O.
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eingesetzt sein; und es ist zu vermuten, daß die ersten Ratmänner vom Landesherrn zur Anlage der Stadt beauftragt waren und dafür die besonderen Privilegien erhielten, die den ersten Güstrower Ratsherren als Lokationsentschädigung erteilt waren. Es entspricht auch dem üblichen Hergang bei Stadtgründungen besser, daß nicht die Gesamtheit der Ansiedler (cives de Malchowe), sondern ein Ausschuß derselben mit dem Landesherrn über die Erteilung des Stadtrechtes verhandelte und die Ansiedlung leitete. Vielleicht haben wir die Lokatoren in den vier Malchower Bürgern zu erblicken, die uns in der Gründungsurkunde von 1235 genannt werden 532 ). Außer dem Landesherrn hat vermutlich auch die Stadt Güstrow bei der Gründung Malchows mitgewirkt. Die Gründungsurkunde wurde in der Stadt Güstrow ausgestellt und enthält in ihrer Zeugenreihe auch die Namen von zwei Güstrower Bürgern. Dazu kommt auch, daß Malchow seinen Oberhof in Güstrow hatte. In späterer Zeit bestanden anscheinend auch Handelsverbindungen zwischen Rostock und Malchow. Aus dem Jahre 1320 ist uns ein Tuchgeschäft zwischen zwei Malchower und einem Rostocker Bürger überliefert 533 ).


532) Rodolphus, Wernerus, Amelingus, Henricus, ciues de Malchow.
533) M.U.B. VI, 4237.