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Hügelgräber von Warrenzin (bei Dargun).
(Katalog Kummer 4729.)

In der Darguner Gegend finden sich eine sehr große Anzahl Grabhügel, die mit keiner der anderen Grabhügelgruppen unmittelbar zusammenhängen; besonders in den schönen Waldungen bei Brudersdorf, Wolkom, Barlin, Upost sind noch Gräber von sehr charakteristischer Form wohl erhalten. Ausgrabungen haben hier bisher nur in sehr beschränktem Maße stattgehabt. Den Bericht über eine verdanken wir dem (1899 verstorbenen) Herrn Oekonomierath E. Schmidt in Warrenzin, welcher mit Uebersendung der Ergebnisse im Juli 1889 schrieb: "In nördlicher Richtung, 500 m vom Dorfe Warrenzin entfernt und fast unmittelbar an dem zu Warrenzin gehörenden Tannenwald sind im Dreieck neben einander drei kleine Erderhöhungen, welche so viel Steine in sich bargen, daß sie der Feldbestellung sehr hinderlich waren; ich beschloß daher, diese Stellen tief und gründlich zu reinigen. Es fanden sich bald bei allen drei Stellen im Kreise gelegte größere Steine, welche nur wenig mit Erde bedeckt waren. Gleich bei der ersten in Angriff genommenen Stelle fand sich neben einem größeren Stein eine bronzene Lanzenspitze [Dolchklinge]. - Die zweite Stelle enthielt an der inneren Westseite eine Grabkammer aus Steinplatten, welche zwar sehr gerade und sauber zu einander paßten, aber unbehauen waren; die Kammer war 1 Fuß breit, 2 Fuß lang und etwa 1 1/2 Fuß tief, als Boden eine Platte, auf allen vier Seiten ebenfalls Steinplatten, doch war die Deckplatte vielleicht früher entfernt. In dieser Kammer wurde nichts gefunden. Im Zentrum dieser Stelle befand sich eine ebenso gebildete Grabkammer, jedoch fast doppelt so groß wie die erste; auch hier fehlte die Deckplatte, doch fand ich in der Kammer Urnenscherben, welche mir werthlos schienen. - Bei Durchgrabung der dritten Stelle wurde nichts gefunden.

Augenscheinlich hatten alle drei Stellen durch gelegentliche Wegnahme von Steinen, welche der Feldbestellung hinderlich

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waren, sehr gelitten. Nicht unerwähnt will ich lassen, daß auf allen drei Plätzen vieie ziemlich gut erhaltene Holzkohlenreste beim Ausgraben gefunden wurden, auch kleinere Feldsteine, welche augenscheinlich durch starke Erhitzung gelitten hatten, sozusagen verbrannt waren."

Es handelt sich hier also um niedrige, mit einem Steinkranz umgebene Gräber; die Steinkisten des zweiten würden wir nach unseren bisherigen Erfahrungen zu den bekannten Urnenbehältern der jüngeren Bronzezeit rechnen, wie sie bei Gelegenheit der letzten Behandlung dieser Periode (Jahrb. 61, S. 182 flgd.; vgl. auch Vorgeschichte S. 66) mehrfach besprochen und seitdem

unter besonders charakteristischen Erscheinungen in dem Grabe von Lanken (bei Lübz) aufgedeckt sind. Auch bei Hallalit hatten wir sie zu erwähnen. Doch kommen in anderen Gegenden, auf die unten einzugehen sein wird, Steinkisten schon in wesentlich älteren Perioden vor, und auf eine ganz andere Zeit weist der Dolch, der sicher viel älter ist und als bisher einziger Vertreter einer hier zu Lande noch nicht beobachteten sehr alten Gräbergruppe besonderes Interesse beansprucht.

Dolch

Der Dolch hat in der Mitte der Klinge eine schwach markirte Mittellinie, dachförmigen Querschnitt, schließt oben scharf ab in einem Bogen und hat sechs noch in ihren Löchern sitzende Nieten (in der Form eines anschwellenden Pflockes), darunter zieht er sich zusammen und bleibt dann ziemlich gleich breit bis nahe an die Spitze. Länge 21,5 größte Breite 5, Breite der Klinge 2 cm. Die Form gehört nicht in den Formenkreis der von uns bisher besprochenen Gräber. S. Müller, Ordning 23, bildet sie ab, aber als in Dänemark seltene und wahrscheinlich eingeführte Form. Allgemein setzt man diese Dolchform, wenn nicht an den Anfang, so doch in einen sehr frühen Abschnitt der Bronzezeit; vgl. z. B. Naue, S. 68; Reinecke, S. 235, 12 (Uebergang der ersten ungarischen Bronzeperiode zur zweiten). Aus dem Gebiete der nordischen Bronzezeit liegen besonders für Schleswig=Holstein gute Beobachtungen vor. Splieth giebt die Form auf Tafel I, 7 wieder (vgl. auch Montelius, Chronologie S. 63, Fig. 185). Aus der Statistik auf S. 15 ergiebt sich, daß dort in zwölf Fällen diese Dolche in Gräbern gefunden sind, und zwar in

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fünf Fällen zusammen mit Gegenständen, die ihnen ihre zeitliche Stellung als ganz altbronzezeitlich (M. I) sichern. Die Grabform war ein niedriger Hügel, in dem der beerdigte Leichnam in einem Sarge oder in einer kleinen Steinkiste beigesetzt war. Vereinzelt finden sich Gräber her Periode M. I in Norddeutschland aber auch sonst. Montelius, Chronologie S. 61 und 220 zählt auf aus Westpreußen 3, Posen 1, Provinz Sachsen 6, darunter das berühmte, noch immer nicht veröffentlichte Grab von Leubingen; dazu kommt noch ein Fund aus dem Mansfeldischen, den Größler, Mansfelder Blätter 15, S. 3 veröffentlicht hat. Aus Hannover giebt Montelius keine Funde, doch vgl. den von Hohenaverbergen bei Verden (Grabhügel mit Dolch unserer Art) bei Müller=Reimers, Alterth. v. Hann. IV, 49 und S. 116 und einen älteren Fund von Lehmke bei Bodenteich, wo in einem Flachgrabe ein Dolch unserer Form zusammen mit einem halbmondförmigen Feuersteinmesser, zwei Doppelmeißeln und einer Scheibennadel gefunden ist (v. Estorff, Alterth. v. Uelzen, S. 70). Fast überall scheint es sich um niedrige Hügel (nur in Leubingen ein größerer Hügel), zum Theil mit kleinen Steinkisten zu handeln. Dem reiht sich nun auch unser Land mit dem Warrenziner Grabe an. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß wir hier ein Grab her ersten Periode der nordischen Bronzezeit vor uns haben, vorläufig als das einzige seiner Art, dem aber wohl bald ebenso gut mehr folgen werden, wie die Schleswig=Holsteinischen Beobachtungen in verhältnißmäßig kurzer Zeit zusammengekommen sind. Das Verbreitungsgebiet dieser Gräber geht etwas über das des nordischen Bronzegebietes hinaus und erstreckt sich Elbe und Saale entlang südwärts; das ist wohl der Weg, auf dem wir unsere ältesten Bronzen erhalten haben. Wie diese norddeutschen (und skandinavischen?) Hügelgräber ältester Bronzezeit mit den im Ganzen wohl noch etwas älteren Flachgräberfunden, die von Ungarn bis Rheinhessen nachgewiesen sind (vgl. Reinecke, Korrespondenzblatt d. Westdeutschen Zeitschrift 1900, S. 207) zusammenhängen, wird noch festzustellen sein; soweit bisher erkennbar, findet die Berührung der beiden Gruppen oder sagen wir lieber Erscheinungen in der Provinz Sachsen statt.

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